Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Februar 2012 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Gesamtbewertung
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Vorschläge der Kommission, die Verordnungen zu den Fonds und den Verordnungsvorschlag grundsätzlich auf die Strategie Europa 2020 auszurichten. Er begrüßt ferner den Vorschlag der Kommission, das Ziel "Europäische Territoriale Zusammenarbeit" (ETZ) weiterhin aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) zu unterstützen, die Besonderheiten stärker zu berücksichtigen und in diesem Zusammenhang für die ETZ eine eigenständige Verordnung für den Zeitraum 2014 bis 2020 vorzuschlagen. Durch diesen gesonderten Verordnungsvorschlag wird der Betrag der ETZ zur Förderung des neuen Vertragsziels des territorialen Zusammenhalts und zur Umsetzung der Ziele der Kohäsionspolitik insgesamt herausgestellt. Der Bundesrat stellt fest, dass die Bedeutung der ETZ im neuen Förderzeitraum durch das Legislativpaket zur Kohäsionspolitik und ihre Rolle in der künftigen Kohäsionspolitik gestärkt werden sowie die Umsetzung erleichtert wird.
- 2. Ungeachtet des mit der Umsetzung des Ziels ETZ verbundenen vergleichsweise höheren Verwaltungsaufwands anerkennt der Bundesrat seine Bedeutung für die europäische Kohäsionspolitik.
- 3. Die ausdrückliche Positionierung der Kommission zur Förderung der territorialen Zusammenarbeit als separates Ziel neben dem Ziel "Investitionen für Wachstum und Beschäftigung" unterstreicht und stärkt die Bedeutung der ETZ in ihrer Ausrichtung der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit.
Dies kommt insbesondere auch durch eine eigene Verordnung mit besonderen Bestimmungen zur Unterstützung des Ziels "ETZ" zum Tragen. Allerdings findet sich die Spezifik dieses Bereichs nicht in allen Vorschriften wieder, insbesondere nicht in den Regelungen zur Partnerschaftsvereinbarung. Hier sollte den Besonderheiten der ETZ Rechnung getragen werden und auf die Aufnahme dieser Programme in die Partnerschaftsvereinbarung verzichtet werden.
- 4. Der Bundesrat betrachtet den Vorschlag der Kommission als tragfähige Grundlage für weitere Verhandlungen auf EU-Ebene. Der Bundesrat bedauert, dass dabei den für die ETZ spezifischen Anforderungen nur bedingt Rechnung getragen wurde. Zudem machen zahlreiche Überschneidungen der ETZ-Verordnung mit Teilen der gemeinsamen Bestimmungen für alle Fonds (KOM (2011) 615 endg.) sowie den Bestimmungen für den EFRE (KOM (2011) 614 endg.) die Regelungen unübersichtlich. Im Sinne der Klarheit sollten die Inhalte zwischen den einzelnen Verordnungen stärker abgegrenzt und Doppelungen vermieden werden.
- 5. In Bekräftigung seiner Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag einer Allgemeinen Verordnung (vgl. BR-Drucksache 629/11(B) vom 16. Dezember 2011), der gemeinsamen Bund-Länder-Stellungnahme zum Fünften Kohäsionsbericht und der kohäsionspolitischen Aussagen in seinen Stellungnahmen zur Mitteilung der Kommission: Überprüfung des EU-Haushalts (vgl. BR-Drucksache 667/10(B) vom 17. Dezember 2010) sowie zum Vorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 (vgl. BR-Drucksache 399/11(B) vom 14. Oktober 2011) weist der Bundesrat darauf hin, dass gemäß Artikel 174 AEUV die europäische Kohäsionspolitik einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede in der Union zu verringern. Die ETZ als Bestandteil der Kohäsionspolitik trägt in hohem Maße dazu bei, Entwicklungsrückstände zu überwinden, Wachstum und Beschäftigung sowohl in den weniger entwickelten als auch in den stärkeren Regionen Europas zu unterstützen sowie die soziale Integration innerhalb Europas zu fördern. Auch die grundsätzliche Ausrichtung der ETZ auf die Europa-2020-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum wird daher begrüßt.
- 6. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Projekte der territorialen Zusammenarbeit bereits heute in hohem Maße zur Umsetzung der Ziele der Strategie EU 2020 beitragen. Maßgeblich hierfür ist insbesondere der bisherige Investitionscharakter der Projekte. Im Bereich der ETZ sollten daher auch weiterhin Investitionen in Wissen, Methoden, Verfahren und Standards sowie Beispiellösungen und Bewusstseinsbildung möglich sein. Eine reine Beschränkung auf Investitionen in physische Infrastrukturen lehnt der Bundesrat ab.
- 7. Die territoriale Kohäsion und die Stärkung des territorialen Zusammenhalts benötigen ein raumentwicklungspolitisches strategisches Konzept als Basis. Der Bundesrat fordert daher eine Bezugnahme auf die im Mai 2011 von den für Raumordnung und territoriale Entwicklung zuständigen europäischen Ministern und Ministerinnen verabschiedete "Territoriale Agenda 2020" als Referenzdokument neben dem Grünbuch Territoriale Kohäsion und dem 5. Kohäsionsbericht und hält eine stärkere Koordinierung der raumwirksamen europäischen Fachpolitiken für erforderlich. Für die ETZ hat sich der Bezug zur Raumentwicklung bewährt und sollte beibehalten werden. In diesem Zusammenhang begrüßt der Bundesrat auch die vorgesehene verbesserte Abstimmung mit anderen strukturfondsgeförderten Programmen, um die zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal und nachhaltig zu nutzen.
- 8. Der Bundesrat würdigt Bestrebungen der Kommission, die Umsetzung des ETZ zu vereinfachen. Er unterstützt das Bestreben der Kommission, durch Flexibilisierungen und Vereinfachung der Verfahren und Abläufe aller drei Ausrichtungen der ETZ eine dringend notwendige Reduzierung des Verwaltungsaufwands sowie noch bessere Ergebnisse innerhalb der ETZ-Programme (z.B. durch Vereinfachung von Prüfungs- und Kontrollregeln, Pauschalisierung von Kosten) zu erreichen. Er weist allerdings darauf hin, dass Vereinfachungen nur an wenigen Stellen des Verordnungsvorschlags nachvollzogen werden können.
Der Bundesrat kritisiert, dass die in Aussicht gestellten Verwaltungsvereinfachungen weitgehend ausgeblieben sind und erhöhte Anforderungen an anderer Stelle insgesamt zu einem höheren Verwaltungsaufwand führen.
- 9. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission im Rahmen der Verordnungsvorschläge die Mitgliedstaaten ermuntert, die Aufgaben der Verwaltungsbehörde auf einen Europäischen Verbund für Territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) zu übertragen. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass die Wahl der Organisationsform auch weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen bleiben muss. Darüber hinaus bittet der Bundesrat klarzustellen, dass ein EVTZ nicht zugleich Teil der Programmverwaltung und Projektträger oder -beteiligter sein kann.
- 10. Der Bundesrat kritisiert, dass der Kommission umfangreichere Entscheidungs- und Durchgriffsbefugnisse eingeräumt werden, die die Gestaltungsspielräume der Regionen begrenzen würden. Die Regionen sollten im Rahmen der ETZ weiterhin die Möglichkeit haben, regionen- und programmspezifische Entwicklungsstrategien zu initiieren und umzusetzen, die den jeweiligen regionalen Stärken und Bedarfen gerecht werden. Der Bundesrat geht daher davon aus, dass der Grundcharakter der Projekte der ETZ, der zum Erfolg der ETZ in den letzen Förderperioden geführt hat, beibehalten wird und Projekte auch zukünftig über den "Bottomup"-Ansatz entwickelt werden können.
- 11. Grundsätzlich unterstützt der Bundesrat die Notwendigkeit der Schwerpunktsetzung in der ETZ, fordert jedoch eine größere thematische Flexibilität, um den Anforderungen passgenauer regionaler Strategien und Innovationen in den Programmräumen entsprechen und Innovationen effektiv fördern zu können.
- 12. Der Bundesrat begrüßt, dass den Erfolgen der ETZ durch die vorgesehene anteilige Mittelerhöhung auf 3,48 Prozent der gesamten Strukturfondsmittel Rechnung getragen wird und bekräftigt, dass die Aufteilung der Mittel von der Kommission weiterhin an die Mitgliedstaaten erfolgt. Die Mitgliedstaaten verfügen über die bessere Kenntnis regionaler Gegebenheiten und werden im gesonderten innerstaatlichen Verfahren eine bedarfsgerechte Mittelaufteilung gewährleisten.
- 13. Der Bundesrat betrachtet den Vorschlag für eine eigene ETZ-Verordnung als gute Diskussionsgrundlage der Kommission mit den Mitgliedstaaten. Insgesamt jedoch sieht der Bundesrat in etlichen Punkten Nachbesserungsbedarf bei dem vorliegenden Verordnungsvorschlag.
Allgemeine Bestimmungen
- 14. Der Bundesrat begrüßt die Beibehaltung der drei Ausrichtungen (grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit) der ETZ in allen Regionen Europas. Die Zusammenarbeit in Projekten und Strukturen über Grenzen hinweg trägt bereits heute wirksam zur europäischen Integration bei. Auch die verstärkte Teilnahme von Drittländern wird positiv bewertet.
- 15. Der Bundesrat regt an, die Gebietskulisse für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit (Programmlinie A) zu erweitern, um auch die Berücksichtigung funktionaler grenzübergreifender Bezüge für die Zugehörigkeit zum Programmgebiet zuzulassen. In diesem Zusammenhang sollte auch die Anbindung funktional korrespondierender Regionen, die für die Zielerreichung von besonderer Bedeutung sind, nicht erst im Programmgenehmigungsverfahren entschieden werden. Hier sollten die positiven Erfahrungen mit Artikel 21 der EFRE-Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 aus der Förderperiode 2007 bis 2013 berücksichtigt werden.
- 16. Er begrüßt, dass die bewährten transnationalen Kooperationsräume (Ausrichtung B) grundsätzlich beibehalten werden und die Makrostrategien der EU nicht zu neuen Kooperationsräumen und zum Ausschluss von Räumen aus der transnationalen Kooperation führen. Des Weiteren wird grundsätzlich begrüßt, dass auch die Entwicklung und Durchführung makroregionaler Strategien im Rahmen der transnationalen Zusammenarbeit unterstützt wird.
- 17. Der Bundesrat bittet um Klärung, inwiefern sich die Steigerungsrate auf 3,48 Prozent der gesamten Strukturfondsmittel für die ETZ bei der Berechnung der zusätzlichen Mittel für die Gebiete in äußerster Randlage niederschlägt. Der Bundesrat lehnt eine überproportionale Berücksichtigung der Regionen in äußerster Randlage ab, da die besondere Benachteiligung dieser Gebiete bereits durch die Förderung aus dem Ziel "Investitionen in Wachstum und Beschäftigung" im Rahmen der Strukturfonds angemessen gewürdigt wird.
Thematische Konzentration und Investitionsprioritäten
- 18. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich die Konzentration des Mitteleinsatzes auf klare Prioritäten. Die thematischen Ziele umfassen jedoch jeweils unterschiedlich große Investitions- bzw. Politikbereiche. Die Gewichtung dieser thematischen Ziele und ihre Übersetzung in ETZ-spezifische Interventionsbereiche müssen daher in Abhängigkeit von den regionalen sozioökonomischen Gegebenheiten erfolgen. Der Vorschlag einer Konzentration auf wenige thematische Ziele und auf ausgewiesene Investitionsprioritäten schränkt die Zusammenarbeit in ihrer Programmaufstellung und -umsetzung jedoch in unverhältnismäßiger Weise ein. Eine Beschränkung auf lediglich vier vorgegebene Schwerpunktthemen erschwert eine programmraumübergreifende Zusammenarbeit. Der Bundesrat spricht sich daher für eine Öffnung für mehr thematische Ziele und die Anpassung der Investitionsprioritäten an die Erfordernisse der ETZ aus.
- 19. Der Bundesrat fordert, dass der demografische Wandel und seine Auswirkungen auf die Daseinsvorsorge sowie die nachhaltige Regionalentwicklung als eigenständige Themen für die ETZ aufgeführt werden. Es sollte neuen Formen der Partnerschaft von Stadt und Land als eine Grundlage für territoriale Kohäsion auf regionaler Ebene (entsprechend der Territorialen Agenda 2020) eine Priorität beigemessen werden. Außerdem fehlen wichtige Themen wie Tourismus, klimafreundlicher Seeverkehr und Kultur.
- 20. Der Bundesrat stellt fest, dass ein nachhaltiger territorialer Zusammenhalt nur erreicht werden kann, wenn es gelingt, die Menschen in den Regionen einzubinden und mitzunehmen. Deshalb sollte die Möglichkeit eröffnet werden, dass die Programme der grenzübergreifenden Zusammenarbeit weiterhin auch Maßnahmen in den Bereichen Zivilgesellschaft und Kultur unterstützen können (z.B. konkrete Begegnungsprojekte). Dafür gibt es in den bestehenden Programmen bereits sehr erfolgreiche Ansätze. Deshalb wird gefordert, die thematischen Ziele entsprechend zu ergänzen.
- 21. Der für die ETZ-Programme maßgebliche Katalog der Investitionsprioritäten sollte aus Sicht des Bundesrates nicht unter Rückgriff auf den in der EFRE-Verordnung befindlichen Katalog definiert werden. Vielmehr bedarf es der Aufstellung eines eigenen deutlich umfänglicheren Katalogs in der ETZ-Verordnung, der auf die regionalen Potenziale und Bedarfe der ETZ-Förderung eingeht. Die in Artikel 6 der ETZ-Verordnung bereits als Ausnahme zur EFRE-Verordnung definierten Investitionsprioritäten sollten dafür entsprechend ergänzt werden.
- 22. Der Bundesrat stellt fest, dass der jetzige strukturelle Aufbau bezüglich der Investitionsprioritäten nicht erkennen lässt, wie dem Querschnittsansatz Umwelt- und Klimaschutz Rechnung getragen werden soll. Gerade bei Umweltproblemen gibt es häufig nur die Möglichkeit einer grenzübergreifenden Lösung. Eine Klarstellung und Ergänzung im Rahmen der Investitionsprioritäten wird als erforderlich angesehen.
- 23. Der Bundesrat kritisiert, dass die ergänzende Investitionspriorität bei der transnationalen Zusammenarbeit auf die Entwicklung und Umsetzung von makroregionalen Strategien und Strategien für die Meeresbecken beschränkt werden soll. Auf Grund der zahlreichen Herausforderungen, vor denen die Regionen derzeit stehen, sowie vorhandener Defizite bedürfen auch andere Regionen, Teilräume und Funktionalräume geeigneter Investitionsprioritäten.
- 24. Funktionale, grenzüberschreitende Teilräume decken sich häufig nicht mit den ausgewiesenen ETZ-Fördergebieten. Für die wirtschaftliche, soziale und territoriale Kohäsion sind sie dennoch von großer Bedeutung. Der Bundesrat fordert daher, auch die Entwicklung dieser Teilräume, die sich in vielen Fällen unterhalb der Ebene der Makroregionen und transnationalen Kooperationsräume befinden, als mögliches Handlungsfeld in Artikel 6 Satz 1 Buchstabe b der vorgeschlagenen ETZ-Verordnung aufzunehmen.
Programmplanung
- 25. Der Bundesrat kritisiert, dass die in Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a festgelegten Anforderungen einen erheblichen Mehraufwand für die Programmplanung gegenüber der aktuellen Förderperiode ohne erkennbaren Mehrwert darstellen. Die Durchführung einer Stärken-Schwächen-Analyse in dem jeweiligen Kooperationsraum als Grundlage für die Programmierung hat sich in der laufenden Förderperiode bewährt und sollte beibehalten werden.
- 26. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die ETZ aufgrund ihres multilateralen Charakters nicht über das Instrument der Partnerschaftsvereinbarung gesteuert werden kann. Sie sollte daher ausdrücklich aus deren Geltungsbereich herausgelöst werden.
- 27. Der Bundesrat sieht keine Relevanz von Projekten von mehr als 50 000 000 Euro (Verzeichnis der Großprojekte) im Rahmen der ETZ und fordert die Streichung von Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe e Ziffer iii in der ETZ-Verordnung.
- 28. Er bedauert, dass sich entgegen den Ausführungen in der Begründung zu dem Verordnungsvorschlag keine besonderen Bestimmungen für die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen für die ETZ-Programme finden. Der Bundesrat betont, dass zu den möglichen Empfängern der Maßnahmen der grenzübergreifenden und transnationalen Zusammenarbeit auch private Akteure, insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), zählen sollten, um eine bessere Verankerung der Projekte in reale Marktprozesse zu ermöglichen. Die bisherige Einbindung privater Akteure in einigen Programmräumen der grenzübergreifenden und transnationalen Zusammenarbeit unterstreicht den Nutzen einer solchen Einbeziehung. Allerdings fällt ein Großteil dieser potenziellen Akteure bereits jetzt unter die strengen beihilferechtlichen Vorschriften. Dies führt in der Umsetzung zu erheblichen Schwierigkeiten und Verfahrenserschwernissen sowohl für die Akteure als auch für die Verwaltungsstellen, die dem Sinn und Zweck der ETZ widersprechen. Der Bundesrat fordert daher die Kommission auf, ihre Ankündigung umzusetzen und Bestimmungen für die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen für die ETZ-Programme so zu vereinfachen, dass den Besonderheiten der ETZ Rechnung getragen wird.
- 29. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kofinanzierung nicht immer durch die Programmpartner, Mitgliedstaaten oder andere öffentliche Stellen, sondern auch durch die Empfänger erfolgt. Deshalb kann nicht generell verlangt werden, dass sich die teilnehmenden Mitgliedstaaten verpflichten, die für die Durchführung eines Kooperationsprogramms erforderlichen Kofinanzierungsmittel bereitzustellen. Außerdem ist zum Zeitpunkt der Programmierung eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten für den gesamten Förderzeitraum (sieben Jahre) im Voraus aus haushalterischen Gründen nicht leistbar. Die in dem Vorschlag der Kommission vorgesehene Verpflichtungserklärung sollte daher entfallen.
- 30. Der Bundesrat empfiehlt, dass im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch weiterhin Empfänger mit Sitz in einem teilnehmenden Drittland die Federführung für ein Vorhaben übernehmen können. Der vorgeschlagene Ausschluss dieser Möglichkeit wäre ein Rückschritt - verglichen mit der heutigen Praxis. Darüber hinaus bittet der Bundesrat zu prüfen, ob nicht auch Empfänger aus Nicht-Mitgliedstaaten für ein Vorhaben im transnationalen und interregionalen Kooperationsraum die Aufgabe des federführenden Empfängers übernehmen können.
- 31. Der Bundesrat hält es im Hinblick auf die Auswahl der mit Kontrollaufgaben zu betrauenden Stellen für sinnvoll, zum Zeitpunkt der Einreichung des operationellen Programms lediglich eine Beschreibung der Verfahren zur Auswahl dieser Stellen vorzulegen, nicht jedoch eine namentliche Festlegung der einzelnen Stellen selbst vornehmen zu müssen.
- 32. Er fordert für die multilateralen Kooperationsprogramme ein schlankes Verfahren in Bezug auf die Stellungnahmen der nationalen Gleichstellungsstellen der Mitgliedstaaten. Dies gilt insbesondere, da für die transnationale und interregionale Zusammenarbeit die Stellungnahmen mehrerer Gleichstellungsbeauftragter (pro Programm zwischen acht und 27) zu demselben Programm eingeholt werden müssten.
- 33. Der Bundesrat fordert die bessere Berücksichtigung der europaweit sehr unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen auf regionaler und lokaler Ebene bei der Definition der Zielgruppen für das Programm der interregionalen Kooperation. Ziel muss es sein, der Vielfalt von Organisationsformen öffentlicher Akteure in den Regionen der Mitgliedstaaten besser Rechnung zu tragen. Insbesondere eine privatrechtliche Organisationsform sollte nicht dazu führen, dass öffentliche Träger von einer Teilnahme ausgeschlossen werden.
- 34. Der Bundesrat bedauert, dass bei der Auswahl der Vorhaben grundsätzlich alle Kriterien für die Zusammenarbeit, nämlich Entwicklung, Umsetzung, personelle Ausstattung, Finanzierung, gleichzeitig erfüllt sein müssen. Die Anforderungen an die ausgewählten Vorhaben werden damit erhöht.
Monitoring und Evaluierung
- 35. Der Bundesrat stellt fest, dass die Berichtspflichten sowohl im Umfang als auch bezüglich der Häufigkeit erweitert werden, und fordert, sie auf das notwendige Minimum zu beschränken. Der Bundesrat lehnt es ab, die Fristen für den jährlichen Durchführungsbericht von bisher 30. Juni auf den 30. April des Folgejahres vorzuverlegen. Bei der Abstimmung mit mehreren sowie mehrsprachigen Programmpartnern ist ein höherer Aufwand begründet und damit mehr Zeit erforderlich.
- 36. Der Bundesrat begrüßt die Festlegung von gemeinsamen Output- und Ergebnisindikatoren, um eine effektivere Zielerreichung und eine bessere Wirkungsorientierung darzustellen sowie eine programmübergreifende Auswertung durchführen zu können. Die im Anhang der ETZ-Verordnung vorgeschlagenen Indikatoren werden spezifischen ETZ-Anforderungen jedoch vielfach zu wenig gerecht und bieten keine ausreichende Möglichkeit, die Qualität der ETZ zu beschreiben oder zu messen. Der Bundesrat fordert daher die Überarbeitung des Indikatorenkatalogs, mit dem die ETZ-spezifischen Ergebnisse angemessen dargestellt werden können. Denn neben messbaren Investitionen in die physische Struktur liegen wesentliche Vorteile territorialer Kooperation im Wissenszuwachs und der Bewusstseinsbildung der beteiligten Akteure.
- 37. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Festsetzung der technischen Hilfe auf 6 Prozent des Gesamtbetrags, mindestens aber 1,5 Millionen Euro. Die verpflichtende Umstellung des gesamten Informationsaustauschs auf elektronische Datenaustauschsysteme aus der technischen Hilfe bis 31. Dezember 2014 hält der Bundesrat jedoch für problematisch. Er verweist diesbezüglich auf seine Stellungnahme vom 16. Dezember 2011 (vgl. BR-Drucksache 629/11(B) ) zum Verordnungsvorschlag für eine Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für alle Strukturfonds.
Förderfähigkeit
- 38. Der Bundesrat begrüßt ferner den Ansatz zur Vereinfachung der Verfahren und befürwortet die Einführung ETZ-spezifischer Regelungen für die Förderfähigkeit der Ausgaben. Dies sollte zu einem einheitlichen Bewertungsmaßstab der Ausgaben gemeinsamer Projekte führen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass zur Erreichung einer kontinuierlichen Programmabwicklung im Rahmen der ETZ besondere Regeln für die Förderfähigkeit von Ausgaben von der Kommission ausschließlich zu Beginn der Programmperiode erlassen werden sollten. Eine nachträgliche Einführung oder Änderung von Förderfähigkeitsregeln würde zu Planungsunsicherheiten auf Seiten der Zuwendungsempfänger führen und den Verwaltungsaufwand erhöhen.
- 39. Der Bundesrat begrüßt die vorgesehene Möglichkeit der Pauschalierung von Personalkosten als einen Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung. Der Bundesrat lehnt jedoch eine Begrenzung der Personalkosten auf einen maximalen Anteil von 15 Prozent aller Kosten ab, da die territoriale Zusammenarbeit von Natur aus sehr personalintensiv ist und 15 Prozent Personalkostenanteil weit unter dem derzeitigen Schnitt liegen. Jede erheblich zu niedrige Pauschale kommt einer Senkung des Fördersatzes gleich. Sinnvoll erscheint die Wahlmöglichkeit zwischen real angefallenen Personalkosten oder einer Pauschale. Hierbei ist eine eindeutige Anleitung, wie diese Pauschalen ermittelt werden, erforderlich.
Verwaltung, Kontrolle und Akkreditierung
- 40. Der Bundesrat spricht sich für die grundsätzliche Beibehaltung der in der Förderperiode 2007 bis 2013 bewährten Verwaltungsstrukturen für die Umsetzung der Operationellen Programme, die weitgehende Kontinuität der Strukturen sowie die klarere Zuweisung von Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Einrichtungen im Rahmen der Programmabwicklung aus. Den Mitgliedstaaten sollte weiterhin die Möglichkeit gegeben werden, eigene Strukturen auf nationaler Ebene zu schaffen und diese aus technischer Hilfe zu finanzieren, um z.B. potenziellen Zuwendungsempfängern eine Erstinformation über Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der Kooperationsprogramme zu bieten und eine Erstbewertung von Projekten zu leisten. Die nationale und regionale Verankerung der Projekte und die anschließende Verbreitung ihrer Ergebnisse im Sinne eines Mehr-Ebenen-Ansatzes müssen gewährleistet sein.
- 41. Der Bundesrat erwartet vor dem Hintergrund einer stärkeren Harmonisierung der Verfahren, dass die bestehenden funktionalen Strukturen einer Aufgabenkritik unterzogen werden und die Aufgabenverteilung zwischen der zentralen und dezentralen Programmebene geprüft wird. Die Bereiche "einheitliche Formulare, Antragsverfahren, Bewertung, Kommunikation und Programmbegleitung oder -kontrolle" sollten weiterhin zentrale Aufgaben des Gemeinsamen Sekretariats sein. Eine deutliche Verringerung des Verwaltungsaufwands auf der Ebene der zentralen Programmstrukturen verspricht eine Stärkung der dezentralen Ebene in den Aufgaben "direkte Projektberatung und Erstbewertung".
- 42. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass der Vorschlag der Kommission auch zahlreiche neue Anforderungen an die Aufstellung und Verwaltung der Programme stellt, so dass im Ergebnis für die Programmverwaltung keine spürbare Reduzierung des Verwaltungsaufwands, sondern im Gegenteil eine Erhöhung zu erwarten ist.
- 43. Er begrüßt die Möglichkeit der Zusammenlegung der Aufgaben von Verwaltungs- und Bescheinigungsbehörde (vgl. Artikel 113 der Allgemeinen Verordnung), spricht sich jedoch gegen eine verpflichtende Zusammenlegung in der ETZ aus (vgl. Wortlaut Artikel 22 ETZ-Verordnung).
- 44. Der Bundesrat lehnt die vorgesehene Akkreditierung von Verwaltungs- und Kontrollstellen entschieden ab. Er verweist diesbezüglich auf seine Stellungnahme vom 16. Dezember 2011 (vgl. BR-Drucksache 629/11(B) ) zum Verordnungsvorschlag für eine Allgemeine Verordnung.
- 45. Der Bundesrat schlägt vor, an der Weiterführung der in der Förderperiode 2007 bis 2013 eingeführten Verfahren der Konformitätsprüfung mit einer Annahme der Systeme durch die Kommission festzuhalten. So tritt mit einer Konformitätsprüfung am Beginn der Förderperiode 2014 bis 2020 kein zeitlicher Verzug beim Programmstart ein und die Behörden erhalten damit eine gewisse Rechtssicherheit für ihre eingerichteten Verwaltungssysteme.
- 46. Der Bundesrat bemängelt die unklare Regelung der Ausgabenprüfung (First Level Control). Der federführende Begünstigte hat sicherzustellen, dass die gemeldeten Ausgaben von einem Prüfer validiert wurden. Dies lässt Rückschlüsse auf die Beibehaltung des derzeit bestehenden Verfahrens der Prüfer nach Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 zu. Eine eindeutigere Regelung wird befürwortet. Dazu müssen die Aufgaben der First Level Control ebenso vollständig beschrieben werden wie die Prüfungen auf Programmebene (Second Level Control).
- 47. Das Gemeinsame Sekretariat hat zusätzlich zur Verwaltungsbehörde und dem Monitoringausschuss auch die Programmpartner und die Prüfbehörde zu unterstützen, daher ist Artikel 22 Absatz 2 Unterabsatz 2 entsprechend zu ergänzen.
- 48. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben der Verwaltungsbehörde an weitere Stellen oder Personen nach Artikel 22 Absatz 4 der ETZ-Verordnung auf alle in den Absätzen 3 und 4 des Artikels 114 der Allgemeinen Verordnung genannten Aufgaben der Vorhabenauswahl sowie Finanzverwaltung und -kontrolle auszuweiten. Die Erfahrungen der laufenden Förderphase haben gezeigt, dass die Verwaltungsbehörde nicht immer die Kapazitäten besitzt, alle Aufgaben für das gesamte Programmgebiet selbst auszuführen. Die jeweiligen Programmpartner stimmen sich dabei ab, welche Stellen oder Personen zur Übertragung dieser Aufgaben benannt werden.
Finanzverwaltung
- 49. Der Bundesrat sieht die Festlegung auf einen Euro-Umrechnungskurs, der dem Zeitpunkt der Auszahlung so nahe wie möglich kommt, zwar grundsätzlich positiv, lehnt dies jedoch in den multilateralen Programmen der Ausrichtung B und C wegen des erheblichen Mehraufwands gegenüber der jetzigen Praxis ab.
- 50. Er begrüßt die Verlängerung der Frist für die Aufhebung der Mittelbindung (n+3) bei der territorialen Zusammenarbeit.
Berücksichtigung der Stellungnahme und Direktzuleitung an die Kommission
- 51. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die vorstehenden Ausführungen und Forderungen bei der Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an der Gestaltung und Ausrichtung der ETZ und den weiteren Beratungen des Verordnungsvorschlags auf EU-Ebene zu berücksichtigen.
- 52. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.