Der Bayerische Ministerpräsident
München, 3. Juni 2014
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates - Beitrag der Erdgasspeicher zur deutschen Energieversorgung dauerhaft sichern mit dem Antrag, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Ich bitte, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 GOBR auf die Tagesordnung der 923. Sitzung am 13. Juni 2014 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Seehofer
Entschließung des Bundesrates - Beitrag der Erdgasspeicher zur deutschen Energieversorgung dauerhaft sichern
Der Bundesrat möge beschließen:
I. Der Bundesrat stellt fest, dass die Liberalisierung des Gasmarktes und die Entflechtung der integrierten Energieversorgungsunternehmen dazu führen, dass Aspekte der Versorgungssicherheit beim Betrieb von Erdgasspeichern nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden. Über die Ein- und Ausspeicherung von Erdgas entscheiden die Gashändler aufgrund aktueller Marktsignale.
Der derzeitige Ordnungsrahmen bietet keine Möglichkeit, Aspekte der Versorgungssicherheit bei der Bewirtschaftung der Speicher ausreichend zu berücksichtigen.
Aufgrund von Unternehmenskäufen in jüngster Zeit geht im Jahr 2014 voraussichtlich mehr als ein Viertel der deutschen Erdgasspeicherkapazität in das Eigentum ausländischer Investoren über. Wenn Unternehmen, die der Einflussnahme anderer Staaten unterliegen, wichtige Infrastruktureinrichtungen erwerben wollen, muss sichergestellt sein, dass diese nicht für strategische Ziele genutzt werden können, die den Interessen Deutschlands entgegenstehen.
II. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zur Verbesserung der Versorgungssicherheit dafür zu sorgen, dass immer ausreichend Erdgas gespeichert ist, und eine nationale Erdgasreserve mit einer Reichweite von 45 Tagen zu schaffen. Hierbei ist auch sicherzustellen, dass die Gasspeicher sicher und ohne Risiken für die Bevölkerung und Umwelt betrieben werden.
Für eine nationale Erdgasreserve bieten sich aus Sicht des Bundesrates folgende Möglichkeiten an:
- Nationale Erdgasreserve außerhalb des Speichermarktes Eine nationale Erdgasreserve kann verhindern, dass Speicher aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt werden müssen. Die Herausnahme von Speichern bzw. Speicheranteilen aus dem Markt zur strategischen Bevorratung von Erdgas erhält zum einen dauerhaft die Versorgungssicherheit, zum anderen verbessern sich auch die Marktbedingungen für die verbleibenden Speicher bzw. Speicheranteile durch die Verknappung des Angebots. Orientiert an der Mineralölpflichtbevorratung sollte eine nationale Erdgasreserve von rund 10 Mrd. m3 eingerichtet werden, die dem deutschen Gasverbrauch von rund 45 Tagen entspricht.
- Durchgriffskompetenzen für die systemverantwortlichen Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) über das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zur Sicherstellung saisonal erforderlicher Mindestfüllstände Die FNB haben die Systemverantwortung für das Gasversorgungssystem und können nur bei einer Gefährdung oder Störung der Netzstabilität auf die Speicher zugreifen. Mit geeigneten gesetzgeberischen, regulatorischen und organisatorischen Maßnahmen ist zu gewährleisten, dass Belange der Versorgungssicherheit beim Betrieb der Gasspeicher verstärkt berücksichtigt werden und eine ausreichende Befüllung für verbrauchsstarke Zeiten sichergestellt wird. Aus Gründen der Versorgungssicherheit und der Krisenvorsorge sollen die FNB beispielsweise die Ausspeicherung unterhalb bestimmter, saisonal erforderlicher Füllstände untersagen können.
§ 16 EnWG, der die Kompetenzen der FNB in Wahrnehmung ihrer Systemverantwortung regelt, bedarf dazu einer Erweiterung und Konkretisierung. Die Vorgaben der FNB müssen dabei von der BNetzA gebilligt werden, die die Verfahrensdetails in einer Festlegung regeln kann. Die anfallenden Mehrkosten werden bei den Netzentgelten der FNB in Ansatz gebracht.
III. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, wie rechtlich sichergestellt werden kann, dass wichtige deutsche Infrastrukturen nicht für strategische Ziele genutzt werden können, die nationalen Interessen entgegenstehen.
Zu prüfen ist eine Präzisierung der entsprechenden außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften. Dies gilt sowohl für die Tatbestandsvoraussetzungen als auch für die Vollzugspraxis der zuständigen Bundesbehörden.