A. Problem
Eine zentrale Grundvoraussetzung für die Vielfaltssicherung unserer Medienlandschaft ist neben den gesetzlichen Vorgaben eine funktionierende, flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertriebsstruktur für Presseerzeugnisse. Das Presse-Grosso ist der bedeutendste Vertriebsweg für Zeitungen und Zeitschriften, der international als vorbildlich eingestuft wird und der gewährleistet, dass in Deutschland eine flächendeckende und neutrale Versorgung mit einem Vollsortiment an Zeitungen und Zeitschriften besteht. Der Erhalt dieses neutralen Pressevertriebssystems auf Basis der "Gemeinsamen Erklärung" der Verlegerverbände und des Bundesverbandes Presse-Grosso über den Erhalt des Presse-Grosso aus dem Jahr 2004 ist jedoch aufgrund gerichtlicher Entscheidungen gefährdet. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung des Achten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen am 18. Oktober 2012 eine gesetzliche Verankerung des Presse-Grosso-Systems beschlossen (BT-Drs. 17/11053). Das vorgenannte Gesetz befindet sich derzeit im Vermittlungsausschuss. Die Regelungsgegenstände dieses Vorschlags stellen aber keine Anrufungsgründe für den Vermittlungsausschuss dar. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Regelungen dem Grunde nach unstreitig sind. Da im Vermittlungsausschuss derzeit keine Einigung absehbar ist, soll die gesetzliche Verankerung des Presse-Grosso nunmehr separat auf den Weg gebracht werden.
B. Lösung
Mit der Regelung wird das seit Jahrzehnten bewährte Presse-Grosso-Vertriebssystem kartellrechtlich abgesichert und die Branchenvereinbarungen der Pressegrossisten und Verlage gesetzlich abgesichert. Die Regelungen zum Presse-Grosso entsprechen der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss) des Deutschen Bundestages zum Achten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BT-Drucksache 17/11053). Diese wurden vom Deutschen Bundestag in seiner 198. Sitzung am 18. Oktober 2012 beschlossen (BR-Drs. 641/12 (PDF) ).
C. Alternativen
Keine.
D. Kosten
Keine.
Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zur gesetzlichen Absicherung des Presse-Grossos
Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg
Hamburg, den 12. März 2013
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zur gesetzlichen Absicherung des Presse-Grossos zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 908. Sitzung des Bundesrates am 22. März 2013 zu setzen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zur gesetzlichen Absicherung des Presse-Grossos
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
§ 30 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom ..., das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:
- (2a) § 1 gilt nicht für Branchenvereinbarungen zwischen Vereinigungen von Unternehmen, die nach Absatz 1 Preise für Zeitungen oder Zeitschriften binden (Presseverlage), einerseits und Vereinigungen von deren Abnehmern, die im Preis gebundene Zeitungen und Zeitschriften mit Remissionsrecht beziehen und mit Remissionsrecht an Letztveräußerer verkaufen (Presse-Grossisten), andererseits für die von diesen Vereinigungen jeweils vertretenen Unternehmen, soweit in diesen Branchenvereinbarungen der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungs- und Zeitschriftensortimenten durch die Presse-Grossisten, insbesondere dessen Voraussetzungen und dessen Vergütungen sowie die dadurch abgegoltenen Leistungen geregelt sind. Insoweit sind die in Satz 1 genannten Vereinigungen und die von ihnen jeweils vertretenen Presseverlage und Presse-Grossisten zur Sicherstellung eines flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertriebs von Zeitungen und Zeitschriften im stationären Einzelhandel im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut. Die §§ 19 und 20 bleiben unberührt."
2) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:
"Soweit eine Branchenvereinbarung nach Absatz 2a einen Missbrauch der Freistellung darstellt, kann das Bundeskartellamt diese ganz oder teilweise für unwirksam erklären."
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeines
Die Regelungen zum Presse-Grosso entsprechen der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss) des Deutschen Bundestages zum Achten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BT Drucksache 17/11053). Dieses Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag in seiner 198. Sitzung am 18. Oktober 2012 beschlossen (BR-Drs. 641/12 (PDF) ). Das vorgenannte Gesetz befindet sich derzeit im Vermittlungsausschuss. Die Regelungsgegenstände dieses Vorschlags stellen aber keine Anrufungsgründe für den Vermittlungsausschuss dar. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Regelungen dem Grunde nach unstreitig sind. Da im Vermittlungsausschuss derzeit keine Einigung absehbar ist, sollen die Regelungen nunmehr separat auf den Weg gebracht werden.
B. Einzelbegründung
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1
Die Änderung soll das seit Jahrzehnten bewährte Presse-Grosso-Vertriebssystem, das wesentlich zur Überallerhältlichkeit von Pressetiteln und zu einem diskriminierungsfreien Zugang insbesondere auch von Titeln kleinerer Verlage und von Titeln mit kleineren Auflagen zum Lesermarkt beiträgt, kartellrechtlich absichern. Hintergrund ist ein zivilrechtliches Gerichtsverfahren, in dem das Verhandlungsmandat des Pressegrossoverbandes über Handelsspannen mit den Verlagen für seine Mitglieder als kartellrechtlich unzulässig angesehen wurde. Da sich die Prozessparteien nicht auf eine außergerichtliche oder außergesetzliche Einigung verständigen konnten, wird der Weg einer gesetzlichen Absicherung von Branchenvereinbarungen der Pressegrossisten und Verlage gewählt. Die Freistellung vom Kartellverbot hat zur Voraussetzung, dass die Branchenvereinbarungen Leistungen bzw. Gegenleistungen oder sonstige Voraussetzungen für einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb an den Einzelhandel regeln. Dies dient der europarechtlichen Konformität. Die Verlage und Grossisten unterliegen zur Neutralitätssicherung wie bisher dem kartellrechtlichen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot.
In Absatz 3 ist zudem vorgesehen, dass das Bundeskartellamt eine Branchenvereinbarung für unwirksam erklären kann, wenn sie einen Missbrauch der Freistellung darstellt.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes.