Empfehlungen der Ausschüsse
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) - COM (2016) 270 final; Ratsdok. 8715/16

950. Sitzung des Bundesrates am 4. November 2016

A

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) und der Rechtsausschuss (R) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Allgemeines

Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates

Regelungen in Bezug auf unbegleitete Minderjährige

Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates

Rechte und Pflichten der Antragstellenden

Ausreise

Begründung zu Ziffern 3, 4 und 25 (nur gegenüber dem Plenum):

Der vorliegende Vorschlag der Kommission sieht - wie auch schon die geltende Dublin-III-Verordnung - in Erwägungsgrund 36 vor, dass Überstellungen in den für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaat entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission (ABl. L 222 vom 05.09.2003, Seite 3) auf freiwilliger Basis, in Form der kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen können. Die Mitgliedstaaten sollten sich durch entsprechende Information des Antragstellers für Überstellungen auf freiwilliger Basis einsetzen und sicherstellen, dass Überstellungen in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung in humaner Weise und in voller Übereinstimmung mit den Grundrechten und unter Achtung der Menschenwürde sowie des Wohls des Kindes und unter weitestgehender Berücksichtigung der Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere hinsichtlich Überstellungen aus humanitären Gründen, vorgenommen werden.

Die weiteren Regelungen der Dublin-III-Verordnungen selbst geben bisher keine Rangfolge hinsichtlich der drei von ihnen vorgesehenen Überstellungsmodalitäten vor; diese liegt vielmehr weitgehend in der Regelungskompetenz des ersuchenden Mitgliedstaates. Um dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen, muss eine Überstellung ohne Verwaltungszwang auch nach der deutschen Rechtsprechung jedoch wenigstens dann möglich sein, wenn gesichert erscheint, dass der Asylbewerber sich freiwillig in den für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaat begibt und sich dort fristgerecht bei der verantwortlichen Behörde meldet (BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 - 1 C 26.14). Eine derartige Verhältnismäßigkeitsprüfung obliegt im Wesentlichen den Vollstreckungsbehörden nach nationalem Verwaltungsvollstreckungsrecht. In vergleichbarer Weise sieht die Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie), die für alle Flüchtlinge gilt, bereits heute vor, dass die freiwillige Rückkehr der Rückführung vorzuziehen ist, sofern keine Veranlassung zu der Annahme besteht, dass das Rückkehrverfahren dadurch gefährdet wird.

Abschiebungen sind schwere Grundrechtseingriffe und wirken nicht selten traumatisierend für die Betroffenen, ihre Familienangehörigen und insbesondere für Kinder. Länder, wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz, haben gute Erfahrungen mit der Förderung freiwilliger Rückführung gemacht, deren Wirksamkeit vom Statistischen Bundesamt noch immer nicht zahlenmäßig erfasst wird. Die freiwillige Ausreise hat sich generell als humaner, effektiver und kostengünstiger erwiesen als die zwangsweise Rückführung. Ausgehend von diesen positiven Erfahrungen - denen das Bundesministerium des Innern aktuell mit einer geplanten außerplanmäßigen Erhöhung der Haushaltsmittel für die Rückkehrprogramme REAG und GARP (Reintegration and Emigration Program for Asylum-Seekers in Germany bzw. Government Assisted Repatriation Program) Rechnung getragen hat - sollte an die Mitgliedstaaten nicht länger nur allgemein appelliert werden, sich für Überstellungen auf freiwilliger Basis einzusetzen. Es sollte vielmehr - in vergleichbarer Weise wie bei der Rückführungsrichtlinie - der generelle Vorrang der freiwilligen Ausreise vor der zwangsweisen Überstellung in der Verordnung festgeschrieben werden, um somit Ausreisen zu ermöglichen, die unter besonderer Achtung der Menschenwürde sowie des Wohls des Kindes stattfinden können und zudem erheblich kostengünstiger sind.

Rechtsbehelfe

Delegierte Rechtsakte

Direktzuleitung der Stellungnahme

B