Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 112095 - vom 13. Juni 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 22. Mai 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage in Belarus und insbesondere seine Entschließung vom 21. Februar 20081,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Kommission vom 21.November 2006, in der sie die Bereitschaft der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht hat, ihre Beziehungen zu Belarus und dessen Bevölkerung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zu erneuern,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des EU-Ratsvorsitzes zu Belarus vom 28. März 2008,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des EU-Ratsvorsitzes vom 29. April 2008 zu der erneuten Inhaftierung und Schikanierung von politischen Gegnern in Belarus,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des EU-Ratsvorsitzes vom 6. Mai 2008 zu den jüngsten Entwicklungen in den Beziehungen zwischen Belarus und den Vereinigten Staaten,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die beiden belarussischen prodemokratischen Aktivisten Andrej Kim und Siarhej Parsiukewitsch wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen von Unternehmern am 10. und 21. Januar 2008 zu harten Strafen verurteilt wurden,
B. in der Erwägung, dass die fortdauernde Inhaftierung von Aliaksandr Kazulin ein weiteres Beispiel dafür ist, dass Belarus gegen seine Verpflichtung verstößt, die Grundsätze und Regeln der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu achten, deren Mitglied es ist,
C. unter Hinweis darauf, dass es den Rat und die Kommission aufgefordert hat, Vorschläge zu unterbreiten, um die Regierung Lukaschenko in internationalen Organisationen weiter unter Druck zu setzen, und forderte, dass ein umfassendes Paket spezifischer zielgerichteter Sanktionen - die die für die Unterdrückung Verantwortlichen entscheidend treffen, ohne den Bürgern von Belarus weiteres Leid zuzufügen - vorgelegt wird;
D. unter Hinweis darauf, dass es die Gewaltanwendung und die Verhaftung zahlreicher Personen anlässlich des Tages der Freiheit am 25. März 2008 in Minsk und anderen belarussischen Städten verurteilt hat,
E. in der Erwägung, dass die Entscheidung der belarussischen Regierung, zehn Diplomaten der Vereinigten Staaten zu unerwünschten Personen zu erklären, und die Ausweisung des US-Botschafters ungerechtfertigte Maßnahmen sind, die den Interessen der belarussischen Bürger schaden,
- 1. bedauert zutiefst, dass sich die Lage in Belarus in Bezug auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht verbessert; weist darauf hin, dass willkürliche Festnahmen von Mitgliedern der Zivilgesellschaft und Oppositionellen, insbesondere die jüngste zeitweilige Inhaftierung von Aleksander Milinkewitsch, sowie der Druck auf die unabhängigen Medien jüngsten Aussagen der belarussischen Regierung widersprechen, die ihren Wunsch nach einer Verbesserung der Beziehungen zur Europäischen Union zum Ausdruck brachte;
- 2. verurteilt die in Minsk am 22. und 23. April 2008 ausgesprochenen harten Strafen für Siarhej Parsiukewitsch und Andrej Kim wegen ihrer Teilnahme an einer Versammlung von Unternehmern am 10. Januar 2008; bedauert außerdem die Berichten zufolge brutale Gewaltanwendung durch die belarussischen Sicherheitskräfte gegen friedliche Bürger, die sich am 25. März 2008 in Minsk versammelt haben, um den 90. Jahrestag der Gründung der Unabhängigen Belarussischen Volksrepublik zu begehen, und die dabei erfolgten Verhaftungen; fordert die belarussischen Staatsorgane auf, bedingungslos auf alle Formen der Gewaltanwendung gegen Vertreter der demokratischen Opposition zu verzichten;
- 3. fordert die Staatsorgane von Belarus nachdrücklich auf, den noch verbliebenen politischen Gefangenen, Aleksandr Kosulin, unverzüglich und bedingungslos freizulassen und Einschüchterung, Belästigung, gezielte Festnahmen und politisch motivierte Verfolgungen von Anhängern der demokratischen Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus zu unterlassen;
- 4. bekräftigt, dass die Achtung demokratischer Grundsätze für die Normalisierung der Beziehungen zu Belarus ausschlaggebend ist;
- 5. verurteilt die Inhaftierung unabhängiger Journalisten, die Durchsuchung ihrer Häuser und Wohnungen und die Konfiszierung oder Zerstörung ihrer Ausrüstung durch die belarussischen Geheimdienste (KGB) sowie die Verstöße der belarussischen Staatsorgane gegen die Pressefreiheit;
- 6. fordert den Rat und die Kommission auf, erhebliche Mittel für die Opfer von Verstößen gegen die Menschenrechte in Belarus bereitzustellen; ist der Auffassung, dass eine umfangreichere finanzielle Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere für die freien Medien, erforderlich ist, damit die Menschenrechte in diesem Land gefördert werden;
- 7. erinnert daran, dass die Europäische Union am 21. November 2006 ihre Bereitschaft erklärt hat, ihre Beziehungen zu Belarus und dessen Bevölkerung im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zu erneuern, sobald die belarussische Regierung ihre Achtung der demokratischen Werte und der Grundrechte des belarussischen Volkes unter Beweis stellt;
- 8. unterstreicht, dass Belarus, um einen substanziellen Dialog mit der Europäischen Union aufzunehmen, die restlichen Bedingungen erfüllen muss, die in dem "NonPaper" der Kommission zum Thema "Was die EU Belarus bringen könnte" festgelegt wurden darunter die Freilassung aller politischen Gefangenen, die Abschaffung der Todesstrafe, freie Medien, Redefreiheit, die Unabhängigkeit der Justiz und die Achtung demokratischer Werte sowie der Grundrechte des belarussischen Volkes;
- 9. verurteilt die Tatsache, dass Belarus das einzige Land in Europa ist, in dem es noch immer die Todesstrafe gibt, was im Widerspruch zu den europäischen und universellen Werten steht;
- 10. bedauert zutiefst Gesetz von 2002 zur Religionsfreiheit und Freiheit religiöser Organisationen, das gegen die internationalen Grundsätze der Religionsfreiheit und die Menschenrechte verstößt, einschließlich derjenigen, die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte festgelegt sind, und weist darauf hin, dass als Folge dieser Rechtsvorschriften die Tätigkeiten vieler Religionsgemeinschaften eingeschränkt und deren führende Vertreter schikaniert, verfolgt, zu Geldbußen verurteilt und inhaftiert wurden;
- 11. fordert die belarussische Staatsführung mit Nachdruck auf, bei der Organisation der bevorstehen Parlamentswahlen, die im Herbst 2008 stattfinden sollen, die Normen der OSZE uneingeschränkt einzuhalten und die für die Abhaltung freier und fairer Wahlen erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen; fordert die Regierung von Belarus auf den Vertretern der demokratischen Opposition freien Zugang zu den Wahlkommissionen in den Bezirken zu gewähren, die Registrierung aller Parlamentskandidaten und ihrer Beobachter zuzulassen und keine Hindernisse für eine umfassende und vollständige internationale Wahlbeobachtungsmission zu errichten;
- 12. fordert die belarussische Regierung auf, den Schutz sämtlicher grundlegender Menschenrechte durchzusetzen und zu gewährleisten und für die Einhaltung der internationalen Normen und insbesondere von Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte durch Belarus zu sorgen;
- 13. fordert die belarussische Regierung auf, das Gesetz von 2002 über die Religionsfreiheit und die Freiheit der religiösen Organisationen zu ändern und Verfahren wiedereinzuführen mit denen die Achtung der Religionsfreiheit sichergestellt wird,
- 14. bekundet seine Solidarität mit der vereinigten demokratischen Opposition von Belarus und allen belarussischen Bürgern, die sich für ein unabhängiges, offenes und demokratisches Belarus auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit einsetzen; ermutigt die Führer der Opposition, bei den bevorstehenden Parlamentswahlen Einigkeit und Entschlossenheit unter Beweis zu stellen;
- 15. fordert den Rat und die Kommission auf, weitere Schritte im Hinblick auf die Erleichterung und Liberalisierung der Visaverfahren für belarussische Bürger zu unternehmen da nur ein solches Vorgehen dazu beitragen kann, das Hauptziel der EU-Politik gegenüber Belarus zu erreichen, das darin besteht, die Kontakte zwischen den Völkern zu erleichtern und zu intensivieren und das Land zu demokratisieren; fordert den Rat und die Kommission in diesem Zusammenhang mit Nachdruck auf, die Möglichkeit eines Verzichts auf Visagebühren für belarussische Bürger bei deren Einreise in den Schengen-Raum in Erwägung zu ziehen, da nur so eine zunehmende Isolierung von Belarus und seinen Bürgern verhindert werden kann;
- 16. bedauert die in den letzten Jahren wiederholte Weigerung der Staatsorgane von Belarus, Mitgliedern des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente Einreisevisa auszustellen; fordert die Staatsführung von Belarus auf, der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Belarus keine weiteren Hindernisse in den Weg zu legen, damit sie das Land zum Zweck der Beobachtung der demnächst stattfindenden Parlamentswahlen besuchen und in Belarus Erfahrungen aus erster Hand gewinnen kann;
- 17. bekundet seine Solidarität mit den Vereinigten Staaten und ihrem diplomatischen Dienst und fordert die belarussische Regierung auf, ihre Entscheidung zu überdenken und sofort Schritte zu unternehmen, um die Beziehungen zwischen Belarus und den Vereinigten Staaten auf der Grundlage einer für beide Seiten nutzbringenden Zusammenarbeit zu normalisieren;
- 18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarates sowie der belarussischen Regierung zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2008)0071