Der Bundesrat hat in seiner 936. Sitzung am 25. September 2015 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Zielrichtung des Vorschlags bezüglich der Aktualisierung und Neuskalierung der Energieeffizienzetiketten für Elektrogeräte.
Er teilt die Auffassung, dass sich das bunte "EU-Label" für Geräte und Produkte durch seine Bekanntheit bei Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen gut bewährt hat, um ihnen eine schnelle und einfache Einstufung eines Geräts oder Produkts zu einer bestimmten Effizienzklasse zu ermöglichen. Dadurch hat sich in den letzten Jahren eine Marktdynamik zugunsten der effizientesten Produkte entwickelt.
Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, die ordnungsrechtlichen Grundlagen für das "EU-Label" zu novellieren und insbesondere die Skalen der unterschiedlichen Produktgruppen wieder zu vereinheitlichen.
Angesichts der bestehenden Parallelskalen ist durch die Vereinheitlichung der Energieverbrauchslabel mit einer Steigerung der Verständlichkeit für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie einer besseren Vergleichbarkeit des Energieverbrauchs der Elektrogeräte zu rechnen.
- 2. Allerdings sind noch weitere Verbesserungen bzw. Klarstellungen im Sinne einer effizienten Marktüberwachung und der Wirtschaftsakteure erforderlich. Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich bei den anstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene für die nachfolgenden Änderungen einzusetzen.
Zu Artikel 6
- 3. Zeitnah sollte ein europäischer Leitfaden zur Einstufung des Risikos (analog zu den Leitlinien für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Systems zum raschen Informationsaustausch "RAPEX" gemäß Artikel 12 und des Meldeverfahrens gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit) im Hinblick auf die unter die Verordnung fallenden Aspekte des Schutzes öffentlicher Interessen entwickelt werden.
In Artikel 6 werden in Anlehnung an den Beschluss (EG) Nr. 768/2008/EG Anforderungen an Schutzklauselverfahren der Union formuliert. Allerdings ist der Begriff "Risiko" im Sinne der vorgeschlagenen Verordnung nicht definiert. Ein Leitfaden zur Einstufung des Risikos würde die Voraussetzungen für eine europaweite Gleichbehandlung aller Wirtschaftsakteure schaffen.
Zu Artikel 7
- 4. Der Bundesrat bittet darum, bei der Neuskalierung von Etiketten auf eine größtmögliche Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu achten. Hierbei sollte durch eine auffällige und eindeutige Gestaltung sichergestellt werden, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher auf den ersten Blick erkennen können, welches das neue Etikett und welches das alte Etikett ist.
Die für ein Produkt verwendete Etikettierung sollte daher ohne großen Aufwand eindeutig einem bestimmten Zeitraum zuzuordnen sein und Anforderungen an die Etikettierung sollten produktspezifisch in den jeweiligen Durchführungsvorschriften formuliert werden. Das nach Artikel 7 geplante Nach-/Umlabeln bereits angebotener/ausgestellter Produkte würde insbesondere für kleinere Händler mit großen Anstrengungen verbunden sein. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, müssen die Label sowohl für den Endkunden aber auch für die Marktüberwachung klar erkennbar ausweisen, zu welcher "Gültigkeitsperiode" sie gehören.
So wäre beispielsweise eine klare zeitliche Angabe über den Etiketten denkbar (zum Beispiel "Energieeffizienzskala bis <Datum>" sowie "Neue Energieeffizienzskala ab <Datum>"). Die vorgesehenen Werbe- und Informationskampagnen werden befürwortet.
- 5. Bei einer generellen Anforderung an die Etikettierung steht zu befürchten, dass bei Produktsegmenten mit nur noch wenig Entwicklungspotenzial selbst die effizientesten Produkte nicht in die oberste Effizienzklasse einzustufen sind. Es sollte sichergestellt werden, dass die vorhandenen Entwicklungspotenziale eines Produktsegments tatsächlich berücksichtigt werden und somit auch die Erreichung der Energieeffizienzklasse A durch Produkte an der Entwicklungsspitze in einem absehbaren Zeitrahmen ermöglicht wird.
- 6. Das Nach- und Umlabeln, insbesondere von bereits angebotenen Produkten, wird für die betroffenen Unternehmen mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, sich gegenüber der Kommission dafür einzusetzen, dass sowohl der administrative Mehraufwand als auch die finanzielle Mehrbelastung für die betroffenen Unternehmen (Lieferanten und Händler) so gering wie möglich gehalten werden.
- 7. Der Bundesrat regt an, insbesondere der wachsenden Bedeutung des Vertriebs von Geräten und Produkten über das Internet sowie anderen Vertriebsformen Rechnung zu tragen, bei denen der Kunde das Produkt nicht im Verkaufsraum ausgestellt sieht. Da insbesondere das Internet als direktes Kommunikationsmedium zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Marktakteuren fungiert, muss sichergestellt werden, dass die auf dem Label und auf dem Datenblatt enthaltenen Informationen im Sinne der Verordnungen den Verbraucherinnen und Verbrauchern vor dem Kauf eines Produktes zur Verfügung gestellt werden und ihnen die diesbezügliche Kenntnisnahme ermöglicht wird. Daher sollten alle Wirtschaftsakteure (Hersteller, Händler, Lieferanten, Importeure), die Produkte für Endverbraucherinnen und -verbraucher herstellen, in Verkehr bringen oder bewerben, einer konsequenten Pflicht zur Kennzeichnung unterliegen.
Zu Artikel 8
- 8. Die im Verordnungsvorschlag vorgesehene Einführung einer europaweiten Produktdatenbank führt zu einem erheblichen Mehraufwand für die nationalen Marktüberwachungsbehörden. Darüber hinaus stellen die dafür erforderliche Dateneingabe und die zeitnahe Aktualisierung für die betroffenen Unternehmen ebenfalls einen nicht unerheblichen Mehraufwand dar. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auch hier dazu auf, sich gegenüber der Kommission dafür einzusetzen, den administrativen Mehraufwand und die finanzielle Mehrbelastung so gering wie möglich zu halten und bürokratische Prozesse möglichst zu vereinfachen.
- 9. Die Einführung zumindest des nicht öffentlich zugänglichen Bereichs der Produktdatenbank zu Marktüberwachungszwecken sollte abgelehnt werden. Der zur Verbraucherinformation konzipierte öffentlich zugängliche Teil der Produktdatenbank sollte über andere Wege als über eine Festsetzung in der geplanten Verordnung realisiert werden. Alternativ sollten jegliche Prüfverpflichtungen auf Vollständigkeit und Plausibilität der Datenbestände explizit aus den Marktüberwachungsaufgaben ausgenommen werden. Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass die Lieferanten die technische Dokumentation wie bisher über eine Spanne von fünf Jahren nach der Herstellung des letzten betreffenden Produkts für eine Überprüfung bereithalten müssen.
Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d sollen die Lieferanten verpflichtet werden, vor dem Inverkehrbringen eines Produktmodells die in Anhang I aufgeführten Informationen in die gemäß Artikel 8 eingerichtete Datenbank einzugeben. Die Mitgliedstaaten wiederum sollen nach Artikel 4 alle geeigneten Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Lieferanten und Händler die an sie gerichteten Pflichten und Anforderungen erfüllen.
Die verpflichtende Eingabe der erforderlichen Daten, die Überwachung der mit der Datenbank verbundenen Pflichten für die Wirtschaftsakteure und nicht zuletzt auch die Einrichtung einer Produktdatenbank selbst stellen einen erheblichen zusätzlichen Aufwand dar. Nach Einschätzung des Bundesrates stellt die Datenbank keinen Mehrwert zur Verbesserung der Marktüberwachung dar, da es ohnehin erforderlich ist, die Einhaltung der Verpflichtungen der Händler vor Ort zu überprüfen. Bei der Entnahme von Produkten zur physischen Prüfung der nach Etikett angegebenen Daten sind Vor-Ort-Termine in der Regel ebenfalls erforderlich.
Die Verpflichtung zur Eintragung der Produktdaten in die Datenbank umgehen könnten zudem Wirtschaftsakteure aus Drittstaaten, die ihre Waren insbesondere vorwiegend über Onlinehandel vertreiben. Somit würden die Pflichten in Verbindung mit der Datenbank vorwiegend die europäischen Wirtschaftsakteure treffen.
Zu Artikel 10
- 10. Vertreter der Marktüberwachung sollten neben den in Artikel 10 bereits erwähnten Vertretern interessierter Kreise ebenfalls als zu beteiligende Institution aufgeführt werden (vergleiche Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates zur europäischen Normung).
Mit Artikel 10 soll die Kommission den Auftrag erhalten, für eine ausgewogene Beteiligung der an der jeweiligen Produktgruppe interessierten Kreise und der Mitgliedstaaten zu sorgen. Dies begrüßt der Bundesrat ausdrücklich. Um die Praxistauglichkeit der Durchführungsvorschriften für die Marktüberwachung zu fördern, sollten auch die Belange der Marktüberwachung bereits im Rahmen der Rechtsetzung berücksichtigt werden. Dies könnte beispielsweise durch die Einbindung der ADCO-Gruppe (Administrative Cooperation-Group) realisiert werden.
Zu Artikel 12
- 11. Sofern die Einführung der Produktdatenbank nicht abzuwenden ist, sollten die operativen Einzelheiten der Produktdatenbank nicht über delegierte Rechtsakte, sondern direkt in der vorgeschlagenen Verordnung formuliert werden.
Mit Artikel 12 Absatz 3 Satz 5 soll die Kommission die Befugnis erhalten, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 13 zu erlassen, die die operativen Einzelheiten der Produktdatenbank betreffen, einschließlich etwaiger Pflichten für Lieferanten und Händler. Die Mitgliedstaaten hätten nur eingeschränkt die Möglichkeit, Einfluss auf die Ausgestaltung solcher etwaiger Rechtsakte auszuüben. Hier wird die Gefahr gesehen, dass durch entsprechende Rechtsakte ein Mehraufwand zur Überwachung der Anforderungen auf die Mitgliedstaaten zukommen könnte ohne entsprechenden Nutzen.
Zur Vorlage im Übrigen
- 12. Die von der Marktüberwachung für die Konformitätsprüfung zu verwendenden Prüfverfahren sollten zumindest zeitgleich mit der Veröffentlichung der jeweiligen delegierten Rechtsakte bekannt gegeben werden.
Wie die Ausführungen in Erwägungsgrund 19 des Vorschlags darlegen, können auch in der Neuregelung die zu verwendenden Prüfverfahren für die Konformitätsüberwachung der Produkte erst nach der Veröffentlichung der jeweiligen delegierten Rechtsakte durch die Kommission bekannt gegeben werden. Die Rechtsvorschriften enthalten bereits Anforderungswerte. Messgröße, Prüfverfahren, Präzisionsdaten und Grenzwert/Anforderungswert bilden jedoch eine Einheit. Eine Verletzung dieses Grundsatzes würde die Sicherstellung des fairen Wettbewerbs durch die Marktüberwachung erschweren.
- 13. Produktwerbung richtet sich in vielfältiger Weise in Druckschriften, Prospekten, Katalogen, Anzeigen, Plakaten und oftmals auch direkt in elektronischen Medien an die Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Bundesrat bittet die Kommission, mit der vorgeschlagenen Verordnung sicherzustellen, dass jegliche Produktbeschreibung oder Produktwerbung einen Hinweis auf die Energieeffizienzklasse des Produkts enthält, zum Beispiel auch mittels elektronischer Etiketten, wie in Erwägungsgrund 10 dargestellt. Entsprechendes gilt für technische Werbeschriften. Alle Wirtschaftsakteure (Hersteller, Händler, Lieferanten, Importeure) müssen daher sicherstellen, dass technische Werbeschriften einen Hinweis auf den Energieverbrauch oder die Energieeffizienzklasse des Produkts enthalten.
Direktzuleitung
- 14. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.