Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Vierte Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Vierte Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung

Bundeskanzleramt Berlin, den 31. Januar 2008
Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu erlassende


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Hildegard Müller

Vierte Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung

Vom ...

Auf Grund des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396, 1994 I S. 2439), § 26 Abs. 1 zuletzt geändert durch Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 8. November 2007 (BGBl. I S. 2566), verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Artikel 1

Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563), zuletzt geändert durch Artikel 499 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), wird wie folgt geändert:

Artikel 2


Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den
Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Begründung

Allgemeiner Teil

Aufgrund der im Jahre 1997 eingetretenen Häufung von Bahnbetriebsunfällen mit schwerwiegenden Folgen hat das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen einen Dialog der Eisenbahnfachleute initiiert mit dem Ziel, Möglichkeiten zur künftigen Vermeidung derartiger Ereignisse aufzuzeigen. Dementsprechend wurde eine "Arbeitsgruppe Betriebssicherheit" einberufen, die aus Eisenbahnfachleuten des Bundes, der Länder, des Unternehmensverbands VDV und aus verschiedenen Eisenbahnunternehmen einschließlich der DB AG zusammengesetzt war. Im Vordergrund standen dabei auch Bahnbetriebsunfälle, denen eine bis dahin nicht gekannte Unfallursache zugrunde lag: Züge waren nach vorangegangenem Halt am Bahnsteig oder trotz Wahrnehmung der Vorsignalstellung (Betätigen der "Wachsamkeitstaste" durch den Triebfahrzeugführer) gegen Halt zeigende Hauptsignale angefahren bzw. weitergefahren. Die bis zu dieser Erkenntnis seit vielen Jahrzehnten bewährte und in den bisherigen §§ 15 Abs. 2 und 28 Abs. 1 Nr. 4 EBO vorgesehene, aus zusammenwirkenden Fahrzeug- und Streckenkomponenten bestehende Zugbeeinflussungstechnik bewirkt zwar bei in Fahrt befindlichen Zügen wirkungsvoll eine Zwangsbremsung bei einem unzulässigen Vorbeifahren an Halt zeigenden Hauptsignalen, nicht jedoch bei dem seinerzeit neu aufgetretenen Unfalltyp von Signalverfehlungen unmittelbar nach einem Zughalt. Erst mit der Fortentwicklung der Zugbeeinflussungstechnik zu einer punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB) mit der Funktionalität PZB 90 stand ein Zugsicherungssystem zur Verfügung, durch das Ereignisse mit der vorgenannten Unfallursache im Rahmen der technischen Möglichkeiten vermieden werden können.

Entsprechend dem einvernehmlich verfassten Schlussbericht der "Arbeitsgruppe Betriebssicherheit" vom Oktober 2000 haben sich die Eisenbahnunternehmen gemäß ihrer Verantwortung für die Betriebssicherheit nach § 4 Abs. 1 S. 1 AEG seinerzeit zur Einführung einer funktional erweiterten Zugbeeinflussungstechnik, mit der grundsätzlich sämtliche führenden Fahrzeuge auszurüsten sind, verpflichtet. Die Ausrüstung mit dem Zugsicherungssystem der Funktionalität PZB 90 wird seither von der ganz überwiegenden Mehrheit der Eisenbahnfachleute aus Sicherheitsgründen als notwendig angesehen. Die Änderung der EBO dient damit der Klarstellung dessen, was aufgrund der in § 4 Abs. 1 S. 1 AEG verankerten Verantwortung der Eisenbahnen zur sicheren Betriebsführung ohnehin gilt: Die Eisenbahnen sind verpflichtet, das in Fachkreisen bisher einheitlich als erforderlich angesehene Sicherheitsniveau durch Einbau entsprechender Zugbeeinflussungstechnik zu gewährleisten. Mit der Aufnahme der Pflicht zur Ausrüstung mit Zugbeeinflussung entsprechend der Funktionalität PZB 90 in die §§ 15 Abs. 2 und 28 Abs.1 Nr. 4 EBO ist nunmehr zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen worden.

Seit Mitte des Jahres 2007 unterliegen auch nichtbundeseigene Eisenbahnverkehrsunternehmen und Fahrzeughalter, die einer Sicherheitsbescheinigung bedürfen, nicht mehr der Landeseisenbahnaufsicht sondern der Eisenbahnaufsicht des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA). Zur Klarstellung, dass die aus Sicherheitsgründen zwingend notwendige, vorstehend beschriebene Zugbeeinflussungstechnik unverändert anzuwenden ist, hat das EBA eine entsprechende Allgemeinverfügung an den gesamten Kreis der seiner Aufsicht unterliegenden Eisenbahnverkehrsunternehmen und Fahrzeughalter gerichtet. Daraufhin haben verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen die Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung des EBA angezweifelt und Widerspruch erhoben bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeleitet.

Aus den vorstehenden Gründen sind die Vorschriften über die Ausrüstung von Strecken nach § 15 Abs. 2 EBO sowie von führenden Fahrzeugen nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 EBO mit Zugbeeinflussung an die sicherheitlichen Notwendigkeiten gem. § 4 Abs. 1 S. 1 AEG auch entsprechend den Erkenntnissen der Mehrheit der Eisenbahnfachleute aus dem Jahr 2000 angepasst worden. Die Regelungen entsprechen materiell den Regelungen, welche bisher auf Selbstverpflichtungen von Eisenbahnunternehmen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - sowie auf Verwaltungsentscheidungen gestützt sind.

Ermächtigungsgrundlage

Ermächtigungsgrundlage für Artikel 1 ist § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AEG.

Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Sonstige Kosten

Den Eisenbahnunternehmen entsteht gegenüber dem Status quo kein zusätzlicher Aufwand für die Umsetzung der gesetzlichen Regelung, da nur ausdrücklich in der EBO geregelt wird, was aufgrund der in § 4 Abs. 1 S. 1 AEG verankerten Verantwortung der Eisenbahnen für die sichere Betriebsführung ohnehin gilt.

Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Zugang zu mit Zugbeeinflussung ausgerüsteten Strecken in Anspruch nehmen wollen und deren führende Fahrzeuge noch keine Zugbeeinflussung entsprechend dem erforderlichen Sicherheitsniveau aufweisen, entstehen Aufwendungen für die Nachrüstung der Zugbeeinflussung eines führenden Fahrzeugs in einer Größenordnung von jeweils etwa 10.000 € bis 20.000 €.

Bürokratiekosten

Keine

Zu den einzelnen Vorschriften

Artikel 1

1. (§ 15 Abs. 2)

Die Beschreibung der funktional erweiterten Zugbeeinflussung im Abschnitt Bahnanlagen der EBO regelt die entsprechende Ausrüstung bezogen auf Strecken. Zugleich wird mit der Vorgabe des Schutzziels der technische Systemzusammenhang zwischen Infrastruktur und Fahrzeugen berücksichtigt da für die Zugbeeinflussung sowohl die streckenseitigen als auch die fahrzeugseitigen Funktionskomponenten zusammenwirken müssen.

2. (§ 28 Abs. 1 Nr. 4)

Die neue Vorschrift korrespondiert mit § 15 Abs. 2 EBO und bestimmt die aus Gründen der Eisenbahnbetriebssicherheit notwendige grundsätzliche Ausrüstungspflicht von Fahrzeugen.

Im Hinblick auf den erheblichen Sicherheitsgewinn wird auf die bisherigen Einzelregelungen insbesondere hinsichtlich des "überwiegenden" Einsatzes und der zulässigen Geschwindigkeit der betreffenden Fahrzeuge verzichtet.

Der vorgeschriebenen Zugbeeinflussung liegt die nach dem Jahr 2000 vollzogene umfassende Nachrüstung führender Fahrzeuge mit punktförmiger Zugbeeinflussung der Funktionalität PZB90 zugrunde. Diese wird bereits als technische Zugangsvoraussetzung für das mit Zugbeeinflussung ausgerüstete Netz der Eisenbahnen des Bundes vom Infrastrukturbetreiber vertraglich gefordert. Durch die Beschreibung als Schutzziel ist kein bestimmtes technisches Produkt festgelegt und die technische Weiterentwicklung wird ermöglicht. Im Übrigen ist das neu vorgeschriebene Schutzziel auch mit ERTMS / ETCS erreichbar.

Die Umschreibung "nach einem unmittelbar vorangegangenem Halt" stellt klar, dass mit dem Schutzziel diejenige Betriebssituation erfasst wird, bei der ein Zug hinter einem Vorsignal in "Warnstellung" an einem gewöhnlichen Halteplatz angehalten hat, bevor er sich anschließend dem folgenden Hauptsignal unzulässig nähert. Im Ergebnis wird mit der Funktionalität PZB90 erreicht, dass der Zug generell vor dem maßgebenden Gefahrpunkt hinter dem Hauptsignal zum Halten kommt. Das gilt sinngemäß auch für Züge, die nach dem Passieren eines Vorsignals in Warnstellung nicht an einem gewöhnlichen Halteplatz, sondern an anderer Stelle auf dem Weg zum Hauptsignal angehalten haben (z.B. Güterzüge) oder mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren sind.

Das für die Zugbeeinflussung nunmehr vorgegebene erweiterte Schutzziel wird bei Fahrzeugen, deren Bauartbedingte Geschwindigkeit 30 km/h nicht überschreitet, bereits durch die bisher vorgeschriebene Zugbeeinflussung erreicht. Somit ist deren Nachrüstung mit der zusätzlichen Funktionalität PZB 90 nicht erforderlich.

Fahrten von Nebenfahrzeugen, die als führende Fahrzeuge freizügig von einer Baustelle zur nächsten verkehren, sind Zugfahrten, die eine entsprechende Ausrüstung des Fahrzeuges mit Zugbeeinflussung voraussetzen.

Für den Eisenbahnbetrieb auf so genannten Grenzbetriebsstrecken sind die entsprechenden Abkommen maßgebend. Daher gelten dort, wie bei der bisherigen Regelung, die Vorschriften der EBO zur Ausrüstung mit Zugbeeinflussung nicht.

Fahrzeuge, die nur zu Rangierfahrten eingesetzt werden, müssen, wie bei der bisherigen Regelung, nicht mit Zugbeeinflussung ausgerüstet werden, weil Zugbeeinflussung nur für Züge und nicht beim Rangieren gefordert ist.

Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Eine Übergangsfrist konnte nicht in Betracht kommen, da nur ausdrücklich in der EBO verankert wird, was aufgrund von § 4 Abs. 1 S. 1 AEG ohnehin gilt.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Entwurf einer vierten Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten geprüft die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit der Verordnung werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft. Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Wittmann
Vorsitzender Berichterstatter