Punkt 29 der 948. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2016
Der Bundesrat möge beschließen:
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen eines Stufenplanes eine klare zeitliche Perspektive für den vollständigen Ausstieg aus der Anrechnung von Einkommen und Vermögen zu benennen.
Begründung:
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Anrechnung von Einkommen und Vermögen Relikt eines vom bisherigen Fürsorgecharakter geprägten Verständnisses der Eingliederungshilfe als Ausgleich von Defiziten ist. Leistungen der Fürsorge waren und sind als subsidiäre staatliche Hilfen grundsätzlich vom Einsatz des eigenen Einkommens und Vermögens abhängig. Die Fachleistungen der neu konzipierten Eingliederungshilfe folgen dagegen dem inklusiven Ansatz der UN-BRK, unter deren Geltung allen Menschen von vornherein die Teilnahme an allen gesellschaftlichen Aktivitäten auf allen Ebenen und in vollem Umfang ermöglicht werden soll. Hieraus ergibt sich ein umfassender Auftrag an den Staat, die Voraussetzungen für gleichberechtigte Teilhabe zu schaffen. Ein wie auch immer gearteter Eigenbeitrag der Berechtigten beinhaltet eine Relativierung dieses Auftrags.
Darüber hinaus bewirkt das vorgesehene System des Eigenbeitrags in den §§ 135 ff. SGB IX-E negative wirtschaftliche Anreize für den Willen der Berechtigten, höhere Qualifikationen zu erwerben und nach Möglichkeit ein höheres Erwerbseinkommen zu erzielen. Menschen mit Behinderungen, die beruflich erfolgreich sind, werden somit für ihre Fähigkeiten und Anstrengungen quasi benachteiligt; Menschen ohne Behinderungen müssen demgegenüber keine vergleichbare Abgabe leisten. Auch dies widerspricht dem Grundsatz der Inklusion, der dem Gesetzentwurf zugrunde liegt. Darüber hinaus ist das vorgesehene System zur Ermittlung des Eigenbeitrags kompliziert und führt zu einem erheblichen Mehraufwand bei der verwaltungspraktischen Umsetzung.