Punkt 5 der 983. Sitzung des Bundesrates am 29. November 2019
Der Bundesrat möge in seiner 983. Sitzung am 29. November 2019 beschließen, dem vom Deutschen Bundestag am 7. November 2019 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 105 Absatz 3 des Grundgesetzes zuzustimmen und ferner folgende Entschließung zu fassen:
- 1. Mit Forschung und Entwicklung wird der Grundstein für die Produkte von morgen gelegt, was für einen Hochtechnologiestandort wie Deutschland letztlich überlebenswichtig ist. Der Bundesrat begrüßt daher, dass mit Einführung der Forschungszulage eine Forderung der Länder erfüllt wird, die sich bereits im Jahr 2016 für eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung ausgesprochen hatten. Durch die Begünstigung von Auftragsforschung beim Auftraggeber erhalten auch die Unternehmen Zugang zur steuerlichen Förderung, die größenbedingt keine eigenen Forschungsabteilungen unterhalten, sondern Forschungsaufträge zum Beispiel an universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen vergeben.
- 2. Der Bundesrat sieht jedoch weitergehenden Handlungsbedarf im Bereich der Unternehmensbesteuerung, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. Einerseits haben Steuersatzsenkungen in den USA, Großbritannien und Frankreich das Kräfteverhältnis im internationalen Steuerwettbewerb spürbar verändert, andererseits steht die deutsche Wirtschaft aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung sowie der Energiewende in den kommenden Jahren vor erheblichem Investitionsbedarf und das in einer Zeit, in der die außenwirtschaftlichen Risiken zugenommen haben. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die Gefahr eines ungeordneten Brexit belasten die exportorientierte deutsche Wirtschaft, so dass die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr den Prognosen zufolge nur noch um 0,5 Prozent wachsen wird. Der Bundesrat sieht daher die Notwendigkeit für eine steuerliche Entlastung der deutschen Wirtschaft.
- 3. Internationale Vergleiche zeigen, dass Deutschland seit der letzten Unternehmensteuerreform, die zum 1. Januar 2008 und damit vor mehr als zehn Jahren wirksam wurde, im Hinblick auf die Unternehmensteuerbelastung von einer Position im Mittelfeld wieder in die Gruppe der Hochsteuerländer aufgerückt ist. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag summieren sich hierzulande auf durchschnittlich 29,83 %, in kreisfreien Städten im Schnitt sogar auf 31,5 %. Kern einer Unternehmensteuerreform muss daher die Absenkung der Ertragsteuerbelastung von Gewinnen, die im Unternehmen verbleiben und damit für Investitionen zur Verfügung stehen, auf wettbewerbsfähige 25 % sein. Der Bundesrat erachtet dabei die Einführung einer Teilanrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer als zielführende Maßnahme.
- 4. Zur Entlastung der Gewinne von Personenunternehmen, die der Einkommensteuer unterliegen, sollte nach Auffassung des Bundesrates die Tarifbegünstigung des nicht entnommenen Gewinns attraktiver ausgestaltet werden. Aufgrund der strengen Nachversteuerungsregeln ist der Sondertarif von derzeit 28,25 % gerade für kleinere mittelständische Unternehmen kaum attraktivom Hinzu kommt, dass die Regelung insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Belastung der nichtabziehbaren Steuern mit der zweistufigen Besteuerung von Kapitalgesellschaften nicht wirkungsgleich ist.
- 5. Der Bundesrat begrüßt, dass die Große Koalition mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 einen wichtigen Schritt zur vollständigen Beseitigung dieser Zusatzbelastung unternommen hat. Aus standortpolitischen wie aus verfassungsrechtlichen Gründen besteht jedoch die Notwendigkeit, für den verbleibenden Teil zeitnah einen Abbaufahrplan festzulegen. Mit dem Auslaufen des Solidarpaktes II hat der Solidaritätszuschlag politisch seine Rechtfertigung verloren. Der Bund sollte daher sein Versprechen einlösen, das er bereits bei Einführung dieser Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer gegeben hat: Der Solidaritätszuschlag ist nur eine vorübergehende Zusatzbelastung, die dazu dient, einen Mehrbedarf des Bundes infolge der Wiedervereinigung Deutschlands abzudecken. Angesichts der Tatsache, dass in der Zwischenzeit die Einkommen- und Körperschaftsteuer mehrfach gesenkt wurden, ist die Fortführung des Solidaritätszuschlags auch im Lichte des Grundgesetzes nicht mehr haltbar.
- 6. Nicht zuletzt weist der Bundesrat darauf hin, dass Deutschland seiner Verpflichtung zur Umsetzung der EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie bislang nicht nachgekommen ist, obwohl die Umsetzungsfrist teilweise bereits überschritten ist. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, zeitnah einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Dabei sind auch die Auswirkungen auf die Attraktivität des Standortes Deutschland im Blickfeld zu behalten, um Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft zu vermeiden. Dies gilt etwa bei der Festlegung der Niedrigbesteuerungsgrenze im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung.
- 7. Der Bundesrat erinnert daran, dass entschlossene Reformen - sei es im Bereich des Arbeitsmarktes oder der Unternehmensbesteuerung - in der Vergangenheit stets einen wichtigen Beitrag zur Fortsetzung der Erfolgsgeschichte Deutschlands geleistet haben. Umso mehr gilt es, sich auf die wachstumsorientierte Steuerpolitik zu besinnen, die einen wichtigen Baustein für die Attraktivität des Standortes Deutschland darstellt. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, zeitnah ein Gesetzgebungsverfahren zur steuerlichen Entlastung der deutschen Wirtschaft anzustoßen.