956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017
Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 5 Absatz 3)
In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist § 5 Absatz 3 wie folgt zu fassen:
(3) Ist der in der Anlage 2 angegebene Schwellenwert für einen Stoff oder eine Stoffgruppe niedriger als der Hintergrundwert einer hydrogeochemischen Einheit, soll die zuständige Behörde für den oder die betroffenen Grundwasserkörper oder Teile des jeweiligen Grundwasserkörpers einen abweichenden Schwellenwert unter Berücksichtigung der Messdaten nach Anlage 4a festlegen. § 7 Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt."
Begründung:
Gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 beziehen sich die Hintergrundwerte auf hydrogeochemische Einheiten. Da sich Grundwasserkörper jedoch häufig aus mehreren hydrogeochemischen Einheiten zusammensetzen, führt die Festlegung eines einzigen abweichenden Schwellenwertes für den gesamten Grundwasserkörper in Teilen des Körpers zu einer Fehlbeurteilung des Grundwasserzustands. Wird der maximale Hintergrundwert der hydrogeochemischen Einheiten des Grundwasserkörpers berücksichtigt, so bedeutet dies für die hydrogeochemischen Einheiten mit niedrigerem Hintergrundwert, dass hier der Schwellenwert ungerechtfertigter Weise angehoben wird. Wird der minimale Hintergrundwert der hydrogeochemischen Einheiten des Grundwasserkörpers berücksichtigt, so bedeutet dies für die hydrogeochemischen Einheiten mit höherem Hintergrundwert, dass dort in der Regel der Schwellenwert überschritten und somit ein schlechter chemischer Zustand festgestellt werden muss. Um der Heterogenität der Grundwasserkörper gerecht werden zu können, ist somit die Möglichkeit für die Festlegung abweichender Schwellenwerte für Teile von Grundwasserkörpern einzuräumen.
Der neue Satz 2 dient zur Klarstellung, dass bei der Zustandsbestimmung der Grundwasserkörper auch Werte, die über einem abweichenden Schwellenwert liegen, aber auf natürliche, nicht anthropogen verursachte Ursachen zurückzuführen sind, behandelt werden wie Werte, die den Schwellenwert einhalten.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 5 Absatz 3)
In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist § 5 Absatz 3 wie folgt zu fassen:
(3) Ist der in Anlage 2 angegebene Schwellenwert für einen Stoff oder eine Stoffgruppe niedriger als der Hintergrundwert der hydrogeochemischen Einheit, der der Grundwasserkörper zuzuordnen ist, soll die zuständige Behörde für den betroffenen Grundwasserkörper oder Teile des betroffenen Grundwasserkörpers einen abweichenden Schwellenwert unter Berücksichtigung der Messdaten nach Anlage 4a festlegen. § 7 Absatz 3 Satz 2 bleibt unberührt."
Begründung:
Da ein Grundwasserkörper auch Anteil an mehreren hydrogeochemischen Einheiten haben kann, die auch jeweils unterschiedliche Hintergrundwerte haben, ist es notwendig, dass auch für Teile von Grundwasserkörpern abweichende Schwellenwerte festgelegt werden können. Dementsprechend sollte in Satz 1 die Formulierung "oder Teile des betroffenen Grundwasserkörpers" eingefügt werden.
Der neue Satz 2 dient zur Klarstellung, dass bei der Zustandsbestimmung der Grundwasserkörper auch Werte, die über einem abweichenden Schwellenwert liegen, aber auf natürliche, nicht anthropogen verursachte Ursachen zurückzuführen sind, behandelt werden wie Werte, die den Schwellenwert einhalten.
3. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 8a Absatz 1 Nummer 6)
In Artikel 1 Nummer 3 ist § 8a Absatz 1 wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 5 ist das Komma am Ende durch einen Punkt zu ersetzen.
- b) Nummer 6 ist zu streichen.
Begründung:
Die Regelung geht über eine 1 : 1-Umsetzung der durch die Richtlinie 2014/80/EU geänderten Grundwasserrichtlinie hinaus. Teil C im Anhang der Richtlinie 2014/80/EU betrifft die Berichtspflichten der Mitgliedstaaten über das im Teil A des Anhangs der Richtlinie 2014/80/EU geregelte Verfahren zur Beurteilung des chemischen Grundwasserzustands im Rahmen der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete. Die Mitgliedstaaten haben insbesondere die dort konkret benannten Angaben zu machen. Eine Berichtspflicht in den Fällen des § 7 Absatz 3 Satz 2 um eine Beschreibung der natürlichen, nicht durch menschliche Tätigkeiten verursachten Gründe und die Angabe, in welchem Umfang die Messergebnisse von den Hintergrundwerten der betreffenden hydrogeochemischen Einheit und von den Schwellenwerten abweichen, sieht die Richtlinie 2014/80/EU nicht vor. Die Formulierung der Anforderungen muss sich im Interesse einer 1 : 1-Umsetzung klar am Richtlinientext orientieren und keinen zusätzlichen Aufwand begründen.
4. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 8a Absatz 2 Nummer 4)
In Artikel 1 Nummer 3 sind in § 8a Absatz 2 Nummer 4 die Wörter "unter Angabe der Höhe der Überschreitung" zu streichen.
Begründung:
Die Streichung dient zur 1 : 1-Umsetzung von EU-Recht. Die Richtlinie 2014/80/EU (Änderungsrichtlinie zu Anhang II der Richtlinie 2006/118/EG - Grundwasserrichtlinie), die mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Grundwasserverordnung umgesetzt werden soll, fordert lediglich Angaben zu den Überschreitungen, jedoch keine Angabe der Höhe der Überschreitung. Mit der nach Streichung verbleibenden Formulierung in § 8a Absatz 2 Nummer 4 wird diese Anforderung erfüllt.
5. Zu Artikel 1 Nummer 5 (Anlage 2 Tabelle "Schwellenwerte", Zeile "Pflanzenschutzrechtlich nicht relevante Metaboliten" - neu -, Fußnote 5 - neu -, 6 - neu -, 7)
In Artikel 1 Nummer 5 ist in Anlage 2 Tabelle "Schwellenwerte" vor der Zeile "Arsen (As)5" folgende Zeile einzufügen:
Pflanzenschutzrechtlich | jeweils 1 µg/l5 | gesundheitlicher | |
nicht relevante | Orientierungswert | ||
Metaboliten6, 7 |
- 5. "Hat das Umweltbundesamt für bestimmte Metaboliten weniger strenge Werte als gesundheitliche Orientierungswerte abgeleitet und im Bundesanzeiger veröffentlicht, sind diese maßgeblich.
- 6. Die Festlegung des Schwellenwertes für pflanzenschutzrechtlich nicht relevante Metaboliten in der für die Zwecke der vorliegenden Verordnung spezifizierten Weise lässt die Kriterien für die Zulassung nach der Richtlinie 2009/1107/EG unberührt."
Folgeänderungen:
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 5 wird in Anlage 2 die bisherige Fußnote 5 zur Fußnote 7.
- b) Nummer 6 ist zu streichen.
Begründung:
Pflanzenschutzrechtlich nicht relevante Metaboliten (nrM) sind zwar nach den Anforderungen der EU für die Zulassung als nicht relevant bewertet, können aber für die menschliche Gesundheit und die Umwelt Relevanz besitzen. Als nicht natürliche Stoffe sind sie zudem im Grund- und Trinkwasser unerwünscht.
Die Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372, 27.12.2006, S. 19, L 53 vom 22.2.2007, S. 30, L 139 vom 31.5.2007, S. 39) fordert in Artikel 3 Absatz 6, die Liste der Schwellenwerte zu ändern, wenn neue Informationen dafür sprechen, dass zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt ein Schwellenwert für einen weiteren Stoff festgelegt werden sollte.
Für die nrM ist diese 1 : 1-Umsetzung der EU-rechtlichen Anforderung wegen folgender Kenntnisse zwingend und ohne Zeitverzug erforderlich:
- 1. Es ist eine signifikante Belastungssituation im Grundwasser gegeben: Der aktuelle "Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit - Pflanzenschutzmittel - Berichtszeitraum 2009 bis 2012" der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2015) belegt für Deutschland, dass mit 44,6 Prozent im Zeitraum 2009 bis 2012 fast an der Hälfte der untersuchten Messstellen nrM nachgewiesen wurden. An 32,2 Prozent aller Messstellen liegt ihre Konzentration oberhalb von 0,1 µg/l und an insgesamt 10,5 Prozent aller Messstellen wird die Konzentrationsschwelle von 1,0 µg/l überschritten. Für einige nrM liegen die Gehalte im Grundwasser sogar oberhalb der vom Umweltbundesamt und dem Bundesinstitut für Risikobewertung festgelegten Gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW).
- 2. 1. Es ist eine für die Maßstabsebene "Grundwasserkörper" relevante potenzielle Eintragsfläche für nrM gegeben: Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln findet nicht punktuell, sondern flächig statt. Als potenzielle Eintragsfläche kommt mehr als 30 Prozent der deutschen Gesamtfläche in Frage.
- 3. Es ist eine zeitliche Dringlichkeit gegeben: Wegen der teilweise langen Verweilzeiten im Boden und Grundwasser können sich Einträge erst in einigen Jahren zeigen, Austräge ins Grundwasser lange andauern und eingeleitete Maßnahmen deutlich zeitverzögert Wirkung zeigen.
Auch dient die Aufnahme eines Schwellenwerts einem für den Gewässerschutz festgelegtem Ziel des Nationalen Aktionsprogramms Pflanzenschutz (NAP), dass ab 2018 an 100 Prozent der Proben (für neue Stoffeinträge) der GOW für nicht relevante Metaboliten nicht mehr überschritten wird. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn für nicht relevante Metaboliten ein Schwellenwert in Höhe des jeweiligen GOW festgelegt wird. Ein anderer Schwellenwert würde dieses Ziel konterkarieren.
Die Fußnote Nummer 5 eröffnet die Möglichkeit, auch weniger strenge Schwellenwerte für nrM anzuwenden, wenn diese vom Umweltbundesamt abgeleitet und im Bundesanzeiger veröffentlicht sind.
Die Fußnote Nummer 6 dient der Klarstellung, dass der Schwellenwert für nrM keine Auswirkung auf das Zulassungsverfahren des Wirkstoffes hat. Die Klarstellung geht auf eine Regelung für Pestizide in Anhang I Absatz 2 der Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372, 27.12.2006, S. 19, L 53 vom 22.2.2007, S. 30, L 139 vom 31.5.2007, S. 39) zurück.
Ferner ist festzustellen, dass eine ausreichende Überwachung der nrM im Grundwasser bereits von den Ländern vorgenommen wird und insoweit die Nummer 6 (Änderung der Anlage 4) nicht erforderlich ist und für die Umsetzung der EU-rechtlichen Anforderungen gemäß Artikel 3 Absatz 6 der Grundwasserrichtlinie auch nicht ausreichend wäre. Gemäß "Bericht zur Grundwasserbeschaffenheit - Pflanzenschutzmittel - Berichtszeitraum 2009 bis 2012" der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (2015) wurden seit den ersten Fundmeldungen 2006 die Untersuchungen auf nrM in den Ländern intensiviert, so dass nunmehr aus dem Zeitraum 2009 bis 2012 Messwerte von rund 8 400 Messstellen vorliegen. Am häufigsten und auch in den meisten Ländern gemessen wurden die nrM von Chloridazon, Tolylfluanid, Metolachlor, Metazachlor, Dimethachlor, Dichlobenil und Glyphosat.