Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet

A. Problem und Ziel

Die Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19; L 349 vom 21.12.2016, S. 6 - EuInsVO), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2018/946 (ABl. L 171 vom 6.7.2018, S. 1) geändert worden ist, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein oder mehrere Insolvenzregister errichten, in denen bestimmte Pflichtinformationen öffentlich bekanntgemacht werden (Artikel 24 Absatz 1 und 2 EuInsVO). Darüber hinaus richtet die Kommission ein System zur Vernetzung der Insolvenzregister der Mitgliedstaaten ein, das die Suche nach den betreffenden Pflichtinformationen in allen Insolvenzregistern ermöglicht (Artikel 25 EuInsVO). Die Mitgliedstaaten müssen den Zugang zu den Informationen über dieses System sicherstellen (Artikel 27 Absatz 1 EuIns-VO). Sie können den Zugang zu Pflichtinformationen ausschließlich bezüglich natürlicher Personen, die keine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben, von der Eingabe zusätzlicher, über die Mindestkriterien nach Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe c EuInsVO hinausgehender Suchkriterien in Bezug auf den Schuldner abhängig machen (Artikel 27 Absatz 3 EuInsVO).

§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekV) vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 677), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) geändert worden ist, sieht vor, dass für alle Insolvenzverfahren der Abruf von Daten nach Ablauf von zwei Wochen nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung nur noch unter Angabe mindestens zweier Suchbegriffe erfolgen kann. Diese Änderungsverordnung dient der Anpassung der InsoBekV an die europäischen Vorgaben.

B. Lösung

Die Eingabe weiterer Suchbegriffe gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV ist künftig nur noch für den Abruf von Daten solcher Insolvenzverfahren vorgesehen, in denen der Schuldner keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. In allen übrigen Verfahren können die Daten des Insolvenzverfahrens auch nach Ablauf von zwei Wochen nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung ohne Eingabe weiterer Suchbegriffe abgerufen werden.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Der Landesjustiz entsteht ein Zusatzaufwand dadurch, dass bei öffentlichen Bekanntmachungen künftig zwischen Unternehmens- und Privatinsolvenzen zu unterscheiden sein wird. Dieser liegt bei circa 130 000 Euro bis 166 000 Euro pro Kalenderjahr.

Ferner entsteht ein einmaliger Zusatzaufwand dadurch, dass bezogen auf den Stichtag 26. Juni 2018 eine bestimmte Anzahl von Verbraucherinsolvenzverfahren im Sinne des § 304 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 InsO, namentlich Insolvenzverfahren von ehemals selbständig wirtschaftlich Tätigen mit überschaubaren Vermögensverhältnissen und keinen Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, nachträglich identifiziert und zum Zwecke der Veröffentlichung als Unternehmensinsolvenz behandelt werden muss. Dieser Aufwand beträgt zwischen 647 000 Euro und maximal 864 000 Euro.

Schließlich entsteht ein einmaliger Zusatzaufwand in Höhe von circa 5 000 Euro netto infolge der Anpassung der Fachverfahren.

Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, 29. Juli 2019

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu erlassende Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Helge Braun

Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet

Vom ...

Auf Grund des § 9 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 der Insolvenzordnung, von denen Satz 2 zuletzt durch Artikel 149 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) und Satz 3 zuletzt durch Artikel 12 Absatz 2 Nummer 2 des Gesetzes vom 10. November 2006 (BGBl. I S. 2553) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz:

Artikel 1
Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet

Die Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet vom 12. Februar 2002 (BGBl. I S. 677), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. April 2007 (BGBI. I S. 509) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Satz 2 wird das Wort "personenbezogenen" gestrichen und wird das Wort "Gesetzen" durch das Wort "Vorschriften" ersetzt.

2. § 2 wird wie folgt gefasst:

" § 2 Datensicherheit, Schutz vor Missbrauch

(1) Durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Daten

(2) Als Ergebnis der Abfrage nach Absatz 1 Satz 2 darf zunächst nur eine Übersicht über die ermittelten Datensätze übermittelt werden, die nur die vollständigen Daten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a bis c enthalten darf. Die übrigen nach der Insolvenzordnung zu veröffentlichenden Daten dürfen erst übermittelt werden, wenn der Nutzer den entsprechenden Datensatz aus der Übersicht ausgewählt hat."

3. § 5 wird wie folgt gefasst:

" § 5 Übergangsregelung

Für öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren, die vor dem 26. Juni 2018 eröffnet oder vor dem 26. Juni 2018 mangels Masse abgewiesen worden sind, bleiben die Vorschriften dieser Verordnung in der bis zum 29. Juni 2021 geltenden Fassung anwendbar. Gleiches gilt für öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren, wenn der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens vor dem 26. Juni 2018 anderweitig Erledigung gefunden hat."

Artikel 2
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 30. Juni 2021 in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Die Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19; L 349 vom 21.12.2016, S. 6 - EuInsVO), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2018/946 (ABl. L 171 vom 6.7.2018, S. 1) geändert worden ist, sieht vor, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein oder mehrere Insolvenzregister errichten, in denen bestimmte Pflichtinformationen öffentlich bekanntgemacht werden (Artikel 24 Absatz 1 und 2 EuInsVO). Darüber hinaus richtet die Kommission ein System zur Vernetzung der Insolvenzregister der Mitgliedstaaten ein, das die Suche nach den betreffenden Pflichtinformationen in allen Insolvenzregistern ermöglicht (Artikel 25 EuInsVO). Die Mitgliedstaaten müssen zudem den Zugang zu den Informationen über dieses System sicherstellen (Artikel 27 Absatz 1 EuInsVO). Sie können den Zugang zu Pflichtinformationen ausschließlich bezüglich natürlicher Personen, die keine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben, von der Eingabe von zusätzlichen, über die Mindestkriterien nach Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe c EuInsVO hinausgehenden Suchkriterien in Bezug auf den Schuldner abhängig machen (Artikel 27 Absatz 3 EuInsVO).

§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekV) sieht vor, dass für alle Insolvenzverfahren der Abruf von Daten nach Ablauf von zwei Wochen nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung nur noch unter Angabe mindestens zweier Suchbegriffe erfolgen kann. Diese Änderungsverordnung dient der Anpassung der InsoBekV an die europäischen Vorgaben.

II. Wesentlicher Inhalt

Die Eingabe weiterer Suchbegriffe gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV ist künftig nur noch für den Abruf von Daten solcher Insolvenzverfahren vorgesehen, in denen der Schuldner keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. In allen übrigen Verfahren können die Daten des Insolvenzverfahrens auch nach Ablauf von zwei Wochen nach dem ersten Tag ihrer Veröffentlichung ohne Eingabe weiterer Suchbegriffe abgerufen werden.

III. Alternativen

Keine.

IV. Regelungskompetenz

Die Verordnungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ergibt sich aus § 9 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 der Insolvenzordnung (InsO).

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und bestehenden Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus völkerrechtlichen Verträgen vereinbar. Sie dient der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

VI. Regelungsfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die Verordnung dient der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren; eine Rechts- oder Verwaltungsvereinfachung ist damit nicht verbunden.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Die Verordnung berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Es sind für den Bund keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand zu erwarten.

4. Erfüllungsaufwand

Die Verordnung verursacht keinen Erfüllungsaufwand bei Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung. Er dient lediglich der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

5. Weitere Kosten

Für die Wirtschaft ist die Verordnung mit keinen Kosten verbunden.

Der Landesjustiz entsteht ein Zusatzaufwand dadurch, dass künftig zwischen Unternehmensinsolvenzen und Privatinsolvenzen zu unterscheiden sein wird. Nimmt man an, dass je Verfahren ein zusätzlicher zeitlicher Bearbeitungsaufwand von einer Minute entsteht, bezieht man diesen Aufwand beispielhaft auf die Gesamtzahl der im Jahr 2018 eröffneten Verfahren und berücksichtigt man auch die mangels Masse nicht eröffneten Verfahren (insgesamt circa 108 000), so ergibt sich ein jährlicher Mehraufwand in Höhe von 108 000 Minuten, das heißt 1 800 Stunden. Legt man die vom Statistischen Bundesamt für das Jahr 2017 ermittelten durchschnittlichen Lohnkosten auf Ebene der Länder zugrunde, ergibt sich, je nachdem, ob dabei die Sätze für Rechtspfleger (40,80 Euro/Stunde) oder Richter (60,50 Euro/Stunde) für die Bearbeitung zugrunde gelegt werden, ein Betrag von 73 440 Euro bis 108 900 Euro pro Kalenderjahr. Ein entsprechender jährlicher Mehraufwand von 1 800 Stunden fällt bei den Geschäftsstellen an, die die neuen Suchparameter umsetzen müssen. Dieser Aufwand ist mit 56 520 Euro pro Kalenderjahr (31,40 Euro/Stunde.) zu beziffern.

Ferner entsteht der Landesjustiz ein einmaliger Mehraufwand dadurch, dass bezogen auf den Stichtag 26. Juni 2018 eine bestimmte Anzahl von Verbraucherinsolvenzverfahren im Sinne des § 304 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 InsO, namentlich Insolvenzverfahren von ehemals selbständig wirtschaftlich Tätigen mit überschaubaren Vermögensverhältnissen und keinen Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, nachträglich identifiziert und zum Zwecke der Veröffentlichung als Unternehmensinsolvenz behandelt werden muss. Nimmt man an, dass je Verfahren ein zusätzlicher zeitlicher Bearbeitungsaufwand von zehn Minuten entsteht, bezieht man diesen beispielhaft auf die Gesamtzahl der 2018 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren und berücksichtigt man auch die mangels Masse nicht eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren (insgesamt circa 66 000), so ergibt sich ein maximaler einmaliger zeitlicher Mehraufwand in Höhe von 660 000 Minuten, das heißt 11 000 Stunden. Daraus ergibt sich ein Betrag von 448 800 Euro bis 665 500 Euro - je nachdem, ob dabei die Sätze für Rechtspfleger (40,80 Euro/Stunde) oder für Richter (60,50 Euro/Stunde) für die Bearbeitung zugrunde gelegt werden. Hinzu kommt auf Geschäftsstellenebene ein Aufwand für das Heraussuchen der betroffenen Akten (insgesamt circa 66 000) und die Umsetzung der neuen Suchparameter nach entsprechender Entscheidung, wobei dies nur die identifizierten Verfahren im Sinne des § 304 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 InsO betrifft (schätzungsweise bis zu 15 Prozent der Verbraucherinsolvenzverfahren, also 9 900). Der entsprechende Zeitaufwand kann jeweils mit bis zu fünf Minuten beziffert werden. Daraus ergibt sich auf Geschäftsstellenebene ein maximaler Betrag von insgesamt 198 605 Euro (31,40 Euro/Stunde).

Schließlich entsteht der Landesjustiz ein einmaliger Mehraufwand durch die Anpassung der Fachverfahren, der insgesamt mit 5 100 Euro netto beziffert werden kann (3 500 Euro für Winsolvenz und 1 600 Euro für Judica/TSJ). Es müssen die entsprechenden XML-bzw. XJustiz-Felder um "Selbständig/ehemals Selbständig" sowie "altes Recht/neues Recht" erweitert werden und es bedarf der Anpassungen auf Ebene der Datenbanken innerhalb des Verfahrens, was auch getestet und in entsprechende Dokumentationen aufgenommen werden muss.

6. Weitere Regelungsfolgen

Die Verordnung hat keine erkennbaren Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Die Verordnung hat auch keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Männer und Frauen sind von den Vorschriften in gleicher Weise betroffen.

Demografische Auswirkungen sind ebenfalls nicht erkennbar.

VII. Befristung; Evaluierung

Die Verordnung wird nicht befristet. Sie dient der Durchführung der ihrerseits unbefristet geltenden Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

Eine Evaluierung erscheint nicht erforderlich.

Nach Artikel 90 Absatz 1 Satz 1 EuInsVO legt die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss allerdings spätestens bis zum 27. Juni 2027 und danach alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren vor. Gegebenenfalls erfolgt in diesem Rahmen eine Evaluierung der Änderungen der InsoBekV.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der InsoBekV)

Zu Nummer 1 (Änderung des § 1)

Es wird klargestellt, dass öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren nicht nur personenbezogene Daten, sondern allgemein Daten im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren - insbesondere die Pflichtinformationen nach Artikel 24 Absatz 2 EuInsVO - betreffen. Der Schutz personenbezogener Daten bleibt unberührt. Es wird ferner klargestellt, dass öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren neben den Daten, die in formellen Gesetzen im engeren Sinne vorgesehen sind, auch Daten aus anderen Vorschriften - insbesondere die Pflichtinformationen nach Artikel 24 Absatz 2 EuInsVO - enthalten.

Zu Nummer 2 (Neufassung des § 2)

Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV ist der Abruf von Daten aus dem Internet über Insolvenzverfahren nach Ablauf von zwei Wochen nur unter Angabe von mindestens zwei Suchbegriffen möglich. Um den Vorgaben des Artikels 27 EuInsVO zu entsprechen, wird § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV auf solche Insolvenzverfahren beschränkt, in denen der Schuldner keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Der Begriff "selbständige wirtschaftliche Tätigkeit" orientiert sich an § 304 Absatz 1 Satz 1 InsO und umfasst - im Einklang mit Artikel 27 Absatz 3 EuInsVO - sowohl eine selbständige gewerbliche als auch freiberufliche Tätigkeit. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung. Spätere Änderungen der Verhältnisse sind mithin für Veröffentlichungszwecke unbeachtlich, mögen sie etwa die Aufnahme oder die Beendigung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit oder das Ableben des Schuldners samt Überleitung des Verfahrens in ein Nachlassinsolvenzverfahren betreffen. Dies ermöglicht eine einfache Bestimmung derjenigen öffentlichen Bekanntmachungen, bei denen nach Ablauf von zwei Wochen zusätzliche Abrufbeschränkungen erfolgen müssen. Nicht in den vorgeschlagenen § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV einbezogen werden ehemals selbständig wirtschaftlich tätige Schuldner, bei denen die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen (§ 304 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 InsO). Einer Einbeziehung steht Artikel 27 Absatz 3 EuInsVO entgegen. In der Folge können die Angaben "Firma", "Sitz", "Registernummer" und "Sitz des Registergerichts" in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b, c und e entfallen, wodurch wiederum Folgeänderungen in § 2 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 1 erforderlich werden.

Zu Nummer 3 (Neufassung des § 5)

Für öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren, die vor dem 26. Juni 2018 eröffnet oder vor dem 26. Juni 2018 mangels Masse abgewiesen wurden, soll die derzeit geltende InsoBekV auch nach Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der InsoBekV am 30. Juni 2021 weiterhin maßgeblich sein. Entsprechendes soll für öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren gelten, wenn der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens vor dem 26. Juni 2018 auf andere Art und Weise Erledigung gefunden hat, zum Beispiel durch Antragsrücknahme. Hintergrund hierfür ist, dass die Pflicht der Mitgliedstaaten aus Artikel 24 Absatz 1 EuInsVO zur Errichtung und Unterhaltung von Insolvenzregistern nach Artikel 92 Buchstabe b am 26. Juni 2018 entstanden ist und dass diese Änderungsverordnung nach dem vorgeschlagenen Artikel 2 zum 30. Juni 2021 in Kraft treten soll.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Regelungen des Artikels 27 Absatz 1 und 3 EuInsVO zu den Voraussetzungen für den Zugang zu Informationen über das System zur Vernetzung bauen auf der Regelung in Artikel 25 EuInsVO über die Vernetzung von Insolvenzregistern auf.

Artikel 25 EuInsVO tritt am 26. Juni 2019 in Kraft (Artikel 92 Buchstabe c EuInsVO).

Artikel 1 Satz 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2019/917 der Kommission vom 4. Juni 2019 zur Festlegung technischer Spezifikationen, Maßnahmen und sonstiger Anforderungen für das System der Vernetzung der Insolvenzregister gemäß Artikel 25 der Verordnung 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 146 vom 5.6.2019, S. 100) sieht eine Vernetzung der Insolvenzregister zum 30. Juni 2021 vor. Die Änderungen der InsoBekV sollen daher einheitlich ebenfalls am 30. Juni 2021 in Kraft treten.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG: NKR-Nr. 4548, BMJV: Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und Bürgerkeine Auswirkungen
Wirtschaftkeine Auswirkungen
Verwaltungkeine Auswirkungen
Weitere Kosten (Justiz)
Jährlicher Aufwand
Einmaliger Aufwand
rund 130.000 bis 170.000 Euro rund 650.000 bis 860.000 Euro
Umsetzung von EU-RechtDas Regelungsvorhaben dient der Anpassung nationalen Rechts an die Verordnung (EU) 2015/848. Dem NKR liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit dem Vorhaben über eine 1:1 Umsetzung von Unionsrecht hinausgegangen wird.
Das Ressort hat die Weiteren Kosten für die Justiz nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.

II. Im Einzelnen

Die Europäische Union (EU) verpflichtet ihre Mitgliedstaaten, Register zu errichten und zu führen, in denen bestimmte Informationen über Privat- und Unternehmensinsolvenzen veröffentlicht werden. Das in Deutschland hierfür geltende nationale Recht sieht einen besonderen Datenschutz vor: Nach Ablauf von zwei Wochen ist der Informationsabruf nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Abfrage bestimmte Angaben (Suchbegriffe), wie z.B. den Wohnsitz des Schuldners, enthält. Hinsichtlich dieser Abrufbeschränkungen unterscheidet das deutsche Recht nicht zwischen Privat- und Unternehmensinsolvenz. Es weicht insofern von unmittelbar geltendem Unionsrecht ab.1 Der Regelungsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) soll diese Abweichung beseitigen. Zukünftig sollen einerseits Abrufbeschränkungen nur noch für Privatinsolvenzen (Verbraucherinsolvenzen) zulässig sein. Andererseits sollen Verbraucherinsolvenzen nachträglich als Unternehmensinsolvenzen identifiziert und behandelt werden, wenn es sich bei dem Schuldner um einen ehemaligen (Klein-)Unternehmen handelt; hierfür soll eine Stichtagsregelung auf den 26. Juni 2018 gelten.

II.1 Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung ruft die Rechtsanpassung keinen zusätzlichen Erfüllungsaufwand hervor.

II.2 Weitere Kosten

Bei den Gerichten der Länder entstehen für die künftig erforderliche Unterscheidung der Unternehmensinsolvenzen von den Privatinsolvenzen jährlich weitere Kosten zwischen rund 130.000 und 170.000 Euro. Die Kostenspreizung ergibt sich daraus, dass die jährlich rund 108.000 Insolvenzverfahren teils durch den Richter, teils durch den Rechtspfleger bearbeitet werden.

Dasselbe gilt für die rund 66.000 Verbraucherinsolvenzen, die nachträglich als Unternehmensinsolvenzen zu qualifizieren sind. Die hierfür einmalig anfallenden weiteren Kosten hat das BMJV nachvollziehbar mit rund 650.000 Euro (Rechtspfleger/Geschäftsstelle) bzw. rund 860.000 Euro (Richter/Geschäftsstelle) ermittelt.

II.3 Umsetzung von EU-Recht

Das Regelungsvorhaben dient der Anpassung nationalen Rechts an die Verordnung (EU) Nr. 2015/848 . Dem NKR liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit dem Vorhaben über eine 1:1 Umsetzung von Unionsrecht hinausgegangen wird.

III. Ergebnis

Das Ressort hat die Weiteren Kosten für die Justiz nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Versteyl
Vorsitzender Berichterstatterin

1 Artikel 27 der VO (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 19; L 349 vom 21.12.2016, S. 6 - EuInsVO)