Entwurf eines Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG) Drucksache: 542/08 (PDF)
Punkt 27 a) und b) der 847. Sitzung Bundesrates am 19. September 2008
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung auf die prekäre Lage von Beschäftigten in Branchen ohne oder mit nur geringer Tarifbindung oder in Bereichen mit sozial nicht verantwortbaren Niedriglöhnen reagiert und einen notwendigen Schritt vollzieht, Voraussetzungen für eine flächendeckende Mindestentlohnung zu schaffen.
- 2. Der Bundesrat bedauert jedoch, dass es bisher nicht gelungen ist, einen flächendeckenden branchenunabhängigen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 7,50 € brutto einzuführen. Eine solche allgemeine gesetzliche Lösung nach Vorbild der meisten europäischen Partnerländer ist nach Ansicht des Bundesrates gegenüber den in den Gesetzentwürfen vorgesehenen Regelungen der nach wie vor zu bevorzugende Weg.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass die Gesetzentwürfe in wichtigen Fragen zu kurz greifen und damit nicht die erforderliche flächendeckende Wirkung entfalten. Er sieht daher die Notwendigkeit von Änderungen an den Gesetzentwürfen:
- a. Der Bundesrat lehnt die Regelung in § 8 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen, nach der vor dem 16. Juli 2008 abgeschlossene Tarifverträge mit abweichenden Entgeltregelungen den festgesetzten Mindestarbeitsbedingungen vorgehen und gleiches auch für Tarifverträge gelten soll, mit denen die Tarifvertragsparteien einen solchen Tarifvertrag ablösen oder unmittelbar ersetzen, ab. Es ist mit der Zielsetzung des Gesetzes, ein Verfahren zur Sicherstellung angemessener Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen, nicht vereinbar, wenn Tarifverträge mit unzureichenden Entgeltsätzen unterhalb der festgesetzten Mindestarbeitsentgelte weiterhin Bestand haben sollen.
- b. Der Bundesrat sieht keine Notwendigkeit für die in § 3 Abs 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen vorgesehene Feststellung des Vorliegens von sozialen Verwerfungen in einem Wirtschaftszweig. Hinreichende Voraussetzung für die Festsetzung von Mindestentgelten ist bereits das Fehlen einer ausreichenden Tarifbindung.
- c. Der Bundesrat bedauert, dass sich der im Gesetzentwurf zum Arbeitnehmerentsendegesetz vorgesehene Geltungsbereich nach wie vor auf wenige Branchen beschränkt. Er hält es für erforderlich, den Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes umfassend zu gestalten und für alle Wirtschaftsbereiche zu öffnen.
- d. Der Bundesrat hält es für unabdingbar, dass sich die Geltung des Arbeitnehmerentsendegesetzes auch auf regionale Tarifverträge erstreckt.
- e. Der Bundesrat hält es für notwendig, bei Konkurrenz zwischen mehreren Tarifverträgen, für die Anträge auf Allgemeinverbindlicherklärung vorliegen, dem Tarifvertrag der repräsentativsten Tarifvertragsparteien Vorrang zuzumessen.
- f. Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, die Regelungen zur Kontrolle und Durchsetzung der nach dem Gesetz zur Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen festgesetzten Mindestarbeitsentgelte an die Vorgaben des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes anzupassen und ebenfalls eine entsprechende Zuständigkeit der Behörden der Zollverwaltung vorzusehen. In diesem Zusammenhang sollten auch die Regelungen über bestehende Sanktionsmöglichkeiten übernommen werden und damit für Verstöße auch gegen das Gesetz zur Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen gelten.