Punkt 2 der 929. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2014
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat bekräftigt die in seiner Stellungnahme vom 19. September 2014 zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung dargelegte Auffassung, dass die Weiterentwicklung des Bildungssystems im Sinne der Inklusion von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung ist und eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden darstellt, vgl. BR-Drucksache 323/14(B) .
- 2. Der Bundesrat begrüßt insofern die Absicht des Bundes, die Träger der Eingliederungshilfe und damit auch der Integrationshilfen zu entlasten. Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass die Höhe der Leistungen des Bundes dauerhaft dem tatsächlichen Bedarf gerecht wird. Es entspricht dem gemeinsamen Interesse von Bund, Ländern und Kommunen, dass sich der Anstieg der Kosten aus den letzten Jahren nicht weiter fortsetzt.
- 3. Bei der Inklusion geht es um Aufgaben der Bildungs-, Sozial-, Wirtschafts-, Integrations- und Gesellschaftspolitik sowie um Aufgaben aller politischen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen). Die Aufgaben und Leistungen für die inklusive Bildung müssen sinnvoll aufeinander bezogen und miteinander abgestimmt werden.
Der Bundesrat hält es für erforderlich, entsprechend den Befunden im Bericht von Bund und Ländern "Bildung in Deutschland 2014" dafür zu sorgen, dass die unterschiedlichen Zuständigkeiten, inhaltlichen Ansätze und der Einsatz von Ressourcen beim Zusammenwirken von Sozialsystem und Bildungssystem bei Maßnahmen der Bildung und Förderung von Menschen mit Behinderungen aufeinander abgestimmt werden. An der Schnittstelle von Sozialrecht des Bundes und Schulrecht der Länder sollte die komplementäre Zielstellung staatlicher Ressourcen stärker betont werden. Der Bund hat im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum "Bildungs- und Teilhabepaket" bereits zutreffend erkannt, dass im Schulwesen Aufgaben erfüllt werden, die ansonsten die Sozialhilfeträger zu erfüllen hätten. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Notwendigkeit, über die pädagogische Kernaufgabe hinaus die beteiligten Professionen in der Verantwortung für den Gesamtprozess inklusiver Bildung zu vernetzen (sogenannte multiprofessionelle Teams).
- 4. So müssen die gesetzlichen Regelungen zur Integrationshilfe dahin weiterentwickelt werden, dass unter Beachtung der individuellen Rechtsansprüche eine sinnvolle Bündelung von Leistungen zur Erfüllung individueller Ansprüche rechtssicher ermöglicht wird (sogenanntes "Pooling"). Dies ist auch pädagogisch begründet, da ein ungeordnetes, nicht aufeinander abgestimmtes Nebeneinander individueller Hilfen im Unterrichtsgeschehen kontraproduktiv wirken kann.
- 5. Der Bundesrat hält es im Übrigen für notwendig, im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe den anspruchsberechtigten Personenkreis möglichst einheitlich zu definieren.
- 6. Der Bundesrat befürwortet die Perspektive einer multiprofessionellen Schule, ist aber im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung der Länder zur Bereitstellung und Finanzierung des pädagogischen Personals an den allgemein- und berufsbildenden Schulen der Auffassung, dass im Zuge der Reform der Eingliederungshilfe Zuständigkeiten nach SGB VIII und SGB XII nicht dem Verantwortungsbereich der Schule zugeordnet werden dürfen.
Unter diesem Gesichtspunkt ist es daher dringend geboten, die Länder und ihre Belange frühzeitig bei der Erarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes angemessen einzubeziehen.