Der Bundesrat hat in seiner 891. Sitzung am 16. Dezember 2011 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat befürwortet die Fortführung der bisherigen Gesundheitsprogramme mit einem dritten Gesundheitsprogramm und stellt fest, dass die Mittelausstattung für diesen wichtigen Politikbereich wiederum verhältnismäßig gering ausfällt.
- 2. Der Bundesrat unterstützt den Ansatz der Kommission, das Programm auf wenige Einzelziele zu beschränken und an den Zielen der Strategie Europa 2020 auszurichten. Er bedauert jedoch, dass das Kernziel der Strategie Europa 2020, die Anzahl der armutsgefährdeten Personen um 20 Millionen bis zum Jahr 2020 zu verringern, keine Berücksichtigung findet. In diesem Zusammenhang wird auf den Indikator "Gesunde Lebensjahre" hingewiesen. Frühzeitige Erkrankungen stehen teilweise mit geringen Einkommensverhältnissen in Verbindung und führen zu einer verringerten Teilhabe am Arbeitsprozess.
- 3. Der Bundesrat bedauert, dass die Kommission eine das Gesundheitsprogramm begleitende Gesundheitsstrategie nicht vorgelegt und keine öffentliche Konsultation durchgeführt hat. Eine Gesamtstrategie der EU sollte Grundlage für das neue Gesundheitsprogramm ab 2014 sein.
- 4. Der Bundesrat hätte es begrüßt, wenn die Kommission die ausdrücklich zu unterstützende Bestandsaufnahme und Bewertung der Ergebnisse der ersten beiden Gesundheitsprogramme vor der Veröffentlichung des Vorschlags für ein neues Gesundheitsprogramm durchgeführt und vorgelegt hätte.
- 5. Der Bundesrat stellt fest, dass zentrale Bereiche und Fragestellungen in dem Gesundheitsprogramm zum Teil nicht behandelt und neue Begriffe und Instrumente eingeführt werden, deren Inhalt und Reichweite nur teilweise erkennbar sind. Das betrifft insbesondere die in dem ersten Ziel des Gesundheitsprogramms aufgeführte Entwicklung von gemeinsamen Instrumenten und Mechanismen auf EU-Ebene. Insoweit muss Doppelarbeit zur bestehenden "Offenen Methode der Koordinierung" im Bereich Gesundheit und Langzeitpflege, die in dem Gesundheitsprogramm keine Erwähnung findet, vermieden werden. Die Ausgestaltung der Instrumente und Mechanismen darf nicht zu einer weiteren kosten- wie verwaltungsmäßigen Dauerbelastung der Mitgliedstaaten führen. Mit Blick auf Artikel 13 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags sollten insbesondere keine neuen und aufwendigen Berichtspflichten für die Mitgliedstaaten geschaffen werden.
- 6. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Zuständigkeitsverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten sowie innerhalb der Mitgliedstaaten berücksichtigt und den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird. Diesbezüglich muss insbesondere die von der Kommission als starkes Lenkungsinstrument für Strukturreformen angestrebte evidenzbasierte Innovation, vor allem durch Erprobung, sorgfältig geprüft werden.
- 7. Der Bundesrat bedauert, dass die Regionen und Kommunen in dem Programm keine Rolle spielen. Die Aufgaben der nichtstaatlichen Stellen und Interessenorganisationen werden vorrangig in der Bereitstellung notwendiger Informationen und der Beratung der Kommission hinsichtlich der Programmdurchführung gesehen. Der Bundesrat erachtet es als unabdingbar, dass die Ausgestaltung und Umsetzung des Gesundheitsprogramms nicht nur dazu dient, der europäischen Ebene zuzuarbeiten, sondern auch dazu, die Regionen, Kommunen und Nichtregierungsorganisationen gezielt durch Aufarbeitung, Bewertung und Zurverfügungstellung der Politikansätze, Erfahrungen, Projekte und Studien zu unterstützen. Dabei kommt der Verwendung der Amtssprachen eine hohe Bedeutung für den Gebrauch vor Ort zu.
- 8. Der Bundesrat entnimmt dem Verordnungsvorschlag die Ankündigung der Kommission, mit der Bereitstellung von Fördermitteln gemeinsame Maßnahmen zu entwickeln. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den bisherigen gemeinsamen Aktionen weist der Bundesrat ausdrücklich auf die Bereitschaft der deutschen Länder zur Teilnahme an gemeinsamen Aktionen hin. Er bittet die Kommission, in einem transparenten und ausgewogenen Verfahren die Teilnehmer an gemeinsamen Aktionen zu ermitteln und festzulegen und die regionale Ebene der Mitgliedstaaten schon in der Vorbereitung entsprechend einzubinden.
- 9. Der Bundesrat bittet die Kommission, Kriterien für die Auswahl der unterschiedlichen Finanzinstrumente (zum Beispiel: Projektförderung, gemeinsame Aktionen, Dienstleistungsaufträge) vorzulegen, um so eine größere Transparenz für die Auswahl der Finanzinstrumente zu erreichen. Für die Dienstleistungsaufträge fordert der Bundesrat, dass die Mittel aus dem Gesamtbudget schon in der Programmentscheidung klar begrenzt werden. Die Ergebnisse der Dienstleistungsaufträge sollten in Zukunft nach Abschluss den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden.
- 10. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.