Der Bundesrat hat in seiner 875. Sitzung am 15. Oktober 2010 beschlossen, die folgende Entschließung zu fassen:
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Biokraftstoffen folgendermaßen anzupassen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass zur Erreichung des Ziels, im Jahr 2020 mindestens zehn Prozent des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor aus erneuerbaren Energiequellen bereitzustellen, die Biokraftstoffe eine entscheidende Rolle spielen.
- 2. Die Bundesregierung wird daher gebeten, die Regelungen zur Förderung von Biokraftstoffen so auszugestalten, dass sichergestellt ist, dass der gesamte energetische Anteil der Biokraftstoffe im Verkehr im Jahr 2020 zehn Prozent beträgt, sofern sich nicht bis 2014 abzeichnen sollte, dass andere erneuerbare Energieträger im Verkehr einen nennenswerten Beitrag zur Zielerreichung bis zum Jahr 2020 beisteuern können. Dabei sollen sowohl Biokraftstoffe in der Beimischung als auch Biokraftstoffe in Reinform berücksichtigt werden.
- 3. Dabei ist die Besteuerung der Biokraftstoffe in Reinform so zu gestalten, dass diese durch eine Kaufanreizwirkung für den Verbraucher neben der Beimischungsquote ebenfalls wirksam zur Erreichung des Zehn-Prozent-Ziels im Jahr 2020 gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 (Richtlinie 2009/28/EG) beitragen. Die EU-rechtliche Möglichkeit einer Steuerermäßigung für Biokraftstoffe zur Kompensation der Mehrkosten im Zusammenhang mit deren Erzeugung soll hierbei voll ausgeschöpft werden. Dabei ist bei Pflanzenölkraftstoff zwischen großen, industriellen Ölmühlen und bäuerlich betriebenen, dezentralen Anlagen zu differenzieren.
- 4. Die Steuerbegünstigung für besonders förderungswürdige Biokraftstoffe (E 85, Biomethan, BtL sowie Ethanol aus Cellulose) soll über das Jahr 2015 hinaus fortgeführt werden.
- 5. Die Bundesregierung wird gebeten, Informationen über den Stand der Entwicklung von erneuerbaren Energieträgern im Verkehrssektor in den Bericht zur Steuerbegünstigung für Biokraft- und Bioheizstoffe aufzunehmen oder hierzu jährlich eine gesonderte Veröffentlichung vorzunehmen.
- 6. Die für den Biokraftstoffbereich notwendigen Nachhaltigkeitsregelungen sind gemeinschaftsfreundlich zu gestalten, um Handelshemmnisse zu vermeiden. Begründung:
Biokraftstoffe werden im Hinblick auf ihr Treibhausgasvermeidungspotenzial laufend verbessert. Die Optimierungspotenziale sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft (Beispiel: Studie des Deutschen Biomasseforschungszentrums - DBFZ - über mögliche Ansätze zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz von Biodiesel aus Raps). Bei Umstellung von einer Gesamtquote (energetisch) auf eine Treibhausgasvermeidungsquote ab dem Jahr 2015 ist schon jetzt abzusehen, dass die Erfüllung der Zielvorgaben mit erheblichen Unsicherheiten belastet ist bzw. diese nicht erreicht werden kann, da zur Erfüllung einer bestimmten Treibhausgasvermeidungsquote energetisch betrachtet immer weniger Biokraftstoffe erforderlich sein werden. Aus diesem Grund soll bis 2014 auf einer belastbaren Grundlage geprüft werden, inwieweit neben der vorgesehenen Treibhausgasquote als "Sicherheitsnetz" auch der energetische Quotenanteil bis 2020 fortgeschrieben werden sollte, um Kontinuität auch über das Jahr 2015 hinaus zu gewährleisten.
Angesichts der Verfügbarkeit von Biokraftstoffen in Reinform (Biodiesel vor allem für den Lkw-Bereich, E85 und Bioerdgas für den Pkw-Bereich) soll der Schwerpunkt zur Erreichung des Zehn-Prozent-Ziels nicht ausschließlich auf die Beimischung, sondern auch auf den Einsatz der Biokraftstoffe in Reinform gelegt werden. Dies entspricht auch den Zielen des Koalitionsvertrages, der eine Wiederbelebung des Marktes für reine Biokraftstoffe vorsieht:
"Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit für die heimische Produktion von Biokraftstoffen auch unter steuerlichen Gesichtspunkten erhalten." Deren Besteuerung ist, soweit EU-rechtlich möglich, so zu gestalten, dass zu ihrer Nutzung ein wirksamer Anreiz gegeben ist und dass kein energieverteuernder Effekt entsteht. In diesem Fall steht einer Anerkennung auf die Quotenerfüllung im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie nichts entgegen.
Eine Beendigung der Steuerbegünstigung für besonders förderwürdige Biokraftstoffe im Jahr 2015 verbaut Zukunftsperspektiven für Forschung und Entwicklung von Biokraftstoffen. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten unterbleiben, wenn schon jetzt erkennbar ist, dass diese Biokraftstoffe mittelfristig aus einer Steuerbegünstigung fallen.
Die Ausgestaltung und Umsetzung der Nachhaltigkeitserfordernisse darf nicht zu Handelshemmnissen führen. Die Bereitstellung von Rohstoffen für Biokraftstoffe und von Biokraftstoffen aus der Gemeinschaft darf nicht durch nationale Sondererfordernisse, die über das EU-Recht hinausgehen, behindert werden.