Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität

A. Problem und Ziel

I. Förderung der Barrierefreiheit

Der fortschreitende demographische Wandel erfordert die Förderung altersgerechten Wohnens. Bis zum Jahr 2030 wird mindestens jeder vierte Bürger in Deutschland über 64 Jahre alt sein (Statistisches Bundesamt, Bevölkerung Deutschlands bis 2060, 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 19). Bis zum Jahr 2030 wird daher mit einem Anstieg des Bedarfs auf rund 3,6 Millionen altersgerechter Wohnungen gerechnet. Dem steht derzeit ein altersgerechter Wohnungsbestand in Deutschland von nur ca. 700 000 Wohnungen gegenüber (BT-Drucksache 18/4148, S. 3).

Die gegenwärtigen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) wirken im Hinblick auf die Ermöglichung behinderten- und altersgerechten Wohnens teilweise hinderlich, wenn bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum erforderlich sind, um einen behinderten- und altersgerechten Zugang zu den Wohnungen zu ermöglichen.

Während im Mietrecht nach § 554a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen kann, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wie zum Beispiel den Einbau einer Rollstuhlrampe oder eines Treppenlifts, fehlt für den Wohnungseigentümer eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Wohnungseigentümer können deshalb Schwierigkeiten haben, bauliche Maßnahmen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Wohnanlage erforderlich sind, durchzusetzen.

Darüber hinaus bedarf es nach der gegenwärtigen Rechtslage für Maßnahmen, die andere Wohnungseigentümer erheblich beeinträchtigen und die das äußere Erscheinungsbild einer Wohnanlage verändern, wie dies zum Beispiel beim Anbau eines Außenaufzugs regelmäßig der Fall sein dürfte, nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Weg der Zustimmung aller erheblich beeinträchtigten Miteigentümer. Damit kann nach der gegenwärtigen Rechtslage jeder einzelne Eigentümer eine entsprechende bauliche Maßnahme, die ihn nicht nur unerheblich beeinträchtigt, durch sein Votum verhindern, möglicherweise auch dann, wenn diese die einzige Möglichkeit darstellt, Barrierefreiheit zu schaffen und damit einen Verbleib im gewohnten Umfeld zu ermöglichen.

Ziel des Gesetzentwurfs ist eine Anpassung im Wohnungseigentumsrecht, damit Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen in ihrem Alltag nicht auf unzumutbare Barrieren in ihren Wohnhäusern treffen.

II. Förderung der Elektromobilität

Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge zugelassen sein sollen. Demgegenüber sind aktuell Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen kaum zu finden. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland 12 363 reine Elektro-Pkw und 11 101 Plugin-Hybrid-Pkw zugelassen (Kraftfahrt- Bundesamt, Pressemitteilung Nummer 001/2016). Dies entspricht einem Anteil von 0,73 Prozent an den Neuzulassungen. Der gesamte Bestand belief sich am 1. Januar 2016 auf 37 589 Elektro- und Plugin-Hybrid-Pkw (Verband der Automobilindustrie, Kraftfahrt-Bundesamt). Der Ausbau der Elektromobilität ist ein wichtiges Element für den Erfolg der deutschen Energiewende, vor allem wenn Elektrofahrzeuge mit erneuerbaren Energien geladen und zukünftig als Speicher genutzt werden. Auch für das Erreichen der CO₂-Reduktionsziele der Kommission im Mobilitätssektor ist ein Markterfolg von Elektrofahrzeugen in Deutschland mitentscheidend. Daneben ist der Erfolg der Elektromobilität von großer Bedeutung für die Automobilindustrie, um auf dem Gebiet der Elektrofahrzeuge international führend und Leitanbieter zu bleiben. Die deutschen exportabhängigen Hersteller benötigen einen funktionierenden Heimatmarkt, um international nennenswerte Erfolge mit Elektrofahrzeugen erzielen zu können. Um die Zielgröße von einer Million Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2020 zu erreichen, bedarf es, wie die Erfahrungen anderer Länder wie Norwegen (Anteil der Elektrofahrzeuge an den Neuzulassungen über 22 Prozent) oder die Niederlande (Anteil Elektrofahrzeuge über sieben Prozent) zeigen,

vor allem einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur (vgl. zu den Anteilen von Elektrofahrzeugen an Neuzulassungen: Verband der Automobilindustrie, Präsentation "Elektromobilität - Internationaler Überblick", Januar 2016, S. 4). Dabei muss der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht nur im öffentlichen Raum erfolgen, sondern zur Gewährleistung einer flächendeckenden Versorgung ist es erforderlich, dass auch private Kfz-Stellplätze mit Lademöglichkeiten ausgestattet werden.

Die gegenwärtige Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht ist betreffend die Möglichkeit, private Kfz-Stellplätze mit Ladestationen auszustatten, unbefriedigend.

Um sich eine Lademöglichkeit zu verschaffen, muss derjenige, dem der Stellplatz zugewiesen ist, regelmäßig auf Teile des Gemeinschaftseigentums baulich einwirken. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine derartige bauliche Maßnahme eines Wohnungseigentümers sind nach dem Wohnungseigentumsrecht nicht eindeutig und erschweren in der Folge den Einbau von Ladestellen für Elektrofahrzeuge von Wohnungseigentümern an ihrem privaten Kfz-Stellplatz.

Auch im Mietrecht besteht bislang keine Privilegierung des Einbaus von für die Elektromobilität erforderlichen Einrichtungen. Insbesondere gilt die Sonderregelung des § 554a BGB nur für Einrichtungen zur Herstellung von Barrierefreiheit. Daher sind hier die allgemeinen, nicht gesetzlich niedergelegten Grundsätze zur Vornahme von Maßnahmen an der Mietsache durch den Mieter (sogenannte Mietermodernisierung) anwendbar, so dass es dem Mieter regelmäßig nicht gelingen wird, sich im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung durchzusetzen.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge auch im privaten Raum durch flankierende gesetzgeberische Maßnahmen im Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht zu erleichtern.

B. Lösung

I. Förderung der Barrierefreiheit

II. Förderung der Elektromobilität

C. Alternativen

Als Alternative wäre denkbar, Wohnungseigentümer bauordnungsrechtlich zu verpflichten, sicherzustellen, dass in ihrer Wohnanlage barrierefreies Wohnen möglich ist, sowie Wohnungseigentümergemeinschaften zu verpflichten, an allen Kfz-Stellplätzen Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge vorzusehen. Dies würde einen erheblichen Eingriff in die durch Artikel 14 des Grundgesetzes gewährleistete Eigentumsfreiheit darstellen, die angesichts der möglichen niederschwelligeren Eingriffe in der vorgeschlagenen Form mangels Erforderlichkeit nicht verfassungsgemäß erscheinen.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Belastungen des Bundes, der Länder und Gemeinden durch die Realisierung dieses Gesetzes mit zusätzlichen Kosten sind nicht ersichtlich.

E. Sonstige Kosten

Durch die Realisierung dieses Gesetzes entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Wirtschaft.

Für die Bürgerinnen und Bürger entstehen keine zusätzlichen Kosten. An der bisherigen Regelung zur Kostentragung bei Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum wird grundsätzlich festgehalten. Begehrt ein Miteigentümer von den übrigen Miteigentümern die Zustimmung zu baulichen Maßnahmen, die für einen barrierefreien Zugang zur Wohnung oder den Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge erforderlich sind, trägt grundsätzlich gemäß § 16 Absatz 6 Weg nur derjenige Wohnungseigentümer die Kosten für die Maßnahme, der dieser Maßnahme zugestimmt hat.

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Es werden keine zusätzlichen Informationspflichten geschaffen.

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität

Der Bundesrat hat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes

Das Wohnungseigentumsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch [Artikel 4 des Gesetzes vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1962)] geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Nach § 554a des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch [Artikel 1 des Gesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396)] geändert worden ist, wird folgender § 554b eingefügt:

" § 554b Elektromobilität

§ 554a gilt entsprechend für bauliche Veränderungen oder sonstige Einrichtungen, die für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug im Sinn des § 2 des Elektromobilitätsgesetzes erforderlich sind."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung

1. Förderung der Barrierefreiheit

2. Förderung der Elektromobilität

II. Wesentlicher Inhalt

1. Förderung der Barrierefreiheit

2. Förderung der Elektromobilität

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderungen folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes.

IV. Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht

1. Regelungen zur Förderung der Barrierefreiheit

Die Regelungen zur Förderung der Barrierefreiheit sind mit dem des Grundgesetzes vereinbar. Insbesondere verstoßen die Regelungen zur Förderung der Barrierefreiheit nicht gegen den in Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes normierten grundrechtlichen Eigentumsschutz.

Allerdings stehen dem bedeutende Grundrechtspositionen entgegen, die dafür sprechen, wesentliche Änderungen jedenfalls dann zuzulassen, wenn diese erforderlich sind, um den Anforderungen an barrierefreies Wohnen gerecht zu werden: Insbesondere ist hier zu berücksichtigen, dass das aus Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes folgende Recht auf Ausgestaltung des Eigentums auch älteren oder körperlich eingeschränkten Eigentümern zusteht. Im Licht der Sozialbindung des Eigentums sowie der Bedeutung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, insbesondere Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes, der die Benachteiligung Behinderter verbietet, ist daher eine gesetzgeberische Entscheidung zu Gunsten barrierefreien Wohnens im Rahmen des bestehenden Ermessensspielraums mit den Grundrechten vereinbar.

2. Regelungen zur Förderung der Elektromobilität

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

VI. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Auswirkungen auf den Bundeshaushalt wie auch die Haushalte von Ländern und Gemeinden sind nicht zu erwarten.

VII. Sonstige Kosten

Durch die Realisierung dieses Gesetzes entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Wirtschaft.

Für die Bürgerinnen und Bürger entstehen keine zusätzliche Kosten. An der bisherigen Regelung zur Kostentragung bei Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum (§ 16 WEG) wird grundsätzlich festgehalten. Begehrt ein Miteigentümer von den übrigen Miteigentümern die Zustimmung zu baulichen Maßnahmen, die für einen barrierefreien Zugang zur Wohnung oder für den Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge erforderlich sind, trägt gemäß § 16 Absatz 6 Weg nur derjenige Wohnungseigentümer die Kosten für die Maßnahme, der dieser Maßnahme zugestimmt hat.

§ 16 Absatz 4 WEG-E eröffnet den Wohnungseigentümern die Möglichkeit, auch Beschlüsse über bauliche Veränderungen gemäß § 22 Absatz 3 WEG-E, die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums erforderlich sind, mit entsprechenden Kostenverteilungsentscheidungen zu verbinden.

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Der Gesetzentwurf hat keine spezifischen Auswirkungen auf die Lebenssituation von Frauen und Männern. Diese sind von den Vorschriften des Gesetzentwurfs in gleicher Weise betroffen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Wohneigentumsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 16 Absatz 4 WEG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung von § 22 Absatz 3 Weg.

§ 16 Absatz 4 WEG-E eröffnet den Wohnungseigentümern die Möglichkeit, auch Beschlüsse über bauliche Veränderungen, die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums erforderlich sind, mit entsprechenden Kostenverteilungsentscheidungen zu verbinden. Bisher besteht diese Möglichkeit für Beschlüsse über die Durchführung einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme (§ 21 Absatz 5 Nummer 2 WEG) sowie über bauliche Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 21 Absatz 1 und Absatz 2 Weg. Durch die Möglichkeit, eine von den Miteigentumsanteilen abweichende Kostenverteilung zu treffen, können solche Miteigentümer, die andernfalls eine behindertengerechte, bauliche Veränderung nicht unterstützen würden, zur Mitwirkung bewegt werden.

Zu Nummer 2 Buchstabe a (§ 22 Absatz 1 Satz 3 und 4 WEG)

Gemäß § 22 Absatz 1 Satz 1 Weg bedürfen bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehen, der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die Veränderungen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß (§ 14 Nummer 1 WEG) hinaus beeinträchtigt werden. Nach § 22 Absatz 1 Satz 2 Weg ist die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer allerdings dann nicht erforderlich, wenn die bauliche Maßnahme den anderen Wohnungseigentümern keinen Nachteil zufügt, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß (§ 14 Nummer 1 WEG) hinausgeht.

§ 22 Absatz 1 Satz 3 WEG-E normiert darüber hinaus nunmehr ausdrücklich, dass die Zustimmung zu baulichen Veränderungen ferner dann nicht erforderlich ist, wenn diese für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums oder für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug im Sinne des § 2 Elektromobilitätsgesetz (EmoG) erforderlich sind.

Entbehrlichkeit der Zustimmung bei baulichen Veränderungen, die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums erforderlich sind:

Der Begriff "behindert" ist im Sinne des § 554a BGB auszulegen. Der Begriff "behindert" ist damit nicht im engen Sinne des Sozialrechts wie etwa in § 3 Schwerbehindertengesetz zu verstehen. Erfasst werden soll vielmehr jede erhebliche und dauerhafte Einschränkung der Bewegungsfähigkeit, unabhängig davon, ob sie bereits bei Erwerb der Eigentumswohnung vorhanden war oder erst in der Folgezeit, z.B. aufgrund eines Unfalls oder des Alterungsprozesses, entsteht. Damit gilt die Regelung vor allem auch für die Gruppe der alten Menschen, die ihre Wohnung altersbedingt umgestalten müssen, um nicht in ein Pflegeheim zu ziehen (vgl. Bericht des BT-Rechtsausschusses zu § 554a BGB, BT-Drucksache 014/5663, S. 78).

Das Merkmal "behindertengerechte Nutzung" wurde ebenfalls entsprechend der Regelung des § 554a BGB gewählt. Damit soll klargestellt werden, dass die Regelung nicht nur im Fall einer Behinderung des Wohnungseigentümers greift, sondern auch dann, wenn etwa in der Wohnung lebende Angehörige, der Lebensgefährte des Wohnungseigentümers oder Mieter der Wohnung eine Behinderung haben. Damit sind auch diejenigen Personen von der Regelung erfasst, die der Wohnungseigentümer berechtigterweise in seine Wohnung aufgenommen hat (vgl. Bericht des BT-Rechtsausschusses zu § 554a BGB, BT-Drucksache 014/5663, S. 78).

Der Begriff der "behindertengerechten Nutzung" umfasst nicht nur Maßnahmen, die auf die Barrierefreiheit nach DIN 18040 oder auf DIN 18040R abzielen, sondern umfasst auch so genannte "barrierearme" Maßnahmen bzw. Maßnahmen zur Reduzierung von Barrieren. Denn im Bestand können oft die Vorgaben der DIN 18040 nicht vollständig umgesetzt werden (z.B. bei Rampensteigungen). Trotzdem sind solche Maßnahmen für viele ältere Bewohner oder Bewohner mit Behinderung sehr hilfreich.

Entbehrlichkeit der Zustimmung bei baulichen Veränderungen, die für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug im Sinne des § 2 EmoG erforderlich sind:

Mit dieser Regelung soll der bislang bestehenden Rechtsunsicherheit, ob und wenn ja in welchem Umfang der Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge der Zustimmung der übrigen Miteigentümer bedarf, begegnet und insoweit Rechtsklarheit geschaffen werden.

Hinsichtlich der von der Regelung erfassten elektrisch betriebenen Fahrzeuge verweist § 22 Absatz 1 Satz 3 WEG-E auf § 2 EmoG, der den Begriff der "elektrisch betriebenen Fahrzeuge" näher konkretisiert.

Nach dem Weg kommen unterschiedliche rechtliche Gestaltungen zur Einräumung von exklusiven Rechten an einem Stellplatz in Betracht:

§ 22 Absatz 1 Satz 3 WEG-E erfasst alle der vorgenannten Gestaltungen. Denn ein Bedürfnis nach der Installation einer Ladeeinrichtung besteht unabhängig von der Rechtsnatur des Nutzungsrechts des einzelnen Wohnungseigentümers. Ob den Wohnungseigentümern Sondereigentum oder ein Sondernutzungsrecht an "ihrem" Stellplatz zusteht, beruht vielfach auf den baulichen Gegebenheiten oder einer willkürlichen Entscheidung des Bauträgers, ohne dass hier eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt wäre.

Weitere Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit der Zustimmung:

Weitere Voraussetzung für die Entbehrlichkeit der Zustimmung der von der baulichen Veränderung nicht unerheblich betroffenen Miteigentümer nach § 22 Absatz 1 Satz 3 WEG-E ist, dass ein berechtigtes Interesse an der Maßnahme besteht. Das Interesse an der Maßnahme ist "berechtigt" im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 1 WEG-E, wenn in der Abwägung nach Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 2 nicht die dort aufgeführten Interessen der Miteigentümer überwiegen. Es hat eine umfassende Abwägung zwischen den durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes grundrechtlich geschützten Interessen der Wohnungseigentümer zu erfolgen. Im Fall der Herstellung von Barrierefreiheit ist ferner das in Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes normierte Verbot der Benachteiligung Behinderter sowie im Fall des Einbaus einer Ladestation für elektrisch betriebene Fahrzeuge das in Artikel 20a des Grundgesetzes niedergelegte Staatsziel des Umweltschutzes zu berücksichtigen. In die Abwägung sind dabei alle generell und im konkreten Einzelfall erheblichen Umstände einzustellen (vgl. Bericht des BT-Rechtsausschusses zu § 554a BGB, BT-Drucksache 014/5663, S. 78), wie Umfang und Erforderlichkeit der Maßnahme, Dauer der Bauzeit, Möglichkeit des Rückbaus, bauordnungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit, Beeinträchtigung der Mitbewohner während der Bauzeit, Einschränkungen durch die Maßnahme selbst sowie etwaige Haftungsrisiken etwa aufgrund bestehender Verkehrssicherungspflichten. Ist die Maßnahme zur Herstellung der Barrierefreiheit erforderlich, sind zusätzlich zu berücksichtigen die Art, Dauer und Schwere der Behinderung. Die übrigen Miteigentümer können ihre Zustimmung zu der Umbaumaßnahme im Ergebnis nur verweigern, wenn die Abwägung ergibt, dass ihr Interesse an der Beibehaltung des unveränderten Zustandes des Gemeinschaftseigentums oder der Wohnanlage das Interesse des Miteigentümers an einem Umbau überwiegt.

Darüber hinaus ist Voraussetzung für die Entbehrlichkeit der Zustimmung nach § 22 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 1 WEG-E, dass sich durch die bauliche Maßnahme nicht die Eigenart der Wohnanlage ändert. Diese Voraussetzung entspricht der in § 22 Absatz 2 Satz 1 Weg getroffenen Regelung. Die Entbehrlichkeit der Zustimmung zu Maßnahmen, die die Eigenart der Wohnanlage ändern, wäre mit dem von Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes geschützten Vertrauen des Erwerbers auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Eigentumsanlage, das in der Regel Grundlage seiner Entscheidung für den Erwerb der Wohnung war, nicht vereinbar.

Gemäß § 22 Absatz 1 Satz 4 WEG-E kann die Entbehrlichkeit der Zustimmung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Mit dieser Beschränkung der Vertragsfreiheit, die für bestehende und künftige Vereinbarungen gilt, wird verhindert, dass das gesetzgeberische Ziel des § 22 Absatz 1 Satz 3 WEG-E, die Erleichterung der Herstellung von Barrierefreiheit und Förderung der Elektromobilität, unterlaufen wird.

Ist die Zustimmung der Wohnungseigentümer unter den dargestellten Voraussetzungen entbehrlich, haben nur die dennoch zustimmenden Wohnungseigentümer nach § 16 Absatz 6 Weg ein Nutzungsrecht. Sie sind dann aber auch gemäß § 16 Absatz 6 Weg verpflichtet die Kosten mitzutragen. Auf diese Weise wird ein Gleichlauf von Nutzungsrecht und Kostentragungspflicht gewährleistet.

Zu Buchstabe b (§ 22 Absatz 3 WEG)

§ 22 Weg enthält Regelungen zur Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer. Absatz 1 regelt den Grundsatz der Zustimmungsbedürftigkeit aller erheblich betroffenen Miteigentümer. In den folgenden Absätzen 2 und 3 sind von diesem Zustimmungserfordernis unter dort näher konkretisierten Voraussetzungen Ausnahmen vorgesehen.

In § 22 Absatz 3 Satz 1 WEG-E wird nunmehr eine weitere Ausnahme vom Erfordernis der Zustimmung aller erheblich beeinträchtigten Miteigentümer vorgesehen. Danach können Maßnahmen, die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- und Gemeinschaftseigentums erforderlich sind und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Absatz 2 Weg und mehr als der Hälfte aller Miteigentümer beschlossen werden.

Von diesen Regelungen sollen Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit erfasst werden, die nach der bisherigen Rechtslage von der Zustimmung aller nicht unerheblich beeinträchtigten Miteigentümer abhängig gewesen sind. Diese sogenannte Allstimmigkeit wurde von der Rechtsprechung nach der bisherigen Rechtslage immer dann gefordert, wenn durch die Maßnahme die Eigenart der betreffenden Wohnanlage geändert wurde. Dies wird zum Beispiel von der Rechtsprechung im Fall des Anbaus eines Außenaufzugs angenommen (vgl. AG Konstanz, Urteil vom 13. März 2008 - 12 C 17/07, BeckRS 2008, 05982; AG Ahrensburg, Urteil vom 2. April 2014 - 37 C 23/13, ZWE 2015, 38; so wohl auch LG München, Urteil vom 23. Juni 2014 - 1 S 13821/13 Weg, BeckRS 2014, 21788). Wird durch die Maßnahme die Eigenart der Wohnanlage geändert, ist das Vertrauen der übrigen Wohnungseigentümer auf den wesentlichen inneren und äußeren Bestand der Eigentumsanlage, das in der Regel Grundlage der Entscheidung für den Erwerb der Wohnung war, besonders zu berücksichtigen (vgl. auch BT-Drucksache 16/887, S. 39). Deshalb ist in diesen Fällen die Maßnahme nur dann "erforderlich" im Sinne der Vorschrift, wenn das Sondereigentum ohne Durchführung dieser Maßnahme für einen Behinderten unbewohnbar wird und Barrierefreiheit nicht auch durch eine Maßnahme hergestellt werden kann, durch die die Eigenart der Wohnanlage nicht geändert wird. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn aus Gründen des Denkmalschutzes weder ein Treppenlift noch ein Innenlift eingebaut werden kann und ein Außenaufzug damit die einzige Möglichkeit wäre, Barrierefreiheit zu ermöglichen. Um in diesen Fällen zukünftig zu verhindern, dass jeder einzelne beeinträchtigte Eigentümer den Anbau eines Außenaufzugs durch sein Votum verhindern kann, wird auf das Erfordernis der Allstimmigkeit des § 22 Absatz 1 Satz 1 Weg verzichtet und an das Quorum des § 22 Absatz 2 Satz 1 Weg angeknüpft.

Die Entbehrlichkeit der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer, wie sie nunmehr in § 22 Absatz 1 Satz 3 WEG-E vorgesehen ist, würde in Fällen, in denen die bauliche Maßnahme zur Herstellung der Barrierefreiheit die Eigenart der Wohnanlage verändert, den betroffenen Interessen nicht gerecht. Die Entbehrlichkeit der Zustimmung zu einer baulichen Maßnahme, die die Eigenart der Wohnanlage verändert, würde einen erheblichen Eingriff in das durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes geschützte Vertrauen des Erwerbers auf den wesentlichen äußeren und inneren Bestand der Eigentumsanlage, das in der Regel Grundlage seiner Entscheidung für den Erwerb der Wohnung war, darstellen.

Voraussetzung für das Eingreifen der Ausnahme vom Erfordernis der Allstimmigkeit ist, dass die Maßnahme für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums erforderlich ist:

Der Begriff "behindert" ist im Sinne des § 554a BGB auszulegen. Das Merkmal "behindertengerechte Nutzung" wurde ebenfalls entsprechend der Regelung des § 554a BGB gewählt.

Der Begriff der "baulichen Veränderung", auf den durch die Verweisung in § 22 Absatz 3 Satz 1 WEG-E auf § 22 Absatz 1 Weg

Bezug genommen wird, gilt für Umbauten innerhalb der Eigentumswohnung sowie außerhalb, soweit der Zugang zur Wohnung ermöglicht oder verbessert werden soll.

Weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Ausnahme vom Prinzip der Einstimmigkeit ist, dass der Wohnungseigentümer ein berechtigtes Interesse an der baulichen Maßnahme zur Herstellung der Barrierefreiheit hat. Damit soll sichergestellt werden, dass ein konkreter Anlass für die Herstellung der Barrierefreiheit entweder aufgrund der Behinderung des Wohnungseigentümers oder einer Person, die der Wohnungseigentümer berechtigterweise in seine Wohnung aufgenommen hat, besteht.

Ferner ist Voraussetzung für das Eingreifen der Ausnahme vom Erfordernis der Allstimmigkeit, dass durch die Maßnahme kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzung entspricht der Regelung in § 22 Absatz 2 Weg. Für das Maß der Beeinträchtigung ist auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittseigentümers der betroffenen Wohnanlage und nicht auf das subjektive Empfinden des Beeinträchtigten abzustellen. Daher sind auch finanzielle Belastungen durch solche Maßnahmen, mit denen ein solcher Wohnungseigentümer rechnen muss und für die er eine Rückstellung bildet oder Kredit aufnimmt, in der Regel keine unbillige Beeinträchtigung (vgl. auch BT-Druck sache 16/887, S. 31). Das Merkmal der Unbilligkeit soll eine gleichwertige Berücksichtigung sachlicher und personenbezogener Umstände ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 016/3843, S. 26). Es genügt nur eine gegenüber den anderen Wohnungseigentümern dieser Anlage unbillige Beeinträchtigung, so dass auch deren Beeinträchtigung zu berücksichtigen ist.

Gemäß § 22 Absatz 3 Satz 2 WEG-E kann die Befugnis, durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Absatz 2 Weg und mehr als der Hälfte aller Miteigentümer Maßnahmen zu beschließen, die für die behindertengerechte Nutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums erforderlich sind, durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Mit dieser Beschränkung der Vertragsfreiheit, die für bestehende und künftige Vereinbarungen gilt, wird verhindert, dass das gesetzgeberische Ziel des § 22 Absatz 3 Satz 1 WEG-E, die Erleichterung der Herstellung von Barrierefreiheit, unterlaufen wird.

Zu Buchstabe c (§ 22 Absatz 4 und 5 WEG)

Hier handelt es sich um eine Folgeänderung zur Änderung von § 22 Absatz 3 Weg.

Zu Artikel 2 (§ 554b BGB-E)

§ 554b BGB-E sieht durch Verweis auf § 554a BGB vor, dass der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen, die für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeugs im Sinn des § 2 EmoG erforderlich sind, verlangen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an der Installation einer Ladeeinrichtung überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen der anderen Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen.

Durch die Regelung wird klargestellt, dass bauliche Veränderungen zur Förderung der Elektromobilität privilegiert sind. Voraussetzung ist, dass die baulichen Maßnahmen für die Installation einer Ladeeinrichtung für ein elektrisch betriebenes Fahrzeugs im Sinne des § 2 EmoG (siehe oben) erforderlich sind. Die übrigen Voraussetzungen entsprechen den Regelungen zur Herstellung von Barrierefreiheit.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten) Artikel 3 regelt das Inkrafttreten.