Der federführende Wirtschaftsausschuss
empfiehlt dem Bundesrat,
zu dem Tätigkeitsbericht und dem Sondergutachten gemäß § 81 Abs. 1 und 3 TKG und den §§ 44 und 47 Abs. 1 PostG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Fortschritte beim Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt, teilt jedoch die Einschätzung, dass dieser noch nicht selbsttragend ist. Er betont die große Bedeutung des Telekommunikationsmarktes für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.
Der Bundesrat sieht in der raschen Umsetzung der Telekommunikationsrichtlinien der Europäischen Union einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Rechts- und Investitionssicherheit auf den Telekommunikationsmärkten. Er begrüßt daher die von der Regulierungsbehörde im Vorgriff auf das verspätete In-Kraft-Treten des neuen Telekommunikationsgesetzes getroffenen Vorbereitungen zur Marktdefinition und Marktanalyse.
Der Bundesrat begrüßt die zur Bekämpfung des Missbrauchs von Mehrwertdiensterufnummern von der Regulierungsbehörde ergriffenen Maßnahmen. Er fordert die Bundesregierung auf, in den auf Grund des neuen Telekommunikationsgesetzes zu erlassenden Verordnungen noch bestehende Lücken im Verbraucherschutz rasch zu schließen.
Der Bundesrat sieht angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung der Marktteilnehmer keinen Bedarf für eine weitere Konsolidierung des Mobilfunkmarktes. Angesichts des von der Monopolkommission festgestellten funktionierenden Wettbewerbs würde ein Ausscheiden eines der vier Netzbetreiber diese positive Beurteilung gefährden.
Der Bundesrat spricht sich nachdrücklich gegen eine Bewertung der Erfolgsaussichten einzelner Unternehmen durch die Monopolkommission aus. Solche Bewertungen können unmittelbare Auswirkungen auf die Bewertung von Unternehmen an den Kapitalmärkten haben und stellen einen vom Gutachtenauftrag nicht gedeckten Eingriff in den Wettbewerbsprozess dar.
- 2. Universaldienst im Postmarkt
Der Bundesrat stellt fest, dass eine flächendeckende, hochwertige und effiziente Versorgung mit Postdienstleistungen für Wirtschaft und Gesellschaft von hoher Bedeutung ist. Dies gilt vor dem Hintergrund der Daseinsvorsorge insbesondere für die Angleichung der Lebensverhältnisse in allen Teilen des Landes, gerade auch in ländlichen und strukturschwächeren Regionen.
Der Bundesrat begrüßt daher ausdrücklich, dass der Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde erstmals eine Reihe von Empfehlungen zur Ausgestaltung der Universaldienstleistungen enthält, um dem weiteren Abbau von Postdienstleistungen - bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung der postalischen Versorgung - entgegenzuwirken.
- 3. Der Bundesrat nimmt die dazu von der Deutschen Post AG vorgelegte Selbstverpflichtung, die auf Drängen der Länder nach Verbesserung bei der Postversorgung hin zustande gekommen ist, zur Kenntnis. Er behält sich eine eigene Initiative zum Universaldienst im Postmarkt vor, sofern Verstöße gegen die Selbstverpflichtung festgestellt werden.
- 4. Wettbewerbsentwicklung im Postmarkt
Der Bundesrat nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass die Zahl der Marktaustritte seit der Ankündigung der Verlängerung der Exklusivlizenz massiv zugenommen hat und dass es auf dem Briefmarkt nach wie vor keinen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb gibt.
Der Bundesrat stellt dazu - ebenso wie die Monopolkommission - fest, dass das eigentliche Ziel des Postgesetzes (PostG) somit auch im Jahr 2003 nicht erreicht werden konnte und dass die Exklusivlizenz der Deutschen Post AG das wesentliche Hemmnis für das Entstehen wettbewerblicher Strukturen darstellt.
Der Bundesrat teilt daher die Einschätzung der Regulierungsbehörde, dass die Aufrechterhaltung einer Exklusivlizenz über das im Postgesetz festgelegte Jahr 2007 hinaus nicht erforderlich und ein reservierter Bereich auch aus ordnungspolitischer Sicht auf Dauer nicht zu rechtfertigen ist.
Der Bundesrat befürchtet vielmehr, dass sich die vorhandenen Marktstrukturen mit der Marktdominanz der Deutschen Post AG während der Laufzeit der Exklusivlizenz so verfestigen, dass auch nach deren Auslaufen kein nennenswerter Wettbewerb entstehen kann. Der Bundesrat sieht daher dringenden Handlungsbedarf, im Zuge einer Anpassung des Postgesetzes schnellstmöglich neue Wettbewerbsmöglichkeiten für Postdienstleister zu erschließen, und bekräftigt seinen diesbezüglichen Beschluss vom 26. September 2003 (BR-Drs. 431/03 (Beschluss)).
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, schon heute den Umfang des Monopols nachhaltig zu reduzieren. Der Bundesrat sieht dazu in Übereinstimmung mit der Monopolkommission - gerade auch im Hinblick auf die europäischen Vorgaben gemäß der Richtlinie 97/67/EG - insbesondere folgende Ansatzpunkte:
- - Freigabe der Kataloge in § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG;
- - Freigabe der Konsolidierung, d.h. des Einsammelns von Post im Sinne einer postvorbereitenden Tätigkeit; dazu ist die Beschränkung in § 51 Abs. 1 Nr. 5 PostG aufzuheben, die derzeit zwingend eine Einlieferung bei der nächsten oder bei einer anderen Annahmestelle innerhalb derselben Gemeinde fordert.
Steuerbefreiung im Postmarkt
Der Bundesrat hält es in Übereinstimmung mit der Monopolkommission für dringend geboten, Wettbewerbsverzerrungen auf Grund der Umsatzsteuerbefreiung der Deutschen Post AG aufzuheben. Die Bundesregierung wird daher gebeten,
- - sich für eine zeitnahe Verabschiedung des in Beratung befindlichen Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG in Bezug auf die mehrwertsteuerliche Behandlung von Dienstleistungen im Postsektor - KOM (2003) 234 endg.; Ratsdok. 9060/03 - einzusetzen und
- - unabhängig davon zu prüfen, inwieweit die derzeitige steuerliche Begünstigung der Deutschen Post AG auch ohne Änderung der EU-Vorgaben im Interesse der Förderung wettbewerblicher Strukturen entfallen kann.