Der Bundesrat hat in seiner 821. Sitzung am 7. April 2006 beschlossen, zu dem Bericht wie folgt Stellung zu nehmen:
Der Bundesrat stellt fest, dass es im Wirtschaftsjahr 2004/2005 zu einer im langjährigen Vergleich erfreulichen Einkommensentwicklung bei den Haupterwerbsbetrieben gekommen ist. Die positive Gewinnentwicklung ist vor allem auf die gute Erlössituation im Schweine- und Rinderbereich sowie im Ackerbau zurückzuführen.
Auch bei Klein- und Nebenerwerbsbetrieben kam es zu Gewinnsteigerungen.
Wie die Prognose für das nächste Wirtschaftsjahr zeigt, folgt die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 2004/2005 jedoch keinem allgemeinen Aufwärtstrend. Der größte Teil des durchschnittlichen Gewinnanstiegs wird von wenigen Produktionsbereichen getragen bzw. ist auf Einmaleffekte zurückzuführen.
Bei einer Analyse fallen trotz der stabilisierend wirkenden direkten Einkommensübertragungen enorme Gewinnschwankungen auf. Gründe dafür sind neben extremen Witterungsereignissen auch die zunehmende Globalisierung und Liberalisierung auf den Agrarmärkten mit den damit verbundenen Preisschwankungen.
Große Unterschiede in der Einkommensentwicklung sind auch zwischen den Produktgruppen erkennbar. So stieg im Veredlungsbereich der Gewinn je Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr um 104,6 % an, während der Gewinn im Obstbau um 38,8 % sank. Je nach Produktionsschwerpunkt in den Ländern waren dort deshalb auch große Unterschiede im Gewinnanstieg zwischen 2,2 % und 70,3 % zu verzeichnen.
Die Futterbaubetriebe konnten zwar regional in unterschiedlichem Maße von der positiven Einkommensentwicklung profitieren; ihr Einkommen ist aber abgesehen von den Obstbaubetrieben von allen Betriebsformen das niedrigste.
Weiter ist anzumerken, dass trotz des allgemeinen Gewinnanstiegs bei den Unternehmen die Nettowertschöpfung der deutschen Landwirtschaft im laufenden Jahr um 7 % gesunken ist. Der Strukturwandel hat sich im Vergleich zum letzten Wirtschaftsjahr leicht verringert, aber die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist mit 3 % und der Arbeitskräftebesatz mit 1,5 % weiter rückläufig.
Nach dem Tiefpunkt im Wirtschaftsjahr 2003/2004 ist bei der Investitionsbereitschaft nun endlich wieder ein Anstieg zu verzeichnen. Ungeachtet dessen weisen aber insbesondere kleinere Haupterwerbsbetriebe trotz eines Gewinnanstiegs weiter eine negative Nettoinvestitionsrate und eine nur sehr geringe bereinigte Eigenkapitalbildung auf. Viele dieser Betriebe werden somit kurz- bis mittelfristig, aber spätestens im Zuge des Generationenwechsels, aus der landwirtschaftlichen Produktion ausscheiden oder als Nebenerwerbsbetriebe weitergeführt.
Nach Meinung des Bundesrates ist es weiterhin Aufgabe der Politik, den Strukturwandel zu begleiten, günstige Voraussetzungen für die Mobilisierung von Zusatzeinkommen zu schaffen, die steigenden sozialen Lasten in der Landwirtschaft abzufedern und Reformen in diesem Bereich voranzubringen. Nur so kann im landwirtschaftlichen Bereich Planungssicherheit gewährleistet und der nötige Wachstumsimpuls ausgelöst werden, um Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu erhalten bzw. auszubauen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, folgende Maßnahmen zu ergreifen, um die genannten Ziele zu erreichen:
- a) Der andauernde Strukturwandel in der Landwirtschaft bedingt, dass einer geringer werdenden Zahl von Beitragseinzahlern immer mehr Beitragsnehmer in den landwirtschaftlichen Sozialkassen gegenüber stehen. Deshalb ist es unabdingbar, dass bis zu einer Reform ausreichend finanzielle Mittel durch die Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden und die Beitragslasten für aktiv wirtschaftende Landwirte möglichst gerecht und tragbar gestaltet werden. Darüber hinaus unterstützt der Bundesrat die Bundesregierung in ihrem Bemühen, das agrarsoziale Sicherungssystem behutsam zu reformieren mit dem Ziel, es stärker mit dem allgemeinen Sozialversicherungssystem zu verzahnen.
- b) Die finanzielle Ausstattung der ersten Säule der EU-Agrarpolitik muss aus Gründen der Planungssicherheit gesichert bleiben. Die durch die EU vorgegebene Möglichkeit der bis zu 20 %igen fakultativen Modulation stellt aus Sicht des Bundesrates nicht das geeignete Instrument dar, um die Finanzausstattung der zweiten Säule der Agrarpolitik zu verbessern, weil dies zu Wettbewerbsverzerrungen sowohl zwischen den Ländern als auch zwischen den Mitgliedstaaten führen würde. Vielmehr ist es aus Sicht des Bundesrates unbedingt notwendig, die GAK in ihrem Bestand zu erhalten und finanziell abzusichern. Daneben bittet der Bundesrat die Bundesregierung, in Zusammenarbeit mit den Ländern auch weiterhin Strategien zu entwickeln, wie der ländliche Raum unter den anstehenden Kürzungen der zweiten Säule auf EU-Ebene, nationaler Ebene und auf Ebene der Länder weiter entwickelt ein Arbeitsplatzabbau vermieden und insbesondere in benachteiligten Gebieten und Berggebieten eine flächendeckende Landbewirtschaftung aufrecht erhalten werden kann.
- c) In den Bemühungen um eine konsequente 1 : 1 - Umsetzung von EU-Recht darf nicht nachgelassen werden, um die Wettbewerbskraft der heimischen Landwirtschaft nicht unnötig weiter zu schwächen. Daneben ist auf EUEbene frühzeitig darauf hinzuwirken, dass komplizierte und einengende Regelungen möglichst unterbleiben. Gleichzeitig ist eine Harmonisierung der Rechtsumsetzung auf der Ebene der Mitgliedstaaten anzustreben.
- d) Bereits begonnene Anstrengungen im Hinblick auf Bürokratieabbau und Deregulierung weisen in die richtige Richtung. Der Bundesrat unterstützt die Bundesregierung dabei nachdrücklich im Bemühen, möglichst schnell erkennbare Erleichterungen für die Praxis und den Verwaltungsvollzug zu erreichen.
- e) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass im Rahmen von Deregulierung und Bürokratieabbau auch bei der Umsetzung von Cross Compliance folgende Vorschläge aufgenommen werden:
- - Einführung praxisgerechter Bagatellgrenzen,
- - beratende Kontrollen mit der Möglichkeit zur Nachbesserung,
- - die Einführung eines Pilotjahres im Falle der Hereinnahme neuer Vorschriften,
- - schrittweiser Ersatz der CC-Bestimmungen durch Anerkennung von Qualitätssicherungssystemen.
- f) Die Sicherung und die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen zur Förderung des Ausbaus der Biomassenutzung, wie z.B. für die Erzeugung und Nutzung von Biokraftstoffen, hat nachhaltig und verlässlich zu erfolgen, damit Land- und Forstwirtschaft diese Potenziale umfassend ausschöpfen können. Bei der zukünftigen Besteuerung von Biokraftstoffen ist daher Augenmaß zu bewahren, damit Verbraucher, Handel und Hersteller weiterhin Anreize erhalten, in Biokraftstoffe und entsprechende Technologien zu investieren und diese möglichst zu nutzen. Die Pläne der Bundesregierung zur zukünftigen Besteuerung von Biokraftstoffen sind deshalb kritisch zu prüfen. Eine Teilbesteuerung von reinen Biokraftstoffen sollte unbedingt auf die EU-rechtliche Vermeidung einer Überkompensation beschränkt und mit einer Anreizkomponente versehen werden. Bei der Verwendung von reinen Biokraftstoffen in der Land- und Forstwirtschaft ist die vollständige Steuerbefreiung aufrecht zu erhalten.
- g) Bei der Weiterentwicklung der Rechtsgrundlagen zum Anbau und Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen müssen die Koexistenz der verschiedenen Bewirtschaftungsweisen nachhaltig gesichert und die Wahlfreiheit für den Verbraucher gewährleistet werden.
- h) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, möglichst schnell eine Novellierung des Kartellrechts herbeizuführen, um den Verkauf von Lebensmitteln unter Einstandspreis grundsätzlich zu untersagen.
- i) Der Bundesrat spricht sich dafür aus, mit der Anhebung des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes auch die Durchschnittssteuersätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ( § 24 UStG) entsprechend makroökonomischen Berechnungen anzuheben. Die Umsatzsteuerpauschalierung als wichtiges Instrument der Vereinfachung und Entbürokratisierung sowohl bei den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben als auch bei der Finanzverwaltung ist beizubehalten.