914. Sitzung des Bundesrates am 20. September 2013
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Kommission, den rechtlichen Rahmen für Zahlungsdienste in der EU an die Entwicklung neuer Zahlungsdienste und Bezahlformen anzupassen.
- 2. Der Bundesrat regt an, die Aufnahme einer Bestimmung zu prüfen, mit der die Entgelte für Barabhebungen an Geldautomaten auf eine angemessene Höhe begrenzt werden.
- 3. Der Bundesrat hält eine verschuldens- und verursachungsunabhängige Eigenbeteiligung bei einer missbräuchlichen Nutzung eines Zahlungsinstruments für nicht sachgerecht. Angesichts der zahlreichen Berichte über die unbefugte Weitergabe von Kreditkartendaten durch Mitarbeiter auf Händler- und Anbieterseite ist davon auszugehen, dass die missbräuchliche Nutzung zumindest von Kreditkarten überwiegend nicht in der Verantwortungssphäre der Kunden liegt. Die Kunden würden gegenüber der geltenden Rechtslage bei Kreditkartenzahlungen im Internet mit deutlich höheren Risiken belastet, was im Widerspruch zu dem Bestreben der Kommission steht, Kartenzahlungen im Internet zu fördern. Daher spricht sich der Bundesrat dafür aus, weiterhin die Eigenbeteiligung im Falle einer missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments von der nicht sicheren Aufbewahrung persönlicher Sicherheitsmerkmale abhängig zu machen.
- 4. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dem Kunden bei Lastschriften ein unbedingtes Rückbuchungsrecht innerhalb von acht Wochen einzuräumen. Der von der Kommission vorgeschlagene Ausschluss des Rückbuchungsrechts bei Vertragserfüllung durch den Zahler erscheint streitanfällig. Außerdem verringert der Ausschluss des Rückbuchungsrechts den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher bei unberechtigten Abbuchungen im Zusammenhang mit unseriösen Geschäftsmodellen, bei denen häufig Zahlungen für Dienstleistungen oder digitale Inhalte verlangt werden.
- 5. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Einbeziehung der Zahlungsinitialisierungsdienste einerseits die Wettbewerbsgleichheit am Markt fördert. Andererseits hat der Bundesrat Bedenken, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher durch Preisgabe ihrer Online-Banking-Zugangsdaten gegenüber Dritten erheblichen Risiken und Missbrauchsgefahren aussetzen. Der Bundesrat betont daher die Notwendigkeit, dass grundsätzlich sichergestellt sein muss, dass im Zusammenhang mit Zahlungsinitialisierungsdiensten insbesondere die technische Absicherung sowie der Ausschluss zusätzlicher Haftungsrisiken gewährleistet sind, Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend geschützt sind und die mit der Übermittlung von Authentifizierungsmerkmalen derzeit verbundene Rechtsunsicherheit für die Kunden beseitigt wird.
- 6. Der Bundesrat hält es für erforderlich, Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Sicherungssystemen zu schützen, die im Hinblick auf die technische Fortentwicklung und die aktuellen Bedrohungen als untauglich angesehen werden müssen, und Zahlungsdienstleister zu einer adäquaten Anpassung ihrer Sicherheitsverfahren zu verpflichten.
In Artikel 66 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 61 Absatz 1 Buchstabe e des Richtlinienvorschlags wird vom Zahlungsdienstnutzer eine unverzügliche Anzeige beim Zahlungsdienstleister verlangt, sobald der Nutzer vom Verlust, Diebstahl, von missbräuchlicher Verwendung oder sonstiger nicht autorisierter Nutzung des Zahlungsinstruments Kenntnis erhält.
Ebenso wie hier von Verbraucherinnen und Verbrauchern ein rasches Handeln verlangt wird, ist auch von Anbietern ein rasches Anpassen von Sicherungssystemen zu verlangen.
Der Bundesrat regt daher an, die Aufnahme einer Bestimmung zu prüfen, die spätestens zwei Jahre nach Dokumentation einer bestimmten Angriffsform in der EU einen Haftungsausschluss seitens der Verbraucherinnen und Verbraucher vorsieht, wenn diese trotz der Erkenntnisse aus dem Angriff über die Sicherheitslücken noch Opfer eines solchen Angriffs werden konnten.
Zahlreiche Hinweise, wie verschiedenen Angriffen zu begegnen ist, dürfen kein Dauerzustand sein. Auch ist zu bedenken, dass die Kreditinstitute im Hinblick auf neue Bedrohungs- und Angriffsformen gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern über einen großen Wissensvorsprung verfügen.
- 7. Der Bundesrat bittet zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass auch bei Überweisungen mit Währungskonversion innerhalb der EU sich die oder der Zahlungspflichtige bzw. die Verbraucherin oder der Verbraucher darauf verlassen kann, dass ein von ihr oder ihm angewiesener Betrag in einer "Fremdwährung", den sie oder er schuldet, auch so beim Zahlungsempfänger gutgeschrieben wird. Intransparente Abzüge, die den Betrag verringern, darf es nicht geben und Entgelte müssen wie bei Überweisungen ohne Konversion gesondert ausgewiesen werden. Wenn viele Verbraucherinnen und Verbraucher aus Sorge, eine Forderung nicht vollständig in der anderen Währung zu begleichen, von der Kostenoption OUR (der Zahler trägt alle Kosten) Gebrauch machen, müssen die Kosten der Empfängerbank vorab von dem Zahlungspflichtigen in Erfahrung gebracht werden können.
- 8. Als Beispiel für dieses Grundproblem, über das nicht nur der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv), sondern auch Verbraucherschutzorganisationen aus anderen EU-Mitgliedstaaten berichten, kann die Schilderung eines Verbrauchers genannt werden, der für die Anzahlung und die Restzahlung eines Sprachkurses in England in Höhe von 300 GBP und 2 635 GPB nicht nur 12 Euro pro Buchung an Kosten, wie von seiner Bank avisiert, sondern mit den Fremdkosten der britischen Seite sogar insgesamt 60 Euro zahlen musste.
- 9. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 10. Der Finanzausschuss, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.