924. Sitzung des Bundesrates am 11. Juli 2014
A
- 1. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
B
Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, nachfolgende Entschließung zu fassen:
- 2. Zur Mitwirkung der Länder im Gemeinsamen Bundesausschuss und im Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Gesetz der Gemeinsame Bundesausschuss den Auftrag erhält, ein fachlich unabhängiges wissenschaftliches Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen als Stiftung des privaten Rechts zu gründen. Damit wird die Qualitätsentwicklung in der ambulanten und stationären Versorgung gestärkt und die Transparenz über die Behandlungsqualität für Patientinnen und Patienten verbessert.
- b) Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung die Beschlüsse des Bundesrates zur Mitwirkung der Länder an der Qualitätssicherung im Gemeinsamen Bundesausschuss und im Institut für Qualitätssicherung und Transparenz nicht unterstützt (vgl. BT-Drucksache 18/1579).
Die Ergebnisse des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz und deren Umsetzung zur Weiterentwicklung der Qualitätssicherung haben unmittelbare Auswirkungen auf die regionale ambulante und stationäre Versorgung und damit auf die Zuständigkeit der Länder. Daher ist es notwendig, dass die Länder stärker in die Qualitätsentwicklung und deren Umsetzung eingebunden werden.
- c) Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder im Gemeinsamen Bundesausschuss und im Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, wie in der Stellungnahme und Gegenäußerung der Bundesregierung angekündigt, im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform zu beraten, bzw. im Rahmen weiterer Gesetzgebungsverfahren zur Versorgungsstruktur zu berücksichtigen.
Begründung (nur für das Plenum):
Im Bereich der Qualitätssicherung greifen viele Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in Länderzuständigkeiten ein. Beispielhaft seien hier die Krankenhausplanung und die Ausbildung von Gesundheits- und Krankenpflegerinnen genannt. Problematisch an der jetzigen Verfahrensweise ist, dass Gespräche mit den Ländern über bereits in Kraft getretene Beschlüsse oftmals nachträgliche Beratungen und Änderungen der Richtlinie zur Folge haben.
Dies kann durch ein unmittelbares Mitberatungsrecht der Länder im Gemeinsamen Bundesausschuss zur Qualitätssicherung vermieden werden, wie es sich im Bereich der Bedarfsplanung bereits gut bewährt hat.
Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen soll zukünftig umfassende Aufgaben der wissenschaftlichen Unterstützung der Qualitätssicherung und zur Darstellung der Versorgungsqualität leisten. Eine wesentliche Aufgabe ist die Entwicklung von Indikatoren und Instrumenten zur Messung und Darstellung der Versorgungsqualität in der ambulanten und stationären Versorgung.
Zu den neuen Aufgaben gehören unter anderem einrichtungsbezogene, vergleichende Übersichten zur Qualität in der stationären Versorgung, die Ermittlung der Qualität ausgewählter Leistungen in der ambulanten und stationären Versorgung und die Erarbeitung von Bewertungskriterien für die Vielfalt von Zertifikaten und Qualitätssiegeln im Gesundheitswesen. Dies wird sich unmittelbar auf die regionale ambulante und stationäre Versorgung in den Ländern auswirken.
Es ist daher notwendig, dass die Länder weitergehende und angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten zur Qualitätssicherung im Gemeinsamen Bundesausschuss und im Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen erhalten. Die Mitwirkungsrechte der Länder sind entsprechend gesetzlich zu regeln.
- 3. Zur Sicherstellung der Versorgung mit Geburtshilfe
- a) Der Bundesrat stellt fest:
Zur Versorgung mit Hebammenhilfe hat die interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit ihren Bericht vorgelegt. Ziel des Auftrages an die Arbeitsgruppe war es, die vielschichtige Problemlage der Hebammenhilfe zu sichten sowie Lösungsansätze zu identifizieren.
Entsprechend werden in dem Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Lösungsansätze zur Vorbereitung von politischen Entscheidungen bewertet.
Anknüpfend an den Bericht enthält das GKV-Finanzstruktur- und QualitätsWeiterentwicklungsgesetz
- - die umgehende gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen zur Zahlung eines Zuschlags für Geburtshilfeleistungen ab 1. Juli 2014, - die Einführung eines dauerhaften Sicherstellungszuschlags bei geringer Geburtenzahl ab 1. Juli 2015,
- - die Vereinbarung von Qualitätsanforderungen durch die Selbstverwaltung bis Ende 2014.
Der Bundesrat begrüßt, dass mit den vorgesehenen gesetzlichen Regelungen einerseits kurzfristige Lösungen zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe vorgenommen werden. Andererseits bedauert der Bundesrat, dass hiermit keine dauerhaften und tragfähigen Lösungen für die vielschichtigen Probleme geschaffen werden. Die vorgesehenen Lösungen konzentrieren sich auf verpflichtende Vereinbarungen durch die Selbstverwaltung, den GKV-Spitzenverband und die Spitzenverbände der Hebammen. Spätestens mit dem drohenden Rückzug der Versicherungsanbieter ab Mitte 2016 entfällt die Grundlage für die vorgesehenen gesetzlichen Regelungen.
- b) Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung,
- aa) über die vorgesehenen kurzfristig wirkenden Lösungen hinaus dauerhafte und tragfähige Lösungen zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe zu entwickeln und zu regeln,
- bb) eine Versicherungslösung für Haftpflichtschäden bei der Geburtshilfe durch Hebammen zu entwickeln, die unter anderem durch eine breite Einbeziehung sowie gegebenenfalls einer öffentlichrechtlichen Absicherung der Risiken der derzeitigen Prämiendynamik entgegenwirkt und eine zusätzliche Belastung der Beitragszahler zur gesetzlichen und privaten Krankenversicherung vermeidet,
- cc) eine Versicherungslösung zu entwickeln, deren weiteres Ziel es ist, neben der Absicherung des Haftungsrisikos bei der Geburtshilfe durch Hebammen zudem perspektivisch eine allgemeine Haftpflichtabsicherung gegen Medizinschäden zu ermöglichen. Dazu sollen weitere in der Diskussion befindliche Lösungsmöglichkeiten geprüft werden - insbesondere, ob das Aufgabenspektrum der Berufsgenossenschaften um eine solche Haftpflichtabsicherung für Gesundheitsberufe erweitert werden kann,
- dd) bei der Prüfung, ob und wie mit der Einführung eines Verzichts auf Regress im Kranken- und Pflegebereich der weitere Anstieg der Haftpflichtprämien wirkungsvoll begrenzt werden kann, die folgenden kritischen Einwände zu berücksichtigen:
- aaa) dass eine weitere Belastung der gesetzlich und privat Krankensowie Pflegeversicherten durch steigende (Zusatz-)Beiträge und Versicherungsprämien bei gleichzeitiger Entlastung der Anbieter von entsprechenden Berufshaftpflichtversicherungen vermieden wird,
- bbb) dass eine solche Regelung präjudizierende Wirkung für andere Sozialversicherungszweige und andere Gesundheitsberufe hat.
- a) Der Bundesrat stellt fest:
- 4. Zur Einrichtung von Schlichtungsausschüssen auf Landesebene
Der Bundesrat stellt weiter mit Bedauern fest, dass auch seine Forderung nach Streichung der Regelung zur Einrichtung von Schlichtungsausschüssen auf Landesebene nicht aufgegriffen wurde. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine Verschiebung der Aufgaben auf die Schiedsstellen nach § 18a des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) nichts an der Grundsatzproblematik ändert, sondern zusätzliche rechtliche Unsicherheiten schafft. Der Bundesrat weist darauf hin, dass aus seiner Sicht von Anfang an erhebliche Zweifel an der Praktikabilität der getroffenen Regelung geltend gemacht wurden. Der Bundesrat fordert daher erneut, die Regelung zu streichen oder sie praxisgerechter auszugestalten.
Begründung (nur für das Plenum):
Hierzu wird auf die Stellungnahme des Bundesrates im 1. Durchgang (vgl. BR-Drucksache 151/14(B) vom 23. Mai 2014) verwiesen. Da die Entscheidungen der Schlichtungsausschüsse nicht bindend sind, ist fraglich, ob eine Entlastung der Sozialgerichte erreicht wird.
Zu erwarten sind vielmehr wegen der obligatorischen Anrufung des Schlichtungsausschusses bei einem Streitwert von unter 2 000 Euro eine Vielzahl von Streitfällen, verbunden mit einem hohen bürokratischen Aufwand. Durch die Übertragung der Aufgaben des Schlichtungsausschusses werden die Schiedsstellen mangels zusätzlicher Kapazitäten in ihren originären Aufgaben behindert. Ebenfalls unklar ist, ob die Rechtsaufsicht der Länder über die Schiedsstellen sich auch auf die Wahrnehmung der Schlichtungsausschussaufgaben erstreckt.