943. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2016
A
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Umsetzung der UN-MinimataKonvention in europäisches Recht.
- 2. Der Bundesrat begrüßt insbesondere die grundsätzliche Zielrichtung des Vorschlags der Kommission, die im Rahmen der Umsetzung des Übereinkommens von Minamata durch europäische Rechtsvorschriften festgestellten regulatorischen Lücken zu schließen und eine vollständige Angleichung des Unionsrechts an das Übereinkommen sicherzustellen. Mit der vorgeschlagenen neuen Verordnung über Quecksilber können die Emissionen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen im Sinne des Übereinkommens von Minamata nachhaltig reduziert werden.
Zu den Artikeln 4 und 5
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass das Erfordernis der Ausnahmen von den Einfuhrbeschränkungen in Artikel 4 von Quecksilber aus Ländern, die nicht Vertragspartei des Übereinkommens sind (Artikel 4 Absatz 1, Unterabsatz 2, 2. Spiegelstrich), sowie die Ausnahmen vom Ausfuhrverbot gemäß Artikel 5 für Produkte für den Zivilschutz und für militärische Verwendungszwecke unerlässliche Produkte sowie für die Forschung und Kalibrierung von Instrumenten und zur Verwendung als Referenzstandard (Artikel 5 Absatz 2) kritisch überprüft werden sollten.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Ziel der Minamata-Konvention ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor anthropogenen Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen. Somit sollten die Ausnahmen von den vorgesehenen Begrenzungen der Einfuhr und Ausfuhr gemäß Artikel 4 und 5 der vorgeschlagenen Verordnung auf das unbedingt erforderliche Maß begrenzt werden, auch wenn dies über die Minamata-Konvention hinausgehen würde.
Zu Artikel 13
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass metallisches Quecksilber nicht dauerhaft in Deponien gelagert werden darf. Erst durch die Umwandlung des Quecksilbers zu Quecksilbersulfid wird das giftige Schwermetall dauerhaft der Umwelt und dem Markt entzogen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Laut Artikel 13 soll die Lagerung von Quecksilber künftig nicht nur zeitweilig, sondern auch dauerhaft in geeigneten Salzbergwerken oder tief gelegenen Felsformationen zulässig sein.
Ziel der Minamata-Konvention ist es, dem Weltmarkt Quecksilber zu entziehen. Dieses Quecksilber muss unter Beachtung des Schutzes der Gesundheit von Menschen und der Umwelt entsorgt werden. Zwar ist nach Gutachten im Auftrag des UBA (Texte 006/2014)1 auf der Basis des heutigen Kenntnisstandes eine sichere Dauerlagerung von metallischem Quecksilber in Untertagedeponien im Salzgestein grundsätzlich machbar, jedoch wird nur mit einer Umwandlung des Quecksilbers in Quecksilbersulfid (Zinnober) das Quecksilber dauerhaft dem Markt entzogen. Diese Entsorgung mit anschließender Deponierung des Quecksilbersulfids in Untertagedeponien ist ordnungsgemäß und schadlos.
Bei einer dauerhaften Lagerung von metallischem Quecksilber unter Tage wird die Gefahr gesehen, dass das Quecksilber wieder dem Markt zur Verfügung gestellt werden könnte.
- 1. Verhalten von Quecksilber und Quecksilberverbindungen bei der untertägigen Ablagerung in Salzformationen, insbesondere ihrer möglichen Mobilisierung durch salinare Lösungen, erstellt von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mbH, Braunschweig, Abschlussdatum der Studie: April 2013
Zu Anhang III
- 5. Der Bundesrat stellt fest, dass sich die im Rahmen der Minamata-Konvention angestrebte Reduktion der Emissionen bis 2020 um 50 Prozent gegenüber 2010 auf den gesamten Standort (standortspezifische Emissionen der gesamten Anlage) bezieht. Der vorliegende Vorschlag sieht - im Anhang III, Teil II, Spiegelstrich 2 - nun abweichend hiervon eine neue Bezugsgröße - nämlich die (Produkt)tonne - vor.
- 6. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass mit der neuen Bezugsgröße indirekt ein Grenzwert für die Alkoholat-Produktion in Verbindung mit Quecksilber eingeführt wird, der zu unverhältnismäßigen Investitionskosten seitens der Wirtschaft und in der Konsequenz zur Stilllegung von Produktionsanlagen sowie Arbeitsplatzabbau führen kann.
- 7. Der Bundesrat hält es für zwingend geboten, dass bei der Verwendung von Quecksilber in Herstellungsprozessen die Emissionen anlagenbedingt gleich sind, unabhängig von der Menge der produzierten (Produkt)tonnen.
- 8. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sich die Emissionsminderung - im Sinne der Minimata-Konvention - auf die Anlagenkapazität beziehen sollte.
- 9. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich gegenüber der Kommission für Änderungen am Richtlinienvorschlag einzusetzen. Insbesondere sollte die Bezugsgröße "je installierter Produktkapazität" anstelle von "je Tonne hergestellten Stoff" zur Verringerung der direkten und indirekten Freisetzung verwendet werden.
Weiteres
- 10. Der Bundesrat weist darauf hin, dass für Quecksilber als prioritär gefährlicher Stoff eine Phasing-Out-Verpflichtung bis hin zum Erreichen der Nullemission nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie WRRL) bis zum Jahr 2028 besteht. Vorschläge der Kommission nach Artikel 16 Absatz 6 WRRL über Maßnahmen und Zeitpläne hierzu stehen nach wie vor aus.
- 11. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung deshalb darauf hinzuwirken, dass in die Verordnung über Quecksilber ein Vorschlag zur Beendigung oder schrittweisen Einstellung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten, einschließlich eines entsprechenden Zeitplans, gemäß Artikel 16 Absatz 6 WRRL einbezogen wird. Dies betrifft insbesondere den Herstellungsprozess von Natrium- oder Kalium-Methylat oder -Ethylat unter Verwendung von Quecksilber.
- 12. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung ferner darauf hinzuwirken, dass die Verordnung keine Ermächtigung der Kommission für Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Verwendung von Quecksilber in neuen Produkten und Herstellungsprozessen im Wege von Durchführungsrechtsakten vorsieht, da dies dem Gebot des Phasing-Out widerspricht.
Begründung zu den Ziffern 10 bis 12 (nur gegenüber dem Plenum):
Die niedrigen Umweltqualitätsnormen für Quecksilber als prioritär gefährlicher und ubiquitär verbreiteter Stoff führen flächendeckend zur Verfehlung des guten chemischen Zustands. Eine umfassende europaweite Phasing-OutStrategie nach Artikel 16 Absatz 6 WRRL liegt bislang nicht vor.
Wie die Kommission in der Subsidiaritätsprüfung der vorgeschlagenen Quecksilber-Verordnung in richtiger Weise feststellt, können die Mitgliedstaaten eine Minimierung der Quecksilber-Emissionen allein nicht ausreichend verwirklichen. Dies gilt umso mehr für das Erreichen der Null-Emission. Die vorgeschlagene Quecksilber-Verordnung sollte deshalb die Phasing-Out-Strategie berücksichtigen und nicht durch eventuelle neue Verwendungen konterkarieren.
- 13. Der Bundesrat stellt fest, dass im Regelungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung die Minderung von Quecksilberemissionen aus Großfeuerungsanlagen nicht berücksichtigt wird, obwohl die "best available techniques" in der Minamata-Übereinkunft als zentrales Element der Emissionsreduzierung angesprochen werden.
- 14. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, Vorbereitungen für eine schnellstmögliche Umsetzung der Schlussfolgerungen des europäischen Merkblattes über die besten verfügbaren Techniken (BVT) für Großfeuerungsanlagen zu treffen. Hierbei sollen die unteren Werte der Emissionsbandbreiten maßgebend sein.
Begründung zu Ziffern 13 und 14 (nur gegenüber dem Plenum):
Die Emissionen von Quecksilber aus mit Kohle betriebenen Großfeuerungsanlagen sind weltweit die zweithöchsten nach jenen durch den Goldbergbau. Da Goldbergbau in Europa kaum stattfindet (schon gar nicht unter Verwendung von Quecksilber), stellen die Quecksilberemissionen aus Kraftwerken für Europa die größte Quelle dar.
Dies äußert sich in Quecksilberbefunden in Biota und Oberflächengewässern, denen bundesweit ein schlechter chemischer Zustand attestiert wurde. Die Senkung der Quecksilberemissionen ist von großer Bedeutung für die Erreichung der Umweltziele der WRRL.
Nur durch eine konsequente Minderung der Quecksilbereinträge in alle Umweltmedien können die Qualitätsziele der EU-Richtlinien erreicht werden.
Die vorgeschlagene Verordnung ist insoweit inkonsistent, als sie zwar im Erwägungsgrund(2) die Kohleverbrennung als relevante Quecksilberemissionsquelle nennt, dies aber im Regelungstext nicht wieder aufgreift.
- 15. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für eine weitgehende Beschränkung quecksilberhaltiger Entladungs-Leuchtmittel einzusetzen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Quecksilberhaltige Leuchtmittel, insbesondere Kompaktleuchtstofflampen, sind aufgrund der jüngeren Entwicklung der LED-Technik weitgehend obsolet. Die mit quecksilberhaltigen Leuchtmitteln verbundene Verwendung von Quecksilber und mögliche Emissionen (durch Glasbruch oder unsachgemäße Verwertung) können vermieden werden. Außerdem sind LED-Leuchtmittel erheblich energiesparender.
Direktzuleitung an die Kommission
- 16. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 17. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.