Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Berlin, 17. Juni 2019
Staatssekretär
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
vor wenigen Tagen wurde dem Bundesrat der Bericht der Bundesregierung zur Evaluierung des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie weiterer Vorschriften einschließlich eines hierzu erstellten externen Gutachtens zugeleitet. Der Bundesrat hatte die Bundesregierung hierum in seinem Beschluss zu diesem Gesetz im Jahr 2013 gebeten (Drs. 356/13 (PDF) vom 07.06.13).
In diesem Beschluss begrüßte der Bundesrat seinerzeit grundsätzlich das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie weiterer Vorschriften, kritisierte aber zugleich eine fehlende Endezu-Ende-Verschlüsselung bei der De-Mail und eine nicht ausreichende Regelung zur Barrierefreiheit.
Inzwischen liegen die Evaluation sowie Vorschläge zur Weiterentwicklung gemäß Art 30 Abs. 1 des o.g. Gesetzes vor. Bei der Evaluierung wurde deutlich, dass die siehe Drucksache 356/13(B) vom Bundesrat kritisierten Punkte in der Praxis nicht relevant sind. Die De-Mail konnte bisher keine größere Verbreitung finden. Die Gutachter haben bei ihrer empirischen Untersuchung auch nach Gründen für die fehlende Akzeptanz bzw. Nutzung der De-Mail gefragt, ohne jedoch die beiden genannten Aspekte Barrierefreiheit und Endezu-Ende-Verschlüsselung explizit zu benennen. Es stand den Befragten vielmehr frei, die aus Ihrer Sicht relevanten Aspekte anzuführen.
Dabei wurde die mangelnde Verbreitung der De-Mail auf die folgenden Gründe zurückgeführt: Eine Mehrheit der befragten Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen sah keine Notwendigkeit für De-Mail, viele Befragte kannten De-Mail nicht. Ein kleinerer Teil der Befragten gaben an, dass die Anmeldung und Handhabung zu kompliziert seien. Dagegen wurden die vom Bundesrat kritisierten Punkte nicht genannt.
Insgesamt kommt die Evaluierung zu dem Schluss, dass die Digitalisierung der Verwaltung noch nicht in ausreichendem Maß vorangeschritten und das Angebot an E-Government-Leistungen noch zu klein ist. Die Frage nach einer nicht ausreichenden Barrierefreiheit der Angebote stellte sich bisher nicht.
Im Einzelnen möchte ich ergänzen:
Vorgaben zur Barrierefreiheit von De-Mail sind in der Technischen Richtlinie des BSI zu De-Mail festgehalten (vgl. Abschnitt 7.3 der TR-01201 De-Mail, Hauptdokument). Danach sind die graphischen Oberflächen von De-Mail-Webanwendungen so zu gestalten, dass sie sich durch eine einfache Bedienung auszeichnen und die Darstellung der Daten und Funktionen übersichtlich ist. Die Basisfunktionalität muss innerhalb der Darstellung der Anwendung deutlich erkennbar sein. Die Gestaltung der Web-Oberflächen von De-Mail sollte entsprechend den Gesetzgebungen zur Barrierefreiheit vorgenommen werden. Damit erfüllen die De-Mail-Diensteanbieter auch die Anforderungen gem. Art. 15 eIDAS-Verordnung:
"Soweit möglich werden Vertrauensdienste und zur Erbringung solcher Dienste verwendete Endnutzerprodukte Personen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar gemacht." Weder dem BMI noch dem BSI liegen Informationen vor, dass es vor dem Hintergrund dieser Anforderungen an die Barrierefreiheit bei der Nutzung von De-Mail zu Problemen gekommen wäre. Eine über die bestehenden Vorgaben für De-Mail sowie den geltenden allgemeinen Rechtsrahmen zur Barrierefreiheit hinausgehende Regelung ist nach Ansicht des BMI nicht erforderlich.
Die Möglichkeiten der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für De-Mail sind mittlerweile durchaus standardisiert. Mit De-Mail wird eine sichere Lösung angeboten, die neben der Verschlüsselung des Transportkanals seit einigen Jahren auch eine zusätzliche Endezu-Ende-Verschlüsselung auf Basis von PGP oder S/MIME unterstützt. Hierfür stellen die De-Mail-Diensteanbieter den Nutzern Standardfunktionalitäten in E-Mail-Programmen sowie Plugins für Webbrowser kostenlos zur Verfügung. Für eine sichere Verteilung der Schlüssel bietet De-Mail die Option, öffentliche Schlüssel vertrauenswürdig in den Öffentlichen Verzeichnisdienst von De-Mail einzustellen. In Bezug auf die Endezu-Ende-Verschlüsselung sind seither keine Hinweise auf Akzeptanzprobleme erkennbar (siehe hierzu auch die aktuelle Fach-Publikation: c"t 2019, Heft 4, Jetzt Einschreiben, Warum ein De-Mail-Konto einen Versuch wert ist, S. 72-75, https://www.heise.de/select/ct/2019/4/1549964084783096 ). Die Einführung einer etwaigen Verpflichtung der Anwender, die zusätzliche Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu nutzen, wird nicht befürwortet, da sie durch den beim Nutzer entstehenden Aufwand zur Verwaltung des privaten Schlüssels die Akzeptanz der De-Mail gegebenenfalls verringern könnte.
Abschließend möchte ich den aktuellen Rechtsrahmen für die Barrierefreiheit allgemein in Bezug nehmen. Mit dem im August 2017 in Kraft getretenen Onlinezugangsgesetz (OZG) hat die Bundesregierung der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland einen entscheidenden Schub verliehen. Das OZG verpflichtet Bund und Länder, innerhalb von fünf Jahren ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten und diese miteinander zu verknüpfen. Dabei gelten die in § 16 EGovG formulierten Prinzipien fort, welche die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung 2.0 näher ausgestaltet.
Die Bewältigung dieser Aufgabe erfordert intensive Kommunikation, Abstimmung und Kooperation über alle föderalen Ebenen hinweg. Diese Aufgabe kann nur unter der Voraussetzung einer intensiven Kooperation zwischen allen Verwaltungsebenen gelingen. Ich erhoffe mir daher eine uneingeschränkte Unterstützung durch die Bundesländer.
Der Evaluationsbericht der externen Gutachter wurde zusammen mit dem Bericht der Bundesregierung ungekürzt dem Bundestag vorgelegt. Beide wurden zudem auf den Internetseiten des Bundesminisierums des Innern, für Bau und Heimat veröffentlicht.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Vitt