COM (2018) 239 final; Ratsdok. 8560/18
Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Bestreben der Kommission, faire, die Handlungsfreiheit fördernde und moderne gesellschaftsrechtliche Regelungen in der EU zu schaffen. Er ist der Auffassung, dass der Vorschlag grundsätzlich geeignet ist, die Digitalisierung im gesellschaftsrechtlichen Bereich voranzutreiben, sieht in Einzelfällen jedoch noch Klarstellungsbedarf.
- 2. Der Bundesrat begrüßt es, dass die Kommission bei der Etablierung digitaler Verfahren im Gesellschaftsrecht unter Achtung bestehender gesellschaftsrechtlicher Traditionen den Mitgliedstaaten die konkrete Ausgestaltung der im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Verfahren zur Online-Eintragung, zur Online-Einreichung und zur Offenlegung der Informationen im Register überlassen will. Er hält für die konsequente Umsetzung dieses Ansatzes aber in wichtigen Punkten noch Klarstellungen und Nachbesserungen für erforderlich.
- 3. Der Bundesrat hält außerdem die von der Kommission vorgenommene Schätzung der den Mitgliedstaaten entstehenden Kosten für die Einrichtung und den laufenden Betrieb von Online-Verfahren und Registern für unzureichend und fordert die Kommission deshalb auf, die Kostenschätzung im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten konkret entstehenden Belastungen zu ergänzen. Die Kommission stellt hierzu in ihrer Folgenabschätzung lediglich fest, dass die Kosten für Mitgliedstaaten, die derzeit keine Online-Lösungen anböten, höher seien als für andere Mitgliedstaaten. Die Auswirkungen seien vor allem für solche Mitgliedstaaten, die aktuell nur unzureichende Online-Lösungen zur Verfügung stellten, größer. Die Kommission nennt hier zwar Deutschland ausdrücklich als ein Beispiel für die Mitgliedstaaten, bei denen höhere Kosten entstünden, bleibt jedoch eine zahlenmäßige Bezifferung schuldig. Nicht gefolgt werden kann der Kommission daher in der Annahme, die Kosten für die Umsetzung könnten mittel- und langfristig durch Einsparungen von Zeiten und Ressourcen ausgeglichen werden. Die notwendigen Anpassungen des Fachverfahrens bei den Registergerichten und die Anpassungen des gemeinsamen Registerportals der Länder lassen erhebliche Auswirkungen auf den Justizhaushalt erwarten. Die Höhe der Kosten wird von der Kommission nicht beziffert und kann derzeit auch nicht ansatzweise abgeschätzt werden. Zukünftige Einspareffekte sind nicht zu erwarten, da die Kommunikation mit den Registergerichten bundesweit schon jetzt vollständig elektronisch erfolgt.
Zum Richtlinienvorschlag im Einzelnen
Zur Online-Eintragung von Gesellschaften und Bereitstellung von Mustern für die Eintragung von Gesellschaften (Artikel 13f und Artikel 13g des Richtlinienvorschlags)
- 4. Der Bundesrat hält eine Klarstellung des Anwendungsbereichs der Verpflichtung zur Ermöglichung einer vollständigen Online-Eintragung für erforderlich.
Artikel 13a Ziffer 3 des Richtlinienvorschlags definiert die "Eintragung" als Bildung einer Gesellschaft als juristische Person und legt nahe, dass der gesamte gesellschaftsrechtliche Gründungsakt - also auch der Abschluss des Gesellschaftsvertrages - unter ausschließlicher Nutzung digitaler Medien vollzogen werden muss. Dies kommt jedoch durch den Wortlaut nicht hinreichend zum Ausdruck. Eine Klarstellung erscheint auch im Hinblick auf die Formulierung "vollständig online" geboten, welche den - offenbar unzutreffenden - Eindruck erweckt, dass auch eine Beschränkung des Online-Gründungsverfahrens auf bestimmte Verfahrensabschnitte, zum Beispiel auf elektronische Registrierungen, zulässig sei. Für die in Artikel 28a Absatz 1 des Richtlinienvorschlags geregelte "Eintragung" von Zweigniederlassungen ergibt die Definition des Artikels 13a Ziffer 3 des Richtlinienvorschlags außerdem sprachlich keinen Sinn.
Sollte das Verständnis zutreffen, dass nicht nur der registerrechtliche Eintragungsakt, sondern auch der Abschluss des Gesellschaftsvertrages online erfolgen muss, sollte dies durch eine entsprechende Formulierung ausdrücklich kenntlich gemacht werden, zum Beispiel indem der Begriff "Eintragung" insgesamt vermieden und durch den Begriff "Gründung" ersetzt wird.
- a) Ist die Annahme zutreffend, dass nicht nur die registerrechtliche Eintragung, sondern auch der Abschluss des Gesellschaftsvertrages online erfolgen muss, bedarf es einer Klärung des Verhältnisses zu Artikel 10 der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132
, der vorsieht, dass in allen Mitgliedstaaten, nach deren Rechtsvorschriften die Gesellschaftsgründung keiner vorbeugenden Verwaltungs- oder gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist, der Errichtungsakt und die Satzung der Gesellschaft öffentlich beurkundet werden müssen.
Zwar sieht der Richtlinienvorschlag in Artikel 13g Absatz 2 Satz 2 eine Ausnahme vom Erfordernis der öffentlichen Beurkundung vor, wenn Muster ordnungsgemäß verwendet werden. Allerdings kann weder eine online ausgefüllte Mustersatzung noch ein unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln individuell gestalteter Gesellschaftsvertrag eine "öffentliche Beurkundung" im herkömmlichen Sinne darstellen, in der - unter Anwesenheit der Beteiligten - eine öffentliche Urkunde errichtet wird. Die öffentliche Beurkundung ist jedoch nicht nur im Gesellschaftsrecht, sondern in zahlreichen anderen Rechtsgebieten notwendige und wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften.
- b) Vor diesem Hintergrund muss es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, die mit der Beurkundungspflicht vorgesehenen Zwecke durch eine anderweitige verfahrensrechtliche Einbindung von Notaren sicherzustellen. Denn die Beteiligung von Notaren bei der Errichtung des Gründungsaktes ist unverzichtbarer Bestandteil der vorsorgenden Rechtspflege; ihre Zulässigkeit darf keinerlei Zweifeln unterliegen. Die Einbindung des Notars bezweckt die materielle Richtigkeit des Gründungsaktes sowie die Belehrung und Beratung der Parteien. Hierzu hat der Notar den Willen der Parteien zu erforschen, den Sachverhalt zu klären und die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren. Hierbei muss er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden, § 17 Absatz 1 BeurkG. Gerade bei sogenannten Start Up-Unternehmen ist die Beratung - nicht zuletzt bezüglich der zu wählenden Gesellschaftsform - regelmäßig sehr intensiv.
- c) Der Wortlaut des Richtlinienvorschlags könnte jedoch im Sinne einer nur sehr begrenzt vorgesehenen Einbindung von Notaren missverstanden werden (vergleiche Artikel 13f Absatz 4 Buchstabe e des Richtlinienvorschlags: Beteiligung von Notaren an der Einreichung des Antrags). Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass Artikel 13f Absatz 4 Buchstabe e des Richtlinienvorschlags eine umfassende notarielle Einbindung bei der Gründung der Gesellschaft, also insbesondere beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages, wie sie das deutsche Recht in § 2 Absatz 1 Satz 1 GmbHG und § 23 Absatz 1 Satz 1, § 280 Absatz 1 Satz 1 AktG zur Gründung einer GmbH, AG oder KGaA zwingend vorsieht, zukünftig nicht ausschließt.
- d) Ein solch enges Verständnis dürfte die Kommission auch nicht zugrunde gelegt haben. So führt sie in Erwägungsgrund 12 des Richtlinienvorschlags aus, dass die nicht vom Richtlinienvorschlag erfassten Angelegenheiten betreffend die Online-Eintragung von Gesellschaften und Zweigstellen - die materiellrechtlichen Gründungsvorschriften - dem nationalen Recht unterliegen sollen und ferner, dass den Mitgliedstaaten zur Wahrung ihrer gesellschaftsrechtlichen Traditionen die notwendige Flexibilität hinsichtlich der Ausgestaltung eines vollständig online funktionierenden "Eintragungs"-Systems gewährleistet werde, einschließlich der Beteiligung der Notare.
- e) Zur Vermeidung von Missverständnissen erscheint dennoch eine Klarstellung im verfügenden Teil der Richtlinie selbst unbedingt notwendig.
Es sollte daher im Regelungstext selbst ausdrücklich klargestellt werden, dass die Mitgliedstaaten - auch bei der Verwendung von Mustern - Notare in das Verfahren zur Online-Gründung einbinden können und diese mit der Kontrolle der Identität sowie der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit der Beteiligten sowie mit einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle der gesellschaftsrechtlichen Maßnahme beauftragen können.
- a) Ist die Annahme zutreffend, dass nicht nur die registerrechtliche Eintragung, sondern auch der Abschluss des Gesellschaftsvertrages online erfolgen muss, bedarf es einer Klärung des Verhältnisses zu Artikel 10 der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132
, der vorsieht, dass in allen Mitgliedstaaten, nach deren Rechtsvorschriften die Gesellschaftsgründung keiner vorbeugenden Verwaltungs- oder gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist, der Errichtungsakt und die Satzung der Gesellschaft öffentlich beurkundet werden müssen.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Kommission um Klarstellung zu bitten, ob unter Artikel 13b des Richtlinienvorschlages neben dem Betrugsverdacht weitere Gründe bestehen können, eine physische Anwesenheit einzufordern. Der Bundesrat ist zwar der Ansicht, dass die Anzahl der Fälle, in denen physische Anwesenheit gefordert wird, möglichst gering gehalten werden sollte. Dennoch sind Fälle denkbar, in denen Ungereimtheiten auftreten, die jedoch noch nicht den konkreten Verdacht eines Betruges rechtfertigen. Zudem sollte definiert werden, wann aus berechtigten Gründen ein konkreter Betrugsverdacht vorliegt.
- 6. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die mit dem Richtlinienvorschlag verbundenen Neuregelungen zunächst nicht verpflichtend auf alle Gründungskonstellationen erstreckt werden sollten. Er hält es deshalb für geboten, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, die Online-Eintragung lediglich für bestimmte Standardkonstellationen zu ermöglichen, die den besonderen Anforderungen eines online abzuwickelnden Gründungsszenarios gerecht werden. Er hält daher folgende Klarstellungen oder Änderungen für geboten:
- - Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die für Deutschland vorgesehene Ausnahmemöglichkeit von Online-Eintragungsverfahren nicht nur auf die Aktiengesellschaft (AG), sondern auch auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) erstreckt werden sollte, welche der AG in wesentlichen Bereichen strukturell gleichsteht. Er bittet die Kommission außerdem um die Klarstellung, dass für die großen Kapitalgesellschaften (AG und KGaA) kein Online-Eintragungsverfahren zur Verfügung gestellt werden muss. Die Formulierung in Artikel 13f Absatz 1 des Richtlinienvorschlags lässt Rechtsunsicherheiten besorgen, da sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, "keine vollständigen Online-Verfahren" anzubieten, was e contrario auch bedeuten könnte, dass "teilweise" Online-Verfahren eingerichtet werden müssen. Dies lehnt der Bundesrat jedoch ab.
- - Wegen der besonderen Komplexität bei der Gründung und des Erfordernisses einer rechtssicheren Feststellung des Vorliegens der Eintragungsvoraussetzungen sollte es den Mitgliedstaaten nach Ansicht des Bundesrates ermöglicht werden, Online-Eintragungsverfahren auf Einpersonengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschaftern zu beschränken. Eine Vertretung des Gründers sollte ausgeschlossen werden können.
- a) Der bei mehreren Gesellschaftern notwendige Ausgleich widerstreitender Interessen und die Komplexität derartiger Gründungen erfordern eine persönliche sachkundige Beratung aller involvierten Gesellschafter und eine individuell ausgestaltete Satzung. Der Anwendungsbereich der Online-Eintragung sollte deshalb nach Auffassung des Bundesrates von den Mitgliedstaaten auf Einpersonengesellschaften beschränkt werden können.
- b) Er ist ferner der Auffassung, dass die Online-Gründung von Gesellschaften durch juristische Personen, die nur durch gesetzliche Vertreter handlungsfähig sind, von den Mitgliedstaaten ausgeschlossen werden können sollte. Denn nicht für jede Gesellschaftsform und nicht in jedem Registersystem besteht die Möglichkeit, die organschaftliche Vertretungsbefugnis auf elektronischem Wege, tagesaktuell und vor allem mit hinreichender inhaltlicher Zuverlässigkeit abzufragen. Gerade dann, wenn eine juristische Person ausländischer Rechtsform, die nicht in einem mit den inländischen Standards vergleichbaren Register verzeichnet ist, wiederum durch eine solche juristische Person vertreten wird oder eine noch weitergehende Verschachtelung vorliegt, ist eine zügige und zuverlässige Prüfung der Vertretungskette auf rein digitalem Wege nicht vorstellbar. Selbst Digitalisierungs-Vorreiter Estland bietet ein elektronisches Gründungsverfahren alleine für die Gründung durch natürliche Personen an.
- c) Er hält es außerdem für erforderlich, dass die Mitgliedstaaten zur Sicherung der Publizität und Verlässlichkeit der Register eine Online-Eintragung durch rechtgeschäftlich Bevollmächtigte ausschließen können. Es besteht außerdem ein geringes praktisches Bedürfnis für eine Bevollmächtigung, wenn der Gründer selbst die Gesellschaft online gründen kann. Durch den persönlichen Gründungsvorgang kann verhindert werden, dass gesellschaftsrechtliche Strukturen für Zwecke der Geldwäsche oder sonstige Vermögensdelikte missbraucht werden. Der Gründer wird hierdurch auch nicht unzumutbar belastet, da er aufgrund des zu schaffenden Online-Verfahrens örtlich und zeitlich flexibel ist.
- 7. Wegen des besonderen Prüfungs- und Beratungsaufwandes bei Sachgründungen hält es der Bundesrat für erforderlich, dass die Mitgliedstaaten Sachgründungen vom Anwendungsbereich der Online-Eintragung ausnehmen können. Diese Möglichkeit ist zwar in Artikel 13f Absatz 4 Buchstabe f des Richtlinienvorschlags bereits angelegt. Allerdings kann die bisherige Formulierung, dass die Mitgliedstaaten Regelungen treffen können betreffend "die Umstände, unter denen eine Online-Eintragung ausgeschlossen werden kann, wenn die Zahlung des Gesellschaftskapitals einer Gesellschaft in Sachleistungen zu erbringen ist", zu der Auslegung verleiten, dass die Sachgründung nicht gänzlich, sondern nur in zu definierenden Fällen von der Online-Eintragung ausgenommen werden darf. Angesichts der Komplexität einer Sach- im Vergleich zur Bargründung kann eine reine Online-Abwicklung dem erhöhten Beratungs- und Prüfungsbedarf nicht gerecht werden.
- 8. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission ermöglichte Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwendung von Mustern (Artikel 13f Absatz 4 Buchstabe c des Richtlinienvorschlags) und regt an klarzustellen, dass die Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwendung des Musters sowie die Kontrolle der Identität, der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit des Gründers und der Rechtmäßigkeit des Musters insgesamt, entsprechend der jeweiligen Rechtstradition der Mitgliedstaaten, auch durch staatlich beauftragte Stellen, wie beispielweise Notare, erfolgen können.
- 9. Er hat Bedenken im Hinblick auf die von der Kommission vorgeschlagene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Muster in mindestens einer Amtssprache der Union zur Verfügung zu stellen, die von einer möglichst großen Anzahl grenzüberschreitender Nutzer weitgehend verstanden wird. Die Zurverfügungstellung eines fremdsprachigen Musters darf aus Sicht des Bundesrats nicht damit verknüpft sein, dass das Registergericht zur Umsetzung fremdsprachiger Eintragungsanträge und Unterlagen verpflichtet wird, da dies zu einer Missachtung der Gerichtssprache und zu unzumutbaren Belastungen bei den Registergerichten führen würde.
- 10. Der Bundesrat ist des Weiteren der Auffassung, dass den Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Übermittlung von Daten und Urkunden ein weiterer Spielraum als im derzeitigen Vorschlag der Kommission vorgesehen (Artikel 13f Absatz 2 und Artikel 28a Absatz 2 des Richtlinienvorschlags) eingeräumt werden muss. Gerade im Hinblick auf Vertretungsnachweise erscheint die vorgesehene Regelung äußerst bedenklich, da jedenfalls derzeit technisch noch keine Möglichkeit ersichtlich ist, etwa elektronisch übermittelte Vollmachtsurkunden oder aber auch gerichtliche Genehmigungen mit hinreichender Sicherheit auf ihre Echtheit zu überprüfen. Es bedarf daher einer entsprechenden Änderung dahingehend, dass die Pflicht zur Ermöglichung der elektronischen Einreichung von Unterlagen hinter in den Mitgliedstaaten bestehenden besonderen Formvorschriften - in Deutschland insbesondere § 2 Absatz 2 GmbHG, § 172 Absatz 1 BGB - zurücktritt und etwaige formale Anforderungen auch nicht durch elektronische Kopien der in Artikel 16a Absatz 4 des Richtlinienvorschlags genannten Dokumente als gleichwertige Nachweise ersetzt werden müssen.
- 11. Der Bundesrat regt an, die Bearbeitungsfrist von fünf Arbeitstagen in Artikel 13f Absatz 7 Satz 1 des Richtlinienvorschlags (für die Online-Eintragung von Gesellschaften) und Artikel 28a Absatz 5 des Richtlinienvorschlags (für die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen) zu ersetzen durch einen Zeitraum von "in der Regel 21 Tagen".
Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 sieht für die Registereintragung und Offenlegung von Änderungen eine Frist von "in der Regel 21 Tagen" vor. Die Vorgabe von Regelfristen lässt Abweichungen für schwierig gelagerte Einzelfälle zu und ermöglicht insoweit eine Überprüfung der Anträge mit der gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt.
- 12. Er regt außerdem an, auf eine Klarstellung in Artikel 13f Absatz 7 Satz 2 des Richtlinienvorschlags hinzuwirken, dass zu hinreichend begründeten Ausnahmefällen auch Fälle zählen, in denen zum Beispiel die Zulässigkeit oder Individualisierung der Firmierung fraglich ist oder Hinweise auf Irreführung gegeben sind und deswegen weitergehende Recherchen oder die Einbindung von Sachverständigen notwendig sind. Die grundsätzlich zu unterstützende zügige Gründung und Planbarkeit seitens der Gründer darf nicht auf Kosten der Gründlichkeit und Prüfung der Einhaltung von bestehenden Rechtsvorschriften gehen.
- 13. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Kommission aufzufordern zu überprüfen, ob es sinnvoll wäre, ergänzend zu der Regelung in Artikel 13g des Richtlinienvorschlags die Mitgliedstaaten anzuhalten, auch für andere Gesellschaftsrechtsformen als die GmbH Muster anzubieten. Angeregt wird zudem, bei grenzüberschreitenden Gründungen das Muster nach Absatz 3 zumindest in einer Amtssprache zur Verfügung zu stellen, die von einer möglichst großen Zahl der Nutzer verstanden wird. Die beim Handelsregister einzureichenden Anmeldeunterlagen, Satzungen et cetera sollten weiterhin in der jeweiligen Sprache des Anmeldemitgliedstaates abgefasst sein bzw. den entsprechenden Vorgaben des jeweiligen Mitgliedstaats entsprechen.
Zur Flexibilität der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Online-Verfahren zur Eintragung einer Gesellschaft oder Zweigniederlassung und zur Online-Einreichung von Urkunden oder Angaben
- 14. Der Bundesrat regt außerdem an, die den Mitgliedstaaten in den Erwägungsgründen 12 und 13 eingeräumte Flexibilität bei der Ausgestaltung des Online-Verfahrens zur Eintragung von Gesellschaften und Zweigniederlassungen und zur Online-Einreichung von Urkunden auch im verfügenden Teil des Richtlinienvorschlags ausdrücklich zu verankern.
- a) Die in Artikel 13f Absatz 3 und 4 des Richtlinienvorschlags genannten Regelungen, welche die Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung der Online-Eintragung treffen müssen oder können, sollten ausdrücklich auch für die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen (Artikel 28a des Richtlinienvorschlags) und die Online-Einreichungen durch Gesellschaften (Artikel 13i des Richtlinienvorschlags) und Zweigniederlassungen (Artikel 28b des Richtlinienvorschlags) (entsprechend) gelten. Im Hinblick auf die Eintragung von Gesellschaften und Zweigniederlassungen hält es die Kommission für erforderlich, dass die Regelungen der Mitgliedstaaten Kontrollen der Identität sowie der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit der Personen, die eine Gesellschaft oder Zweigniederlassung gründen wollen, enthalten (Erwägungsgrund 13 des Richtlinienvorschlags). Diese Schutzvorkehrungen, die Betrug und der illegalen Gründung oder Übernahme von Gesellschaften vorbeugen sollen, sollten nicht nur für die Online-Eintragung von Gesellschaften, sondern auch für die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen und für Online-Einreichungen durch Gesellschaften und Zweigniederlassungen gelten.
- b) Der Bundesrat begrüßt den Ansatz der Kommission, wonach es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben soll, die Mittel und Methoden für diese Kontrollen zu entwickeln und anzunehmen (Erwägungsgrund 13 des Richtlinienvorschlags). In diesem Zusammenhang nimmt er insbesondere positiv zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten auch Notare in das Verfahren zur Online-Eintragung von und Online-Einreichung durch Gesellschaften und Zweigstellen einbinden können und deren Rolle im Verfahren bestimmen können. Der Bundesrat regt allerdings an, dies ausdrücklich im verfügenden Teil des Richtlinienvorschlags klarzustellen, da die Einbindung von Notaren bislang ausdrücklich lediglich für die Online-Eintragung von Gesellschaften (Artikel 13f Absatz 4 Buchstabe e des Richtlinienvorschlags), nicht aber für die Online-Eintragung von Zweigstellen (Artikel 28a des Richtlinienvorschlags) und die Online-Einreichung durch Gesellschaften (Artikel 13i des Richtlinienvorschlags) und Zweigstellen (Artikel 28b des Richtlinienvorschlags) geregelt ist, obwohl auch deren Ausgestaltung Betrug und die illegale Übernahme von Gesellschaften vorbeugen soll. Dabei sollte auch klargestellt werden, dass sich die Einbindung des Notars nicht auf die Einreichung des Eintragungsantrags beschränkt, sondern - wie in Erwägungsgrund 12 und 13 des Richtlinienvorschlags ausgeführt - der Notar auch mit der Kontrolle der Identität sowie der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit sowie mit einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle der gesellschaftsrechtlichen Maßnahme beauftragt werden kann.
- c) In diesem Zusammenhang sollte den Mitgliedstaaten nach Auffassung des Bundesrates auch größere Flexibilität bei der Beurteilung eingeräumt werden, wann die physische Anwesenheit des Beteiligten angeordnet werden kann. Die Ausnahmevorschrift des Artikels 13b Absatz 4 des Richtlinienvorschlags ist nach Auffassung des Bundesrates zwar grundsätzlich begrüßenswert, sollte jedoch in sachlicher Hinsicht erweitert werden. Mit der Einschränkung auf den Zweck der Identitätsprüfung und den Anlass des Betrugsverdachts wird nur ein Teil der Gefahren erfasst, die in Online-Verfahren auftreten können. So legt bereits die vorgeschlagene Regelung in Artikel 13f Absatz 3 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags nahe, dass auch bei begründeten Zweifeln an der Rechts- und Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit die physische Anwesenheit des Beteiligten angeordnet werden können muss. Ein Präsenzvorbehalt sollte immer dann möglich sein, wenn bestimmte Voraussetzungen für die Gründung oder die Eintragung der Gesellschaft oder Zweigniederlassung oder die Einreichungen durch Gesellschaften oder Zweigniederlassungen im Online-Verfahren nicht rechtssicher festgestellt werden können und deshalb im öffentlichen Interesse eine physische Präsenz geboten ist.
- d) Der Bundesrat lehnt die nach Artikel 13b Absatz 1 bis 3 des Richtlinienvorschlags vorgesehene Möglichkeit der Mitgliedstaaten ab, die Identifizierungsmittel in eigener nationaler Hoheit festzulegen. Er ist der Ansicht, dass in diesem Punkt eine Vollharmonisierung des Rechts aller Mitgliedstaaten anzustreben ist. Denn um Geldwäsche wirksam zu verhindern, Terrorismusbekämpfung zu ermöglichen und die Gründung von Briefkastenfirmen zu erschweren, sollten strenge Identifizierungsvorgaben für alle Mitgliedstaaten verpflichtend gelten. Bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, ihre Identifizierungsmittel frei zu bestimmen und sogar die eingescannte Kopie eines Ausweises als Identifizierungsmittel anzuerkennen, könnten Mitgliedstaaten zukünftig versucht sein, durch möglichst geringe Anforderungen Gesellschaftsgründungen in ihrem Staat zu fördern. Ein "race to the bottom" innerhalb Europas wäre zu befürchten.
Zur Online-Eintragung von Zweigniederlassungen
- 15. Neben der erforderlichen Klarstellung, dass die Vorgaben des Artikels 13f Absatz 3 und 4 des Richtlinienvorschlags entsprechend für Zweigniederlassungen gelten, hält der Bundesrat weitere Klarstellungen für erforderlich, um die mit der vorgeschlagenen Regelung der Kommission einhergehenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen.
- a) Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Richtlinienvorschlag bestimmten nationalen Formvorschriften für Einreichungen beim Register entgegensteht (in Deutschland etwa der Vorgabe, dass die Anmeldungserklärung zur Errichtung einer Zweigniederlassung von Unternehmen mit Sitz im Ausland öffentlich beglaubigt werden muss, §§ 13d fortfolgende HGB, § 12 Absatz 1 Satz 1 HGB).
- b) Umso wichtiger erscheint es aus Sicht des Bundesrates, auch für die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen klarzustellen, dass die Mitgliedstaaten im Eintragungsverfahren eine umfassende Prüfung der Identität sowie der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit des Anmeldenden und eine umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung der Anmeldung unter verfahrensrechtlicher Einbindung eines Notars vorsehen können. Insoweit besteht aus Sicht des Bundesrates auch kein Widerspruch zum nationalen Recht, das bereits eine umfassende Prüfungspflicht des Notars für Anmeldungen in Registersachen vorsieht ( § 378 Absatz 3 FamFG), die unabhängig von etwaigen Formvorschriften besteht.
Zur Online-Einreichung durch Gesellschaften und Zweigniederlassungen
- 16. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Vorgaben des Artikels 13f Absatz 3 und 4 des Richtlinienvorschlags entsprechend für die Online-Einreichung durch Gesellschaften (Artikel 13i des Richtlinienvorschlags) und Zweigniederlassungen (Artikel 28b des Richtlinienvorschlags) gelten müssen, und hält darüber hinaus weitere Klarstellungen für erforderlich.
- a) Die Artikel 13i und 28b des Richtlinienvorschlags sollten dahingehend klargestellt werden, dass nur die nach europäischem und nationalem Recht (form-)wirksam errichteten gesellschaftsrechtlichen Rechtsgeschäfte (etwa die geänderte Satzung nach einer wirksamen Satzungsänderung oder die neue Gesellschafterliste nach einem wirksamen Gesellschafterwechsel) online eingereicht werden müssen und die nach nationalem oder Unionsrecht geforderten materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der jeweiligen Rechtsgeschäfte unberührt bleiben. Nach Auffassung des Bundesrates sollen die Mitgliedstaaten auch in Zukunft nicht daran gehindert sein, die für bestimmte gesellschaftsrechtliche Rechtsgeschäfte bestehenden Wirksamkeitsvoraussetzungen beizubehalten (beispielsweise die öffentliche Beurkundung von Satzungsänderungen, Artikel 10 der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 , § 53 Absatz 2 Satz 1 GmbHG oder die notarielle Form der Verpflichtung und Abtretung von Geschäftsanteilen, § 15 Absatz 3 und 4 GmbHG).
- b) Soweit die Verpflichtung zur Schaffung der Möglichkeit zur Online-Einreichung nationale Formvorschriften für Einreichungen beim Register überspielt, kann dies aus Sicht des Bundesrates nur hingenommen werden, wenn die Mitgliedstaaten auch im Online-Einreichungsverfahren eine umfassende Prüfung der Anmeldung unter verfahrensrechtlicher Einbindung eines Notars vorsehen können (vergleiche Ziffer 15 Buchstabe b).
Zu den weiteren vorgeschlagenen Regelungen
- 17. Angesichts dessen, dass es für das Registergericht nicht nur unverhältnismäßig aufwendig, sondern auch tatsächlich schwer möglich erscheint, für jeden Einzeleintrag (Artikel 13c Absatz 2 des Richtlinienvorschlags), -abruf (Artikel 16a Absatz 2 des Richtlinienvorschlags) oder -zugang (Artikel 19 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags) eine konkrete Kostenaufstellung zu generieren, kann aus Sicht des Bundesrates nur durch die Festsetzung pauschaler Gebühren eine funktionierende Kostenerhebung bewerkstelligt werden. Er ist daher der Auffassung, dass zumindest in den Erwägungsgründen klargestellt werden sollte, dass die Mitgliedstaaten eine solche - am durchschnittlichen Verwaltungsaufwand orientierte - Pauschalierung, wie sie der EuGH in seiner sogenannten Fantask-Entscheidung (Urteil vom 2. Dezember 1997, RS C-188/95) anerkannt hat, vorsehen können.
- 18. Er kritisiert außerdem die Erweiterung des Katalogs von Registerinhalten, die von den Mitgliedstaaten kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen (Artikel 19 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags). Bestimmte Informationen, wie die Website der Gesellschaft oder die Anzahl der Beschäftigten, stellen keine gesellschaftsrechtlichen Informationen dar, die im Handelsregister aktuell veröffentlicht werden können und sollten. Außerdem greift die Erweiterung der kostenlos zur Verfügung zu stellenden Daten in die Autonomie der Mitgliedstaaten zur Finanzierung ihrer Handelsregister ein, ohne dass dies gerechtfertigt wäre. Denn es ist nicht ersichtlich, warum die Verwaltungskosten für die Bereitstellung und Führung von Registern durch den Steuerzahler getragen werden sollten.
- 19. Er ist der Ansicht, dass die in Artikel 13h Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 22 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags vorgesehene Verpflichtung der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass ihre jeweiligen Register einen Abruf der Informationen darüber ermöglichen, ob eine Person als Geschäftsführer für ungeeignet erklärt wurde, nur für solche Mitgliedstaaten verbindlich sein sollte, die derartige Informationen in ein Verzeichnis ungeeigneter Geschäftsführer oder in das Handelsregister selbst aufnehmen. Dies sollte im Richtlinienvorschlag eindeutig klargestellt werden, um andere Systeme, die nicht auf einer Registereintragung, sondern auf einer strafbewehrten Erklärung der als Geschäftsführer zu bestellenden Person beruhen, nicht zu beeinträchtigen.
- 20. Der Bundesrat begrüßt den erweiterten und vereinfachten Austausch zwischen den Registern der Haupt- und Zweigniederlassung (Artikel 28a Absatz 6 und Artikel 30a Absatz 1 des Richtlinienvorschlags), gibt allerdings zu bedenken, dass derzeit noch nicht einmal alle Mitgliedstaaten am "Business Registers Interconnection System" (BRIS) teilnehmen, obwohl hierzu seit über einem Jahr die Verpflichtung besteht. Es sollte daher vorrangig die vollständige Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2017/1132 abgewartet werden, bevor ein erweiterter Austausch forciert wird. Um die Registergerichte zu entlasten, würde es der Bundesrat begrüßen, wenn die erforderlichen Mitteilungen auch durch den Notar, der an der relevanten Eintragung mitwirkt, ersetzt werden können.
- 21. Der Bundesrat hält die von der Kommission vorgeschlagene Umsetzungsfrist von zwei Jahren für sämtliche Vorgaben (mit Ausnahme der Vorgaben in Artikel 16 Absatz 5 und in Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe g des Richtlinienvorschlags) für deutlich zu knapp und ist deshalb der Auffassung, dass die Umsetzungsfrist allgemein auf mindestens 5 Jahre ausgedehnt werden sollte. Dies gilt umso mehr, als nicht nur die nötigen gesetzlichen Grundlagen für die Umsetzung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu schaffen sind, sondern auch die technischen Systeme zu entwerfen und in die bestehenden Abläufe zu integrieren sind. Die Umsetzung der von der Kommission vorgeschlagenen Verpflichtungen wird die Mitgliedstaaten, insbesondere die Länder, vor enorme technische Herausforderungen stellen. Dies gilt insbesondere für die Sicherstellung der Interoperabilität der jeweiligen mitgliedstaatlichen Identifizierungssysteme.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass auch grenzüberschreitende Gründungen ermöglicht werden müssen, sodass über das national bereits im Einsatz befindliche System zur elektronischen Antragstellung beim Registergericht hinaus auf allen Ebenen eine internationale Verknüpfung notwendig wird. Auch die finanzielle Belastung, die mit der kurzfristigen Entwicklung und Inbetriebnahme entsprechender IT-Systeme einhergeht, dürfte von erheblichem Ausmaß sein.
Weiteres
- 22. Er bittet, darauf hinzuwirken, dass sichergestellt bleibt, dass neben den Online-Verfahren aufgrund der Vielfältigkeit der Gründer- und Unternehmerszene auch weiterhin die persönliche Anmeldung der Eintragung möglich bleibt.
Direktzuleitung der Stellungnahme
- 23. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.