Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 106852 - vom 7. Juni 2010.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 20. Mai 2010 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Birma/Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Artikel 18 bis 21 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948,
- - unter Hinweis auf Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte von 1966,
- - unter Hinweis auf die Stellungnahme des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen Tomás Ojea Quintana vom 5. Mai 2010,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Birma/Myanmar, die auf der 3009. Tagung des Rates für auswärtige Angelegenheiten vom 26. April 2010 in Luxemburg angenommen wurden,
- - unter Hinweis auf die Stellungnahme der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vom 1. März 2010 zu der Ablehnung der Berufung Aung San Suu Kyis durch den Obersten Gerichtshof von Birma/Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Stellungnahme des Vorsitzenden des 16. ASEAN-Gipfeltreffens, das am 9. April 2010 in Hanoi stattfand,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19. Juni 2009 bezüglich einer Erklärung zu Birma/Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Birma/Myanmar, die auf der 2938. Tagung des Rates für allgemeine Angelegenheiten vom 27. April 2009 in Luxemburg angenommen wurden,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes der Europäischen Union vom 23. Februar 2009, in der zu einem umfassenden Dialog zwischen den Behörden und den demokratischen Kräften in Birma/Myanmar aufgerufen wird,
- - unter Hinweis auf den Bericht des UN-Generalsekretärs vom 28. August 2009 über die Lage der Menschenrechte in Birma/Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Resolution des UN-Menschenrechtsrats vom 26. März 2010 zu der Lage der Menschenrechte in Birma/Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Ratspräsidentschaft vom 14. Mai 2009 im Namen der Europäischen Union zur Inhaftierung von Daw Aung San Suu Kyi,
- - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in Anbetracht der Ankündigung der Behörden von Birma/Myanmar, dass 2010 die ersten landesweiten Wahlen seit 1990 stattfinden sollen,
B. in der Erwägung, dass die fünf Wahlgesetze und vier Wahldekrete in der veröffentlichten Form sämtliche demokratischen Grundsätze verletzen und die Abhaltung freier Wahlen unmöglich machen, da sie insbesondere die 2 200 bekannten politischen Gefangenen des Landes ausschließen; in der Erwägung, dass Mitglieder religiöser Gemeinschaften, darunter auch schätzungsweise 400 000 buddhistische Mönche in Birma/Myanmar, ausdrücklich von der Wahl ausgeschlossen sind, was ein Zeichen für die stetige Diskriminierung durch die Militärjunta wegen Religion oder Status ist,
C. in der Erwägung, dass diese Gesetze die Grundsätze der Meinungs- und Versammlungsfreiheit verletzen; in der Erwägung, dass im Ausland angesiedelte birmesische Medien, die für das Volk von Birma die Hauptnachrichtenquelle darstellen, immer noch nicht in Birma/Myanmar arbeiten dürfen,
D. in der Erwägung, dass diese Gesetze auf der Verfassung von 2010 beruhen, die Straffreiheit für die Verbrechen des derzeitigen Regimes garantiert und eine völlige Aussetzung der Grundrechte während des Ausnahmezustands auf unbestimmte Zeit vorsieht; in der Erwägung, dass die neue Verfassung von Birma/Myanmar so gestaltet ist, dass die Diktatur in einem zivilen Gewand erhalten wird, und sie weder die Menschenrechte schützt noch Aussichten auf einen wirklichen Wechsel bietet,
E. in der Erwägung, dass jede abweichende politische Meinungsäußerung systematisch brutal verfolgt wird (beispielsweise durch willkürliche Verhaftungen, ungerechte Prozesse, Gefängnisstrafen, Folter und Tötungen ohne Gerichtsurteil),
F. in der Erwägung, dass Wahlen nicht als frei und gleich betrachtet werden können, solange die Opposition nicht einbezogen wird,
G. in der Erwägung, dass die Nationale Liga für Demokratie (NLD), der eindeutige Sieger der letzten demokratischen Wahlen, beschlossen hat, die für 2010 angekündigten Wahlen aufgrund der Voraussetzungen für die Teilnahme zu boykottieren; in der Erwägung, dass die NLD per Gesetz vom 6. Mai 2010 aufgelöst wurde, nachdem sie sich für die Wahlen nicht registrieren lassen hatte,
H. in der Erwägung, dass in der Erklärung des 16. ASEAN-Gipfeltreffens die Bedeutung einer Aussöhnung und der Abhaltung freier, regelkonformer, allgemeiner und für alle offener Wahlen betont wird,
I. in der Erwägung, dass der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zu Birma/Myanmar "umfassende und systematische" Menschenrechtsverletzungen, die von dem Diktaturregime Birmas/Myanmars begangen wurden, verurteilt und erklärt hat, diese stellten "eine staatliche Politik dar, die die Behörden in der Exekutive, das Militär und die Jurisdiktion auf allen Ebenen einschließen", und dass er die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Vereinten Nationen für von dem Diktaturregime begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefordert hat,
J. in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar dem EU-Sonderbeauftragten für Birma/Myanmar weiterhin die Einreise ins Land und die Aufnahme eines Dialogs verweigert, obwohl monatelang immer wieder darum ersucht wurde,
K. in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar seit 2003 sämtliche Vorschläge der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft für die Reform ihres siebenteiligen "Fahrplans für Demokratie" abgelehnt hat,
L. in der Erwägung, dass derzeit 2 200 namentlich bekannte politische Gefangene aufgrund ihrer gewaltlosen Aktivitäten in Birma/Myanmar inhaftiert sind, und in der Erwägung, dass mehr als 140 politischen Gefangenen vorsätzlich jede medizinische Versorgung verweigert wird; zu ihnen gehört auch der Studentenführer Ko Mya Aye der Generation 88, der an einer lebensbedrohlichen Herzerkrankung leidet,
M. in der Erwägung, dass das Militär seine Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten in ethnischen Konfliktgebieten einschließlich Tötungen ohne Gerichtsurteil, Zwangsarbeit und sexueller Gewalt unvermindert fortsetzt,
N. in der Erwägung, dass die Angriffe gegen Zivilisten ethnischer Minderheiten in Ostbirma/-Myanmar fortdauern und zu hunderttausenden Vertriebenen geführt haben, von denen viele aufgrund der durch die Diktatur verhängten Restriktionen für humanitäre Hilfe nur durch grenzüberschreitende Hilfe aus Nachbarländern erreicht werden können,
O. in der Erwägung, dass Aung San Suu Kyi, die Führerin der oppositionellen NLD, seit 2003 unter Hausarrest steht; in der Erwägung, dass die Behörden sie am 14. Mai 2009 verhafteten und ihr vorwarfen, sie habe die Auflagen ihres Hausarrests verletzt, indem sie den Besuch des Amerikaners John Yettaw zuließ; in der Erwägung, dass ein Strafgericht im Insein-Gefängnis in Rangun Aung San Suu Kyi am 11. August 2009 wegen der Verletzung ihres Hausarrests zu drei Jahren Gefängnis verurteilte - dieses Urteil wurde in der Folge in 18 Monate Hausarrest umgewandelt; in der Erwägung, dass das Oberste Gericht von Birma/Myanmar Aung San Suu Kyis Berufung gegen das ungerechte Urteil von 2009 am 1. März 2010 ablehnte,
P. in der Erwägung, dass die EU nach wie vor ein wichtiger Geber für Birma/Myanmar ist und gewillt ist, ihre Unterstützung für das Volk des Landes zu erhöhen, um dessen soziale und wirtschaftliche Lage zu verbessern,
Q. in der Erwägung, dass ECHO die Mittel für die Flüchtlinge an der thailändischbirmesischen Grenze gekürzt hat, obwohl die Zahl der Flüchtlinge fast gleich geblieben ist, und die Unterstützung von Internatsschulen in Flüchtlingslagern eingestellt hat,
R. in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Generalversammlung der Vereinten Nationen, der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, die Europäische Union und zahlreiche Regierungen erklärt haben, die Lösung für die Probleme von Birma sei ein echter dreiseitiger Dialog zwischen Aung San Suu Kyi und der NLD, legitimen Vertretern der ethnischen Minderheiten und der Regierung von Birma/Myanmar; in der Erwägung, dass die Regierung von Birma/Myanmar einen solchen Dialog immer noch verweigert,
- 1. bekräftigt sein beharrliches Engagement für das Volk von Birma/Myanmar;
- 2. verurteilt die Abhaltung von Wahlen unter vollkommen undemokratischen Bedingungen und auf der Grundlage von Regeln, durch die die wichtigste demokratische Oppositionspartei ausgeschlossen und im Rahmen eines eindeutigen Versuchs, sämtliche oppositionellen Kräfte des Landes von der Wahl fernzuhalten, hunderttausenden birmesischen Bürgern ihr aktives und passives Wahlrecht aberkannt wird;
- 3. bedauert, dass dem Militär durch die neue Verfassung mindestens 25 % der Parlamentssitze garantiert werden und die Befugnis eingeräumt wird, die bürgerlichen Freiheiten und die Gesetzgebungsvollmacht außer Kraft zu setzen, wann immer ihm dies im Interesse der nationalen Sicherheit notwendig erscheint;
- 4. fordert die Regierung von Birma/Myanmar nachdrücklich auf, unverzüglich die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ein freies, gerechtes und transparentes Wahlverfahren unter Einbeziehung aller Wähler, aller politischen Parteien und aller anderen einschlägigen Interessengruppen zu gewährleisten sowie der Anwesenheit internationaler Beobachter zuzustimmen; fordert die Aufhebung der im März 2010 verkündeten Wahlgesetze, durch die die Abhaltung freier und transparenter Wahlen unmöglich wird;
- 5. fordert die Behörden von Birma/Myanmar auf, den Aufrufen der internationalen Gemeinschaft Folge zu leisten, Aung San Suu Kyi und allen anderen aus Gewissensgründen inhaftierten Personen die Teilnahme am politischen Prozess zu gestatten;
- 6. fordert die internationale Gemeinschaft dringend auf, alles zu unternehmen um zu gewährleisten, dass freie und demokratische Wahlen abgehalten werden;
- 7. fordert die Regierung von Birma/Myanmar nachdrücklich auf, die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit sowie der Bewegungs- und Ausdrucksfreiheit aufzuheben und auch freie und unabhängige Medien zuzulassen, unter anderem, indem Internet- und Mobiltelefondienste allgemein verfügbar gemacht werden und die Zensur abgeschafft wird;
- 8. verurteilt energisch die anhaltenden und systematischen Verstöße gegen die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die grundlegenden demokratischen Rechte der Bevölkerung von Birma/Myanmar; fordert die Behörden von Birma/Myanmar auf, die Verletzungen der international geltenden Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts einzustellen;
- 9. fordert die Regierung von Birma/Myanmar dringend auf, alle aus Gewissensgründen Inhaftierten unverzüglich bedingungslos und unter vollständiger Wiederherstellung ihrer politischen Rechte freizulassen und auf weitere politisch motivierte Verhaftungen zu verzichten;
- 10. fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die Mitgliedstaaten auf, öffentlich ihre Unterstützung dafür geltend zu machen, dass gemäß der Empfehlung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Birma/Myanmar durch die Vereinten Nationen eine Untersuchungskommission für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Birma/Myanmar eingerichtet und dieses Ersuchen in den Entwurf einer Resolution, der im Jahre 2010 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen debattiert werden soll, aufgenommen wird;
- 11. hebt hervor, dass die politischen und sozioökonomischen Herausforderungen, vor denen Birma/Myanmar steht, nur bewältigt werden können, wenn ein echter Dialog zwischen allen Beteiligten, einschließlich der ethnischen Gruppen und der Opposition, geführt wird;
- 12. bekräftigt die grundlegende Bedeutung eines echten Dialogprozesses und der nationalen Versöhnung für den Übergang zur Demokratie; fordert die Regierung von Birma/Myanmar auf, unverzüglich einen eingehenden Dialog mit allen Parteien und ethnischen Gruppierungen aufzunehmen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Vermittlungsbemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und des UN-Sonderberichterstatters für Birma/Myanmar;
- 13. fordert die Regierungen von China, Indien und Russland nachdrücklich auf, ihr erhebliches wirtschaftliches und politisches Gewicht gegenüber den birmesischen Behörden geltend zu machen, um substantielle Verbesserungen in Birma/Myanmar herbeizuführen, und die Lieferung von Waffen und anderen strategischen Ressourcen an das Land einzustellen; fordert die Regierungen der ASEAN-Staaten und Chinas, zwischen denen und Birma/Myanmar eine "privilegierte Partnerschaft" besteht, auf, den Versuch zu unternehmen, Birma insbesondere zur Aufgabe seiner Politik der ethnischen Säuberungen gegenüber den Rohingya zu bewegen, die dazu führt, dass hunderttausende Menschen über die Grenze nach Bangladesch fliehen und sich das Elend der in extremer Armut lebenden Einwohner des Distrikts Cox"s Bazaar verschärft;
- 14. bringt seine nachdrückliche Unterstützung der fortdauernden Tätigkeit des EU-Sonderbeauftragten zum Ausdruck und fordert die Behörden von Birma/Myanmar auf, uneingeschränkt mit ihm zusammenzuarbeiten;
- 15. begrüßt den Beschluss des Rates, die in dem geltenden EU-Beschluss festgelegten restriktiven Maßnahmen um ein weiteres Jahr zu verlängern, und betont seine Bereitschaft, die bereits beschlossenen Maßnahmen vor dem Hintergrund der Entwicklungen vor Ort zu überprüfen, abzuändern oder zu verstärken;
- 16. fordert die Kommission auf, Kürzungen bei der Bereitstellung finanzieller Mittel für die Flüchtlinge in Grenzgebiet zwischen Thailand und Birma rückgängig zu machen und umgehend mit der Finanzierung grenzüberschreitender Hilfeleistungen, insbesondere medizinischer Unterstützung, zu beginnen;
- 17. bekräftigt seine Forderung nach einer Lösung des Problems der Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch; fordert die Regierung von Bangladesch nachdrücklich auf, deren offizielle Registrierung als Flüchtlinge zuzulassen, und dringt darauf, dass die Behörden von Birma/Myanmar jede Form von Verfolgung der Rohingya einstellen und die Grundrechte dieser religiösen und ethnischen Minderheit uneingeschränkt respektieren;
- 18. begrüßt die Unterstützung der Europäischen Union für ein weltweites Waffenembargo und fordert die europäischen Regierungen und die Kommission dringend auf, damit zu beginnen, sich aktiv für die Herbeiführung eines weltweiten Konsenses zugunsten eines solchen Embargos einzusetzen;
- 19. unterstützt die Vermittlungsbemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und begrüßt seinen Einsatz für die Lösung dieses Problems;
- 20. beauftragt seine Delegationen für die Beziehungen zur ASEAN, zu China, Russland, den Vereinigten Staaten, Indien, den Ländern Südasiens und Japan, Birma/Myanmar auf die Tagesordnung ihrer Treffen mit ihren Partnern und Gesprächspartnern in den genannten Ländern zu setzen;
- 21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem EU-Sonderbeauftragten für Birma, dem birmesischen Staatsrat für Frieden und Entwicklung, den Regierungen der Mitgliedstaaten der ASEAN und der ASEM, dem Sekretariat der ASEM, dem Interparlamentarischen Gremium der ASEAN-Staaten für Myanmar ("ASEAN Inter-Parliamentary Myanmar Caucus"), Daw Aung San Suu Kyi, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte in Birma/Myanmar zu übermitteln.