Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Vereinfachung der Durchführung von Forschungsrahmenprogrammen KOM (2010) 187 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.


Hinweis: vgl.
Drucksache 273/05 (PDF) = AE-Nr. 050990 und AE-Nr. 090926

Europäische Kommission
Brüssel, den 29.4.2010
KOM (2010) 187 endgültig

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Vereinfachung der Durchführung von Forschungsrahmenprogrammen

1. Einleitung

Forschung und Innovation stehen im Zentrum der Initiative "EUROPA 2020 - Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum"1 der Kommission. Nachdem der Europäische Rat auf seiner Frühjahrstagung die Hauptelemente der Strategie befürwortet hat, werden nun konkrete Schritte zur Ausgestaltung der Leitinitiativen im Rahmen der Strategie Europa 2020 unternommen. Die Prioritäten und Orientierungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die europäische Forschung und ihres Kreativitäts- und Innovationspotenzials werden in einem "Europäischen Plan für Forschung und Innovation" im Zuge der Leitinitiative "Union der Innovation" dargestellt. Vor dem Hintergrund des intensiven globalen Wettlaufs um Wissen und dessen Umsetzung in innovative Produkte und Dienstleistungen, die Wachstum und Beschäftigung stimulieren, ist eine entschlossene partnerschaftliche Zusammenarbeit in dieser Hinsicht wichtiger denn je.

Damit die Ziele der 2020-Strategie auf der Grundlage der vom Europäischen Rat geforderten gemeinsamen Verantwortung für die Strategie erreicht werden können, sollten die regionalen, nationalen und europäischen Initiativen zur öffentlichen Förderung von Forschung und Innovation so wirkungsvoll wie möglich sein, um Spitzenforschung zu fördern. Im Interesse größtmöglicher Wirkung sollten derartige Initiativen auf europäischer Ebene für die weltweit besten Forscher, die europäische Industrie und Unternehmen, Universitäten und andere Forschungs- und Innovationsträger hochattraktiv und leicht zugänglich sein.

Zu den Voraussetzungen für Attraktivität und Zugänglichkeit gehören Klarheit der Ziele und Instrumente, eine umfassende Aufklärung der Teilnehmer über die Initiativen und deren Durchführung, Kohärenz und Stabilität von Regeln und Bedingungen sowie schlanke und zügige Verwaltungsverfahren in allen Phasen, vom Antrag über die Berichterstattung bis zur Rechnungsprüfung.

In dieser Mitteilung erfolgt diesbezüglich eine Standortbestimmung für die derzeit größte europäische Initiative zur öffentlichen Förderung von Forschung und technologischer Entwicklung - das Siebte Rahmenprogramm (RP7). Im Anschluss an die Diskussionen in Rat und Parlament, den Bericht unabhängiger Sachverständiger zur Überprüfung der Strukturen und Mechanismen des ERC2 sowie die jüngst durchgeführte öffentliche Konsultation der betroffenen Akteure3 wurden und werden zahlreiche Vereinfachungsmaßnahmen getroffen. Daneben werden weitere konkrete Vereinfachungsmaßnahmen vorgestellt, die unverzüglich unter dem bestehenden Rechtsrahmen durchgeführt werden können.

Doch was sollte und könnte außerdem im Hinblick auf die anstehende Leitinitiative "Union der Innovation" getan werden? Diese Mitteilung zeigt auch mögliche Wege einer radikaleren Vereinfachung auf. Diese können anschließend entweder unter dem bestehenden Rechtsrahmen oder in Form neuer Legislativvorschläge in konkrete Aktionen münden. Einige dieser Möglichkeiten würden allerdings eine neue politische Balance in Bezug auf Vertrauen und Rechenschaftslegung erfordern, und sie könnten höchstwahrscheinlich auch auf andere europäische Fördermaßnahmen auf den Gebieten Forschung und Innovation, z.B. das Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation sowie das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT), ausgedehnt werden. Diese Möglichkeiten werden in dieser Phase vorgestellt, um die interinstitutionelle Debatte über die Vorschläge im Rahmen der anstehenden Leitinitiative "Union der Innovation" zu erleichtern.

Ferner sind Vereinfachungen ein wichtiges Ziel des anstehenden Kommissionsvorschlags zu der im Dreijahresrhythmus erfolgenden Überarbeitung der Haushaltsordnung. Die Kommission möchte diese Gelegenheit nutzen, um haushaltspolitische Mechanismen zu überprüfen und Finanzregeln für den nächsten Finanzrahmen festzulegen. Da die Haushaltsordnung der allgemeine Rechtsrahmen für die Ausführung des EU-Haushalts einschließlich der Forschungsausgaben ist, wird deren erfolgreiche Überarbeitung weitere Fortschritte bei der Vereinfachung im Forschungsbereich, etwa durch deren Umsetzung in sektorspezifische FTE-Vorschriften, ermöglichen. Das Thema Vereinfachung wird deshalb eines der zentralen Elemente der Vorbereitung des künftigen Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung (RP8) sein.

2. Vereinfachungsmassnahmen wurden zwar bereits getroffen, aber ...

Das RP7 ging mit einer Reihe von Vereinfachungen gegenüber den Vorläuferprogrammen einher, die allgemein anerkannt werden. Einige ergeben sich aus der Rechtsgrundlage des RP74, andere beruhen auf den fortgesetzten Anstrengungen der Kommission zur Verbesserung der Durchführungsregeln und -prozesse. Zu diesen Errungenschaften im RP7 zählen insbesondere

Diese konkreten Maßnahmen haben bereits zu einer Verringerung der Zeitspanne zwischen Antragstellung und Finanzhilfegewährung sowie des Verwaltungsaufwands für die Projektlenkung geführt. Allerdings belegen die im Rahmen der Konsultationen eingegangenen Rückmeldungen, dass der Zugang zu den Programmen und die Vorbereitung von Vorschlägen vor allem für Neueinsteiger noch immer zu schwierig sind, dass der Verwaltungsaufwand für die Projektlenkung und Rechnungslegung als zu hoch empfunden wird und die Vorlaufzeiten bis zur Gewährung und Auszahlung der Finanzhilfen weiterhin zu lang sind. Außerdem liegen die in den nachträglichen Audits ermittelten Fehlerraten, insbesondere für Personalkosten und indirekte Kosten, weiterhin über der vom Rechnungshof festgelegten Wesentlichkeitsschwelle. Auch dieser Umstand weist auf die Notwendigkeit einer weiteren Vereinfachung der Regeln hin.

3. Weitere Möglichkeiten zur Vereinfachung der Regeln und Verfahren

Die nachfolgend dargestellten Möglichkeiten für eine weitere Vereinfachung liegen im Grunde auf drei Ebenen: erstens (kurzfristig vorzunehmende) Verbesserungen und Vereinfachungen auf der Grundlage der bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, zweitens Regeländerungen innerhalb der Schranken des bestehenden kostenorientierten Modells und drittens weiter reichende Änderungen in Richtung einer ergebnisorientierten Förderung durch Pauschalbeträge.

Auf der ersten Ebene werden praktische Verbesserungen von Verfahren und Instrumenten vorgestellt, deren Verwirklichung die Kommission bereits eingeleitet hat. Diese Verbesserungen werden zu einer weiteren Verringerung der Vorlaufzeiten bis zur Gewährung und Auszahlung der Finanzhilfen führen.

Auf der zweiten Ebene würden die bestehenden Regeln derart geändert, dass gängige Rechnungslegungsverfahren (z.B. durchschnittliche Personalkosten) in größerem Umfang akzeptiert, die Vielfalt der Sonderbedingungen reduziert, eine Bestimmung für KMU mit geschäftsführenden Eigentümern vorgesehen und eine Änderung des Auswahlverfahrens für Finanzhilfen ermöglicht werden. Dadurch würden nicht nur die Verfahren beschleunigt, sondern auch ein Beitrag zur Verringerung der Fehlerrate im kostenorientierten Konzept geleistet.

Auf der dritten Ebene werden Optionen präsentiert, die künftige grundlegendere Änderungen durch die Einführung eines ergebnisorientierten Konzepts ermöglichen, das eine erhebliche Verschiebung der Kontrollmaßnahmen vom finanziellen zum wissenschaftlichtechnischen Bereich mit sich bringen würde. Dieses Konzept würde den Verwaltungsaufwand für die Rechnungslegung und die Erfordernisse vorheriger und nachträglicher finanzieller Überprüfungen auf ein Minimum reduzieren.

3.1. Ebene 1: Straffung der Vorschlags- und Finanzhilfeverwaltung im Rahmen der bestehenden Regeln

Das RP7 ist eines der größten öffentlichen Forschungsförderprogramme der Welt; die jährlich verfügbaren Haushaltsmittel steigen von Jahr zu Jahr und erreichen 2013 10 Mrd. EUR. Die Finanzmittel werden nach Maßgabe der Forschungsqualität vergeben. Dabei werden jedes Jahr bis zu 30 000 Vorschläge entgegengenommen, 6 000 Finanzhilfevereinbarungen mit ungefähr 36 000 Teilnehmern geschlossen und circa 10 000 Zahlungen vorgenommen. All dies muss unter Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Rechenschaftslegung erfolgen. Zu diesem Zweck hat die Kommission einen komplexen, kontinuierlicher Optimierung unterliegenden Betriebsablauf eingerichtet, der die Verfügbarkeit geeigneter Ressourcen, Verwaltungsstrukturen und Kompetenzen voraussetzt. Die Kommission bemüht sich mit Unterstützung der Exekutivagenturen um eine optimale Durchführung, wobei jeder bestehende Rechtsrahmen in das jeweils administrativ leichteste, einfachste und schnellste System für die Vorschlags- und Finanzhilfeverwaltung umgesetzt wird.

Die Kommission wird im Zuge des RP7 eine Pilotaktion einleiten.

3.2. Ebene 2: Anpassung der Regeln innerhalb des bestehenden kostenorientierten Systems

In Bezug auf die künftigen Rahmenprogramme wird die Kommission auch prüfen, ob in bestimmten Bereichen die Einführung von Kommissionsbeschlüssen anstelle von Finanzhilfevereinbarungen den Prozess beschleunigen könnte.

3.3. Ebene 3: Übergang von kostenorientierter zu ergebnisorientierter Förderung

Die oben angeführten Optionen eröffnen bereits zahlreiche Vereinfachungsmöglichkeiten, der mit der Kostenabrechnung und Rechnungsprüfung verbundene Verwaltungsaufwand bleibt dabei jedoch bestehen. Ein grundlegenderer Wandel bestünde in der Abkehr vom kostenorientierten, auf den betriebenen Aufwand (Input) zentrierten System und der Hinwendung zu einem Fördersystem, das auf der vorherigen Definition und Annahme von Leistungen und Ergebnissen (Output) beruht. In diesem Zusammenhang sind einige vom Europäischen Rechnungshof9 aufgeworfene Fragen besonders relevant:

Die Kommission empfiehlt daher, die drei nachfolgend vorgestellten Optionen zu prüfen. Alle drei Optionen sehen eine Pauschale für das Gesamtprojekt vor, so dass sämtliche Überprüfungen der tatsächlich angefallenen Kosten entfallen und der Kontrollaufwand von finanziellen auf wissenschaftliche Aspekte verlegt wird. Die Pauschalen wären Festbeträge, die die Gesamtkosten der Durchführung einer Maßnahme abdecken; die Empfänger wären also nicht mehr zur Vorlage von Ausgabenbelegen verpflichtet und die Rechnungsprüfung in Bezug auf die Projekte würde erheblich vereinfacht.

Ergebnisorientierte Konzepte erfordern eine sorgfältige Definition der Resultate auf Einzelprojektebene sowie eine eingehende Analyse zur Festlegung der Pauschalbeträge auf der Grundlage einer zuverlässigen Schätzung der zur Durchführung des Projekts notwendigen anrechenbaren Kosten sowie zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Haushaltsführung, was zu einer längeren Vorlaufzeit bis zur Finanzhilfegewährung führen könnte. Außerdem müsste als Grundlage für Zahlungsbeschlüsse eine verstärkte wissenschaftlichtechnische Beobachtung unter Einsatz externer Sachverständiger eingerichtet werden. Die Durchführung würde andere Kompetenzprofile, ein angepasstes Projektmanagementkonzept in der Kommission und eine erweiterte Zusammenarbeit mit externen Sachverständigen erfordern. Die Zahlung der Finanzhilfen würde sich ausschließlich auf die Bewertung der Ergebnisse stützen.

Um die mit ergebnisorientierten Konzepten verbundenen Vor- und Nachteile besser bewerten zu können, sollten vor deren Anwendung in größerem Umfang Pilotaktionen auf ausgewählten Gebieten durchgeführt werden.

Zur Prüfung ergebnisorientierter Konzepte werden die folgenden drei Optionen vorgeschlagen:

4. Überprüfung der EU-Forschungs- und Innovationsförderungslandschaft

Die durch das RP7 geförderte grenzüberschreitende Forschungszusammenarbeit bedingt aufgrund der Unterschiedlichkeit der nationalen Rechtssysteme, Rechnungslegungsverfahren und Managementkulturen eine gewisse Komplexität.

Das laufende RP beinhaltet eine Zielkonstellation, vielfältige Fördermechanismen mit jeweils spezifischen Regeln, unterschiedliche Erstattungssätze und besondere Bedingungen für bestimmte Arten von Organisationen. In seiner Gesamtheit führt dieser diversifizierte Ansatz zu hoher Komplexität.

Die Festlegung einer Reihe gemeinsamer Grundprinzipien anstelle des derzeitigen diversifizierten Konzepts würde zweifellos zu einer deutlichen Beschneidung und Vereinfachung der Regeln, Verfahren und IT-Systeme führen. Um zu ermitteln, inwieweit dies realisierbar ist, bedarf es einer eingehenden Prüfung; maßgeschneiderte Konzepte sollten nur möglich sein, wenn die politischen Ziele sie rechtfertigen.

Die Anzahl der Interventionsmechanismen im Zuge des RP7 ist mit der Beteiligung der EU an gemeinsam von mehreren Mitgliedstaaten durchgeführten Programmen und der Schaffung der gemeinsamen Technologieinitiativen (GTI) angestiegen. Da die RP7-Beteiligungsregeln für diese Interventionsmechanismen nicht gelten, haben diese jeweils ihre eigenen Sonderregeln, die den spezifischen Erfordernissen der Durchführung entsprechen. Diese Regeln können erheblich von den RP7-Beteiligungsregeln abweichen.

Das Europäische Parlament weist in seinem Entlastungsbeschluss von 0710 auf diese zunehmende Vielfalt hin und empfiehlt eine Prüfung der damit für die Empfänger verbundenen Probleme, u. a. mangelnde Transparenz.

Die Kommission ist vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass eine Verringerung der Komplexität der EU-Forschungsförderungslandschaft ebenfalls erhebliche Vereinfachungen ermöglichen könnte. Bei der Vorbereitung der nächsten Rahmenprogramme sollten insbesondere die beiden folgenden Fragen geprüft werden:

In Bezug auf öffentlichprivate Partnerschaften einschließlich GTI sowie Wissens- und Innovationsgemeinschaften des Europäischen Technologieinstituts muss der optimale institutionelle Rahmen ("ideal house" für künftige GTI) ermittelt werden, der es ermöglicht, dass diese Stellen ihre Ziele wirksam und effizient erreichen können. Diesbezüglich werden die Empfehlungen im Bericht11 der GTI-Sherpa-Gruppe von Bedeutung sein.

5. Der weitere Weg

Die meisten der auf der zweiten und dritten Ebene vorgeschlagenen Optionen erfordern Änderungen der Vorschriften und werden deshalb im Rahmen der alle drei Jahre erfolgenden Überarbeitung der Haushaltsordnung und, auf dieser Grundlage, der anstehenden Überprüfung des Rechtsrahmens für die Forschungspolitik behandelt.

Je nachdem, ob im Anschluss an diese Mitteilung ein Konsens in Bezug auf spezifische Maßnahmen gefunden werden kann, wird die Kommission möglicherweise nach der Zwischenbewertung des RP7 Änderungen desselben vorschlagen. Eine baldige Änderung der Regeln für das RP7 könnte insbesondere in Bezug auf die Vorschriften zu den durchschnittlichen Personalkosten (s. u., Abschnitt 3.2) in Betracht gezogen werden.

Jegliche Änderung der Regeln für das RP7 muss den folgenden wichtigen Maßgaben Rechnung tragen.

Der Nutzen einer Vereinfachung muss die Kosten ihrer Verwirklichung überwiegen. Die Stabilität der bestehenden Regeln wird als sehr wichtig für alle Nutzer des Rahmenprogramms empfunden; sie ist Regeländerungen um einer lediglich leichten Vereinfachung willen vorzuziehen. Änderungen der grundlegenden Rechtsakte müssen im Wege des gewöhnlichen Rechtsetzungsverfahrens (Mitentscheidung) mit entsprechenden Vorlaufzeiten von mindestens einem Jahr erfolgen. Entsprechende Änderungen würden also erst für die letzte Welle der Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen im Zuge des RP7 gelten. Dabei müsste mit zwei parallel bestehenden Kategorien von Regeln, Verfahren und IT-Systemen gearbeitet werden. Dieses zusätzliche Maß an Komplexität sowohl für die Empfänger als auch für die Kommissionsdienststellen ist zu berücksichtigen.

Eine Vereinfachung hängt auch eng mit den für die Durchführung der EU-Forschungspolitik maßgeblichen Parametern für die Rechenschaftspflicht zusammen. Die Kommission bedient sich dabei einer umfassenden Kontrollstrategie, die sehr zahlreiche Projektaudits vor Ort und die Wiedereinziehung zuviel gezahlter Beträge vorsieht, um so angemessene Sicherheiten in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Zahlungen zu haben. Die Kommission kann eine diesbezügliche positive Zuverlässigkeitserklärung vom Europäischen Rechnungshof nur erhalten, wenn die Fehlerrate unter 2 % liegt. Die Verwirklichung dieser Kontrollstrategie hat dazu geführt, dass die Anforderungen im Rahmen von EU-Finanzhilfen im Forschungsbereich nun als noch komplexer empfunden werden und Forscher und Unternehmen von der Beteiligung an Forschungsförderprogrammen abschrecken können. Bis zum Wirksamwerden einer grundlegenden Vereinfachung der Regeln für die Forschungsförderung würde die Einführung eines forschungsspezifischen tolerierbaren Fehlerrisikos der Kommission eine Überprüfung ihrer Kontrollstrategie erlauben. Der Zweck dieses Konzepts besteht darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kontrollen und der Wirksamkeit der politischen Strategie zu gewährleisten. Die für Mai 2010 vorgesehene Mitteilung der Kommission, die den Kommissionsvorschlag für die im Dreijahresrhythmus erfolgende Überarbeitung der Haushaltsordnung begleiten soll, wird einen konkreten Vorschlag für ein spezifisches Niveau des tolerierbaren Fehlerrisikos für Forschungsausgaben enthalten. Die Annahme dieses Konzepts für die Forschung durch das Europäische Parlament und den Rat würde es der Kommission erlauben, ihre derzeitige Kontrollstrategie unter Wahrung einer wirtschaftlichen Haushaltsführung zu überarbeiten. Insbesondere der Umfang der Kontrollen (Abdeckungsgrad der Finanzkontrolle und nachfolgende Anpassungen) könnte im Hinblick auf eine Verringerung des Aufwands geprüft werden. Eine derart überarbeitete Kontrollstrategie könnte unter Berücksichtigung der praktischen Erfahrungen der Betrugsbekämpfungsdienststellen der Kommission größeres Gewicht auf gezielte risikoorientierte Finanzkontrollen und Betrugsbekämpfungsmaßnahmen legen. Auf dieser Grundlage könnte ein solider Rahmen für die Rechenschaftslegung unter Wahrung einer angemessenen Abschreckung vor rechtswidriger Verwendung der EU-Forschungsgelder gewährleistet werden.

Schließlich wird jeder nachfolgende Legislativvorschlag zur Einführung von Vereinfachungen einer eingehenden Risikoprüfung im Rahmen der vorherigen Gesamtfolgenabschätzung sowie einer Bewertung im Hinblick auf die Betrugsresistenz unterzogen.

6. Fazit

In dieser Mitteilung werden Maßnahmen und Optionen zur Vereinfachung der EU-Forschungsförderung vorgestellt, die gewährleisten sollen, dass durch diese Förderung Spitzenqualitätsforschung unterstützt wird. Die Kommission wird in naher Zukunft einen Vorschlag zu der alle drei Jahre erfolgenden Überarbeitung der Haushaltsordnung vorlegen, mit dem einige der in dieser Mitteilung vorgestellten Ideen für Vereinfachungen zu Rechtsetzungsentwürfen weiterentwickelt werden. Bei der im Oktober 2010 anstehenden Zwischenbewertung des RP7 könnte noch weiteres Vereinfachungspotenzial ermittelt werden.

Weitere Vereinfachungen können nur mit dem vollen Engagement und der politischen Unterstützung der anderen EU-Institutionen, insbesondere des Rates und des Europäischen Parlaments, erreicht werden. Um ein ausgewogeneres Gleichgewicht zwischen Vertrauen und Kontrolle sowie zwischen Risikobereitschaft und Risikovermeidung zu erreichen, müssen diffizile Kompromisse geschlossen werden, wobei die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu gewährleisten ist. Die Debatte über ein forschungsspezifisches "tolerierbares Fehlerrisiko" bietet in dieser Hinsicht eine gute Gelegenheit.

Die Kommission wird gemäß ihrer Rolle als Verwalterin von EU-Steuergeldern unter allen Umständen für die nötigen Voraussetzungen Sorge tragen, um die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu gewährleisten, unter anderem durch angemessene Betrugsbekämpfungsmaßnahmen auf der Grundlage einer umfassenden Risikoanalyse und einer Strategie unter Berücksichtigung sämtlicher Ebenen. Dieses Grundprinzip wird durch Vereinfachung und das tolerierbare Fehlerrisiko nicht erschüttert.

Die Kommission ruft die anderen EU-Institutionen auf, einen Beitrag zur Diskussion zu leisten und zu den in dieser Mitteilung dargestellten Optionen im Hinblick auf die künftige Gestaltung der EU-Forschungsförderung Stellung zu nehmen.

Die Ergebnisse dieser Diskussion werden in die Vorschläge der Kommission zu der Leitinitiative "Union der Innovation" im Rahmen der Strategie Europa 2020 sowie in die Gestaltung der nächsten Rahmenprogramme einfließen.

Je nachdem, ob im Anschluss an diese Mitteilung ein Konsens in Bezug auf spezifische Maßnahmen gefunden werden kann, wird die Kommission nach der Zwischenbewertung des RP7 möglicherweise noch Änderungen desselben vorschlagen.