Unterrichtung durch die Bundesregierung
Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien

Auswärtiges Amt
Berlin, den 24. Oktober 2012
Staatsminister

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Europäische Kommission hat am 10. Oktober 2012 den diesjährigen Fortschrittsbericht zum EU-Beitrittskandidaten ejR Mazedonien vorgelegt. Dieser erfolgt auf Grundlage der im Vertrag über die Europäische Union verankerten Grundsätze, der vom Europäischen Rat von Kopenhagen 1993 festgelegten Kriterien und der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Dezember 2006, in denen der erneuerte Konsens zur Erweiterungspolitik der EU festgehalten wurde. Jedes Bewerberland oder Kandidatenland ist danach nach seinen eigenen Leistungen zu beurteilen.

Die Europäische Kommission empfiehlt in ihrem Strategiebericht zur Erweiterung zum vierten Mal in Folge die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die ejR Mazedonien die politischen Kriterien für eine Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ausreichend erfüllt und in absehbarer Zeit auch in der Lage sein wird, die aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen umzusetzen und dem Wettbewerbsdruck im europäischen Binnenmarkt standzuhalten. Die Europäische Kommission bewertet die Überwindung des Stillstandes in der EU-Annäherung der ejR Mazedonien als wichtige Voraussetzung für Konsolidierung und Nachhaltigkeit von Reformen sowie der interethnischen Versöhnung. Die Europäische Kommission ist optimistisch, dass nicht die Kopenhagener Kriterien betreffende Hindernisse während der Beitrittsverhandlungen gelöst werden können. Sie ist bereit, einen Verhandlungsrahmen vorzulegen, der die Notwendigkeit berücksichtigt, zu einem frühen Zeitpunkt der Verhandlungen eine Lösung des Namensstreits zwischen der ejR Mazedonien und Griechenland zu finden.

Um die nachhaltige Umsetzung der notwendigen Reformen in der ejR Mazedonien sicherzustellen, will die Europäische Kommission das bei den Beitrittsverhandlungen mit Montenegro neu eingeführte Verfahren praktizieren. Die Kapitel 23 und 24 (Justiz, Grundrechte und Innere Angelegenheiten) sollen bereits zu Beginn der Beitrittsverhandlungen eröffnet und kontinuierlich abgearbeitet werden. Die ejR Mazedonien soll wie Montenegro verpflichtet werden, Aktionspläne für Reformen vorzulegen, deren Umsetzung durch die Kommission kontinuierlich überprüft wird. Die Kommission will darüber regelmäßig berichten.

Einige Mitgliedsstaaten haben vermittelt, dass sie eine Entscheidung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen herbeiführen wollen. Sie streben eine Befassung des Allgemeinen Rates am 11. Dezember und des Europäischen Rates am 13./14. Dezember 2012 an. Die Bundesregierung hat gegenüber der Ratspräsidentschaft, der Europäischen Kommission, den anderen Mitgliedstaaten und der ejR Mazedonien darauf hingewiesen, dass in Deutschland für die Zustimmung zu einem Beschluss des Rates zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ein Prüferfordernis aufgrund der innerstaatlichen Begleitgesetzgebung vorliegt.

Das Auswärtige Amt steht den zuständigen Gremien des Bundesrates jederzeit für eine weitergehende Unterrichtung und Aussprache zur Verfügung. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer fortlaufenden Unterrichtung den Bundesrat kontinuierlich über die weitere Entwicklung der Vorgänge informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Georg Link