Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. ..../.... (gemeinsames Verfahren) KOM (2007) 872 endg.; Ratsdok. 5431/08

Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März 2008 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

1. Zur Vorlage allgemein

Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich den Kommissionsvorschlag zur Novellierung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 , da dieser zu einer Straffung und Vereinheitlichung des Zulassungsverfahrens für neuartige Lebensmittel führt, verbunden mit einer Beseitigung von Mehrfachbearbeitungen und einem verringerten Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten und die Wirtschaft.

Lebensmittel sind u. a. dann als neuartig einzustufen, wenn sie mittels einer zuvor nicht genutzten Produktionstechnologie hergestellt wurden. Insbesondere sollen neue Technologien bei Zucht- und Lebensmittelherstellungsverfahren, die sich auf die Lebensmittel auswirken und somit auch Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit haben könnten, von dem vorliegenden Verordnungsvorschlag abgedeckt werden.

Zu den neuartigen Lebensmitteln sollen daher auch Lebensmittel zählen, die aus Pflanzen und Tieren gewonnen werden, die mittels nicht herkömmlicher Zuchtmethoden erzeugt wurden. Hierunter ist z.B. das Klonen von Tieren und tierischen Zellkulturen zu verstehen.

Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass es derzeit keine Argumente gibt, die es rechtfertigen würden, tierische Lebensmittel aus Klonen und deren Nachkommen in Verkehr zu bringen.

Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich bei den Beratungen auf EU-Ebene für folgende Ergänzungen des Verordnungsvorschlags einzusetzen:

Ein neuartiges Lebensmittel darf nur dann in die Gemeinschaftsliste aufgenommen werden wenn hierzu keine ethischen Vorbehalte bestehen.

Zusätzlich zur Sicherheitsbewertung neuartiger Lebensmittel sollte eine Stellungnahme der "European Group on Ethics in Science and New Technologies (EGE)" eingeholt werden, damit auch ethische Aspekte im Hinblick auf das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel ausreichend Berücksichtigung finden.

Die gegenwärtige Debatte über eine Verwendung geklonter Tiere für die Nahrungsmittelproduktion wurde durch die Aussage der US-Lebensmittelbehörde FDA(Food and Drug Administration) ausgelöst, die in einem vorläufigen Gutachten zu dem Schluss kommt, dass sich Fleisch und Milch von geklonten Tieren ebenso gut für den menschlichen Verzehr eignen wie konventionelle Lebensmittel.

Diese Einschätzung wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrer Stellungnahme zu den Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit vom 10. Januar 2008 geteilt, unter der Voraussetzung, dass nur gesunde Klone zum Einsatz kommen.

Bei der Bewertung der Verwendung von geklonten Tieren für die Nahrungsmittelproduktion handelt es sich primär nicht um eine lebensmittelrechtliche, sondern um eine ethische Frage. Auf europäischer Ebene befasst sich die EGE mit den ethischen Aspekten des Klonens von Tieren für die Lebensmittelerzeugung.

Die EFSA weist ausdrücklich darauf hin, dass mit dem Klonen von Tieren viele ethische, moralische und gesellschaftliche Fragen verbunden sind, die außerhalb des Aufgabenbereichs der EFSA liegen.

Die Diskussion über die Verwendung von Produkten von geklonten Tieren für die Nahrungsmittelproduktion darf nicht auf den Aspekt Lebensmittelsicherheit beschränkt werden. Selbst wenn unter Sicherheitsgesichtspunkten keine Bedenken bestehen kann daraus kein "Freibrief" für das Klonen von Tieren für die Nahrungsmittelversorgung abgeleitet werden.

Derzeit gibt es keine überzeugenden Argumente, die für eine Produktion von Nahrungsmitteln von geklonten Tieren und deren Nachkommen sprechen würden.

Zu dieser Auffassung gelangt auch die EGE in ihrer Stellungnahme vom 16. Januar 2008.

2. Zu Artikel 6

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Zuge der weiteren Beratungen auf EU-Ebene in Artikel 6 einen Rechtsanspruch auf Aufnahme von neuartigen Lebensmitteln in die Gemeinschaftsliste zu schaffen, sobald das Lebensmittel alle Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt.

Nach der derzeitigen Formulierung des Vorschlags ("darf nur") hat ein Unternehmer auch dann keinen Rechtsanspruch auf Eintragung des vorgestellten neuartigen Lebensmittels in die Gemeinschaftsliste, wenn alle Voraussetzungen bereits erfüllt sind. Das ist im Hinblick auf das Verkehrsverbot für alle nicht eingetragenen neuartigen Lebensmittel (Artikel 5) unverhältnismäßig und dient nicht der Rechtssicherheit.

3. Zu Artikel 8

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich in den weiteren Beratungen bei der Kommission dafür einzusetzen, dass in Artikel 8 des Verordnungsvorschlags eine Ergänzung aufgenommen wird, nach der der Lebensmittelunternehmer alle nach Artikel 6 erforderlichen Unterlagen, an Hand derer nachgewiesen werden kann, dass die Lebensmittel den Anforderungen des Artikels 6 der Verordnung entsprechen, beizubringen hat. Die Kommission soll die Mitteilungen prüfen und sie einschließlich aller vom Lebensmittelunternehmer eingereichten Unterlagen unverzüglich an die Mitgliedstaaten und die zuständige Behörde weiterleiten.

Begründung

Ein umfassender Verbraucherschutz für herkömmliche Lebensmittel aus Drittländern kann nur dann gewährleistet werden, wenn der Kommission sämtliche, d. h. auch die nach Artikel 6 erforderlichen Unterlagen zur Prüfung vorgelegt werden.