Der Bundesrat hat in seiner 912. Sitzung am 5. Juli 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Mitteilung der Kommission "Technologien und Innovationen im Energiebereich". Er begrüßt ferner, dass die Kommission in ihrer Mitteilung die im Rahmen ihrer Energietechnologie- und Innovationsstrategie bisher erzielten Fortschritte darlegt und diese fortschreibt.
- 2. Der Bundesrat unterstützt die Kommission in ihrer Einschätzung, dass es einer dynamischen Technologie- und Innovationsstrategie bedarf, die sich an den Zielen des Energiefahrplans 2050 ausrichtet. Aus seiner Sicht ist es jedoch besonders wichtig, dass sich die Strategie an langfristigen und nachhaltigen Zielen orientiert. Eine Strategie je nach Marktlage gilt es in diesem Bereich zu vermeiden.
- 3. In diesem Zusammenhang hält der Bundesrat die von der Kommission angeführte Bedeutung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten für deutlich überbewertet. Die Trendstudie 2030 der Boston Consulting Group im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie legt im Gegensatz zur Mitteilung der Kommission nahe, dass die Förderung von Erdgas mithilfe der sogenannten Frackingmethode für die europäische Energiepolitik bestenfalls geringe Wirkung zeigen wird.
- 4. Der Bundesrat unterstützt zudem die grundlegende Ausrichtung des EU-Strategieplans für Energietechnologie (SET-Plan) mit dem Ziel, Forschungsschwerpunkte zu bilden, nationale Forschungskapazitäten zu bündeln und sich für eine bessere transeuropäische Vernetzung einzusetzen. Vor dem Hintergrund der Ziele des Energiefahrplans 2050 (COM (2011) 885 final) bedauert er jedoch eine falsche Priorisierung der Forschungs- und Innovationsvorhaben. So macht die unter 2.3. dargestellte Übersicht der Forschungsausgaben nach Energieerzeugungssektoren ein deutliches Ungleichgewicht zwischen nachhaltigen Forschungsausgaben und solchen im nuklearfossilen Komplex deutlich. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf seine Feststellung zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Programm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschung und Ausbildung (2014 - 2018) in Ergänzung des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation "Horizont 2020" COM (2011) 812 final und stellt erneut fest, dass die für Forschung und Ausbildung im Bereich der Kernenergie vorgesehenen Mittel überhöht sind und dass das Budget zur Förderung der erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz außerhalb von Euratom deutlich erhöht werden sollte (Ziffer 46, BR-Drucksache 805/11(B) ). Insbesondere sollten aus Sicht des Bundesrates vermehrte Anstrengungen im Bereich "Netze und Speichertechnologie" unternommen werden, da sie entscheidend für ein sinnvolles Lastmanagement im Zusammenhang mit fluktuierend eingespeisten erneuerbaren Energien sind.
- 5. Der Bundesrat unterstützt die Einschätzung der Kommission bezüglich der Bedeutung von Energieeffizienz-Maßnahmen, die in Form von Energieeinsparungen und einer geringeren Abhängigkeit von Energiepreisen sowohl der Industrie als auch privaten Haushalten zugutekommen. Er teilt ferner die Einschätzung, dass insbesondere dem Gebäudebereich mit ca. 40 Prozent des Endenergieverbrauchs eine Schlüsselrolle zukommt. Er betont in diesem Zusammenhang aber auch die Bedeutung und die großen Potentiale von Energiemanagement-Systemen im Bereich der Industrie.
- 6. Aus Sicht des Bundesrates bedarf es keinerlei Forschungsanstrengungen zur Sicherung bestehender Atomkraftwerke, wenn diese dem Zweck einer Laufzeitverlängerung dienen. Er hält diese Ausgaben vor dem Hintergrund des Energiefahrplans 2050, der eine auf erneuerbare Energien gestützte Versorgungsabdeckung von elektrischer Energie von 97 Prozent vorsieht, für eine klare Fehlallokation. Forschungsausgaben im Bereich der Nuklearenergie sollten sich aus Sicht des Bundesrates ausschließlich an den Fragen "sicherer Rückbau von Kernkraftanlagen" und "Endlagerung radioaktiver Abfälle" orientieren.
- 7. Der Bundesrat unterstützt die Auffassung der Kommission, dass vermehrte Kooperationen mit Drittstaaten angestrebt werden sollten. Dies gilt aus seiner Sicht sowohl für eine verbesserte Forschungskooperation mit Hochtechnologieländern wie Japan und den USA als auch zur Hebung bestehender Potenziale wie im Bereich solarer Strahlungsenergie mit den Anrainerstaaten des Mittelmeers.
- 8. Vor dem Hintergrund der zentralen Bedeutung, die auch die Kommission kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Umsetzung der Strategie 2020 beimisst, vermisst der Bundesrat allerdings Aussagen zu Ansätzen, Formen, Umfang oder Erfahrungen mit der Einbindung der Zielgruppe KMU in die vielfältigen bisherigen Aktivitäten auf europäischer Ebene und Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung künftiger Aktivitäten. Er ist der Auffassung, dass KMU auf technologisch adäquatem Niveau künftig noch stärker eingebunden und dadurch in ihrer technologischen Entwicklung unterstützt werden sollten.
- 9. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, dass diese im Rahmen der Energietechnologie- und Innovationsstrategie und auch sonstiger technologiepolitischer Strategien und Initiativen eine Abschätzung und Bewertung der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Entwicklung und Marktchancen von KMU vornimmt.