Der Bundesrat hat in seiner 846. Sitzung am 4. Juli 2008 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und die Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten an die jüngsten Marktentwicklungen und regulatorischen Entwicklungen anzupassen.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gegenüber der Kommission insbesondere auf folgende Punkte hinzuweisen:
- - Die Kommission geht aufgrund der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente und des - von den betroffenen Wirtschaftskreisen als freiwillige Selbstverpflichtung angenommenen - "Europäischen Verhaltenskodexes für Clearing und Settlement" davon aus, dass die europäischen Abrechnungs- und Abwicklungssysteme zunehmend miteinander verknüpft und interoperabel werden. Artikel 1 des Richtlinienvorschlags enthält im Hinblick auf die Änderung der Richtlinie 98/26/EG keine hinreichend klare Definition der "Interoperabilität" von Systemen. Insoweit sind insbesondere Artikel 2 und 3 der Richtlinie 98/26/EG betroffen. Im Interesse der Marktteilnehmer und Systembetreiber sollte eindeutig erkennbar sein, welche Systeme als "interoperable Systeme" einzustufen sind.
- - Durch entsprechende Änderungen der Richtlinie 2002/47/EG (Artikel 2 des Richtlinienvorschlags) sollen - neben Barsicherheiten und Finanzinstrumenten - künftig Kreditforderungen, die zur Besicherung von Kreditgeschäften der Zentralbanken zugelassen sind, gemeinschaftsweit als dritte Kategorie der Finanzsicherheiten anerkannt werden. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommission, dass ein harmonisierter Rechtsrahmen für die Verwendung von Kreditforderungen als Sicherheiten bei grenzüberschreitenden Transaktionen zur Erhöhung der Marktliquidität beitragen kann. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass im Interesse der Marktteilnehmer und Systembetreiber die Praktikabilität des neuen Rechtsrahmens sicherzustellen ist und ein Zwang zu kostenintensiven Systemumstellungen vermieden werden sollte. Es sollten Lösungen angestrebt werden, die eine Nutzung der bestehenden technischen Infrastruktur gestatten. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verlauf der Verhandlungen dafür Sorge zu tragen, dass unnötige Kostenbelastungen der betroffenen Unternehmen vermieden werden.
- 3. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Richtlinienvorschlag mit den Änderungen des Artikels 3 der Richtlinie 2002/47/EG deren bisherigen Anwendungsbereich zu verlassen scheint. Es werden neben Bestimmungen über Geschäfte zwischen Finanzinstituten nunmehr Regelungen aufgenommen, die das Verhältnis zwischen einem Finanzinstitut und einzelnen seiner Schuldner betreffen.
Die Vorschläge enthalten recht detaillierte Vorgaben für die nationale Rechtsetzung hinsichtlich derjenigen Forderungen, die Banken als Finanzsicherheiten im Rahmen ihrer Refinanzierung als Sicherheiten einsetzen können.
- 4. Insbesondere die Änderung des Artikels 3 Abs. 3 Nr. i der Richtlinie 2002/47/EG (Artikel 2 Abs. 3 des Richtlinienvorschlags), die die Mitgliedstaaten zwingt, den rechtswirksamen Verzicht von Schuldnern auf die Aufrechnung zuzulassen, steht nicht in Einklang mit im deutschen Recht verankerten Grundsätzen, wonach ein Aufrechnungsverzicht in Formularverträgen zumindest dann grundsätzlich als unzulässig angesehen wird, wenn er auch die Aufrechnung mit titulierten und anerkannten Forderungen umfasst. Dieser Grundsatz, der auf den Anhang zur Richtlinie 93/13/EWG zurückgeht, sollte keinesfalls aufgegeben oder in weiterem Ausmaß als hinsichtlich der grenzüberschreitenden Sicherungsgestellung zwischen Banken, bei der Großkundendarlehen verpfändet werden, zugelassen werden.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, im weiteren Verlauf der Beratungen auf europäischer Ebene dafür Sorge zu tragen, dass der Anwendungsbereich der neuen Bestimmungen über Rechtsverzichte der Schuldner von zu verpfändenden Forderungen hinsichtlich der Höhe der in Betracht kommenden Forderungen und hinsichtlich des Kreises der potenziellen Schuldner eng begrenzt bleibt und keinesfalls auf die Kreditgeschäfte von kleinen Gewerbetreibenden und/oder die Immobiliarkredite von Durchschnittsverdienern ausstrahlen darf. Die Begrenzungen sollten künftig in der Richtlinie 2002/47/EG nachvollziehbar zum Ausdruck kommen.