Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 14. November 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage mit Begründung beigefügten Antrag für eine
- Entschließung des Bundesrates zur Rücknahme der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 6. März 1992 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention)
einzubringen.
Ich bitte Sie, diesen Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 864. Sitzung des Bundesrates am 27. November 2009 aufzunehmen und eine sofortige Entscheidung in der Sache herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
Entschließung des Bundesrates zur Rücknahme der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 6. März 1992 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention)
Der Bundesrat möge beschließen:
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich die von der Bundesregierung am 6. März 1992 bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegte Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes zurückzunehmen.
Begründung
Das "Übereinkommen über die Rechte des Kindes" (UN-Kinderrechtskonvention) vom 20. November 1989 ist am 5. April 1992 für Deutschland in Kraft getreten.
Bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde am 6.3.1992 hat Deutschland eine gesonderte Erklärung abgegeben, die in der Bekanntmachung über das Inkrafttreten vom 10. Juli 1992 (BGBl. II S. 990 ff) veröffentlicht wurde.
Die Erklärung stellt im Wesentlichen fest, dass
- - das Übereinkommen in Deutschland nicht unmittelbar angewandt, sondern als völkerrechtliche Staatenverpflichtung durch innerstaatliches Recht erfüllt werde (Punkt I.);
- - die Ausgestaltung des elterlichen Personensorgerechts dem Ermessen des innerstaatlichen Gesetzgebers unterstellt bleibt (Punkt II.);
- - bei Straftaten von geringer Schwere nicht in allen Fällen
- - ein Anspruch auf einen Beistand zur Wahrnehmung der Verteidigung und
- - der Rechtsweg auch gegen Urteile unterhalb der Verhängung von Freiheitsstrafen eröffnet bleiben muss (Punkt III.);
- - das Übereinkommen nicht dazu führe, dass
- - die widerrechtliche Einreise oder der widerrechtliche Aufenthalt eines Ausländers in der Bundesrepublik erlaubt seien;
- - das Recht der Bundesrepublik Deutschland, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen, beschränkt würde (Punkt IV.);
- - von der Möglichkeit, die Altersgrenze für die Teilnahme von Jugendlichen als Soldaten an Feindseligkeiten auf 15 Jahre festzusetzen, kein Gebrauch gemacht werden wird (Punkt V.).
Mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes wurden erstmals völkerrechtlich verbindlich politische Bürgerrechte und soziale Menschenrechte formuliert, die ihren Ausdruck in der Festschreibung von Mindestanforderungen an die Versorgung, den Schutz und die Beteiligung von Kindern am gesellschaftlichen Leben finden. Die Umsetzung dieser Ziele muss endlich vorbehaltlos gewährleistet werden.
Sowohl in den Schlussbemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes zum Erstbericht Deutschlands über das Übereinkommen, durch die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 30. September 1999 anlässlich der Aussprache zum 10. Kinder- und Jugendbericht als auch durch national und international tätige Organisationen wird seit Jahren die Rücknahme dieser Erklärung gefordert, ohne dass ein entsprechendes Ergebnis erzielt wurde.
Es besteht kein Bedürfnis, an der Absicht des Jahres 1992, durch die Erklärung Über- oder Fehlinterpretationen zu vermeiden, festzuhalten. Aufgrund der Völkerrechtskonformität, der deutschen Rechtslage sowie zwischenzeitlich eingetretener Rechtsänderungen, insbesondere durch die Kindschaftsrechtsreform, kann auf die Erklärung verzichtet werden.