Der Bundesrat hat in seiner 949. Sitzung am 14. Oktober 2016 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission dem Ansinnen des Europäischen Parlaments und des Rates nachgekommen ist und nun formal den Vorschlag unterbreitet hat, das Jahr 2018 als Europäisches Jahr des Kulturerbes auszurufen.
- 2. Angesichts der Notwendigkeit, in Haushaltsverhandlungen entsprechende Mittel für Vorbereitungsmaßnahmen und Veranstaltungen in den deutschen Ländern festlegen zu müssen, hält er schnellstmögliche Planungssicherheit für dringend geboten und mahnt deshalb eine zügige Beschlussfassung auf europäischer Ebene an.
- 3. Bezüglich der Inhalte des Kommissionsvorschlags bemängelt der Bundesrat, dass der Vorschlag sich weitgehend darauf beschränkt, die ohnehin bestehenden Elemente der Kulturpolitik auf EU-Ebene und deren geplante Initiativen zusammenzufassen und dem Kulturerbejahr zuzuordnen.
- 4. Er vermisst in diesem Zusammenhang in dem Vorschlag eine übergeordnete konzeptionelle Idee. Zwar sind die im Vorschlag aufgeführten Ziele und Maßnahmen großteils zustimmungsfähig. Darüber hinaus wäre es jedoch wünschenswert, das Kulturerbejahr auch als Chance zu nutzen, durch die Besinnung auf kulturelle und weltanschauliche Gemeinsamkeiten den aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fliehkräften entgegenzuwirken. Entsprechende Ansätze sind im Kommissionsvorschlag nicht enthalten und sollten dringend noch aufgenommen werden.
- 5. Überbetont werden aus Sicht des Bundesrates hingegen die ökonomischen und sonstigen sekundären Aspekte des kulturellen Erbes (Kreativität, Innovation, Tourismus, Schaffung von Arbeitsplätzen, Bildung, Konfliktprävention und Beziehungen zu Drittstaaten). Demgegenüber treten der Eigenwert künstlerischen und kulturellen Ausdrucks und die Bedeutung des Kulturerbes an sich, die sich nicht nur an ihrem instrumentalisierbaren Nutzen festmachen, zu stark in den Hintergrund.
- 6. Der Bundesrat stellt fest, dass für die Finanzierung des Kulturerbejahres auf EU-Ebene gemäß dem Kommissionsvorschlag keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Angesichts des über den eigentlichen Kulturbereich hinausgehenden Ansatzes dieses Themenjahres hält er es für erforderlich, dass die hierfür seitens der Kommission bereitgestellten Mittel sich nicht auf Umschichtungen innerhalb des ohnehin nur mit einem geringen Budget ausgestatteten Kulturförderprogramms "Kreatives Europa" beschränken.
- 7. Nachdrücklich lehnt der Bundesrat die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d des Kommissionsvorschlags angekündigte Entwicklung von neuen Indikatoren und Benchmarks im Kulturbereich ab. Er sieht weder eine Veranlassung noch - im Hinblick auf das Harmonisierungsverbot in Artikel 167 AEUV - eine rechtliche Grundlage für die Einführung solcher Bewertungs- und Steuerungsinstrumente.
- 8. Die in Artikel 3 aufgeführten geplanten Maßnahmen im Zuge des Kulturerbejahres weisen eine zu große Distanz zu Bürgerinnen und Bürger auf. Nur durch Konferenzen, Kampagnen und akademische Studien wird Kulturerbe nicht erlebbar und lebendig. Der Bundesrat begrüßt insofern die in Absatz 2 vorgesehene Möglichkeit, über die im Vorschlag aufgeführten Maßnahmen hinaus auch "andere Aktivitäten benennen [zu können], die zur Erreichung der in Artikel 2 genannten Ziele ... beitragen".
- 9. Bei der Bestimmung des in Artikel 4 vorgesehenen nationalen Koordinators für Deutschland und im Hinblick auf den innerdeutschen Programmbeirat mahnt er die geeignete Einbeziehung der deutschen Länder an.
- 10. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.