Punkt 28 der 877. Sitzung des Bundesrates am 26. November 2010
Der Bundesrat möge anstelle der Ziffern 1 bis 4 in Drucksache 657/1/10 folgende Ziffern beschließen:
- "1. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommission, dass der Finanzsektor, nachdem er in der Finanzkrise durch die öffentliche Hand - um den Preis einer ausufernden Staatsverschuldung - massiv unterstützt werden musste, seinerseits einen angemessenen Beitrag zur Bewältigung der krisenbedingten Belastungen leisten sollte. Dies gilt umso mehr, als die von der Schuldenregel in Artikel 109 Absatz 3 GG geforderte nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in den nächsten Jahren von allen gesellschaftlichen Gruppen erhebliche Anstrengungen verlangen wird.
- 2. Der Bundesrat teilt ebenfalls die Einschätzung der Kommission, dass eine zusätzliche Besteuerung des Finanzsektors nicht nur zur Haushaltskonsolidierung beitragen und zusätzliche Mittel generieren, sondern auch die wirtschaftliche Effizienz fördern und so die Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum schaffen kann.
- 3. Der Bundesrat teilt darüber hinaus die Einschätzung der Kommission, dass eine zusätzliche Besteuerung des Finanzsektors ergänzend zu den umfangreichen Finanzmarktreformen, die jetzt angelaufen sind, die Effizienz und Stabilität der Finanzmärkte stärken sowie Schwankungen und die schädlichen Auswirkungen einer übermäßigen Risikofreude eindämmen kann. Der Bundesrat befürwortet daher ausdrücklich die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die insbesondere auch diejenigen treffen würde, die - ohne erkennbaren volkswirtschaftlichen Nutzen - äußerst kurzfristig und mit extrem hohem Einsatz sehr viele Transaktionen tätigen, um kleine und kleinste Preisdifferenzen auszunutzen.
- 4. Der Bundesrat weist schließlich darauf hin, dass eine Finanztransaktionssteuer auch deshalb gegenüber einer - verfassungsrechtlich problematischen - Finanzaktivitätssteuer zu bevorzugen ist, weil eine Transaktionssteuer alle Finanzmarktteilnehmer und nicht nur die Banken treffen würde. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer mit sehr geringem Steuersatz auf die Rendite langfristig orientierter Anleger zu vernachlässigen wären, während kurzfristige Spekulationsgeschäfte mit global fluktuierenden Geldern ("hot money") wiederholt belastet oder aber - zumindest an den hiesigen Finanzmärkten - verhindert werden könnten.
- 5. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, sich sowohl in den entsprechenden internationalen Gremien als auch in der EU und insbesondere in der Eurogruppe für die zeitnahe Einführung einer Finanztransaktionssteuer einzusetzen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung darüber hinaus nachdrücklich auf, hilfsweise die Finanztransaktionssteuer zeitnah und in enger Abstimmung mit denjenigen europäischen Partnerländern einzuführen, die die Einführung einer Finanztransaktionssteuer befürworten."