915. Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2013
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das mit dem Verordnungsvorschlag verfolgte Ziel, die Funktionsfähigkeit von Eurojust zum Zweck der wirksamen Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität weiter zu verbessern. Das Bemühen des Vorschlags, dieses Ziel durch Änderungen der bisherigen Organisationsstruktur und die neu geschaffenen Regelungen für eine effektive Zusammenarbeit mit der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft zu erreichen, findet grundsätzlich Unterstützung, auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, zunächst abzuwarten, bis die Mitgliedstaaten ausreichend praktische Erfahrungen mit dem Eurojust-Beschluss 2008 gesammelt haben. Der Bundesrat befürwortet alle Maßnahmen, die die justizielle Zusammenarbeit der nationalen Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität effektiv stärken. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Eurojust gemacht haben. Die Erfahrungen haben bestätigt, dass sich die Tätigkeiten von Eurojust (zentral strukturiert) und des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN) (dezentral strukturiert) wirksam ergänzen.
- 2. Dem Bundesrat erscheint es nachvollziehbar, dass es für eine effektive Tätigkeit von Eurojust einer einheitlichen Definition der operativen Befugnisse der nationalen Mitglieder bedarf. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass die Streichung der bisherigen Ausnahmeregelung für föderale bzw. verfassungsrechtliche Vorgaben den aktuell noch bestehenden Spielraum der Mitgliedstaaten einschränkt. Nach den Vorgaben des deutschen Gesetzes zu Eurojust ist das deutsche Eurojust-Mitglied derzeit nicht befugt, selbst Ermittlungsmaßnahmen vorzunehmen oder über Rechtshilfeersuchen zu entscheiden. Kritisch sieht der Bundesrat in diesem Zusammenhang die Regelung über die Zuständigkeit der nationalen Mitglieder zur Bewilligung von Rechtshilfemaßnahmen und zur Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen, die im Dringlichkeitsfall sogar ohne Zustimmung der zuständigen nationalen Behörde möglich sein sollen. Angesichts der im deutschen Grundgesetz vorgegebenen Zuständigkeit der Länder für die Strafverfolgung besteht aus Sicht des Bundesrates hier ebenfalls die Gefahr eines verfassungsrechtlichen Konflikts.
- 3. Der Bundesrat hat Bedenken gegen die vorgesehene Ausweitung der Unterrichtungs- und Informationspflichten der nationalen Behörden gegenüber Eurojust. Eine solche Ausweitung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dies - abgesehen von dem damit verbundenen Mehraufwand für die Praxis - für eine wirksame Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität tatsächlich erforderlich ist. Dies ist bislang nicht hinreichend dargelegt.
- 4. Der Bundesrat anerkennt das Bemühen, eine stärkere Trennung zwischen der operativen Tätigkeit Eurojusts auf der einen Seite und dessen Verwaltungsaufgaben auf der anderen Seite herbeizuführen. Die Entlastung des Kollegiums und der operativ tätigen Mitglieder durch die Installation eines Exekutivausschusses erscheint aus Sicht des Bundesrates geeignet, die Effizienz von Eurojust zu steigern. Ein verschlankter Entscheidungsprozess für nicht operative Fragen erscheint aus Sicht des Bundesrates begrüßenswert. Das Ziel der Kommission, Eurojust die Möglichkeit zu geben, sein volles Potenzial zur Bekämpfung der schweren grenzüberschreitenden Kriminalität zu entfalten, kann aus Sicht des Bundesrates mit der Neugliederung des Aufbaus gefördert werden. Der Bundesrat hat Bedenken, ob die vorgesehene verstärkte Einbindung der Kommission in die Verwaltungstätigkeit, namentlich beim Vorschlagsrecht der Kandidaten für den Verwaltungsdirektor und durch deren Vertretung im Exekutivausschuss, mit dem Charakter von Eurojust als justizielle Einrichtung im Einklang steht.
Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission vorgesehene enge Verknüpfung von Eurojust mit der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft. Er weist jedoch darauf hin, dass durch die voraussichtliche Nichtteilnahme mancher Mitgliedstaaten an der Europäischen Staatsanwaltschaft Regelungslücken entstehen können, die durch die Eurojust-Verordnung geschlossen werden müssten.
- 5. Der Bundesrat hat Bedenken gegen die wohl ausschließliche Koordinierung der Erledigung von Ersuchen aus Drittstaaten, wenn diese Ersuchen im Rahmen derselben Ermittlung erfolgen und in mindestens zwei Mitgliedstaaten zu erledigen sind. Ebenso begegnet es Bedenken, dass die Übermittlung von Erkenntnissen und Informationen, die von den nationalen Strafverfolgungsbehörden stammen, an Drittstaaten nicht mehr wie bisher nach dem Eurojust-Beschluss 2008 durch das nationale Mitglied des Mitgliedstaates genehmigt werden muss.
- 6. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 7. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.