Der Bundesrat hat in seiner 890. Sitzung am 25. November 2011 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zu der Mordserie der Neonazi-Bande und zur Arbeit der Sicherheitsbehörden
Der Bundesrat trauert um Enver Simsek und Abdurrahim Özüdogru aus Nürnberg, Süleyman Tasköprü aus Hamburg, Habil Kílíç aus München, Yunus Turgut aus Rostock, Ismail Yasar aus Nürnberg, Theodoros Boulgarides aus München, Mehmet Kubasík aus Dortmund, Halit Yozgat aus Kassel und Michèle Kiesewetter aus Heilbronn.
Der Bundesrat fühlt mit den Angehörigen der Opfer, die geliebte Menschen verloren haben. Die Unbegreiflichkeit des Geschehenen, die jahrelange Ungewissheit über Täter und ihre Motive, waren und sind eine schwere Belastung für die Betroffenen.
Wir sind zutiefst beschämt, dass nach den ungeheuren Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes rechtsextremistische Ideologie in unserem Land eine blutige Spur unvorstellbarer Mordtaten hervorbringt.
Die Länder tragen zusammen mit dem Bund dafür Sorge, dass die Morde mit aller Konsequenz zügig aufgeklärt werden. Das sind wir den Opfern, ihren Familien und Freunden schuldig. Die Zusammenhänge dieser Mordtaten und ihr rechtsextremistisches Umfeld müssen umfassend ermittelt und mögliche weitere ungeklärte Straftaten einbezogen werden.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die jetzt bekannt gewordenen Zusammenhänge dieser unmenschlichen Verbrechen zeigen, dass das Zusammenwirken der Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus weiter verbessert werden muss. Dazu sollen eine Gemeinsame Verbunddatei Rechtsextremismus und ein Gemeinsames Abwehrzentrum Rechtsextremismus geprüft werden.
Dem Extremismus muss entschieden entgegengetreten werden. Wir alle sind gefordert zu handeln - überall dort, wo Rechtsextremisten versuchen, gesellschaftlichen Boden zu gewinnen.
Wir stehen ein für ein Deutschland, in dem alle ohne Angst verschieden sein können und sich sicher fühlen - ein Land, in dem Freiheit und Respekt, Vielfalt und Weltoffenheit lebendig sind.
Der Bundesrat ist entschlossen, sowohl die politischgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und ihren Verbündeten vertieft fortzusetzen als auch die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden rasch zu ziehen.
Dazu ist eine umfassende Analyse unverzichtbar. Aus Fehlern müssen die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt werden.
Rechtsextreme, Rassisten und verfassungsfeindliche Parteien haben in unserem demokratischen Deutschland keinen Platz. Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern zu prüfen, ob sich aus den Ermittlungsergebnissen Konsequenzen für ein NPD-Verbot ergeben. Die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an Parteiverbote sind zu berücksichtigen.
Der Bundesrat ist schließlich der Auffassung, dass gerade jetzt alle demokratischen Gruppen gestärkt werden müssen, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren. Es muss geprüft werden, wo dem Hindernisse entgegenstehen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Atmosphäre, die ermutigt, gegen politischen Extremismus und Gewalt das Wort zu erheben. Rechtsextremistischen Gruppen und ihrem Umfeld muss der gesellschaftliche und finanzielle Boden entzogen werden.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.