Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 105485 - vom 28. April 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 2. April 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus, insbesondere seine Entschließung vom 15. Januar 20091 zur Strategie der Europäischen Union gegenüber Belarus,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates "allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" vom 16. März 2009 zu Belarus, mit denen die Visumsperre für hohe belarussische Staatsvertreter - Präsident Alexander Lukaschenko eingeschlossen - weiterhin ausgesetzt wird und die restriktiven Maßnahmen verlängert werden,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 3. Dezember 2008 über die Östliche Partnerschaft (KOM (2008) 0823),
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Kommission vom 21. November 2006, in der sie die Bereitschaft der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht hat, ihre Beziehungen zu Belarus und seiner Bevölkerung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zu erneuern,
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Rat in seinen oben genannten Schlussfolgerungen vom 16. März 2009 seine Bereitschaft bekräftigt hat, seine Beziehungen zu Belarus zu vertiefen, sofern Belarus Fortschritte im Hinblick auf die Demokratisierung, die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit macht, und Belarus dabei zu unterstützen, diese Ziele zu erreichen,
B. in der Erwägung, dass der Rat die Entwicklungen in Belarus nach dem Beschluss vom Oktober 2008 über die zeitweilige Aussetzung der Reisebeschränkungen für bestimmte belarussische Staatsvertreter gemäß den im Gemeinsamen Standpunkt 2008/844/CFSP des Rates2 festgelegten Bedingungen bewertet und in der Folge beschlossen hat, die Anwendung dieser Reisebeschränkungen weiterhin für einen Zeitraum von neun Monaten auszusetzen,
C. in der Erwägung, dass der Rat beschlossen hat, die im Gemeinsamen Standpunkt 2008/276/CFSP vorgesehenen restriktiven Maßnahmen gegen bestimmte belarussische Staatsvertreter um ein Jahr zu verlängern,
D. in der Erwägung, dass die Europäische Union nach wie vor über die Lage der Menschenrechte in Belarus und die Verletzungen dieser Rechte in der jüngsten Vergangenheit besorgt ist,
E. in der Erwägung, dass die Kommission in Reaktion auf die von Belarus unternommenen positiven Schritte bereits in einen "intensivierten Dialog" mit dem Land in Bereichen wie Energie, Umweltschutz, Zölle, Verkehr und Lebensmittelsicherheit eingetreten ist und ihre Bereitschaft, diese für beide Seiten wertvollen Fachgespräche weiter auszubauen, bekräftigt hat, dass Pläne zur Errichtung eines neuen Kernkraftwerkes an der Grenze zur Europäischen Union, das kein westliches Modell ist, nicht in diese Gespräche aufgenommen werden sollten;
F. in der Erwägung, dass der Rat Belarus in seine Initiative "Östliche Partnerschaft" aufgenommen hat, die die Kommission in ihrer Mitteilung vom 3. Dezember 2008 auf den Weg gebracht hat, um die Zusammenarbeit mit einer Reihe von osteuropäischen Ländern zu verstärken,
G. in der Erwägung, dass der belarussische Außenminister Sjarhej Martynau erklärt hat, dass "Belarus die Teilnahme an der Initiative Östliche Partnerschaft positiv sieht", und hinzugefügt hat, dass Belarus beabsichtigt, sich an dieser Initiative zu beteiligen,
H. in der Erwägung, dass das Komitee zum Schutz von Journalisten die belarussischen Staatsorgane aufgefordert hat, die Akkreditierung von Andrzej Poczobut, einem lokalen Korrespondenten für Polens größte Tageszeitung "Gazeta Wyborcza", zu erneuern und in Bezug auf die jüngsten Einschüchterungsversuche gegen ihn und seine Familie aufgrund seiner Kritik an der Politik der Regierung in der im Westen von Belarus gelegenen Stadt Hrodna zu ermitteln; in der Erwägung, dass Andrzej Poczobut am 17. März 2009 zu einer Geldstrafe von 148 EUR verurteilt wurde, weil er über das Treffen der Union der Polen in Belarus berichtet hat,
- 1. billigt den Beschluss des Rates, die restriktiven Maßnahmen gegen bestimmte belarussische Staatsvertreter um ein Jahr zu verlängern und gleichzeitig die Anwendung der Reisebeschränkungen gegen bestimmte belarussische Staatsvertreter weiterhin für einen Zeitraum von neun Monaten auszusetzen;
- 2. ist nach wie vor über die Lage der Menschenrechte in Belarus und die Verletzungen dieser Rechte in der jüngsten Vergangenheit besorgt; sieht der Aufnahme eines Menschenrechtsdialogs mit Belarus in naher Zukunft erwartungsvoll entgegen;
- 3. begrüßt den verstärkten Dialog hochrangiger Vertreter zwischen der Europäischen Union und Belarus, der auch bilaterale Kontakte umfasst, sowie die intensivierte technische Zusammenarbeit, die von der Kommission angestoßen wurde, als Mittel zum Aufbau gegenseitigen Verständnisses und als Gelegenheit, die Anliegen der beiden Seiten sowie Themen von gemeinsamen Interesse zu besprechen;
- 4. ist der Ansicht, dass die Aufhebung von Einschränkungen der Freiheit und die Beendigung von Gewalt gegen Teilnehmer an Protestveranstaltung der Opposition und Menschenrechtsaktivisten Voraussetzungen für die Intensivierung des politischen Dialogs zwischen der Europäischen Union und Belarus sind; fordert in diesem Zusammenhang die sofortige Freilassung der Unternehmer Mikalaj Autuchowitsch, Jury Ljawonau und Uladsimir Assipenka sowie des Aktivisten der Jugendoppositionsbewegung Arzjom Dubski; fordert ferner die Überprüfung der Verurteilungen von 11 Teilnehmern der Demonstration vom Januar 2008 zu Freiheitsbeschränkungen;
- 5. begrüßt die Zusammenarbeit von Belarus mit dem Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Bereich der Wahlgesetzgebung und ermuntert Belarus, diese Zusammenarbeit fortzusetzen;
- 6. betont nachdrücklich, dass die demokratische Opposition von Belarus und die Zivilgesellschaft in den Dialog zwischen der Europäischen Union und Belarus einbezogen werden müssen;
- 7. fordert die Regierung von Belarus auf, die nächsten neun Monate dazu zu nutzen, wesentliche Fortschritte in den folgenden Bereichen nachzuweisen:
- - Reform der belarussischen Wahlgesetzgebung, um die Vertretung von Mitgliedern der Opposition auf allen Ebenen der Wahlkommissionen sowie Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf die Stimmenauszählung zu gewährleisten;
- - Gleichberechtigung aller Medienbetriebe durch Aufhebung des Verbots der Verbreitung von unabhängigen Printmedien durch das staatliche Verteilungsnetz von "Sajusdruk" (Kioske) und durch den staatlichen belarussischen Postdienst "Belposchta"; Aufhebung von Artikel 367, 368, 369 und 369-1 des belarussischen Strafgesetzes, die oft zur Verfolgung von Journalisten für ihre berufliche Tätigkeiten missbraucht werden; Vereinfachung des Akkreditierungsverfahrens für alle Journalisten, einschließlich der offiziellen Vertreter ausländischer Medienbetriebe;
- - Gewährleistung von Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit durch Aufhebung von Artikel 193-1 des belarussischen Strafgesetzes, wonach eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für Tätigkeiten im Namen nicht registrierter öffentlicher Vereinigung, politischer Parteien und Stiftungen besteht; Schutz der Religionsfreiheit;
- - Gewährleistung politischer Rechte und Freiheiten durch Beendigung der Praxis politisch motivierter Entlassungen aus Arbeitsverhältnissen und Universitätsanstellungen; Beendigung der Verfolgung von Studenten aufgrund der Umgehung des Wehrdienstes, die aufgrund ihres Eintretens für die Bürgerrechte der Universität verwiesen wurden; Prüfung der jüngsten Fälle von Zwangsrekrutierung mehrerer junger Aktivisten wie Franak Wjatschorka, Iwan Schyla und Smiter Fedaruk, die staatlicher Geiselnahme gleichkommen;
- 8. fordert die belarussische Regierung auf, im Hinblick auf die Abschaffung der Todesstrafe (wie in der Resolution der VN-Generalversammlung 062/149 vom 18. Dezember 2007 vorgesehen) unverzüglich ein Moratorium für alle Todesurteile und Hinrichtungen zu verhängen, die Urteile aller Häftlinge, die ihre Hinrichtung erwarten, sofort in Gefängnisstrafen umzuwandeln, die nationalen Rechtsvorschriften an die Verpflichtungen des Landes gemäß den internationalen Menschenrechtsübereinkommen anzupassen und sicherzustellen, dass die international anerkannten Standards für faire Gerichtsverfahren strikt eingehalten werden;
- 9. fordert die belarussischen Staatsorgane auf, die Union der Polen in Belarus unter der Leitung von Angelika Borys anzuerkennen, die beim Kongress der Union der Polen am 15. März 2009 als Vorsitzende wiedergewählt wurde;
- 10. fordert den Rat und die Kommission auf, für den Fall, dass Belarus die oben genannten Kriterien in dem neunmonatigen Zeitraum erfüllt, eine endgültige Aufhebung der Reisebeschränkungen sowie Maßnahmen zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und zur Beschleunigung der Wiederaufnahme von Belarus in die europäische Familie der demokratischen Nationen in Erwägung zu ziehen;
- 11. fordert den Rat und die Kommission auf, weitere Schritte im Hinblick auf die Liberalisierung der Visaverfahren für belarussische Bürger zu unternehmen, da ein solches Verfahren entscheidend dafür ist, dass das Hauptziel der EU-Politik gegenüber Belarus verwirklicht wird, das darin besteht, Belarus an den europäischen und regionalen Prozessen zu beteiligen und das Land nachhaltig zu demokratisieren; fordert den Rat und die Kommission in diesem Zusammenhang mit Nachdruck auf, die Möglichkeit einer Senkung der Visagebühren und eine Vereinfachung der entsprechenden Antragsverfahren für belarussische Bürger bei deren Einreise in den Schengen-Raum in Erwägung zu ziehen;
- 12. fordert die Kommission auf, die Möglichkeiten zur Unterstützung der Zivilgesellschaft und der Demokratisierung in Belarus durch das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte1 (EIDHR) umfassend und effektiv zu nutzen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, das Parlament regelmäßig und umfassend darüber zu informieren, wofür die Mittel des EIDHR ausgegeben werden;
- 13. fordert die Kommission auf, dem unabhängigen belarussischen Fernsehkanal Belsat finanzielle Unterstützung zu gewähren und die belarussische Regierung nachdrücklich aufzufordern, den Fernsehkanal Belsat offiziell in Belarus zu registrieren; fordert die belarussische Regierung auf, als Zeichen des guten Willens und der Änderung zum Positiven es der in Vilnius (Litauen) im Exil ansässigen belorussischen "Europäischen Humanistischen Universität" (EHU) zu ermöglichen, rechtmäßig und mit der Garantie für die Freiheit ihrer Tätigkeit nach Belarus zurückzukehren sowie sich unter angemessenen Bedingungen für ihre künftige Entwicklung wieder in Minsk niederzulassen, insbesondere indem sie der EHU ermöglicht, ihre Bibliothek im Laufe des Jahres 2009 wieder in Minsk einzurichten, wobei sie ihr die Räumlichkeiten dafür bereitstellt und die Bedingungen schafft, dass die umfangreichen Sammlungen in Belorussisch, Russisch, Englisch, Deutsch und Französisch geöffnet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden;
- 14. fordert den Rat und die Kommission auf, Maßnahmen zu erwägen, um das Geschäftsklima, Handel, Investitionen, Energie- und Verkehrsinfrastrukturen sowie die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Belarus zu verbessern und auf diese Weise zu Wohlergehen und Wohlstand sowie zur Verbesserung der Möglichkeiten der Bürger von Belarus beizutragen, mit der Europäischen Union zu kommunizieren und ungehindert in die Europäische Union zu reisen;
- 15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarates, dem Sekretariat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten sowie dem Parlament und der Regierung von Belarus zu übermitteln.
- 1 P6_TA(2009)0027.
- 2 Gemeinsamer Standpunkt 2008/844/GASP des Rates vom 10. November 2008 zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 2006/276/GASP über restriktive Maßnahmen gegen einzelne belarussische Amtsträger (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 56).
- 1 Verordnung (EG) Nr. 1889/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einführung eines Finanzierungsinstruments für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 1)