Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0918 - vom 4. Februar 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 15. Januar 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus und insbesondere seine Entschließung vom 9. Oktober 2008 zur Lage in Belarus nach der Parlamentswahl vom 28. September 20081 ,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Vorsitzes des Europäischen Rates im Namen der Europäischen Union zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2008/844/GASP vom 10. November 2008 zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 2006/276/GASP betreffend restriktive Maßnahmen gegen bestimmte belarussische Beamte2,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 13. Oktober 2008 zu Belarus, mit denen das Verbot politischer Kontakte mit den belarussischen Regierungsstellen aufgehoben und die Visumsperre für hohe belarussische Staatsvertreter - Präsident Alexander Lukaschenko eingeschlossen - ausgesetzt wird,
- - unter Hinweis auf den vom Rat am 27. November 2008 vorgelegten Jahresbericht über die Menschenrechte 20083,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 3. Dezember 2008 betreffend die Partnerschaft Ost (KOM (2008) 0823),
- - unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) vom 27. November 2008 über die Parlamentswahlen in Belarus vom 28. September 2008,
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Rat in seinen oben genannten Schlussfolgerungen vom 13. Oktober 2008 die Hoffnung auf eine schrittweise erneute Annäherung an Belarus sowie seine Bereitschaft bekräftigt, einen Dialog mit den belarussischen Behörden und anderen politischen Kräften im Land zu entwickeln, um echte Fortschritte im Hinblick auf die Demokratie und die Achtung der Menschenrechte zu unterstützen,
B. in der Erwägung, dass der Rat, um den Dialog mit den belarussischen Behörden und die Annahme positiver Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie und Verbesserung der Achtung der Menschenrechte zu unterstützen, beschlossen hat, die gegen einige führende belarussische Politiker verhängten Reisebeschränkungen für einen verlängerbaren Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen - mit Ausnahme aller an den Verschleppungen der Jahre 1999 und 2000 beteiligten Personen und des Vorsitzenden der Zentralen Wahlkommission,
C. in der Erwägung, dass die Kommission als Reaktion auf die von Belarus unternommenen positiven Schritte in Bereichen wie Energie, Umweltschutz, Zölle, Verkehr und Lebensmittelsicherheit bereits in einen "intensivierten Dialog" mit dem Land eingetreten ist und ihre Bereitschaft bekräftigt hat, diese für beide Seiten wertvollen Fachgespräche weiter auszubauen,
D. in der Erwägung, dass die OSZE/BDIMR-Wahlbeobachtungsmission in ihrem Abschlussbericht angab, dass bei den Wahlen vom 28. September 2008, die in einem streng kontrollierten Umfeld mit einem kaum wahrnehmbaren Wahlkampf durchgeführt wurden und in Bezug auf die Auszählung der Stimmen und die Zusammenstellung der Ergebnisse von den verschiedenen Wahllokalen von mangelnder Transparenz gekennzeichnet waren, zwar einige geringfügige Verbesserungen zu verzeichnen waren, sie letztendlich jedoch den international anerkannten demokratischen Standards nicht genügten, in der Erwägung, dass Lidija Ermoschina, Leiterin der zentralen Wahlkommission in Belarus, zugegeben hat, dass die Wahlen vom September 2008 nicht die "volle und bedingungslose Anerkennung der europäischen Partner im Hinblick auf die Erfüllung internationaler Standards" erhielten und deshalb das "vorrangigste Ziel" der Wahlen nicht erreicht worden sei,
E. in der Erwägung, dass die Initiative Östliche Partnerschaft von der Kommission auf den Weg gebracht wurde, um die Zusammenarbeit mit einer Reihe osteuropäischer Länder zu verstärken, wobei die Einbeziehung von Belarus der dortigen Erfüllung bestimmter Kriterien im Hinblick auf Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit unterliegt,
F. unter Hinweis darauf, dass der belarussische Außenminister Syarhei Martynau erklärt hat, Belarus sehe die Teilnahme an der Initiative Partnerschaft Ost positiv, und er hinzugefügt hat, Belarus beabsichtige, sich an dieser Initiative zu beteiligen,
G. in der Erwägung, dass die belarussischen Behörden Alexander Barazenka, einen Aktivisten der Opposition, wegen seiner Rolle bei einer Demonstration im Januar 2008 zu einem Jahr Freiheitsentzug verurteilt haben,
H. in der Erwägung, dass die belarussischen Regierungsstellen einer zunehmenden Zahl von protestantischen und römischkatholischen Priestern und Nonnen das Recht verwehren, ihren Glauben zu predigen und Religionsunterricht zu erteilen,
- 1. begrüßt die Entscheidung der belarussischen Behörden, die Bewegung "Für Freiheit" des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Alexander Milinkewitsch zuzulassen; hofft, dass die belarussischen Behörden die Bedingungen für die Registrierung und die Arbeit anderer nichtstaatlicher Organisationen wie politischer Parteien und des Menschenrechtszentrums "Wesna" verbessern;
- 2. begrüßt die Entscheidung der belarussischen Behörden, Druck und Verbreitung der beiden unabhängigen Zeitungen "Narodnaja Wolja" und "Nascha Niwa" wieder zuzulassen; verweist gleichzeitig darauf, dass noch immer 13 unabhängige Zeitungen auf ihre Registrierung warten; begrüßt die Entscheidung der belarussischen Regierung, die für Internetmedien geltenden internationalen Normen zu erörtern und den belarussischen Journalistenverband zu diesen Fragen zu konsultieren; hofft, dass auch für andere unabhängige Medien in Belarus angemessene Arbeitsbedingungen geschaffen werden, darunter Werbemöglichkeiten;
- 3. begrüßt die Bereitschaft von Belarus zur eingehenden Erörterung der OSZE/BDIMR-Empfehlungen zur Verbesserung des Wahlrechts, erachtet dies als wichtigen und vielversprechenden Schritt von Seiten Belarus" und erwartet neben der zügigen Umsetzung dieses Vorhabens weitere den Erwartungen der Europäischen Union entsprechende Schritte;
- 4. begrüßt die Freilassung von politischen Gefangenen in Belarus, bedauert jedoch, dass Alexander Kasulin, Sergej Parsiukewitsch und Andrej Kim noch immer nicht alle Bürgerrechte genießen, die den belarussischen Bürgern durch die Verfassung der Republik Belarus gewährleistet werden, und kritisiert, dass mehrere weitere Aktivisten noch immer unterschiedlichen Formen der Einschränkung ihrer Freiheit unterliegen, darunter Alexander Barazenka, der vor seiner Verhandlung wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration im Januar 2008 wochenlang in Haft gehalten wurde;
- 5. begrüßt den Beschluss der belarussischen Regierungsstellen, das Reiseverbot für eine Reihe von Opfern der Tschernobyl-Katastrophe vorübergehend aufzuheben, um es ihnen zu ermöglichen, an Erholungs- und Kurprogrammen teilzunehmen, und hofft, dass längerfristig eine strukturelle Lösung gefunden werden kann; fordert die tschechische Ratspräsidentschaft auf, als vorrangige Aufgabe die Aushandlung einer EU-weiten Übereinkunft mit den belarussischen Regierungsstellen anzustreben, die Kindern die Reise von Belarus in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union gestattet, der solche Erholungs- und Kurprogramme anbietet;
- 6. weist darauf hin, dass Belarus im Hinblick auf eine erhebliche Verbesserung der Beziehungen zur Europäischen Union
- (i) ein Land ohne politische Gefangene bleiben,
- (ii) die Meinungsfreiheit der Medien garantieren,
- (iii) bezüglich der Reform des Wahlrechts weiterhin eng mit der OSZE zusammenarbeiten,
- (iv) die Arbeitsbedingungen für nichtstaatliche Organisationen verbessern und
- (v) die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit auf politischer Ebene gewährleisten sollte;
- 7. fordert die belarussische Regierung eindringlich auf, die Menschenrechte zu achten, indem sie:
- (a) die erforderlichen Änderungen des belarussischen Strafgesetzbuches vornimmt und die Artikel 367, 368 und 369 Absatz 1 und insbesondere Artikel 193 abschafft, die oft als Repressionsmittel missbraucht werden,
- (b) darauf verzichtet, Studenten, die aufgrund ihres Eintretens für die Bürgerrechte von Universitäten relegiert wurden und ihr Studium im Ausland fortsetzen müssen, auch wegen der Umgehung des Wehrdienstes in Belarus, mit Strafverfolgung zu drohen,
- (c) alle Hindernisse aus dem Weg räumt, die nichtstaatliche Organisationen in Belarus an einer ordnungsgemäßen Registrierung hindern, das Verbot der Nutzung privater Wohnungen als Anschrift zur Registrierung von Vereinigungen ohne Erwerbszweck aufhebt und den Präsidialerlass Nr. 533 vom 23. Oktober 2007 betreffend die Nutzung von Büros durch nichtstaatliche Organisationen und politische Parteien überprüft;
- (d) die Behandlung von nationalen Minderheiten und deren Achtung verbessert, einschließlich der Anerkennung der rechtmäßig gewählten Einrichtung der Vereinigung der Polen in Belarus unter der Leitung von Angelika Borys sowie der Kultur, der Kirchengemeinschaften, des Bildungssystems und des historischen und materiellen Erbes, um die Selbstisolierung des Landes vom restlichen Europa zu beenden und die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Belarus erheblich zu verbessern;
- 8. unterstreicht, dass die demokratische Opposition Teil dieses Prozesses einer allmählichen Wiederannährung an Belarus sein muss;
- 9. fordert den Rat und die Kommission auf, weitere Schritte zur Liberalisierung der Visumverfahren für belarussische Bürger zu unternehmen, da ein solches Vorgehen eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, das Hauptziel der EU-Politik gegenüber Belarus zu erreichen, nämlich die Kontakte zwischen den Völkern zu intensivieren, die im Gegenzug die Demokratisierung des Landes fördern; fordert den Rat und die Kommission in diesem Zusammenhang mit Nachdruck auf, die Möglichkeit einer Senkung der Visagebühren und einer Vereinfachung der entsprechenden Antragsverfahren für belarussische Bürger bei deren Einreise in den Schengen-Raum in Erwägung zu ziehen;
- 10. fordert den Rat und die Kommission auf, eine selektive Anwendung des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments1 und des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte2 auf Belarus in Erwägung zu ziehen, indem sie die belarussiche Zivilgesellschaft stärker unterstützen, von der belarussischen Regierung als Zeichen des guten Willens und der Änderung zum Positiven zu verlangen, dass sie es der in Vilnius im Exil befindlichen Europäischen Humanistischen Universität ermöglicht, rechtmäßig nach Belarus zurückzukehren und sich unter angemessenen Bedingungen für ihre künftige Entwicklung in Minsk wieder niederzulassen, dem unabhängigen belarussischen Fernsehsender Belsat finanzielle Unterstützung zu gewähren und von der belarussischen Regierung zu verlangen, den Fernsehkanal Belsat offiziell in Belarus zu registrieren,
- 11. fordert den Rat und die Kommission auf, in diesem Kontext Maßnahmen zu erwägen, um das Geschäftsklima, Handel, Investitionen, Energie- und Verkehrsinfrastruktur sowie die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Belarus zu verbessern und auf diese Weise zu Wohlergehen und Wohlstand der Bürger von Belarus und dazu beizutragen, dass diese in der Lage sind, mit der Europäischen Union zu kommunizieren und ungehindert in die Europäischen Union zu reisen;
- 12. fordert den Rat und die Kommission auf, die Beteiligung der Europäischen Investitionsbank an Investitionen in die belarussische Infrastruktur für den Energietransit zu prüfen; unterstreicht die Bedeutung der Beteiligung von europäischen Unternehmen am Prozess der Privatisierung in Belarus;
- 13. fordert die belarussische Regierung auf, bei der Errichtung eines neuen Kernkraftwerks strikt internationale Sicherheitsstandards und -anforderungen zu beachten; fordert Belarus auf, das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) über umfassende Sicherungsmaßnahmen zu ratifizieren; fordert die Kommission auf, ihm und den Mitgliedstaaten Bericht zu erstatten, ob Belarus die IAEO-Empfehlungen und die Anforderungen des Übereinkommens über nukleare Sicherheit und des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen erfüllt und welche Auswirkungen der Betrieb des Kernkraftwerks auf benachbarte EU-Mitgliedstaaten haben könnte;
- 14. bedauert die Entscheidung der Staatsorgane von Belarus, die Mitgliedern des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente in den letzten Jahren wiederholt Einreisevisa verweigert haben; fordert die Staatsführung von Belarus auf, der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Belarus keine weiteren Hindernisse in den Weg zu legen, damit sie das Land besuchen kann;
- 15. begrüßt das bisherige Verhalten der belarussischen Regierung, die trotz enormen Drucks die einseitigen Unabhängigkeitserklärungen von Abchasien und Südossetien nicht anerkannt hat;
- 16. verurteilt die Tatsache, dass Belarus entgegen den UN-Werten das einzige Land in Europa ist, in dem es noch immer die Todesstrafe gibt;
- 17. fordert die belarussischen Regierungsstellen auf, die Religionsfreiheit zu achten; verurteilt die Tatsache, dass europäische Bürger, darunter Priester, wiederholt aus Belarus ausgewiesen werden, was dem Prozess der Vertrauensbildung mit der Europäischen Union entgegensteht;
- 18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarates, dem Sekretariat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten sowie dem Parlament und der Regierung von Belarus zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2008)0470
- 2 ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 56
- 3 Dok. 14146/2/08
- 1 Verordnung (EG) Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ABl. L 310 vom 9.11.2006, S. 1)
- 2 Verordnung (EG) Nr. 1889/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Einführung eines Finanzierungsinstruments für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte