Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Ausschuss der Regionen wird an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 325/07 (PDF) = AE-Nr. 070422
Europäische Kommission
Brüssel, den 9.3.2010
KOM (2010) 76 endgültig
2010/0044 (COD)
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel {SEK(2010) 197} {SEK(2010) 198}
Begründung
1. Einleitung
Gegenstand dieses Vorschlags für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates ist die Einführung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels, dessen allgemeine Ziele darin bestehen, das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Europäischen Union anhand gemeinsamer Elemente der Geschichte und des Kulturerbes zu stärken, den Stellenwert der Vielfalt zu steigern und den interkulturellen Dialog zu fördern. Entsprechend sollen durch das Siegel Stätten, die in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union eine wesentliche Rolle gespielt haben, besser bekanntgemacht und aufgewertet und die europäischen Bürgerinnen und Bürger eingehender mit dem europäischen Aufbauwerk und mit ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut gemacht werden, insbesondere unter Bezugnahme auf die demokratischen Werte und die Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden. Somit dürfte das Europäische Kulturerbe-Siegel die Bürgerinnen und Bürger auch näher an Europa heranführen.
Gegenüber anderen Initiativen im Bereich Kulturerbe (z.B. UNESCO-Liste des Welterbes und "Kulturwege Europas" des Europarates) hat das Europäische Kulturerbe-Siegel folgenden Mehrwert: Erstens stellt die Initiative nicht die Ästhetik der Stätten, sondern ihre europäische Aussagekraft und ihre Symbolwirkung für Europa in den Mittelpunkt. Zweitens wird nicht der Erhalt dieser Stätten im Vordergrund stehen, sondern ihre Bekanntmachung und die Verbesserung des Zugangs zu diesen Stätten, was bedeutet, dass ihre europäische Relevanz eingehend erläutert und pädagogische Aktivitäten, insbesondere für junge Menschen, organisiert werden sollen. Drittens soll auch die Vernetzung zwischen den mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten intensiv gefördert werden, um vorbildliche Verfahren auszutauschen und gemeinsame Projekte anzustoßen.
Mit dem Vorschlag kommt die Kommission der Vorgabe des Rates der Europäischen Union nach, der sie in seinen Schlussfolgerungen vom 20. November 2008 aufgefordert hatte, "einen geeigneten Vorschlag für die Schaffung eines "Europäischen Kulturerbe-Siegels" durch die Europäische Union zu unterbreiten und die praktischen Modalitäten für die Durchführung dieses Projekts festzulegen".
2. Hintergrund
Die Idee eines Europäischen Kulturerbe-Siegels entstand im Jahr 2005 bei der Suche nach Instrumenten, um die Kluft zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu verkleinern. Eine wesentliche Ursache dieser Kluft ist eine mangelnde Kenntnis der Geschichte Europas, der Rolle der Europäischen Union und der Werte, auf die sie sich gründet.
Das Siegel wurde im April 2006 von mehreren europäischen Ländern in Form einer zwischenstaatlichen Initiative ins Leben gerufen. Das Ziel bestand darin, insbesondere junge Menschen besser mit der gemeinsamen Geschichte und dem gemeinsamen Kulturerbe Europas vertraut zu machen und dadurch das Zugehörigkeitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu Europa zu stärken und die Entwicklung einer europäischen Identität zu fördern. Bislang wurde insgesamt 64 Stätten in 17 EU-Mitgliedstaaten sowie in der Schweiz das Siegel zuerkannt. Bei der praktischen Umsetzung dieser Initiative haben sich jedoch einige Schwächen gezeigt so dass das Potenzial des Siegels nicht voll ausgeschöpft werden konnte.
Deshalb haben die Mitgliedstaaten die Kommission in den Schlussfolgerungen des Rates vom November 2008 dazu aufgefordert, das derzeit noch zwischenstaatliche Europäische Kulturerbe-Siegel nach dem Vorbild der Kulturhauptstädte Europas in eine förmliche Maßnahme der Europäischen Union umzuwandeln, um die praktische Umsetzung zu verbessern und langfristigen Erfolg zu gewährleisten.
Die Einbindung der Europäischen Union in das Europäische Kulturerbe-Siegel soll die Koordination unter den Mitgliedstaaten verbessern und damit zur Entwicklung und ordnungsgemäßen Anwendung gemeinsamer, eindeutiger und transparenter Auswahlkriterien sowie neuer Auswahl- und Kontrollverfahren für das Siegel beitragen so dass die Relevanz der Stätten mit Blick auf die Ziele der Initiative gewährleistet ist. Weitere Vorteile der Umwandlung in eine Maßnahme der Europäischen Union bestehen voraussichtlich darin, dass die Zahl der an der Initiative teilnehmenden Mitgliedstaaten gesteigert und das Problem des Sekretariats, das derzeit noch nach dem Rotationsprinzip arbeitet, gelöst wird.
Das Europäische Parlament sprach sich erstmals in seiner Entschließung vom 29. November 2007 "Eine neue EU-Tourismuspolitik: Wege zu mehr Partnerschaft für den europäischen Tourismus" (2006/2129(INI)) für die Entwicklung eines Siegels aus. Es schlägt darin vor, "die Schaffung eines Gütezeichens für das europäische Erbe zu fördern, durch das die europäische Dimension der Kulturstätten, Bauwerke und Denkmäler der Europäischen Union hervorgehoben wird". In seiner Entschließung vom 10. April 2008 zu der europäischen Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung (2007/2211(INI)) bekräftigt das Parlament seine Unterstützung für "die Einführung eines Gütesiegels des europäischen Erbes, um die europäische Dimension der Kulturgüter, Denkmäler und Gedenkstätten hervorzuheben, die alle Zeugen der europäischen Geschichte und des europäischen Erbes sind".
3. Anhörung interessierter Kreise und Folgenabschätzung
Nach den Schlussfolgerungen des Rates hat die Kommission gemäß ihren Verfahren eine Folgenabschätzung einschließlich einer öffentlichen Konsultation durchgeführt.
Damit sollte festgestellt werden, ob eine Maßnahme der Europäischen Union in diesem Bereich tatsächlich gerechtfertigt ist, ob dadurch ein Mehrwert für das Europäische Kulturerbe-Siegel entstehen kann und - wenn beides zutrifft - welche Form von Maßnahme hierfür geeignet ist. Der Entwurf des Berichts über die Folgenabschätzung wurde am 25. November 2009 mit dem Ausschuss für Folgenabschätzung erörtert. Der Bericht wurde im Anschluss an diese Sitzung und nach Maßgabe der Stellungnahme des Ausschusses für Folgenabschätzung in mehreren Punkten abgeändert. Der endgültige Bericht über die Folgenabschätzung und die Stellungnahme des Ausschusses für Folgenabschätzung wurden unter folgender Adresse veröffentlicht:
[ http://ec.europa.eu/governance/impact/ia_carried_out/ia_carried_out_en.htm ].
3.1. Anhörung interessierter Kreise
Das Konsultationsverfahren lief im Mai 2009 an und bestand aus mehreren Phasen.
Es umfasste eine Online-Konsultation, eine öffentliche Versammlung für interessierte Bürgerinnen und Bürger und Stakeholder sowie eine Zusammenkunft mit von den 27 Mitgliedstaaten benannten Experten. Die Ergebnisse der verschiedenen Konsultationsphasen werden im Bericht über die Folgenabschätzung ausführlich beschrieben und wurden bei der Ausarbeitung des Vorschlags angemessen berücksichtigt.
3.2. Voraussichtliche Auswirkungen
Die Wirkungsanalyse hat ergeben, dass die primären, unmittelbaren Auswirkungen des Europäischen Kulturerbe-Siegels sozialer bzw. gesellschaftlicher Natur sind.
Hierzu zählen ein verbesserter Zugang zu kulturellen Stätten (insbesondere für junge Menschen), gesteigertes Interesse am gemeinsamen europäischen Kulturerbe und Erweiterung der Kenntnisse auf diesem Gebiet, größeres Verständnis für die kulturelle Vielfalt in Europa, Intensivierung des interkulturellen Dialogs und stärkeres Zugehörigkeitsgefühl zur Europäischen Union.
Auch ein wirtschaftlicher Nutzen ist zu erwarten, da das Europäische Kulturerbe-Siegel über das Potenzial verfügt, den lokalen Tourismus anzukurbeln und so unter anderem die Zahl der in der Tourismusbranche beschäftigten Arbeitskräfte zu steigern. Die Wirkung auf die Zahl der Besucher einer Stätte wird jedoch in hohem Maße davon abhängen, inwieweit sich das Siegel zu einem glaubwürdigen Zeichen für Qualität entwickelt, d. h. welches Prestige es über die Jahre hinweg gewinnt.
3.3. Wahl des Instruments
Im Rahmen der Folgenabschätzung für das Europäische Kulturerbe-Siegel wurden drei politische Optionen geprüft. Die erste Option bestand darin, das Siegel ohne Eingreifen der Europäischen Union als zwischenstaatliche Initiative weiterzuführen.
Die zweite Option sah ebenfalls vor, das Siegel als zwischenstaatliche Initiative weiterzuführen jedoch mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union.
Als dritte Option wurde - nach dem Vorbild der Maßnahme "Kulturhauptstädte Europas" aus dem Jahr 1999 - die Umwandlung des Siegels in eine Maßnahme der Europäischen Union mittels eines Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates geprüft. Die letztgenannte Option umfasste drei Unteroptionen, die sich auf die verschiedenen Auswahlverfahren bezogen: Auswahl durch die Mitgliedstaaten anhand gemeinsamer europäischer Kriterien, Auswahl nur auf europäischer Ebene ohne Berücksichtigung des nationalen Ursprungs der Stätten und Vorauswahl auf nationaler Ebene mit anschließender endgültiger Auswahl auf europäischer Ebene.
Optionen, die eine umfassende finanzielle Unterstützung für den Ausbau der Stätten implizierten wurden nicht weiter geprüft, da unter den Mitgliedstaaten und im Konsultationsverfahren Einigkeit darüber herrschte, dass die neue Initiative die Haushalte der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten nur in begrenztem Umfang belasten sollte.
Der Vergleich der drei Optionen ergab, dass von einer Umwandlung des Europäischen Kulturerbe-Siegels in eine Maßnahme der Europäischen Union mittels eines Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates ein eindeutiger Mehrwert ausgeht. Dieser Mehrwert könnte durch die Mitgliedstaaten allein selbst mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union nicht erreicht werden.
Ferner zeigte sich, dass als Auswahlverfahren das zweistufige Verfahren (Kombination von nationaler und europäischer Ebene) am besten geeignet ist.
4. Rechtliche Aspekte
4.1. Rechtsgrundlage
Die Rechtsgrundlage für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Diesem Artikel zufolge leistet die Europäische Union "einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes." Ferner sieht der Artikel Folgendes vor: Die Europäische Union fördert "die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten" im Kulturbereich und "unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit".
4.2. Subsidiaritätsprinzip
Dieser Vorschlag steht im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip. Die Teilnahme der Mitgliedstaaten beruht auf Freiwilligkeit, und die Einbindung der Europäischen Union in das Europäische Kulturerbe-Siegel wird im Einklang mit Artikel 167 AEUV darauf abzielen, die Koordination unter den Mitgliedstaaten zu verbessern und ihre Aktivitäten durch die Entwicklung und ordnungsgemäße Anwendung neuer gemeinsamer eindeutiger und transparenter Auswahlkriterien sowie neuer Auswahl- und Kontrollverfahren zu unterstützen. Darüber hinaus macht die Folgenabschätzung deutlich dass der durch die Maßnahme der Europäischen Union erzielte Nutzen durch die Mitgliedstaaten allein nicht erreicht werden könnte.
4.3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Die vorgeschlagene Vorgehensweise wird nur sehr geringe Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union sowie auf die nationalen Haushalte haben. Auch werden keine unverhältnismäßigen administrativen Anforderungen an die mit der Umsetzung der Maßnahme befassten Behörden gestellt.
4.4. Aufbau des Vorschlags
4.4.1. Ziele
Das zwischenstaatliche Europäische Kulturerbe-Siegel wurde entwickelt, um Europa den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen. Auf diese umfassende, komplexe Thematik sind bereits verschiedene, sich gegenseitig ergänzende Initiativen der Europäischen Union in den Bereichen Kommunikation, Bildung, Kultur und Bürgerschaft ausgerichtet. Um diesem Gesamtprozess und dem konkreten Beitrag Rechnung zu tragen, den das Europäische Kulturerbe-Siegel leisten kann, schlägt die Kommission für die Initiative in ihrer neuen Form Ziele auf drei Ebenen vor.
Auf allgemeiner Ebene werden die Ziele darin bestehen, das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Europäischen Union anhand gemeinsamer Elemente der Geschichte und des Kulturerbes zu stärken, den Stellenwert der Vielfalt zu steigern und den interkulturellen Dialog zu fördern. Diese Ziele spiegeln die allgemeinen Beweggründe für die Schaffung des Europäischen Kulturerbe-Siegels wider und verknüpfen sie mit den globalen politischen Strategien und Vorhaben der Europäischen Union.
Auf mittlerer Ebene geht es darum, mit dem Siegel Stätten, die in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union eine wesentliche Rolle gespielt haben, besser bekanntzumachen und aufzuwerten und die europäischen Bürgerinnen und Bürger eingehender mit dem europäischen Aufbauwerk und mit ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut zu machen, insbesondere unter Bezugnahme auf die demokratischen Werte und die Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden. Dies ist die höchste Wirkungsebene, die das Europäische Kulturerbe-Siegel für sich genommen erreichen kann.
Auf der praktischen Ebene werden sich die konkreten Ziele darauf beziehen, welche unmittelbaren Verbesserungen die Aktivitäten, die mit der Verleihung des Siegels in den Stätten (individuell oder insgesamt) angestoßen werden, bzw. die neuen praktischen Umsetzungsmodalitäten bewirken sollen.
4.4.2. Teilnahme an der Aktion
Aufgrund des Charakters des Europäischen Kulturerbe-Siegels und seiner Ziele schlägt die Kommission vor, die Maßnahme zunächst auf die 27 Mitgliedstaaten zu beschränken. Die Teilnahme der Mitgliedstaaten sollte freiwillig sein.
Erforderlichenfalls könnte in einer künftigen Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels die Frage untersucht werden, ob eine Ausweitung der Initiative auf die Drittländer, die am Programm "Kultur" teilnehmen, sinnvoll ist.
4.4.3. Auswahlverfahren
Die Folgenabschätzung für das Europäische Kulturerbe-Siegel hat aufgezeigt, dass eine der größten Schwächen der derzeitigen zwischenstaatlichen Initiative darin besteht, dass die Teilnehmerländer die Stätten unabhängig voneinander und ohne Koordination auf europäischer Ebene auswählen. Dieses Verfahren lässt zu viel Spielraum für unterschiedliche Auslegungen und hat dazu geführt, dass die Länder die Kriterien nicht einheitlich anwenden, worunter wiederum die Gesamtkohärenz und -qualität des Siegels leidet.
Daher ist ein neues Auswahlverfahren erforderlich, bei dem die nationale und die europäische Ebene miteinander kombiniert werden. Die Kommission schlägt ein Vorgehen in zwei Phasen vor: In der ersten Phase erfolgt eine Vorauswahl der Stätten auf Ebene der Mitgliedstaaten; in der zweiten Phase findet auf EU-Ebene mit Unterstützung einer Jury aus unabhängigen Experten die endgültige Auswahl statt.
Dies würde eine konsequente Anwendung der festgelegten Kriterien und eine hinreichende Berücksichtigung der europäischen Dimension sicherstellen und zugleich eine ausgewogene Verteilung der mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten in der Europäischen Union gewährleisten.
Die Jury aus unabhängigen Experten sollte aus 12 Mitgliedern bestehen, die - nach dem Vorbild der Auswahljury für die Kulturhauptstädte Europas - vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission benannt werden. Die Experten sollten über umfassende Erfahrungen und Fachkenntnisse auf den Gebieten Kultur, Kulturerbe, europäische Geschichte oder in anderen für die Ziele des Europäischen Kulturerbe-Siegels relevanten Bereichen verfügen.
Die Kommission schlägt vor, dass jeder Mitgliedstaat in jedem Jahr, in dem ein Auswahlverfahren stattfindet, bis zu zwei Stätten vorschlagen kann. So wird die Zahl der Stätten auf ein überschaubares Maß begrenzt, und die Mitgliedstaaten, deren Auswahl an potenziell geeigneten Stätten recht unterschiedlich ist, verfügen über eine gewisse Flexibilität.
Die Jury aus unabhängigen Experten sollte wiederum die Möglichkeit haben, in jedem Jahr, in dem ein Auswahlverfahren stattfindet, aus den Ergebnissen der Vorauswahl höchstens eine Stätte pro Mitgliedstaat auszuwählen. Ferner wird vorgeschlagen Stätten mit besonders ausgeprägter länderübergreifender Dimension Priorität einzuräumen. Somit entsteht auf EU-Ebene ein gewisser Wettbewerb zwischen den Stätten, was dem allgemeinen Qualitätsniveau zugute kommt und damit auch zur Glaubwürdigkeit und zum Ansehen der Initiative beiträgt.
Außerdem schlägt die Kommission Folgendes vor: Nachdem drei Jahre in Folge das Verfahren zur Auswahl neuer Stätten durchgeführt wurde, sollte jedes vierte Jahr einem Kontrollverfahren vorbehalten sein. Dies dürfte den Verwaltungsaufwand sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Kommission auf ein vertretbares Maß begrenzen. Der Zeitplan im Anhang veranschaulicht die vorgeschlagene Vorgehensweise.
4.4.4. Kontrolle und Aberkennung des Siegels
Das Siegel sollte im Prinzip auf unbegrenzte Zeit verliehen werden, da sich der symbolische Wert der ausgewählten Stätten mit der Zeit nicht verringert; außerdem sollen die Stätten auf diese Weise dazu angehalten werden, einen langfristigen Ansatz zu verfolgen und in ihre Weiterentwicklung zu investieren. Um jedoch dauerhaft ein hohes Maß an Qualität und Glaubwürdigkeit sicherzustellen, muss ein leistungsfähiges Kontrollsystem eingerichtet werden, das gewährleistet, dass die ausgezeichneten Stätten die Verpflichtungen erfüllen, die sie mit ihrer Bewerbung eingegangen sind. Die Kommission schlägt vor, diese Kontrollfunktion den Mitgliedstaaten zu übertragen, die der europäischen Jury alle 4 Jahre Bericht erstatten sollten. Für den Fall, dass eine Stätte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllt sollte die Möglichkeit bestehen, ihr das Siegel abzuerkennen.
4.4.5. Praktische Modalitäten
Die Kommission sollte die Maßnahme unterstützen, um für mehr Stabilität zu sorgen als das mit den bisherigen Modalitäten möglich war, und um den Aufbau von Fachkompetenz zu fördern. Mit der vorgeschlagenen Lösung könnte man auf den Erfahrungen aufbauen, die beispielsweise im Rahmen der Maßnahmen "Kulturhauptstadt Europas" und "Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe / Europa Nostra-Wettbewerb" gesammelt wurden. Allerdings müssen hierfür auch zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden (eine Verwaltungsrätin/ein Verwaltungsrat und eine Assistentin/ein Assistent). Um die praktischen Modalitäten so einfach und flexibel wie möglich zu gestalten, könnten bestimmte Verwaltungsaufgaben extern ausgeführt werden (Auftragsvergabe mittels Ausschreibungen).
4.4.6. Evaluierung
Eine regelmäßige Evaluierung der Maßnahme für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist entscheidend, um die Wirksamkeit und die Glaubwürdigkeit der Initiative zu gewährleisten. Bei dieser Evaluierung müssen sowohl die zur Umsetzung der Maßnahme angewandten Verfahren als auch die tatsächliche Gesamtwirkung des Europäischen Kulturerbe-Siegels untersucht werden. Es sollte ermittelt werden, inwieweit die Maßnahme gut funktioniert, ob sie weitergeführt werden sollte, wo es Verbesserungsbedarf gibt und - ein entscheidender Punkt - wie sich diese Verbesserungen am besten verwirklichen lassen. Selbstverständlich würden die Ergebnisse der oben beschriebenen Kontrolle der mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten in die Evaluierung einfließen. Es wird vorgeschlagen, die Evaluierung alle 6 Jahre in Form einer externen Evaluierung unter der Zuständigkeit der Kommission durchzuführen.
4.4.7. Übergangsbestimmungen
Es müssen Übergangsmaßnahmen getroffen werden, um den Status der Stätten zu klären denen bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Initiative das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen wurde. Um die notwendige Gesamtkohärenz der Maßnahme zu gewährleisten, müssten diese Stätten anhand der neuen Kriterien erneut bewertet werden. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten schlägt die Kommission außerdem vor, allen Mitgliedstaaten, die nicht an der zwischenstaatlichen Initiative beteiligt waren, die Möglichkeit zu geben, noch vor Beginn des ersten regulären Auswahlverfahrens Vorschläge für erste geeignete Stätten vorzulegen.
5. Ressourcen
Die jährlichen Mittel für das Europäische Kulturerbe-Siegel werden von der Haushaltsbehörde in den Grenzen des mehrjährigen Finanzrahmens bewilligt. Diese Mittel decken die Kosten für Folgendes ab: europäische Expertenjury, europäische Öffentlichkeitsarbeit für die Initiative, bestimmte Aktivitäten zur Vernetzung der Stätten sowie Humanressourcen der Europäischen Kommission zur Unterstützung der Maßnahme. Genaueres ist dem Finanzbogen im Anhang zum Vorschlag zu entnehmen der den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 abdeckt der in den laufenden mehrjährigen Finanzrahmen fällt.
Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel
Das Europäische Parlament und Der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 167, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen1, nach Übermittlung des Vorschlags an die nationalen Parlamente, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union strebt die Schaffung eines immer engeren Zusammenschlusses der europäischen Völker an, und Artikel 167 des Vertrages sieht vor, dass die Union einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes leistet.
- (2) Wenn die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junge Menschen ihr gemeinsames und zugleich vielfältiges Kulturerbe besser kennen und schätzen lernen, trägt dies zur Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls zur Europäischen Union bei und regt den interkulturellen Dialog an. Deshalb ist es wichtig, für einen breiteren Zugang zum Kulturerbe zu sorgen und dessen europäische Dimension besser herauszustellen.
- (3) Der Vertrag schreibt auch die Unionsbürgerschaft fest, die die nationale Staatsbürgerschaft der jeweiligen Mitgliedstaaten ergänzt und die ein wichtiges Element für die Stärkung und Sicherung des europäischen Einigungsprozesses ist. Damit die Bürgerinnen und Bürger die europäische Einigung uneingeschränkt unterstützen sollten ihre gemeinsamen Werte sowie ihre gemeinsame Geschichte und Kultur als zentrale Elemente ihrer Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft hervorgehoben werden die auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Wahrung der Menschenrechte, der kulturellen Vielfalt, der Toleranz und der Solidarität aufbaut.
- (4) Im April 2006 haben mehrere Mitgliedstaaten die zwischenstaatliche Initiative "Europäisches Kulturerbe-Siegel" ins Leben gerufen.
- (5) Der Rat der Europäischen Union hat am 20. November 2008 Schlussfolgerungen2 angenommen in denen er die Absicht bekundet, diese zwischenstaatliche Initiative in eine Maßnahme der Europäischen Union umzuwandeln, und die Europäische Kommission dazu auffordert, einen geeigneten Vorschlag für die Schaffung eines Europäischen Kulturerbe-Siegels durch die Europäische Union zu unterbreiten und die praktischen Modalitäten für die Durchführung dieses Projekts festzulegen.
- (6) Die Kommission hat hierzu eine öffentliche Konsultation sowie eine Folgenabschätzung durchgeführt, in denen sich bestätigte, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel eine wertvolle Initiative ist, dass sie jedoch weiterentwickelt werden muss um ihr gesamtes Potenzial zu entfalten, und dass die Einbindung der Europäischen Union einen eindeutigen Mehrwert generieren und der Initiative einen qualitativen Schritt nach vorn ermöglichen würde.
- (7) Das Europäische Kulturerbe-Siegel sollte auf Synergien und Komplementarität mit anderen einschlägigen Initiativen, z.B. UNESCO-Liste des Welterbes und "Kulturwege Europas" des Europarates, ausgerichtet sein. Der Mehrwert des neuen Europäischen Kulturerbe-Siegels sollte sich ergeben aus dem Beitrag der ausgewählten Stätten zur Geschichte und Kultur Europas, aus einer klar definierten Bildungskomponente dieser Stätten, die die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junge Menschen ansprechen soll, sowie aus der Vernetzung der Stätten untereinander, um Erfahrungen und vorbildliche Verfahren auszutauschen. Im Mittelpunkt der Initiative sollte nicht die Erhaltung der Stätten stehen (dies dürften bereits bestehende Schutzregelungen gewährleisten), sondern die Bekanntmachung der Stätten, die Verbesserung des Zugangs zu ihnen sowie die Qualität der Informationsvermittlung und der angebotenen Aktivitäten.
- (8) Die Maßnahme der Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel dürfte nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Europäischen Union stärken und den interkulturellen Dialog anregen, sondern auch zu Folgendem beitragen: mehr Ausstrahlung und Aufwertung des Kulturerbes, Stärkung der Rolle des Kulturerbes bei der Förderung von Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung in den Regionen (insbesondere durch den Kulturtourismus), Ausschöpfung von Synergien zwischen Kulturerbe und zeitgenössischer künstlerischer und kreativer Arbeit, Erleichterung des Austausches von Erfahrungen und vorbildlichen Verfahren in ganz Europa und - allgemein - stärkere Bekanntmachung der demokratischen Werte und der Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden.
- (9) Diese Ziele stehen vollständig im Einklang mit der europäischen Kulturagenda3, die unter anderem auf die Unterstützung der kulturellen Vielfalt und des interkulturellen Dialogs sowie auf die Förderung der Kultur als Katalysator für Kreativität ausgerichtet ist.
- (10) Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Europäische Kulturerbe-Siegel auf Grundlage gemeinsamer, eindeutiger und transparenter Kriterien und Verfahren verliehen wird.
- (11) Die Verwaltungsmodalitäten für das Europäische Kulturerbe-Siegel sollten im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip einfach und flexibel gestaltet werden.
- (12) Da die Ziele dieses Beschlusses von den Mitgliedstaaten allein nicht in ausreichendem Maße erreicht werden können, sondern sich insbesondere wegen der Notwendigkeit neuer gemeinsamer Kriterien und Verfahren für das Siegel, die Klarheit und Transparenz gewährleisten, sowie wegen der Notwendigkeit einer verstärkten Koordination zwischen den Mitgliedstaaten besser auf Unionsebene verwirklichen lassen kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 5 EU-Vertrag tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht der vorliegende Beschluss nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus -
- 1 ABl. C [...] vom [...], S. [...].
- 2 ABl. C 319 vom 13.12.2008, S. 11.
- 3 KOM (2007) 242 endg.; Dok. 9496/07.
Haben folgenden Beschluss erlassen:
Artikel 1
Gegenstand
- Mit diesem Beschluss wird eine Maßnahme der Europäischen Union mit dem Titel "Europäisches Kulturerbe-Siegel" geschaffen.
Artikel 2
Definition
- Für die Zwecke dieses Beschlusses werden Denkmäler, Stätten im ländlichen oder städtischen Raum, Kulturlandschaften, Gedenkstätten, Kulturgüter sowie mit einem Ort verbundenes immaterielles Kulturerbe, einschließlich zeitgenössischen Kulturerbes, als "Stätten" bezeichnet.
Artikel 3
Ziele
- (1) Die allgemeinen Ziele der Maßnahme bestehen darin, zu Folgendem beizutragen:
- - Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Europäischen Union anhand gemeinsamer Elemente der Geschichte und des Kulturerbes und Steigerung des Stellenwertes der Vielfalt;
- - Förderung des interkulturellen Dialogs.
- (2) Auf der mittleren Ebene zielt die Maßnahme darauf ab,
- - Stätten aufzuwerten und bekanntzumachen, die in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union eine wesentliche Rolle gespielt haben;
- - die europäischen Bürgerinnen und Bürger eingehender mit dem europäischen Aufbauwerk und mit ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut zu machen, insbesondere unter Bezugnahme auf die demokratischen Werte und die Menschenrechte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden.
- (3) Die konkreten Ziele der Maßnahme sind:
- - Hervorhebung der europäischen Bedeutung der Stätten;
- - Sensibilisierung junger Menschen für das gemeinsame Kulturerbe;
- - Erleichterung des Austausches von Erfahrungen und vorbildlichen Verfahren in ganz Europa;
- - Verbesserung des Zugangs zu kulturellen Stätten für alle Bürgerinnen und Bürger und insbesondere für junge Menschen;
- - Vertiefung des interkulturellen Dialogs, insbesondere unter jungen Menschen, durch Angebote zur künstlerischen, kulturellen und geschichtlichen Bildung;
- - Ausschöpfung von Synergien zwischen dem Kulturerbe und zeitgenössischer künstlerischer und kreativer Arbeit;
- - Beitrag zur Attraktivität und zur nachhaltigen Entwicklung der Regionen.
Artikel 4
Teilnahme an der Maßnahme
- An der Maßnahme können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilnehmen. Diese Teilnahme ist freiwillig.
Artikel 5
Komplementarität mit anderen Initiativen
- Die Kommission und die Mitgliedstaaten sorgen für die Komplementarität des Europäischen Kulturerbe-Siegels mit anderen Initiativen im Bereich Kulturerbe (z.B. UNESCO-Liste des Welterbes und "Kulturwege Europas" des Europarates).
Artikel 6
Zugang zur Maßnahme
- Das Europäische Kulturerbe-Siegel kann Stätten gemäß der Definition in Artikel 2 zuerkannt werden.
Artikel 7
Kriterien
- Die Vergabe des Europäischen Kulturerbe-Siegels erfolgt auf Grundlage der folgenden Kriterien:
- (1) Die für das Siegel vorgeschlagenen Stätten müssen einen symbolischen europäischen Wert aufweisen und eine maßgebliche Rolle in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union gespielt haben. Die Bewerber müssen daher Folgendes belegen:
- - ihre grenzübergreifende oder europaweite Bedeutung (der Einfluss und die Anziehungskraft, die früher von der Stätte ausgingen und derzeit von ihr ausgehen müssen über die Grenzen des betreffenden Mitgliedstaates hinausreichen);
- - und/oder die Stellung und Rolle der Stätte in der europäischen Geschichte und im europäischen Einigungsprozess sowie ihre Verbindung zu maßgeblichen europäischen Ereignissen oder Persönlichkeiten sowie zu kulturellen, künstlerischen politischen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, technologischen oder industriellen Bewegungen;
- - und/oder die Stellung und Rolle der Stätte in Rahmen der Entwicklung und Verbreitung der gemeinsamen Werte, die das Fundament der europäischen Einigung bilden, z.B. Freiheit, Wahrung der Menschenrechte, kulturelle Vielfalt, Toleranz und Solidarität.
- (2) Die Bewerber um das Siegel legen einen Projektvorschlag vor, der auf die Förderung der europäischen Dimension der Stätten ausgerichtet ist und mit dem sie sich zu Folgendem verpflichten:
- - Sensibilisierung für die europäische Bedeutung der Stätte, insbesondere mittels geeigneter Informationsaktivitäten, Beschilderung und Schulungen für das Personal;
- - Organisation pädagogischer Maßnahmen, insbesondere für junge Menschen, um die Bürgerinnen und Bürger besser mit der gemeinsamen Geschichte Europas und ihrem gemeinsamen und zugleich vielfältigen Kulturerbe vertraut zu machen und zugleich ihr Zugehörigkeitsgefühl zu einem gemeinsamen Kulturraum zu fördern;
- - Förderung der Mehrsprachigkeit durch die Nutzung mehrerer Sprachen der Europäischen Union;
- - Teilnahme an den Aktivitäten des Netzes der mit dem Europäisches Kulturerbe-Siegel ausgezeichneten Stätten, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Projekte anzustoßen;
- - Steigerung der Außenwirkung und der Attraktivität der Stätte auf europäischer Ebene, z.B. mittels moderner Technologien;
- - sofern der spezifische Charakter der Stätte dies erlaubt, wird die Ausrichtung künstlerischer und kultureller Aktivitäten (Veranstaltungen, Festivals, Residenzstipendien) begrüßt, die die Mobilität europäischer Künstler und Sammlungen unterstützen, den interkulturellen Dialog stimulieren und Verknüpfungen zwischen dem Kulturerbe und zeitgenössischer künstlerischer und kreativer Arbeit fördern.
- (3) Die Bewerber um das Siegel legen einen Managementplan vor, der sie zu Folgendem verpflichtet:
- - solides Management der Stätte;
- - Schutz und Erhaltung der Stätte für künftige Generationen im Einklang mit den einschlägigen Schutzregelungen;
- - Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Besucherinfrastruktur (geschichtliche Darstellung, Informationen, Ausschilderung usw.);
- - Gewährleistung der Zugänglichkeit der Stätte für ein möglichst breites Publikum, z.B. durch bauliche Anpassungen und Schulung des Personals;
- - besondere Berücksichtigung junger Menschen, insbesondere, indem ihnen beim Zugang zur Stätte Vorrang eingeräumt wird;
- - Bekanntmachung der Stätte als touristisches Ziel;
- - Entwicklung einer kohärenten, umfassenden Kommunikationsstrategie, die die europäische Bedeutung der Stätte hervorhebt;
- - Gewährleistung einer größtmöglichen Umweltfreundlichkeit des Managementplans, um die potenziell schädlichen Auswirkungen des Tourismus so gering wie möglich zu halten.
- (1) Die für das Siegel vorgeschlagenen Stätten müssen einen symbolischen europäischen Wert aufweisen und eine maßgebliche Rolle in der Geschichte und beim Aufbau der Europäischen Union gespielt haben. Die Bewerber müssen daher Folgendes belegen:
Artikel 8
Europäische Jury aus unabhängigen Experten
- (1) Es wird eine europäische Jury aus unabhängigen Experten eingerichtet (im Folgenden "europäische Jury"), die die Auswahl- und Kontrollverfahren auf europäischer Ebene durchführt. Die Jury sorgt dafür, dass die Kriterien in den teilnehmenden Mitgliedstaaten einheitlich zur Anwendung kommen.
- (2) Die europäische Jury besteht aus 12 Mitgliedern. Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission benennen jeweils vier Mitglieder. Die Jury bestimmt ihren Vorsitz.
- (3) Bei den Mitgliedern der Jury handelt es sich um unabhängige Experten. Sie müssen über umfassende Erfahrungen und Fachkenntnisse auf den Gebieten Kultur, Kulturerbe, europäische Geschichte oder in anderen für die Ziele des Europäischen Kulturerbe-Siegels relevanten Bereichen verfügen.
- (4) Die Mitglieder der europäischen Jury werden für drei Jahre benannt. Abweichend hiervon gilt für das erste Jahr, in dem dieser Beschluss in Kraft ist, dass die Kommission vier Mitglieder für ein Jahr, das Europäische Parlament vier Mitglieder für zwei Jahre und der Rat vier Mitglieder für drei Jahre benennt.
- (5) Wenn sich herausstellt, dass ein Mitglied der Jury in Zusammenhang mit einer Stätte in einem Interessenkonflikt steht, nimmt das betreffende Mitglied nicht an der Bewertung dieser Stätte teil.
- (6) Sämtliche Berichte, Empfehlungen und Mitteilungen der europäischen Jury werden veröffentlicht.
Artikel 9
Bewerbungsformular
- Um die Verfahren so einfach wie möglich zu gestalten, erstellt die Kommission ein von allen Bewerbern zu verwendendes gemeinsames Bewerbungsformular, das auf den Auswahlkriterien basiert. Es werden nur Bewerbungen berücksichtigt, die unter Verwendung dieses offiziellen Formulars eingereicht werden.
Artikel 10
Vorauswahl auf nationaler Ebene
- (1) Für die Vorauswahl der Stätten, die für das Europäische Kulturerbe-Siegel in Betracht kommen, sind die Mitgliedstaaten zuständig.
- (2) Jeder Mitgliedstaat erhält die Möglichkeit, nach Maßgabe des Zeitplans im Anhang pro Jahr höchstens zwei im Rahmen der Vorauswahl ermittelte Stätten vorzuschlagen. In den Jahren, die dem Kontrollverfahren vorbehalten sind, findet kein Auswahlverfahren statt.
- (3) Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip legt jeder Mitgliedstaat die Verfahren und den Zeitplan für die Vorauswahl selbst fest, wobei die Verwaltungsmodalitäten so einfach und flexibel wie möglich zu halten sind. Die Mitgliedstaaten benachrichtigen die Kommission jedoch spätestens am 31. Januar des Jahres, in dem das Auswahlverfahren stattfindet, über die Ergebnisse der Vorauswahl.
- (4) Die Vorauswahl erfolgt auf Grundlage der in Artikel 7 festgelegten Kriterien; es ist das in Artikel 9 genannte Bewerbungsformular zu verwenden.
Artikel 11
Endgültige Auswahl auf Unionsebene
- (1) Für die endgültige Auswahl der Stätten für das Europäische Kulturerbe-Siegel ist die Europäische Kommission zuständig; die Auswahl wird von der europäischen Jury vorgenommen.
- (2) Die europäische Jury bewertet die Bewerbungen der vorgeschlagenen Stätten und wählt höchstens eine Stätte pro Mitgliedstaat aus. Erforderlichenfalls können zusätzliche Informationen angefordert und Besuche bei den Stätten anberaumt werden.
- (3) Die endgültige Auswahl erfolgt auf Grundlage der in Artikel 7 festgelegten Kriterien; es ist das in Artikel 9 genannte Bewerbungsformular zu verwenden.
- (4) Die europäische Jury legt bis zum 31. Oktober des Jahres, in dem das Auswahlverfahren stattfindet, einen Bericht über die Stätten vor, die die Vorauswahl bestanden haben. Aus diesem Bericht geht hervor, welche Stätten für die Zuerkennung des Europäisches Kulturerbe-Siegel empfohlen werden, und es wird begründet warum Stätten nicht in diese endgültige Liste aufgenommen wurden.
- (5) Bewerber, die nicht in die endgültige Liste aufgenommen wurden, können in den Folgejahren erneut eine Bewerbung im Rahmen der Vorauswahl auf nationaler Ebene einreichen.
Artikel 12
Länderübergreifende Stätten
- (1) Für die Zwecke dieses Beschlusses werden folgende Stätten als "länderübergreifende Stätten" betrachtet:
- - mehrere Stätten, die sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden und gemeinsam auf Grundlage eines bestimmten Themas eine einzige Bewerbung einreichen
- - eine Stätte, die sich geografisch auf dem Hoheitsgebiet mindestens zweier verschiedener Mitgliedstaaten befindet.
- (2) Für Bewerbungen länderübergreifender Stätten gilt das gleiche Verfahren wie für Bewerbungen anderer Stätten. Die Bewerbungen durchlaufen die Vorauswahl in einem der betroffenen Mitgliedstaaten, wobei auch diese Bewerbungen unter die in Artikel 10 vorgesehene Höchstzahl von zwei Stätten pro Mitgliedstaat fallen, und nach Anhörung und Zustimmung aller betroffenen Mitgliedstaaten werden sie im Namen aller dieser Staaten vorgeschlagen.
- (3) Erfüllt eine länderübergreifende Stätte sämtliche in Artikel 7 festgelegte Kriterien, wird ihr bei der endgültigen Auswahl Priorität eingeräumt.
Artikel 13
Zuerkennung
- (1) In Anbetracht der Empfehlungen der europäischen Jury ernennt die Kommission im Jahr nach der Durchführung des Auswahlverfahrens offiziell die Stätten, denen das Europäische Kulturerbe-Siegel zuerkannt wird. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat hierüber.
- (2) Nach Maßgabe der Bedingungen der Artikel 14 und 15 und vorbehaltlich der Weiterführung der Maßnahme wird das Europäische Kulturerbe-Siegel den Stätten im Prinzip auf unbegrenzte Zeit zuerkannt.
Artikel 14
Kontrolle
- (1) Jede mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnete Stätte wird regelmäßig kontrolliert um zu gewährleisten, dass die Stätte die Kriterien dauerhaft erfüllt und sämtlichen Verpflichtungen nachkommt, die sie mit ihrer Bewerbung eingegangen ist.
- (2) Jeder Mitgliedstaat ist für die Kontrolle sämtlicher Stätten zuständig, die sich in seinem Hoheitsgebiet befinden. Die Mitgliedstaaten tragen alle benötigten Informationen zusammen und erstellen gemäß dem Zeitplan im Anhang alle vier Jahre einen ausführlichen Bericht.
- (3) Der Bericht ist spätestens am 31. Januar des Jahres, in dem das Kontrollverfahren stattfindet der Kommission zu übermitteln und der europäischen Jury zur Prüfung vorzulegen.
- (4) Die europäische Jury legt spätestens am 31. Oktober des Jahres, in dem das Kontrollverfahren stattfindet, einen Bericht über die Situation in den mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten im betreffenden Mitgliedstaat vor; dieser Bericht enthält erforderlichenfalls Kommission gemeinsame Indikatoren für die Mitgliedstaaten fest.
Artikel 15
Aberkennung des Siegels
- (1) Stellt die europäische Jury fest, dass eine Stätte die Kriterien des Europäischen Kulturerbe-Siegels nicht mehr erfüllt oder nicht mehr sämtlichen Verpflichtungen nachkommt die sie mit ihrer Bewerbung eingegangen ist, leitet die Jury über die Kommission einen Dialog mit dem betreffenden Mitgliedstaat ein, um die Stätte bei der Durchführung der erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu unterstützen.
- (2) Wurden nach einem Zeitraum von 18 Monaten nach Beginn des Dialogs nicht die erforderlichen Abhilfemaßnahmen bei der Stätte durchgeführt, teilt die europäische Jury dies der Kommission mit. Dieser Mitteilung sind eine Begründung sowie Empfehlungen zur Verbesserung der Situation beigefügt.
- (3) Wurden die Empfehlungen nach einem Zeitraum von weiteren 18 Monaten nicht umgesetzt spricht die europäische Jury die Empfehlung aus, der betreffenden Stätte das Europäische Kulturerbe-Siegel abzuerkennen.
- (4) Die endgültige Entscheidung über die Aberkennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels trifft die Kommission. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat hierüber.
- (5) Die Mitteilungen und Empfehlungen der europäischen Jury werden veröffentlicht.
Artikel 16
Praktische Modalitäten
- (1) Die Kommission setzt die Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel um. Sie hat insbesondere folgende Aufgaben:
- - Gewährleistung der Gesamtkohärenz und der Qualität der Maßnahme;
- - Koordination zwischen den Mitgliedstaaten und der europäischen Jury;
- - Aufstellung von Leitlinien für das Auswahl- und das Kontrollverfahren sowie Erstellung des Bewerbungsformulars;
- - Unterstützung der europäischen Jury aus unabhängigen Experten.
- (2) Die Kommission ist auf europäischer Ebene für die Kommunikation und die Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel zuständig hierzu erstellt und unterhält sie insbesondere eine eigene Website.
- (3) Die Kommission fördert die Vernetzung zwischen den mit dem Siegel ausgezeichneten Stätten.
- (4) Die in den Absätzen 2 und 3 genannten Maßnahmen und die durch die europäische Jury anfallenden Kosten werden aus den in Artikel 19 vorgesehenen Mitteln finanziert.
Artikel 17
Evaluierung
- (1) Die Kommission veranlasst die externe und unabhängige Evaluierung der Maßnahme "Europäisches Kulturerbe-Siegel". Bei dieser Evaluierung, die gemäß dem Zeitplan im Anhang alle sechs Jahre stattfindet, werden sämtliche relevanten Aspekte untersucht einschließlich der Effizienz der bei der Umsetzung der Maßnahme angewandten Verfahren, der Anzahl der Stätten, der Wirkung der Maßnahme, der Möglichkeiten zu ihrer Verbesserung und der Frage, ob das Europäische Kulturerbe-Siegel weitergeführt werden sollte.
- (2) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der Evaluierung einen Evaluierungsbericht vor.
Artikel 18
Übergangsbestimmungen
- (1) Die Stätten in den Mitgliedstaaten, denen das Siegel bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Initiative für das Europäische Kulturerbe-Siegel zuerkannt wurde werden im Jahr [auf das Jahr des Inkrafttretens des vorliegenden Beschlusses folgendes Jahr] erneut bewertet.
Für diese Stätten sind auf Grundlage der in den Artikeln 6 bis 9 festgelegten neuen Kriterien und Verfahren neue Bewerbungen einzureichen, die die betreffenden Mitgliedstaaten spätestens bis zum 31. Januar [betreffendes Jahr] an die Kommission übermitteln.
Diese neuen Bewerbungen werden von der europäischen Jury bewertet.
Erfüllt eine von einem Mitgliedstaat vorgeschlagene Stätte nicht die Kriterien oder werden zusätzliche Informationen benötigt, leitet die europäische Jury über die Kommission einen Dialog mit dem betreffenden Mitgliedstaat ein, um zu prüfen, ob die Bewerbung vor einer endgültigen Entscheidung verbessert werden kann.
Erforderlichenfalls könnten Besuche bei der betreffenden Stätte anberaumt werden.
Die europäische Jury legt bis Ende des Jahres [betreffendes Jahr] einen Bericht über die Stätten vor und gibt darin Empfehlungen dazu ab, ob ihnen das Europäische Kulturerbe-Siegel zuerkannt werden sollte, es sei denn, von den Mitgliedstaaten werden zusätzliche Auskünfte benötigt.
Anschließend ernennt die Kommission die Stätten offiziell.
Nach Maßgabe der Bedingungen der Artikel 14 und 15 und vorbehaltlich der Weiterführung der Maßnahme wird das Europäische Kulturerbe-Siegel den unter diesen Absatz fallenden Stätten im Prinzip auf unbegrenzte Zeit zuerkannt.
Bewerber, die nicht in die endgültige Liste aufgenommen wurden, können in den Folgejahren erneut eine Bewerbung im Rahmen der Vorauswahl auf nationaler Ebene einreichen.
- (2) Mitgliedstaaten, die nicht an der zwischenstaatlichen Initiative für das Europäische Kulturerbe-Siegel teilgenommen haben, können im Jahr [zweites auf das Jahr des Inkrafttretens des vorliegenden Beschlusses folgendes Jahr] höchstens vier Stätten für die Zuerkennung des Europäischen Kulturerbe-Siegels vorschlagen.
Für diese Stätten sind auf Grundlage der in den Artikeln 6 bis 9 festgelegten Kriterien und Verfahren Bewerbungen einzureichen, die die betreffenden Mitgliedstaaten spätestens bis zum 31. Januar [betreffendes Jahr] an die Kommission übermitteln.
Diese neuen Bewerbungen werden von der europäischen Jury bewertet. Erfüllt eine von einem Mitgliedstaat vorgeschlagene Stätte nicht die Kriterien oder werden zusätzliche Informationen benötigt, leitet die europäische Jury über die Kommission einen Dialog mit dem betreffenden Mitgliedstaat ein, um zu prüfen, ob die Bewerbung vor einer endgültigen Entscheidung verbessert werden kann.
Erforderlichenfalls könnten Besuche bei der betreffenden Stätte anberaumt werden.
Die europäische Jury legt bis Ende des Jahres [betreffendes Jahr] einen Bericht über die Stätten vor und gibt darin Empfehlungen dazu ab, ob ihnen das Europäische Kulturerbe-Siegel zuerkannt werden sollte, es sei denn, von den Mitgliedstaaten werden zusätzliche Auskünfte benötigt.
Anschließend ernennt die Kommission die Stätten offiziell.
Nach Maßgabe der Bedingungen der Artikel 14 und 15 und vorbehaltlich der Weiterführung der Maßnahme wird das Europäische Kulturerbe-Siegel den unter diesen Absatz fallenden Stätten im Prinzip auf unbegrenzte Zeit zuerkannt.
Bewerber, die nicht in die endgültige Liste aufgenommen wurden, können in den Folgejahren erneut eine Bewerbung im Rahmen der Vorauswahl auf nationaler Ebene einreichen.
- (3) Die Auswahl- und Kontrollverfahren für das Europäische Kulturerbe-Siegel, die in den Artikeln 6 bis 15 festgelegt sind, laufen im Jahr [drittes auf das Jahr des Inkrafttretens des vorliegenden Beschlusses folgendes Jahr] an.
Artikel 19
Finanzbestimmungen
- (1) Die Finanzausstattung für die Durchführung der Maßnahme im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2013 wird auf 1 350 000 EUR festgesetzt.
- (2) Die jährlichen Mittel werden von der Haushaltsbehörde in den Grenzen des mehrjährigen Finanzrahmens bewilligt.
Artikel 20
Inkrafttreten
- Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident
Anhang
Zeitplan
[Jahr n] | Annahme des Beschlusses Vorarbeiten |
[Jahr n+1] | Erneute Bewertung der Stätten, denen bereits im Rahmen der zwischenstaatlichen Initiative das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen wurde |
[Jahr n+2] | Einreichung von Bewerbungen durch die Mitgliedstaaten, die nicht an der zwischenstaatlichen Initiative teilgenommen haben |
[Jahr n+3] | Auswahl |
[Jahr n+4] | Kontrolle |
[Jahr n+5] | Auswahl |
[Jahr n+6] | Auswahl Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels |
[Jahr n+7] | Auswahl |
[Jahr n+8] | Kontrolle |
[Jahr n+9] | Auswahl |
[Jahr n+10] | Auswahl |
[Jahr n+11] | Auswahl |
[Jahr n+12] | Kontrolle Evaluierung des Europäischen Kulturerbe-Siegels |
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Finanzbogen
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