Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 107916 - vom 15. Mai 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 27. April 2006 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Straßenverkehrssicherheit: Verbreitung des eCall-Systems unter den Bürgern (2005/2211(INI))
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Weißbuchs der Kommission "Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft" (KOM (2001) 0370) und unter Hinweis auf seine diesbezügliche Entschließung vom 12. Februar 20031,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "Informations- und Kommunikationstechnologien für sichere und intelligente Fahrzeuge" (KOM (2003) 0542),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "Europäisches Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit - Halbierung der Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Europäischen Union bis 2010: eine gemeinsame Aufgabe" (KOM (2003) 0311) und ihrer Publikation "20.000 Leben auf unseren Straßen retten" vom Oktober 2004,
- - in Kenntnis der Empfehlung 2004/345/EG der Kommission vom 6. April 2004 zu Durchsetzungsmaßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit2,
- - in Kenntnis der Erklärung von Verona zur Straßenverkehrssicherheit vom 5. Dezember 2003 sowie der Schlussfolgerungen des zweiten Treffens der Verkehrsminister der Europäischen Union in Verona von 2004 und der Verpflichtung, die sie im Anschluss daran eingegangen sind, die Straßenverkehrssicherheit als Priorität zu betrachten,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission "i2010 - Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung" (KOM (2005) 0229),
- - in Kenntnis der zweiten eSafety-Mitteilung der Kommission "Verbreitung des eCall-Systems unter den Bürgern" (KOM (2005) 0431),
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A6-0072/2006),
A. unter Hinweis darauf, dass 2004 in den 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union 43 000 Menschen bei Straßenverkehrsunfällen ums Leben kamen und durch ein europaweites bordeigenes Notrufsystem, eCall, jährlich 2 500 Leben gerettet und die Schwere der Verletzungen um etwa 15% gesenkt werden könnten,
B. unter Hinweis darauf, dass sich mit dem Einsatz des eCall-Systems die jährlichen externen Kosten des Straßenverkehrs um bis zu 26 Milliarden EUR reduzieren lassen, wodurch die Bürgerinnen und Bürger um 26 Milliarden EUR entlastet würden; ferner unter Hinweis darauf, dass angestrebt werden sollte, externe Kosten nicht zu internalisieren, sondern zu reduzieren,
C. unter Hinweis darauf, dass durch das eCall-System die Reaktionszeit bei Unfällen in städtischen Gebieten um ca. 40 % und in ländlichen Gebieten um ca. 50 % gesenkt werden kann,
D. unter Hinweis darauf, dass das eCall-System als der erste Baustein der neuen Initiative "Intelligentes Fahrzeug" nach der Mitteilung der Kommission (KOM (2005) 0229) zu begrüßen ist,
E. unter Hinweis darauf, dass die groß angelegte Einführung von eCall bis 2009 zu den Schwerpunkten der eSafety-Initiative gehört,
F. unter Hinweis darauf, dass beträchtliche Fortschritte im Bereich mit der eSafetyverknüpften Technologien, Systeme und Dienste gemacht wurden, sowie unter Hinweis auf die künftigen Möglichkeiten, die die Entwicklung von Galileo bietet,
- 1. begrüßt, dass auf der zweiten hochrangigen Sitzung mit Mitgliedstaaten zum Thema "eSafety" vier Mitgliedstaaten die gemeinsame Absichtserklärung über eCall unterschrieben haben, und zwar Griechenland, Italien, Litauen und Slowenien, die sich somit den bisherigen Unterzeichnern Finnland, Schweden und zuletzt Zypern anschlossen;
- 2. ist ermutigt durch die Zusagen weiterer Mitgliedstaaten, die bereits den Prozess zur Unterzeichnung der gemeinsamen Absichtserklärung über eCall eingeleitet haben (Tschechische Republik, Dänemark, die Niederlande und Deutschland), und fordert die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, den politischen Willen dazu zu bekunden;
- 3. betont, dass die baldige Unterzeichnung der Absichtserklärung über eCall durch alle Mitgliedstaaten sehr wichtig ist, um - damit eCall bis 2009 umfassend eingeführt ist - anderen potentiell Beteiligten eine eindeutige Zusage zur Umsetzung des eCall-Systems zu demonstrieren;
- 4. empfiehlt unter Hinweis auf den vereinbarten Zeitplan für das Programm Galileo, dass es vorzuziehen wäre, wenn die Einführung von eCall mit der vollständigen Betriebsbereitschaft von Galileo abgestimmt werden könnte, dass jedoch jede Verzögerung bei der Einführung dieses Systems nicht der Umsetzung von eCall entgegenstehen sollte;
- 5. ist der Auffassung, dass zur Ereichung eines wirklichen Fortschritts die Absichtserklärung über eCall zu einem von allen Beteiligten so bald wie möglich unterzeichneten "letter of intent" umgewandelt werden sollte;
- 6. fordert deshalb die Behörden der Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Informationen über das eCall-System in die Inhalte ihrer öffentlichen Kampagnen zur Verkehrssicherheit aufzunehmen;
- 7. begrüßt die eindeutig positive Position der Automobilindustrie zur Einführung des eCall-Systems;
- 8. stellt fest, dass das eCall-System auf dem Notruf 112 und E112 beruht, (Übermittlung von Standortangaben in öffentlichen Funknetzen bei einem Notruf);
- 9. erinnert daran, dass eine Mehrheit der Mitgliedstaaten die Nutzung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 sehr zögerlich unterstützt hat; fordert die Kommission auf, auszuwerten, inwieweit die Mitgliedstaaten die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) in Bezug auf die angemessene Beantwortung und Bearbeitung von Anrufen bei der einheitlichen europäischen Notrufnummer einschließlich der Erkennung des Anruferstandorts umgesetzt haben;
- 10. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den Notruf E112 so bald wie möglich abschließend einzuführen und die Nutzung der Notrufnummern 112 sowie E112 zu fördern und Schritte einzuleiten, um beispielsweise durch Sprachkurse, Zugänglichkeit, Standortangaben und Handhabung der Anrufe in den Notrufzentralen eine angemessene Infrastruktur gemäß den E112-Anforderungen zu gewährleisten, wodurch eine weitere Entwicklung zur Verarbeitung der eCall-Notrufe ermöglicht wird;
- 11. nimmt die Unterschiede zwischen den Schätzungen der Kommission und der Industrie bezüglich der Kosten für ein bordeigenes eCall-System zur Kenntnis;
- 12. fordert die Kommission und die Industrie auf, eine fundiertere Kosten-Nutzen-Analyse für jede zur Umsetzung des eCall-Systems eingeleitete Maßnahme durchzuführen;
- 13. ist sich bewusst, dass die für eCall erforderliche Technologie durch die Senkung der Marginalkosten für die Einführung eine frühzeitige Übernahme anderer innovativer aktiver Sicherheitsanwendungen ermöglichen wird;
- 14. ist sich bewusst, dass die Einführung vieler neuer Technologien eine gewisse Zeit benötigt, und ermutigt deshalb die Kommission und die Industrie, die schrittweise und groß angelegte eCall-Einführung durch eine Kombination bordeigener und alternativer Systeme wie die Nutzung des Mobiltelefons des Fahrers und der Bluetooth-Technologie sowie bordeigener Mobiltelefone bei gleichzeitiger besonderer Berücksichtigung des Rechts auf Privatsphäre von Fahrern und Fahrgästen, zu prüfen;
- 15. verweist auf die potentiellen Kosten des eCall-Systems, die unter Umständen in Regionen mit anhaltenden Benachteiligungen höher sein können, und ist sich bewusst, dass sich viele neue Technologien als kostenintensiv erweisen werden und Käufer von Neuwagen (besonders am finanziellen Endpunkt des Automarkts) nicht immer bereit oder in der Lage sind, die vollständigen Kosten zu tragen; fordert die Beteiligten auf, zusammen zu arbeiten, um Anreize zu schaffen, damit die Einführung des eCall-Systems beschleunigt wird;
- 16. ist insbesondere besorgt, dass die Kosten des eCall-Systems für diejenigen, die es am meisten brauchen, beispielsweise für diejenigen in ländlichen oder abgelegenen Gebieten, unerschwinglich hoch sein können; ist der Auffassung, dass das eCall-System gegebenenfalls für alle Fahrzeuge einschließlich Lastkraftwagen eingesetzt werden sollte;
- 17. begrüßt weitere Initiativen und Mitteilungen der Kommission im eSafety-Bereich;
- 18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
1 ABl. C 43 E vom 19.2.2004, S. 250.
2 ABl. L 111 vom 17.4.2004, S. 75.