COM (2018) 773 final
974. Sitzung des Bundesrates am 15. Februar 2019
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat nimmt die vorliegende Mitteilung zur Kenntnis. Mit ihr soll das Engagement der EU bekräftigt werden, beim globalen Klimaschutz den Weg zu weisen, und eine Strategie vorgestellt werden, wie Wirtschaft und Gesellschaft unter Einbeziehung aller ihrer Segmente umgestaltet werden müssen, damit bis zum Jahr 2050 Netto-Treibhausgasemissionen von null erreicht werden.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in ihrer Mitteilung die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Union unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sowie des Klima-, Umwelt- und Naturschutzes voranbringen will. Er sieht darin einen Ansatz, die ökonomischen und ökologischen Erfordernisse, die Voraussetzung für die Sicherung guter Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Unionsbürgerinnen und -bürger sind, miteinander in Einklang zu bringen und der globalen Verantwortung der EU gerecht zu werden. Gleichzeitig sieht der Bundesrat mit Sorge, dass für die Sicherung des Wohlstandes in der EU die ökologischen Grenzen des Wachstums in dieser langfristigen Strategie nicht betrachtet werden. Dies wird besonders darin deutlich, dass die Strategie auch weiterhin auf den Verbrauch von Primärrohstoffen setzt, auch wenn durch die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft zunehmend Sekundärrohstoffe Einsatz finden sollen.
- 3. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine nachhaltige Entwicklung, auch mit Blick auf die globale Verantwortung der EU und die Verantwortung für zukünftige Generationen, Strategien erfordert, die die Grenzen eines auf wachsenden Ressourcenverbrauch basierenden Wirtschaftswachstums einbeziehen und langfristig die Entwicklung des Wohlstandes von diesem Wirtschaftswachstum entkoppeln. Hierbei kommt der Implementierung der Kreislaufwirtschaft eine zentrale Rolle zu.
- 4. Der Bundesrat weist mit Sorge auf die schon heute in vielen Bereichen, insbesondere auch in der Land- und Forstwirtschaft, spürbar zunehmenden Schäden durch den Klimawandel hin. Er bittet die Bundesregierung, Landwirtinnen und Landwirte sowie Waldbesitzenden bei Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.
- 5. Der Bundesrat bekräftigt die in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2016 zum Ausdruck gebrachte Bedeutung nachhaltig bewirtschafteter Wälder und der Holzverwendung für den Klimaschutz sowie die Wichtigkeit, bei den Klimaschutzaktivitäten in den anderen Bereichen nicht nachzulassen (vergleiche BR-Drucksache 385/16(B) , Ziffer 3).
- 6. Er weist mit Blick auf die in der Mitteilung vielfach hervorgehobene Senkenfunktion der Landnutzung darauf hin, dass die Erwartungen an die Speicherung von Kohlenstoff im Wald zu ambitioniert sein könnten. Angesichts der bereits heute seitens des Klimawandels hervorgerufenen Schäden und notwendiger Anpassungsmaßnahmen im Wald kann eine kontinuierlich hohe Senkenwirkung nicht garantiert und langfristig ein Rückgang nicht ausgeschlossen werden.
- 7. Der Bundesrat weist darauf hin, dass aufgrund des inneren Zusammenhangs von Landnutzung und Landwirtschaft Senken der Landnutzungen auch entsprechend vorrangig dem Sektor Landwirtschaft angerechnet werden sollen. Eine Kompensation verbleibender umfangreicher fossiler Treibhausgasemissionen erscheint nicht realistisch.
- 8. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Anpassung der Bewirtschaftung organischer Böden und die Wiederherstellung von Torfmooren und Feuchtgebieten zur Emissionsreduktion beitragen können. Fortschritte in diesem Bereich dürfen jedoch nur nach dem Grundsatz der Freiwilligkeit und in einem intensiven Dialog mit den betroffenen Landnutzenden umgesetzt werden.
- 9. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Gewährung von EU-Flächenprämien für landwirtschaftlich genutzte Flächen, die in eine "nasse Bewirtschaftung" (Paludikultur) überführt werden, einen wichtigen Beitrag zur Anpassung der Bewirtschaftung organischer Böden im Sinne des Klimaschutzes durch Minderung der Treibhausgasemissionen leisten kann.
Begründung zu Ziffer 9 (nur gegenüber dem Plenum):
Durch eine "nasse Bewirtschaftung" lassen sich Treibhausgasemissionen vermindern und es kann sich gegebenenfalls eine Kohlenstoffsenke entwickeln. Werden landwirtschaftliche Flächen mit dem Ziel der Emissionsminderung durch Anhebung von Grundwasserständen in organischen Böden in eine "nasse Bewirtschaftung" mit Paludikulturen (zum Beispiel Schilf oder Rohrkolben) überführt, ist gegenwärtig in der Regel keine Gewährung der EU-Flächenprämie zulässig. Mit Einführung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik muss dies geändert werden, um die europäischen und nationalen Klimaschutzziele zu erreichen und die Bereitschaft der Landwirte zu einer "nassen Bewirtschaftung" derartiger Flächen zu stärken.
- 10. Der Bundesrat sieht - wie bei Schwertransporten - bislang wenig Alternativen, land- und forstwirtschaftliche Zugleistung durch Elektrifizierung zu dekarbonisieren. Im Sinne der auch in der Mitteilung verfolgten regionalen Kreislaufwirtschaft hält er den Einsatz von Biokraftstoffen im Sektor Land- und Forstwirtschaft weiterhin für geeignet, leistbar und sinnvoll. Er bittet daher die Bundesregierung, die Steuerentlastung reiner Biokraftstoffe für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft nach § 57 Absatz 5 Nummer 2 des Energiesteuergesetzes über das Jahr 2020 hinaus weiter zu ermöglichen.
B
- 11. Der Ausschuss für Kulturfragen, der Rechtsausschuss, der Verkehrsausschuss, der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.