Der Bundesrat hat in seiner 802. Sitzung am 9. Juli 2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 18. Juni 2004 verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel einer grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes einberufen wird.
Hierbei sollen beispielsweise
- a) in der Definition des Inverkehrbringens nach § 3 Nr. 6 klargestellt werden, dass der Tatbestand nicht erfüllt ist, wenn Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden, welche auf Flächen in der Nähe einer genehmigten Freisetzung gewonnen wurden und diese technisch unvermeidbare oder zufällig geringe Gehalte an gentechnisch veränderten Organismen aufweisen. Eine solche Klarstellung ist aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligte zwingend geboten;
- b) die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit als ein einheitliches Gremium erhalten bleiben. Eine für alle Bereiche zuständige Kommission hat sich in der Vergangenheit bewährt. Die Delegation des bisherigen Aufgabenbereiches der ZKBS in zwei Ausschüsse bedeutet einen erhöhten Kosten- und Verwaltungsaufwand und ist sachlich nicht begründet;
- c) die Regelungen des § 8 Abs. 5 (neu), so wie vom Bundesrat beschlossen, beibehalten werden damit die in der Richtlinie 98/81/EG vorgesehene Öffnungsklausel für als besonders sicher eingestufte Mikroorganismen konsequent zur Sicherung des Gentechnikstandorts Deutschland und zur Vereinfachung in Forschung und Entwicklung genutzt werden kann.
Da es hierbei um besonders sichere Organismen geht, mit denen umfassende, jahrzehntelange Erfahrungen vorliegen, ist die Einschränkung der Ausnahme im Hinblick auf die Haftungsvorschriften und Aufzeichnungspflichten sachlich nicht begründet. Im Übrigen besteht für derartige Einschränkungen keine europarechtliche Vorgabe;
- d) die Beteiligung der Bundesbehörden bei der Genehmigung von Freisetzungen bzw. Inverkehrbringen einheitlich geregelt werden.
Die im Gesetz vorgesehene unterschiedliche Form der Beteiligung (Benehmen, Stellungnahme) soll bei Freisetzungen künftig im Sinne einer Verfahrensvereinfachung einheitlich im Wege des Benehmens erfolgen. Bei Genehmigungen für ein Inverkehrbringen wird, wie bisher üblich, eine Stellungnahme der zu beteiligenden Behörden für ausreichend erachtet. Dies erscheint insbesondere im Hinblick auf das künftige europarechtliche Verfahren angemessen;
- e) § 16a Abs. 4 (neu) dahingehend geändert werden, dass die Angaben zur flurstücksgenauen Bezeichnung des Grundstücks der Freisetzung und des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen im nicht öffentlichen Teil des Standortregisters genannt werden;
- f) die Regelungen des § 16b (neu) so gefasst werden, dass der Anbau zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen bei Beachtung der guten fachlichen Praxis zulässig ist;
- g) die Regelung des § 16b Abs. 3 Nr. 1 (neu) so gefasst werden, dass die Verfütterung von Futtermitteln, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten, und die anschließende Verwertung der Exkremente als Wirtschaftsdünger keine weitere Handlungspflichten (getrennte Lagerung, jahrelanges Anbauverbot derjenigen Kulturen, die als gentechnisch veränderte Sorten verfüttert wurden, Buchführung) für Landwirte auslöst;
- h) die im Gesetz vorgesehenen Erfordernisse der Sachkunde und Ausstattung beim Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen, für die bereits eine Genehmigung zum Inverkehrbringen vorliegt, gestrichen werden. Eine Regelung, nach der alle Personen, die zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken mit GVO, GVO-enthaltenden oder aus GVO bestehenden Produkten umgehen, die Zuverlässigkeit, Kenntnis, Fertigkeiten und Ausstattung besitzen müssen, um die Vorsorgepflicht nach § 16b Abs. 1 erfüllen zu können, ist unverhältnismäßig und praxisfremd. Die Überwachung der Einhaltung dieser Regelung dürfte zudem ohne einen unverhältnismäßig hohen Zeit- und Personalaufwand nicht vollziehbar sein. Es ist völlig ausreichend, wenn sich Personen, die mit GVO- bzw. GVO-enthaltenden Produkten umgehen, anhand der durch den Inverkehrbringer mitzuliefernden Produktinformationen darüber informieren, wie die Vorsorgepflicht erfüllt werden kann;
- i) auf die Regelungen der näheren Einzelheiten der guten fachlichen Praxis im Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen durch eine Rechtsverordnung verzichtet werden.
Öffentlichrechtliche Regelungen zur guten fachlichen Praxis verursachen einen hohen Aufwand im Verwaltungsvollzug und laufen den Bestrebungen der Länder nach Aufgabenabbau und Entbürokratisierung zuwider.
Angesichts der Vielfalt möglicher GVO und der dadurch bedingten unterschiedlichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Koexistenz ist es zweckmäßig, die einzuhaltenden Regeln in die den GVO beizufügende Produktinformation aufzunehmen. Dies erhöht außerdem die Flexibilität bei einer notwendigen Anpassung der guten fachlichen Praxis an neuere Erkenntnisse;
- j) die Regelung zur Nutzungsbeeinträchtigung gem. § 906 BGB nach § 36a entweder so gestaltet werden, dass die Inanspruchnahme für den Ausgleichsanspruch bei Einhaltung der guten fachlichen Praxis durch den Verwender gentechnisch veränderter Produkte in jedem Fall schon dem Grunde nach ausgeschlossen wird oder aber ein auf Grund des Gesetzes zu bildender Ausgleichsfonds solche Ansprüche zu befriedigen hat;
- k) eine Regelung aufgenommen werden, die auch künftig die Anwendung des vereinfachten Verfahrens für die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen nach Artikel 6 Abs. 5 der Richtlinie 90/220/EWG i.V.m. Artikel 7 Abs. 6 der Richtlinie 2001/18/EG sicherstellt;
- l) die Regelung in Artikel 2 in der Fassung des Entwurfs der Bundesregierung vom 11. Februar 2004 übernommen werden (Einfügung von Buchstabe d in § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG). Im Übrigen ist der vorgeschlagene § 34a (neu) BNatSchG zu streichen, da rechtmäßig in Verkehr gebrachte Produkte in dieser Hinsicht bereits umfassend geprüft sind.
Begründung
Der Bundesrat hat sich in seinem Beschluss vom 2. April 2004 (BR-Bundesregierung befasst und ausführlich dazu Stellung genommen. Der Gesetzesbeschluss des Bundestages hat die zentralen Punkte dieses Beschlusses nicht aufgenommen und zudem wesentliche Teile des Entwurfs der Bundesregierung gestrichen.
Alle materiellen Regelungen zur Koexistenz sind vom Bundestag in einen nicht zustimmungsbedürftigen Teil aufgenommen worden. Die Verfahrensvorschriften, soweit sie den Ländervollzug betreffen, sollen erst nachträglich in einem zustimmungsbedürftigen Gesetz vorgelegt werden.
Das Ziel des Gesetzgebungsvorhabens, die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt auch für das deutsche Recht umzusetzen, ist damit nicht erreichbar. Zur Abwendung weiterer unvertretbarer Verzögerungen in der Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/18/EG bedarf das Gesetz der umfassenden Überarbeitung im Vermittlungsausschuss.