Der Bundesrat hat in seiner 967. Sitzung am 27. April 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat ist überzeugt, dass die Digitalisierung Chancen für eine fortschrittliche Gesellschaft, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und einen modernen Staat gleichermaßen bietet. Es muss daher ein zentrales Ziel aller Gebietskörperschaften sein, diese Chancen zu nutzen und weiter auszubauen.
- 2. Jedoch müssen auch Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen angemessen besteuert werden. Der Bundesrat unterstützt daher die Bemühungen, einer Nichtbesteuerung von digitalen Unternehmen entgegenzuwirken. Nur so lassen sich Wettbewerbsverzerrungen vermeiden und ein "Levelplayingfield" schaffen. Dabei sollte an dem bewährten Grundsatz festgehalten werden, dass die Besteuerung am Ort der Wertschöpfung stattfindet. Dies gilt auch für die Wertschöpfung aus Nutzerdaten. Wenn mit deutschen und europäischen Daten erzielte Gewinne nicht besteuert werden, verletzt dies das Gebot der grenzüberschreitenden Fairness. Der Bundesrat begrüßt daher die Bemühungen der Kommission um ein faires Steuersystem im Binnenmarkt.
- 3. Er stimmt zudem der Kommission zu, dass die effektive Besteuerung der digitalen Geschäftsmodelle langfristig nur global gelingen kann. Ansonsten droht ein Verteilungswettbewerb zwischen den Staaten.
Der Bundesrat unterstreicht die Wichtigkeit einer internationalen Lösung für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft und bittet die Kommission sich weiterhin dafür einzusetzen.
Nachteile für die deutsche Wirtschaft gilt es unbedingt zu verhindern.
- 4. Die vorgeschlagene Einführung einer digitalen Betriebsstätte kommt daher nur verbindlich und einvernehmlich, mindestens auf OECD-Ebene, in Betracht. Insoweit bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum geplanten Abschluss der Arbeiten der OECD zur digitalen Wirtschaft im Jahr 2020 mit größtmöglichem Nachdruck auf dieser Ebene eine Einigung anzustreben. Die Schaffung einer digitalen Betriebsstätte allein auf europäischer Ebene ist abzulehnen.
- 5. Daher liegt es nach Ansicht des Bundesrates grundsätzlich auf der Hand, für die Lösung des Problems der Besteuerung digitaler Unternehmen Zwischenlösungen zu erwägen. Dazu leistet der Vorschlag der Kommission für eine Interimssteuer einen wichtigen Beitrag. Vorschläge für eine in Europa einheitliche Herangehensweise sind verschiedenartigen nationalen Maßnahmen vorzuziehen.
- 6. Die Einführung einer neuen Steuer bedarf jedoch der eingehenden inhaltlichen und rechtlichen Prüfung auf nationaler und europäischer Ebene. Es muss sichergestellt werden, dass durch die Vorschläge keine neuen Verwerfungen im europäischen Binnenmarkt entstehen, insbesondere nicht für den exportorientierten Standort Deutschland.
- 7. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, bei der Prüfung der Richtlinienvorschläge insbesondere folgende Punkte zu thematisieren
- - Der Kreis der von der Interimssteuer betroffenen Unternehmen sollte weiter eingegrenzt werden. Unternehmen, die digitale Dienstleitungen in Form von Werbung und Vermittlung nur als Nebengeschäft erbringen, sollten von der Anwendung ausgenommen werden. Dies könnte dadurch sichergestellt werden, dass nicht der Gesamtumsatz, sondern die weltweiten Umsätze aus digitalen Dienstleistungen maßgebend sind. Damit soll gewährleistet werden, dass die Digitalsteuer nicht auf andere Branchen und Bereiche ausgedehnt wird.
- - Die neue Steuer sollte nicht zu wirtschaftlichen Doppelbesteuerungen führen. Es ist aus finanzverfassungsrechtlicher und europarechtlicher Sicht zu prüfen, ob im Rahmen der von der Kommission vorgeschlagenen Steuerart eine ertragsteuerliche Vorbelastung berücksichtigt werden kann. Dabei sollte die weltweit bereits erbrachte Ertragsteuer eines Unternehmens Berücksichtigung finden. Die Digitalsteuer darf nicht als einseitige Maßnahme Europas verstanden werden, die Gegenmaßnahmen anderer Staaten nach sich zieht. 8. Die Einführung einer Zwischenlösung bedarf ebenfalls der eingehenden inhaltlichen und rechtlichen Prüfung auf nationaler und europäischer Ebene, insbesondere auch im Hinblick auf die Konsequenzen der jüngsten US-Steuerreform. Es muss sichergestellt werden, dass
- - keine Verwerfungen im europäischen Binnenmarkt entstehen, insbesondere nicht für den exportorientierten Standort Deutschland,
- - sich keine nachteiligen Auswirkungen auf die Digitalisierung in den Unternehmen, die Zukunftsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und die Standortattraktivität Europas für innovative Unternehmen ergeben, - die Wirtschaftsbeziehungen zu Drittstaaten und die Bemühungen zur Vermeidung neuer Handelsbarrieren zu Lasten europäischer Unternehmen nicht erschwert werden sowie
- - Doppelbesteuerung vermieden wird.
- 9. Der Bundesrat stellt zudem fest, dass die Einführung der von der Kommission vorgeschlagenen Digitalsteuer Auswirkungen auf die Bund-Länder-Finanzbeziehungen hat. Bisher drohen den Ländern nur Ausfälle aus dem vorgesehenen Betriebsausgabenabzug bei den Ertragsteuern. Er fordert die Bundesregierung mit Nachdruck auf, eine angemessene finanzielle Beteiligung der Länder an den Steuereinnahmen sicherzustellen.
- 10. Der Bundesrat weist erneut darauf hin, dass zur Lösung der Probleme bei der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle auch für alle Unternehmen geltende Maßnahmen beitragen können, wie insbesondere die zügige Umsetzung der auf internationaler und europäischer Ebene bereits beschlossenen Maßnahmen gegen Steuervermeidung. Dazu gehören umfassende Regelungen zur Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei sogenannten hybriden Gestaltungen. Gerade derartige Gestaltungen sind von vielen Unternehmen der digitalen Wirtschaft in der Vergangenheit steuervermeidend genutzt worden.
Vorlagenbezogene Vertreterbenennung
- 11. Der Bundesrat benennt für die Beratungen der Vorlagen in den Gremien des Rates gemäß § 6 Absatz 1 EUZBLG in Verbindung mit Abschnitt I der Bund-Länder-Vereinbarung zu der BR-Drucksache 094/18 (PDF) einen Vertreter des Landes Hessen, Hessisches Ministerium der Finanzen (RD Torsten Falk), und zu der BR-Drucksache 097/18 (PDF) einen Vertreter des Landes Nordrhein-Westfalen, Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen (RD Marcus Spahn), die sich wechselseitig vertreten.