Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt

A. Problem

B. Lösung

C. Alternativen

D. Kosten

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt

Der Bundesrat hat in seiner 802. Sitzung am 9. Juli 2004 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung in der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten; Übergangsvorschrift

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Artikel 1 Nr. 4 gilt nur für Anordnungen, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen sind.

Begründung

A. Allgemeines

Der Entwurf verbessert die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Anstalten des Maßregelvollzugs und stärkt damit therapeutische Erfolgsmöglichkeiten, ermöglicht einen zielgenaueren und effizienteren Ressourceneinsatz, schafft die rechtlichen Voraussetzungen, um im Einzelfall schneller und effektiver auf neue Erkenntnisse zu Therapiefähigkeit und Therapiewilligkeit von Untergebrachten reagieren zu können und schließt im Interesse eines wirksamen Schutzes der Bevölkerung Sicherheitslücken.

Der Entwurf stärkt die therapeutischen Erfolgsmöglichkeiten und ermöglicht einen zielgenaueren und effizienteren Ressourceneinsatz:

Der Entwurf schließt Sicherheitslücken:

Die Konsequenz des geltenden Rechts, etwa einen zu Unrecht als schuldunfähig im psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten Mörder nach Feststellung seiner vollen Schuldfähigkeit schlicht entlassen zu müssen, anstatt ihn bestrafen zu können (vgl. Loos, NStZ 1993, 255), wird vermieden.

Dem entsprechend wird im Rechtsmittelbereich und im Wiederaufnahmeverfahren der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius durch Änderung der §§ 331, 358 und 373 StPO eingeschränkt. Im Vollstreckungsverfahren schließt sich an die nunmehr ausdrücklich geregelte Erledigterklärung der Unterbringung bei Feststellung einer Fehleinweisung (§ 67d Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 StGB-E) gegebenenfalls ein Wiederaufnahmeverfahren zu Ungunsten des Täters an. Zu diesem Zweck wird ein weiterer Grund für die Wiederaufnahme zu Ungunsten des Angeklagten geschaffen (§ 362 Nr. 5 - neu - StPO-E). Die Strafvollstreckungskammer wird befugt, zur Sicherung dieser Wiederaufnahme Haftbefehl zu erlassen (§ 463 Abs. 3 Satz 2 StPO-E).

Darüber hinaus passt der Entwurf die Gesetzeslage der durch die Rechtsprechung geschaffenen Rechtslage an und klärt in diesem Zusammenhang bestehende Streitfragen (Änderungen von § 67 Abs. 4 und § 67d Abs. 2, Abs. 2a StGB).

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1 ( § 63 StGB)

Nach geltendem Recht hängt die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB davon ab, dass positiv feststeht, dass der Täter die Anlasstat in einem durch die psychische Erkrankung verursachten Zustand zumindest verminderter Schuldfähigkeit begangen hat und er infolge dieses Zustandes für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Dieser Rechtszustand wird, wie auch schon der Bundesrat in seiner Entschließung vom 14. Mai 1997 (BR-Drs. 877/96 (Beschluss)) und der der 74. Konferenz der Justizministerinnen und -minister vom 11. bis 12. Juni 2003 vorgelegte Bericht der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses "Fragen der Maßregelvollstreckung" festgestellt haben, als verbesserungsbedürftig angesehen, weil er zu einer Maßregellücke führen kann (vgl. auch Nack, Protokoll der 116. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 20.02.02(öffentliche Anhörung), S. 90):

Die Anforderung an die Strafgerichte, in Fällen einer durch psychischen Defekt und Suchtmitteleinfluss verursachten verminderten Schuldfähigkeit festzustellen dass der psychische Dauerdefekt bereits für sich allein verminderte Schuldfähigkeit bewirkt hat (vgl. BGHR StGB, § 63 Zustand 30), ist schwer zu erfüllen, weil dies im Grunde die Beurteilung einer Tat im hypothetisch nüchternen Zustand voraussetzt. Die vielfach dringend erforderliche Unterbringung eines gefährlichen psychisch gestörten Straftäters in einem psychiatrischen Krankenhaus unterbleibt, weil zusätzlich zur psychischen Störung eine Suchtproblematik gegeben ist und deshalb eine allein durch die psychische Störung bedingte verminderte Schuldfähigkeit bei der Tatbegehung nicht festgestellt werden kann.

Der Entwurf schließt die dargestellten Sicherheitslücken in den Fallkonstellationen, in denen über das geltende Recht hinaus eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus unabdingbar ist.

Die Neufassung des § 63 StGB setzt für die Unterbringungsanordnung in jedem Fall voraus, dass die Anlasstat unter dem Einfluss eines der in § 20 StGB genannten Zustände begangen worden ist, infolge dessen erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und der Täter deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Damit bleiben der Zustand zur Zeit der Tat und die Prognose nach wie vor, wenn auch modifiziert, mit einander verknüpft. Der zur Zeit der Tat bestehende Zustand muss deshalb wie bisher (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 63 Rnr. 2b) ein länger dauernder sein. Darüber hinaus verlangt der Entwurf nach wie vor Feststellungen, inwieweit der Täter die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit begangen hat, verzichtet aber im begrenzten Umfang auf die positive Feststellung der Schuldunfähigkeit bzw. verminderten Schuldfähigkeit. Die Veränderungen gegenüber dem geltenden Recht beschränken sich auf die unabdingbar notwendige Schließung von Sicherheitslücken und führen daher nur in geringem Umfang zu einer zusätzlichen Belastung der psychiatrischen Krankenhäuser:

Die Unterbringungsanordnung nach § 63 Satz 2 StGB-E setzt im Einzelnen voraus:

Zu Nummer 2 Buchstabe a ( § 64 Abs. 1 StGB)

Das geltende Recht verlangt zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts(vgl. BVerfGE 91, 1 <30 f.>) als Voraussetzung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Suchttherapie. An den Aufwand der Maßregelvollzugseinrichtungen, diesen Therapieerfolg zu erreichen, werden nach den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung - unter Hinweis auf den zwingenden Charakter der Vorschrift - aber teils übermäßig belastende Anforderungen gestellt. Von den Verantwortlichen des Maßregelvollzugs wird dementsprechend beklagt, dass die Kapazitäten der Anstalten durch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von in Anbetracht des Heilungszwecks weniger geeigneten Personen blockiert würden. Die strafrechtliche Praxis berichtet gleichfalls von Fallgruppen, in denen das geltende Recht nicht zufriedenstellend erscheine:

Einer auch von der Gesundheitsministerkonferenz gebilligten Empfehlung des der 74. Justizministerkonferenz vorgelegten Berichts der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses "Fragen der Maßregelvollstreckung" folgend gestaltet der Entwurf § 64 Abs. 1 StGB vor diesem Hintergrund zu einer "Soll-Vorschrift" um. Damit wird die Anordnung der Unterbringung in das gebundene Ermessen des Tatrichters gestellt. Die Änderung ermöglicht es, in den genannten oder vergleichbaren Fällen, in denen zwar eine Erfolgsaussicht vielleicht gerade noch bejaht werden kann, die Ausgangsbedingungen aber sehr ungünstig sind von der Unterbringung Abstand zu nehmen und dadurch den Maßregelvollzug von einem faktisch nicht zu leistenden Therapieaufwand zu entlasten, der für die aussichtsreichen Fälle die knappen Ressourcen entzieht.

Zu Nummer 2 Buchstabe b ( § 64 Abs. 2 StGB)

Nach dem derzeitigen Wortlaut des § 64 Abs. 2 StGB unterbleibt die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nur, wenn eine Entziehungskur von vornherein aussichtslos erscheint. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 16. März 1994 - 2 BvL 3/90 u.a. - diese Regelung teilweise für verfassungswidrig erklärt und festgestellt, dass die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt von Verfassungs wegen an die Voraussetzung geknüpft sein müsse, dass eine hinreichend konkrete Aussicht bestehe, den Süchtigen zu heilen oder doch über eine gewisse Zeit vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (vgl. BVerfGE 91, 1 <30 f.>).

Dieser Vorgabe folgend nimmt der Entwurf eine Neufassung des § 64 Abs. 2 StGB vor, die die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts übernimmt und als Voraussetzung für die Anordnung der Unterbringung eine "hinreichend konkrete Aussicht" eines Therapieerfolgs verlangt. Im Anschluss an die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts benennt die Neuregelung als Therapieziel die Heilung oder die Bewahrung vor dem Rückfall in den Hang. Die Aufnahme der letztgenannten Variante in den Gesetzestext trägt dem Umstand Rechnung, dass es als Spezifikum der Suchtkrankheit gilt, dass es eine Heilung im eigentlichen Sinn nicht gibt (z.B. LK-Hanack, 11. Aufl., § 64, Rnr. 93). Der Entwurf beschreibt - einem auch von der Gesundheitsministerkonferenz gebilligten Vorschlag der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses "Fragen der Maßregelvollstreckung" gemäß - die Zeitspanne der Bewahrung vor dem Rückfall mit der Formulierung "erhebliche Zeit". Damit berücksichtigt er das vom Bundesverfassungsgericht wegen des Eingriffscharakters der Unterbringung hervorgehobene Erfordernis einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht. Die Formulierung "erhebliche Zeit" bringt dabei sowohl eine zeitliche wie eine qualitative Komponente zum Ausdruck. Dies schließt namentlich aus, die Unterbringungsanordnung bereits mit einer Rückfallbewahrung während der Zeit der Freiheitsentziehung zu begründen (in diese Richtung aber BGH, NStZ-RR 2002, 298).

Mit dem Erfordernis, es müsse auch eine hinreichend konkrete Aussicht bestehen, den Untergebrachten von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten die auf seinen Hang zurückgehen, trägt der Entwurf dem Umstand Rechnung, dass die Therapieaussicht nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel zur (jedenfalls partiellen) Resozialisierung eingesetzt wird, wie auch bereits durch die Unterbringungsvoraussetzung der Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten in § 64 Abs. 1 StGB zum Ausdruck gebracht ist.

Zu Nummer 3 Buchstabe a ( § 67 Abs. 2 StGB)

Der Entwurf richtet die Vollstreckungsreihenfolge besser als bisher an den Bedürfnissen einer erfolgreichen Resozialisierung aus.

Nach § 67 Abs. 1 StGB ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt, die neben einer Freiheitsstrafe angeordnet wird grundsätzlich vor der Strafe zu vollziehen. Nach § 67 Abs. 2 StGB bestimmt das Gericht den Vorwegvollzug der Strafe oder eines Teils davon wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird.

Der Entwurf ersetzt durch Änderung von Satz 1 den Bezugspunkt "Zweck der Maßregel" durch "Resozialisierung des Täters". Dadurch wird erreicht, dass die Vollstreckungsreihenfolge nicht allein nach der leichteren Zweckerreichung der Maßregel, also nach dem reinen Therapieinteresse, bestimmt wird, sondern auf Grund einer Bewertung der Resozialisierungsmöglichkeiten insgesamt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Ursache für die Straffälligkeit des Verurteilten in solchen Fällen u.U. nicht allein in der psychischen Störung oder in der Sucht des Täters begründet sein kann und dass nicht allein die therapeutischen Maßnahmen in der Entziehungsanstalt oder im psychiatrischen Krankenhaus, sondern auch die Einwirkungsmöglichkeiten des Strafvollzugs die Resozialisierung günstig beeinflussen können. Nach der geltenden Gesetzeslage setzt der Vorwegvollzug der Strafe voraus, dass dieser entweder als Vorstufe für eine erfolgversprechende Behandlung im Maßregelvollzug erforderlich ist oder sogar bessere Heilungsmöglichkeiten bietet als der Maßregelvollzug.

Andere resozialisierungsförderliche Aspekte wie etwa die Förderung einer Berufsausbildung sind ohne Belang (vgl. BGHR StGB, § 67 Abs. 2 Zweckerreichung, leichtere 13). Die Gesetzesänderung ermöglicht demgegenüber eine Orientierung an der Förderung der Resozialisierung insgesamt. Damit wird die Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge nach dem selben Kriterium getroffen wie die Entscheidung über die Überweisung aus dem Vollzug der einen Maßregel in den Vollzug der anderen Maßregel gemäß § 67a Abs. 1 StGB.

§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB-E sieht - insoweit in Übereinstimmung mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates vom 20. Dezember 2001 (BR-Drs. 775/01(Beschluss) ) - vor, dass bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren das Gericht bestimmen soll dass ein Teil der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Damit wird in diesen Fällen der Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe die Regel.

Der Entwurf vermeidet die bisherigen nicht selten schädlichen Wirkungen des Regelvorwegvollzugs der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor einer langjährigen Freiheitsstrafe. Dieser führt nämlich immer wieder dazu, dass nach erfolgreicher Therapie die Reststrafe schon deshalb nicht gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, weil noch nicht einmal die Hälfte der Strafe erledigt ist. Die Aussicht, auch nach erfolgreicher Therapie weiter im Maßregelvollzug zu verbleiben oder aber dem Vollzug der Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt zugeführt zu werden (§ 67 Abs. 5 Satz 2 StGB), behindert die Entziehungstherapie, die auf ein abstinentes Leben in Freiheit gerichtet ist. Die Neuregelung ist notwendig, weil für diese Konstellation die bisherige Regelung des § 67 Abs. 2 StGB, wonach das Gericht bestimmen kann, die Strafe oder einen Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen, für eine sachgerechte Lösung nicht ausreicht. Wegen ihres Ausnahmecharakters wird die Bestimmung nur zurückhaltend angewendet, Zweckmäßigkeitserwägungen genügen nicht (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 67 Rnr. 6a m.w.N. zur Rechtsprechung).

Dem Ziel der Gesetzesänderung entsprechend ordnet § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB-E an, dass der vorweg zu vollziehende Teil der Strafe so zu bestimmen ist dass nach seiner Vollziehung und anschließender Unterbringung eine Strafrestaussetzung möglich ist. Bei der Festlegung der der Berechnung zu Grunde zu legenden Dauer der Unterbringung wird sich das Gericht an der voraussichtlichen Dauer einer erfolgreichen Therapie zu orientieren haben, die nach den Erfahrungen der Praxis ausweislich einer im Auftrag der Justizministerinnen und -minister durch den Strafrechtsausschuss durchgeführten und zur 70. Konferenz der Justizministerinnen und -minister vom 7. bis 9. Juni 1999 vorgelegten Erhebung durchschnittlich bei etwas über einem Jahr liegt.

Unter Berücksichtigung der üblichen Therapiedauer gewährleistet der Entwurf mit der Drei-Jahres-Grenze in § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB-E im Regelfall, dass die wünschenswerte Entlassung in die Freiheit nach erfolgreicher Therapie nicht daran scheitert, dass die Strafe noch nicht in ausreichendem Maße vollzogen ist.

Die Einbeziehung noch niedrigerer Freiheitsstrafen hätte den unerwünschten Vorwegvollzug kurzfristiger Strafzeiten zur Folge.

Zu Nummer 3 Buchstabe b (§ 67 Abs. 4 Satz 2 StGB)

Wird eine Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, sieht § 67 Abs. 4 Satz 1 StGB vor, die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe anzurechnen, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Nach § 67 Abs. 4 Satz 2 StGB ist diese Anrechnung jedoch ausgeschlossen, wenn das Gericht eine Anordnung nach § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB trifft, also anordnet, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen, weil ihr Zweck aus Gründen, die in der Person des Untergebrachten liegen, nicht erreicht werden kann.

Mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1994 wurde die Vorschrift des § 67 Abs. 4 Satz 2 StGB für nichtig erklärt (vgl. BVerfGE 91, 1).

Ein völliger Ausschluss der Anrechnung sei verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn sich das Scheitern der Behandlung eindeutig und nachweislich auf eine Therapieunwilligkeit des Betroffenen ohne achtbare Gründe zurückführen lasse (vgl. BVerfGE 91, 1 <32, 36>). Da nach den Erfahrungen der Maßregelpraxis die rechtlich mögliche Unterscheidung zwischen Therapieunwilligkeit und -unfähigkeit an der praktischen Unmöglichkeit, so zu unterscheiden oder einen solchen Unterschied festzustellen, scheitert, sieht der Entwurf ebenso wie schon der Gesetzentwurf des Bundesrates vom 20. Dezember 2001 (BR-Drs. 775/01(Beschluss) ) eine ersatzlose Streichung des § 67 Abs. 4 Satz 2 StGB vor. Die Gesetzeslage wird der auf Grund der Nichtigerklärung des Bundesverfassungsgerichts bereits bestehenden Rechtslage angepasst.

Zu Nummer 3 Buchstabe c (§ 67 Abs. 5 Satz 1 StGB)

Die bisherige Fassung des § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB gibt, zumal im Vergleich mit den Absätzen 2 und 4, zu Irritationen hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Bestimmung Anlass. Die Rechtsprechung erscheint uneinheitlich. Der Entwurf stellt klar, dass sich die erleichterte Halbstrafenaussetzung nicht auf Fälle des vollständigen Vorwegvollzugs der Maßregel beschränkt, sondern auch diejenigen Fälle erfasst, in denen gemäß § 67 Abs. 2 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe vor der Maßregel vollstreckt worden ist (in diesem Sinne schon BGH NStZ -RR 1999, 34; BGHR § 67 Abs. 2 StGB Vorwegvollzug, teilweiser 16; undeutlich NStZ-RR 2003, 295; wohl a.A. BGHR § 67 Abs. 2 StGB Vorwegvollzug, teilweiser 7; Vorwegvollzug, teilweiser 10). Die Klarstellung deckt sich mit der Intention des Entwurfs, durch verstärkten teilweisen Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe vor der Maßregel die therapeutischen Erfolgsaussichten zu verbessern und nach erfolgreicher Therapie die Entlassung aus dem Maßregelvollzug in die Freiheit zu ermöglichen. In diesem Kontext wäre es kontraproduktiv, wenn der teilweise Vorwegvollzug der Strafe die Möglichkeit der Halbstrafenaussetzung beeinträchtigen würde.

Zu Nummer 4 (§ 67a Abs. 4 Satz 2 - neu - bis 4 - neu - StGB)

Die für die Unterbringung in der Entziehungsanstalt geltende kurze Höchstdauer( § 67d Abs. 1 StGB) orientiert sich an den Notwendigkeiten einer reinen Suchtbehandlung. Die damit zur Verfügung stehende Zeit reicht für eine erfolgreiche Behandlung der Sucht häufig nicht aus, wenn sich herausstellt, dass der Täter an einer psychischen Störung oder Krankheit leidet, die die Suchtbehandlung wesentlich erschwert. Nach geltendem Recht kann das Gericht den Täter gemäß § 67a Abs. 1 StGB zwar in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus überweisen. Gemäß § 67a Abs. 4 StGB verbleibt es aber bei den Fristen für die Dauer und die Überprüfung, die für die Unterbringung in der Entziehungsanstalt gelten (§ 67d Abs. 1, § 67e Abs. 2 StGB).

Dies kann dazu führen, dass der Verurteilte vor erfolgreichem Behandlungsabschluss entlassen werden muss. Therapeutische Ressourcen sind vergeudet, der nicht ausreichend Behandelte kommt frei.

Der Entwurf sieht in Anlehnung an einen Vorschlag der Arbeitsgruppe "Fragen der Maßregelvollstreckung" vor, dass das Gericht bei der Überweisung aus dem Vollzug der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus Dauer und Überprüfungsfristen den für den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geltenden Regeln unterwerfen kann (§ 67a Abs. 4 Satz 2 - neu - StGB-E) mit der Folge, dass wie bei der durch das Tatgericht angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für die Maßregel keine Befristung gilt.

Im Interesse der Stimmigkeit der Rechtsordnung insgesamt knüpft der Entwurf die damit verbundene Verlängerung der zulässigen Unterbringungsdauer an die Voraussetzungen einer ursprünglichen tatgerichtlichen Unterbringungsanordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Erforderlich, aber auch ausreichend ist dass sich die Gefährlichkeit im Sinne des § 63 StGB-E während des Vollzugs der Unterbringung in der Entziehungsanstalt nachträglich herausgestellt hat das heißt, dass festgestellt wird, dass der Täter im Sinne von § 63 StGB-E gefährlich ist, von ihm also auf Grund eines der in § 20 StGB genannten Zustände, unter dessen Einfluss er die Tat begangen hat, erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Auf diese Weise wird niemand der unbefristeten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ausgesetzt, der - bei richtiger Erkenntnis - nicht schon von Anfang an die Voraussetzungen der Unterbringung gemäß § 63 StGB-E erfüllt hätte.

Im Übrigen bleibt der Charakter der ursprünglichen Unterbringungsanordnung unangetastet. § 67a Abs. 4 Satz 4 - neu - StGB-E stellt klar, dass die Anordnung nach Satz 2 den Maßregelzweck - wie auch sonst - unberührt lässt. Mit dieser Klarstellung wird auch den von der Gesundheitsministerkonferenz in ihrer Stellungnahme zum Bericht der Arbeitsgruppe "Rechtsfragen der Maßregelvollstreckung " erhobenen Einwänden Rechnung getragen, die diese gegen eine der Strafvollstreckungskammer überantwortete Überführung aus der befristeten Unterbringung gemäß § 64 StGB in die unbefristete gemäß § 63 StGB vorgebracht hat. Mit der Überweisung in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist keine grundlegende Statusänderung verbunden (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 67a Rnr. 5). Auch nach der Überweisung wird die vom erkennenden Gericht angeordnete Unterbringung in der Entziehungsanstalt weiter vollstreckt, wenn auch im Vollzug der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus. Der primäre Besserungszweck bleibt bestehen, § 67d Abs. 5 StGB bleibt unberührt. Daraus folgt, dass die Behandlung nur so lange fortgesetzt werden kann, wie sie Erfolg verspricht. Entgegen den Befürchtungen der Gesundheitsministerkonferenz durchbricht die vorgeschlagene Regelung auch nicht die Rechtskraft des Strafurteils, weil die Dauer der Unterbringung nicht gerichtlich angeordnet wird. Die allein durch das Gesetz bestimmte Dauer der Unterbringung wird nicht Bestandteil des Urteilstenors, die gesetzliche Höchstfrist des § 67d Abs. 1 StGB erwächst also nicht in Rechtskraft(so ausdrücklich - zur gleichgelagerten Problematik bei der Sicherungsverwahrung - BVerfG, NJW 2004, 739 <748>). Darüber hinaus gilt die mögliche Verlängerung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus Gründen des Vertrauensschutzes nur in den Fällen, in denen die ursprüngliche Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (vgl. Artikel 3 ). Auf diese Weise ist sichergestellt, dass auch für das Tatgericht klar ist, dass die von ihm angeordnete Unterbringung in der Entziehungsanstalt bei nachträglicher Erkenntnis psychischer Störungen, die eine Überweisung in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erforderlich machen, auch zu einer Verlängerung der Unterbringungsdauer führen kann.

Zu Nummer 5 Buchstabe a (§ 67d Abs. 2 Satz 2 - neu - StGB)

§ 67d Abs. 2 Satz 1 bestimmt die Voraussetzungen der Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung dahin, dass zu erwarten ist, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der erforderlichen günstigen Prognose die Annahme zu Grunde liegt, dass der die Unterbringung rechtfertigende Zustand oder Hang weggefallen ist, wird unterschiedlich beantwortet.

Jedenfalls für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vertritt die bei weitem überwiegende Rechtsprechung in analoger Anwendung von § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB die Auffassung, im Falle einer Heilung sei die Unterbringung nicht zur Bewährung auszusetzen, sondern für erledigt zu erklären(vgl. BGHSt 42, 306 <310>; OLG Frankfurt, NJW 1978, 2347; NStZ-RR 2003, 222; OLG Schleswig, SchlHA 2002, 143; OLG Karlsruhe, Justiz 1987, 463; Schönke/Schröder/Stree, StGB, 26. Aufl., § 67d Rnr. 14; a.A.: Horstkotte, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl., § 67d Rnr. 48; Lackner/Kühl, StGB, § 67d Rnr. 7; Horn, in: Systematischer Kommentar zum StGB, § 67d Rnr. 13; Veh, in: Münchner Kommentar zum StGB, § 67d Rnr. 25 (erscheint demnächst); nach der Kontrollnotwendigkeit differenzierend: Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 67d Rnr. 6; offen OLG Hamburg, MDR 1986, 1044). Der Entwurf übernimmt die derzeitige Mindermeinung als gesetzliche Regelung.

Damit gewährleistet der Entwurf, dass während der Unterbringung erzielte Besserungen erst dann zu einer Erledigung der Unterbringung führen, wenn sich die konstatierte Besserung, und sei sie auch als Heilung diagnostiziert, auch unter Freiheitsbedingungen innerhalb der festgesetzten Bewährungszeit tatsächlich bewährt hat. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, einer unter Unterbringungsbedingungen festgestellten "Heilung" noch keine die Maßregel erledigende Wirkung zuzusprechen sondern die Bewährung der Heilung nach Aussetzung abzuwarten(vgl. auch Veh, in: Münchner Kommentar zum StGB, § 67d Rnr. 26).

Der Entwurf bestimmt demzufolge für sämtliche Unterbringungsarten, dass die weitere Vollstreckung der Unterbringung auch dann zur Bewährung auszusetzen ist wenn die Erwartung künftiger Straffreiheit auf der Annahme gründet, dass der die Unterbringung rechtfertigende Zustand oder Hang nicht mehr besteht(Fälle der Heilung oder der ohne jeden Zweifel erfolgreichen Resozialisierung).

Zu Nummer 5 Buchstabe b (§ 67d Abs. 2a - neu - StGB)

Der Entwurf schreibt in Nummer 1 die in Rechtsprechung und weit überwiegendem Schrifttum bislang im Wege analoger Anwendung des § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB entwickelte Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in den Fällen, in denen sich nachträglich ergibt, dass die Tat nicht unter dem Einfluss eines Zustandes im Sinne des § 63 StGB begangen worden ist ("Fehleinweisung"; vgl. hierzu OLG Frankfurt, NStZ-RR 2002, 58, 59 f.; OLG Hamm, NStZ 1982, 300; OLG Nürnberg, MDR 1961, 342; Schönke/Schröder/Stree, StGB, § 67d Rnr. 14), gesetzlich fest. Der Entwurf akzeptiert damit das Bedürfnis, der Strafvollstreckungskammer die Möglichkeit zu geben, außerhalb des - vom Entwurf vorgesehenen - naturgemäß langwierigen Wiederaufnahmeverfahrens die Fehleinweisung eines tatsächlich nicht psychisch Kranken in ein psychiatrisches Krankenhaus für erledigt zu erklären.

Der Entwurf stellt zudem klar, dass die Erledigungserklärung nur aus tatsächlichen Gründen erfolgen kann (vgl. OLG Frankfurt, NStZ 2003, 222, 223). Die Erledigungserklärung wird allerdings mit der Möglichkeit der Einleitung eines Wiederaufnahmeverfahrens zu Ungunsten des Verurteilten (Artikel 2 Nr. 4 Buchstabe b, § 362 Nr. 5 - neu - StPO-E) und der Kompetenz für die Strafvollstreckungskammer verbunden mit der Erledigungserklärung Untersuchungshaft anzuordnen um einen etwaigen zu erwartenden Strafausspruch zu sichern(Artikel 2 Nr. 7 Buchstabe b, § 463 Abs. 3 Satz 6 - neu - StPO-E).

In Satz 1 Nr. 2 übernimmt der Entwurf die Rechtsprechung zur Erledigungserklärung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, BVerfGE 70, 297 <307, 310 f.>; OLG Celle, NStZ 1989, 491; OLG Karlsruhe, StV 2000, 268 <269>), stellt aber klar, dass eine solche Erledigungserklärung voraussetzt, dass auch eine Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung unverhältnismäßig wäre.

Der Entwurf knüpft in Satz 2 den Eintritt der Führungsaufsicht an die Erledigungserklärung nach Satz 1, um den Übergang des Betroffenen aus dem erledigten Maßregelvollzug in die Freiheit durch Hilfestellungen und Kontrollmechanismen begleiten zu können. Dies entspricht für den Anwendungsbereich von Satz 1 Nr. 2 der Regelung des § 67d Abs. 3 Satz 2 StGB. Kommt es im Zusammenhang mit einem durchzuführenden Wiederaufnahmeverfahren (Artikel 2 Nr. 4 Buchstabe b, § 362 Nr. 5 - neu - StPO-E) zur Anordnung von Sicherungsverwahrung, gilt § 68e Abs. 3, im Übrigen auch § 68c Abs. 3 Satz 2 StGB.

Zu Nummer 5 Buchstabe c ( § 67d Abs. 5 StGB)

Die bisherige Regelung in § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB sieht vor, dass das Gericht nach einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, die mindestens ein Jahr vollzogen ist, nachträglich bestimmen kann, die Unterbringung nicht weiter zu vollziehen wenn ihr Zweck aus Gründen, die in der Person des Untergebrachten liegen nicht erreicht werden kann.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1994(vgl. BVerfGE 91, 1) ist diese Bestimmung nichtig; sie ist unvereinbar mit der aus Artikel 2 Abs. 1 und 2 Satz 2 GG abzuleitenden Forderung, die Behandlung abzubrechen und die Unterbringung in der Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen sobald festgestellt werden kann, dass für den Untergebrachten keine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht (vgl. BVerfGE 91, 1, 34).

Der Entwurf sieht daher vor, die Unterbringung zu beenden, wenn die oben genannten Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 StGB-E nicht mehr vorliegen. Dadurch werden auch die Entziehungsanstalten entlastet. Zugleich passt der Entwurf die Formulierung dem sonstigen Sprachgebrauch des § 67d Abs. 2 und Abs. 2a StGB-E an. Das Gericht erklärt die Unterbringung für erledigt, statt wie bisher ohne dass damit ein sachlicher Unterschied verbunden war, anzuordnen, dass die Unterbringung nicht mehr weiter zu vollziehen ist.

Anders als im Entwurf des Bundesrates vom 20. Dezember 2001 (BR-Drs. 775/01(Beschluss) ) vorgesehen, sieht der Entwurf keine Mindestregelunterbringungszeit vor. Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass durchaus nicht nur in Ausnahmefällen auch nach kürzerer Mindestunterbringungszeit die fehlende konkrete Erfolgsaussicht festgestellt werden kann. In einem solchen Fall sollte die Therapie umgehend abgebrochen werden können.

Zu Nummer 6 ( § 67e StGB)

Der Entwurf zieht die Konsequenz aus der gesetzlichen Normierung der Erledigungserklärung in § 67d Abs. 2a StGB-E und erstreckt die regelmäßige Überprüfung der Unterbringungen auch auf die Prüfung der Erledigungserklärung, nicht lediglich auf die Prüfung der Aussetzungsfähigkeit.

Zu Nummer 7 ( § 68 Abs. 2 StGB)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b.

Zu Nummer 8 ( § 72 StGB)

Mit der Neufassung des § 72 StGB entfällt insbesondere Absatz 1 der Bestimmung.

Nach der bisherigen Regelung darf das Tatgericht auch dann, wenn die Voraussetzungen mehrerer freiheitsentziehender Maßregeln gegeben sind, nur einzelne dieser Maßregeln anordnen, wenn es der Auffassung ist, dass im Hinblick auf diese Maßregeln weitere Maßregeln entbehrlich sind. Das führt zu unnötigen Sicherheitsrisiken, die aus der Unsicherheit der prognostizierten Entbehrlichkeit einer von den Voraussetzungen her an sich anzuordnenden Maßregel herrühren. So kann die spätere Entwicklung des Verurteilten in der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zeigen, dass die Annahme, mit der Heilung einer psychischen Erkrankung entfalle die Gefährlichkeit, unzutreffend ist. In einem solchen Fall kann der Verzicht auf eine von den Voraussetzungen her an sich mögliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zur Entlassung aus dem psychiatrischen Krankenhaus in die Freiheit führen, obwohl der Verurteilte nach wie vor gefährlich ist und die Anordnung der Sicherungsverwahrung möglich gewesen wäre. Dem erkennenden Gericht sollte deshalb nicht länger die Entscheidung aufgebürdet werden, ob eine von mehreren Maßregeln, deren Voraussetzungen gegeben sind, wegen anderer Maßregeln entbehrlich werden wird. Ebenso wie im Verhältnis zwischen vorweg vollstreckter Freiheitsstrafe und Maßregel sollte - gerade auch wegen der nicht zu vernachlässigenden Gefahr von Fehlbeurteilungen - die Entscheidung, ob eine Maßregel tatsächlich entbehrlich wird, im Vollstreckungsverfahren zum Ende des Vollzugs der vorher vollzogenen Maßregel und damit unter Berücksichtigung ihres tatsächlichen Erfolgs getroffen werden.

Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann im Vollstreckungsverfahren sachgerechter als im Erkenntnisverfahren Rechnung getragen werden. Die Belastung des Verurteilten mit der Anordnung einer Maßregel, die sich unter Umständen später als entbehrlich erweist, ist im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zur Sicherung einer ausreichenden Erkenntnisbasis erforderlich und damit hinzunehmen. Lockerungen des Vollzugs der zunächst vollstreckten Maßregel werden durch die Anordnung einer weiteren freiheitsentziehenden Maßregel nicht ausgeschlossen, insbesondere dann nicht, wenn die konkrete Aussicht besteht, dass die weitere Maßregel wegen des sich abzeichnenden Erfolgs der vorweg vollstreckten Maßregel für erledigt erklärt werden wird. Bei der Festsetzung der Vollstreckungsreihenfolge wird den therapeutischen Bedürfnissen und Chancen der einzelnen Maßregeln Rechnung zu tragen sein. Insbesondere dürfte die Sicherungsverwahrung regelmäßig vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollstrecken sein. Auf die Ausführungen

Zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a wird ergänzend Bezug genommen.

Nach dem Wegfall von Absatz 1, der auch Absatz 2 entbehrlich macht, beschränkt sich die Regelung auf den bisherigen Inhalt des § 72 Abs. 3 StGB.

Dieser wird in den Sätzen 1, 3 und 4 vollständig übernommen. Zusätzlich wird dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, die Vollstreckungsreihenfolge nachträglich zu ändern, wenn die Resozialisierung des Täters dadurch besser gefördert werden kann. Damit eröffnet sich der Strafvollstreckungskammer die Option, auf neue Erkenntnisse während der Vollstreckung durch eine Änderung der Vollstreckungsreihenfolge zu reagieren, wie dies bisher schon im Verhältnis von Unterbringung und Freiheitsstrafe möglich ist ( § 67 Abs. 3 StGB).

Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozeßordnung)

Zu Nummer 1 ( § 246a StPO)

Das geltende Recht bestimmt in § 246a StPO die Zuziehung eines Sachverständigen, wenn "damit zu rechnen ist", dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Anhörung des Sachverständigen jedoch bereits dann erfolgen wenn die Anordnung der Maßregel "in Betracht kommt" (z.B. BGH, NStZ-RR 2000, 36). § 246a Satz 1 StPO-E passt den Gesetzestext für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in der Sicherungsverwahrung klarstellend der Interpretation an, die der bisherige Gesetzestext in der Rechtsprechung gefunden hat.

Ausgenommen wird allerdings die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

Nach § 246a Satz 2 StPO-E soll unter Übernahme der Formulierung des § 454 Abs. 2 Satz 1 StPO die Beauftragung eines Gutachters zukünftig auf Fälle beschränkt werden in denen das Gericht eine Anordnung der Unterbringung gemäß § 64 StGB konkret erwägt. Die Regelung zieht zum einen die Konsequenz aus der Umgestaltung des § 64 StGB in eine Sollvorschrift, deren Ausfüllung nicht in jedem Fall von den sachverständigen Feststellungen abhängig ist. Darüber hinaus ist an Fälle gedacht, in denen eine Unterbringung gemäß § 64 StGB zwar grundsätzlich in Betracht kommt, nach den Gegebenheiten im Einzelfall vom Gericht jedoch nicht in Erwägung gezogen wird. So treten im Gerichtsalltag immer wieder Konstellationen auf, in denen das Fehlen hinreichender Erfolgsaussicht nach richterlicher Sachkunde auf der Hand liegt (z.B. Trunkenheitsfahrt eines trotz mehrfacher Therapieversuche in seiner Sucht verharrenden langjährigen Alkoholikers). Künftig soll der Tatrichter von der Einholung eines Sachverständigengutachtens Abstand nehmen können, wenn er die Voraussetzungen des § 64 StGB verneint. Der Entwurf greift insoweit eine - auch von der Gesundheitsministerkonferenz gebilligte - Empfehlung der Arbeitsgruppe "Fragen der Maßregelvollstreckung" auf, die die Verfahrensdauer verkürzt und Gutachterkapazitäten schont.

Zu den Nummern 2, 3 und 6 (§ 331 Abs. 2, § 358 Abs. 2, § 373 Abs. 2 StPO)

Das in den §§ 331, 358 und 373 StPO verankerte Verschlechterungsverbot ist keine zwingende Folge des Rechtsstaatsprinzips, sondern eine dem Angeklagten bzw. Verurteilten vom Gesetzgeber gewährte Rechtswohltat, der der Gedanke zu Grunde liegt, dass der Verurteilte von der Einlegung von Rechtsmitteln(oder eines Wiederaufnahmeantrags) nicht durch die Besorgnis abgehalten werden soll, es könne ihm dadurch ein Nachteil entstehen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 331 Rnr. 1).

Das geltende Recht durchbricht das Verbot der Schlechterstellung, soweit es um die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt, nicht jedoch soweit es um die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung geht (§§ 331, 358, 373, jeweils Abs. 2 StPO). Der erforderliche Schutz der Bevölkerung wird auf diese Weise nur unzureichend gewährleistet. Der Entwurf stellt in Artikel 2 Nr. 2 Buchstabe a, 3 Buchstabe b und 6 Buchstabe b (§ 331 Abs. 2 Satz 1, § 358 Abs. 2 Satz 3, § 373 Abs. 2 Satz 3 StPO-E) die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung den Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt gleich. Dadurch wird eine auch in der Revisionsinstanz erkannte Maßregellücke geschlossen (vgl. die Ausführungen von Nack in der 116. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 20.02.02, Protokoll, S. 91).

Allein zum Zwecke einer zutreffenden Entscheidung zur Sicherungsverwahrung wird dem Gericht durch § 331 Abs. 2 Satz 2, § 358 Abs. 2 Satz 4 und § 373 Abs. 2 Satz 4 StPO-E ermöglicht, der Prüfung der Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung eine höhere als die im Urteil verhängte Strafe zu Grunde zu legen sofern die Strafe wegen verminderter Schuldfähigkeit zu Unrecht gemildert worden war. Damit wird u.a. auch der Konstellation Rechnung getragen, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen zu Unrecht angenommener verminderter Schuldfähigkeit aufgehoben wird, die Anordnung gebotener Sicherungsverwahrung aber an der zu Unrecht gemilderten Strafe scheitern würde. Das Verbot der Schlechterstellung bezüglich der Strafhöhe als solcher bleibt unberührt.

Der Entwurf durchbricht das Verbot der Schlechterstellung auch insoweit, als bei Aufhebung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus statt dessen Strafe verhängt werden kann (Artikel 2 Nr. 3 Buchstabe a, 6 Buchstabe a; § 358 Abs. 2 Satz 2, § 373 Abs. 2 Satz 2 StPO-E). Für die Berufung( § 331 Abs. 2 StPO) erübrigt sich eine solche Regelung angesichts der fehlenden Kompetenz des Amtsgerichts, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen. Der Entwurf vermeidet auf diese Weise die schwerlich hinzunehmende Konsequenz einer erfolgreichen Revision oder Wiederaufnahme gegen die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen angenommener Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB. Die Tat bleibt nach geltendem Recht ohne strafrechtliche Sanktion, wenn sich in der neuen Verhandlung herausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat schuldfähig war, da eine nunmehrige Bestrafung gegen das Verbot, Art und Höhe der Rechtsfolgen zum Nachteil des Angeklagten oder Verurteilten zu ändern (§ 358 Abs. 2 Satz 1, § 373 Abs. 2 Satz 1 StPO), verstoßen würde(vgl. zu einer solchen Konstellation BGH Beschluss vom 24. Juli 2001, 4 StR 268/01). Die Empfehlung des BGH an die Staatsanwaltschaften, in vergleichbaren Verfahrenskonstellationen regelmäßig ihrerseits die Einlegung eines Rechtsmittels in Erwägung zu ziehen, zeigt deutlich das Unbehagen auch des BGH an der geltenden Rechtslage, empfiehlt er doch den Staatsanwaltschaften die vorsorgliche Einlegung eines Rechtsmittels gegen ein aus deren Sicht richtiges Urteil allein zu dem Zweck, die ansonsten nicht hinnehmbare Folge eines Rechtsmittelerfolgs des Angeklagten zu vermeiden.

Der Entwurf sieht vor, dass anstelle einer unbefristeten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Verhängung von Strafe möglich wird (§ 358 Abs. 2 Satz 2, § 373 Abs. 2 Satz 2 StPO-E). Das Gericht bleibt jedoch gehindert, nach Aufhebung einer isoliert angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erneut die Unterbringung anzuordnen und zugleich erstmals Strafe zu verhängen. Hatte das erkennende Gericht die Unterbringung angeordnet und zugleich eine Strafe verhängt, so bleibt das Gericht auch gehindert, in seiner erneuten Entscheidung die verhängte Strafe zum Nachteil des Angeklagten bzw. Verurteilten zu ändern.

Zu Nummer 4 ( § 362 StPO)

Die Regelung ergänzt Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b (§ 67d Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 StGB-E). Die Regelung ermöglicht die Wiederaufnahme zu Ungunsten des Verurteilten in Fällen der Erledigungserklärung, in denen die der Erledigung zu Grunde liegende Feststellung, die Tat sei nicht unter dem Einfluss eines Zustandes im Sinne des § 63 StGB begangen worden, geeignet ist, die Bestrafung oder die Anordnung der Sicherungsverwahrung zu begründen. Der Entwurf zielt darauf ab, die Tat im Wesentlichen so ahnden zu können, wie sie bei zutreffender Erkenntnis des psychischen Zustands des Täters zum Zeitpunkt der Tatbegehung hätte geahndet werden müssen. Einer auch von der Gesundheitsministerkonferenz gebilligten Empfehlung der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses "Fragen der Maßregelvollstreckung" folgend ermöglicht der Entwurf ein Wiederaufnahmeverfahren für den Fall, dass der Unterbringungsanordnung eine Fehldiagnose zu Grunde lag und bei Erkenntnis der wahren Sachlage der Straftäter hätte bestraft oder Sicherungsverwahrung hätte angeordnet werden können. Durch die Ermöglichung nachträglicher Bestrafung des Täters, die allein durch ein Wiederaufnahmeverfahren zu Ungunsten des Täters herbeigeführt werden kann, wahrt der Entwurf den auch sonst im Strafgesetzbuch verankerten Zusammenhang von Strafe und Sicherungsverwahrung und erhält die Sicherungsverwahrung als Instrument zur Sicherung vor hochgefährlichen, bei Tatbegehung schuldfähigen oder jedenfalls vermindert schuldfähigen Tätern.

Im Einzelnen besteht dem Entwurf zufolge ein Wiederaufnahmegrund zu Ungunsten des Verurteilten in folgenden Konstellationen der Erledigungserklärung nach § 67d Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 StGB-E:

Demgegenüber rechtfertigt die Aussicht auf eine höhere Bestrafung allein die Wiederaufnahme nach § 362 Nr. 5 - neu - StPO-E nicht, ähnlich wie umgekehrt die Aussicht auf eine mildere Bestrafung in Anwendung des § 21 StGB auch eine Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten nicht ermöglicht ( § 363 Abs. 2 StPO).

Die Erweiterung der Wiederaufnahmegründe zu Ungunsten des Verurteilten ist auch mit dem in Artikel 103 Abs. 3 GG niedergelegten Grundsatz des Verbotes der Mehrfachbestrafung vereinbar. Nach der weitaus herrschenden Meinung stellt Artikel 103 Abs. 3 GG eine Basisgarantie dar, die zum einen nach Maßgabe des vor 1949 bestehenden Rechtszustands des Wiederaufnahmerechts zu Ungunsten des Verurteilten durchbrochen ist, zum anderen den Gesetzgeber aber auch nicht an diesen Rechtszustand bindet (vgl. Wassermann, in: AK-GG, 3. Aufl., Artikel 103 Rnr. 55; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Rnr. 265, 266; Rüping, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Artikel 103 Abs. 3 Rnr. 21 f.; vgl. auch BVerfGE 56, 22 <34>, wonach Gesetzgebung und Auslegung nicht bis in alle Einzelheiten auf den Stand der Rechtsprechung und Prozessrechtslehre bei Inkrafttreten des Grundgesetzes habe festgelegt und jede weitere Veränderung im Verständnis des prozessualen Verfahrensgegenstandes und der Rechtskraftwirkung habe ausgeschlossen werden sollen). Entzieht sich demzufolge das Wiederaufnahmerecht auch zu Ungunsten des Verurteilten nicht einer Weiterentwicklung und Veränderung, so bestehen materiellrechtlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ist Artikel 103 Abs. 3 GG als Basisgarantie nach Vorgabe der Grundrechte, des Verhältnismäßigkeits- und des Vertrauensprinzips sowie der Erfordernisse des seinerseits rechtsstaatlich fundierten strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes zu bestimmen (vgl. Schmidt-Aßmann, a.a.O., Artikel 103 Abs. 3 Rnr. 266), so ist eine Erweiterung der Wiederaufnahmegründe zu Ungunsten jedenfalls dann nicht verfassungswidrig, wenn das Festhalten an der Rechtskraft des Urteils zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen führen würde (vgl. Schmid-Aßmann, a.a.O., Rnr. 270). So liegt es hier. Die Erweiterung der Wiederaufnahmegründe zu Ungunsten durch Ergänzung des § 362 StPO in Nummer 5 mindert lediglich die Folgen einer Rechtskraftdurchbrechung zugunsten des Untergebrachten, wie sie durch die Erledigungserklärung einer - unbefristeten - Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bisher auf Grund Richterrechts, künftig gemäß § 67d Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 StGB-E erfolgt. Dadurch werden nicht hinnehmbare einseitige Urteilskorrekturen vermieden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Unterbringung eines zu Unrecht für schuldunfähig erklärten Täters nicht isoliert für erledigt erklärt und der Täter in die Freiheit entlassen wird, sondern statt dessen in Anpassung an die wahre Sachlage Strafe verhängt werden kann. Ebenso wird sichergestellt dass der zu Unrecht für psychisch krank, zu Recht aber für gefährlich erachtete Täter nicht in einseitiger Urteilskorrektur aus der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus entlassen wird, ohne dass eine bei Kenntnis der wahren Verfassung des Täters mögliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann.

Zu Nummer 5 ( § 370 Abs. 2 StPO)

Mit der Anfügung des Satzes 2 an § 370 Abs. 2 StPO zieht der Entwurf notwendige Konsequenzen aus dem neuen Wiederaufnahmegrund des § 362 Nr. 5 - neu - StPO-E.

Der Ablauf des Wiederaufnahmeverfahrens richtet sich auch hier nach den allgemeinen Regeln. Einer Beweisaufnahme zur Feststellung, ob der Wiederaufnahmeantrag begründet ist ( § 369 Abs. 1 StPO), wird es allerdings regelmäßig nicht bedürfen. Die Wiederaufnahmevoraussetzungen der Erledigungserklärung und der daraus zu ziehenden Folgerungen für eine etwa mögliche Bestrafung bzw. Anordnung der Sicherungsverwahrung lassen sich unmittelbar aus den vorgelegten Akten entnehmen. In einem solchen Fall kann der Beschluss über die Zulässigkeit der Wiederaufnahme gemäß § 369 Abs. 1 StPO und über das Begründetsein nach § 370 StPO schon nach geltendem Recht verbunden werden vgl. Schmidt, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl., § 369 Rnr. 4).

Einer Gesetzesänderung bedurfte es insoweit nicht.

Mit der Anfügung eines weiteren Satzes an § 370 Abs. 2 StPO zieht der Entwurf allerdings eine - jedenfalls klarstellende - Konsequenz aus dem neu geschaffenen Wiederaufnahmegrund des § 362 Nr. 5 StPO-E. Schon bisher wurde in Ausnahmefällen angenommen, dass die Anordnung der beschränkten Wiederaufnahme zulässig sei, wenn nur der Rechtsfolgenausspruch Grund zur Wiederaufnahme gebe (vgl. BGHSt 11, 361; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 370 Rnr. 8). War die Wiederaufnahme nur wegen einer von mehreren Straftaten begründet, so war die Zulässigkeit einer Beschränkung strittig (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. m.w.N.). Jedenfalls mit der Einfügung des Wiederaufnahmegrundes des § 362 Nr. 5 StPO-E entsteht das Bedürfnis, die Beschränkung der Wiederaufnahme ausdrücklich zuzulassen. Das Gericht wird in die Lage versetzt, das Urteil in dem Umfang zu korrigieren, wie dies vom Sinn und Zweck des Wiederaufnahmegrundes her geboten ist. Im Falle des § 362 Nr. 5 StPO-E heißt dies dass sich die Wiederaufnahme bei für erledigt erklärter isolierter Unterbringungsanordnung auf den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch bezüglich der Anlasstaten beschränkt und damit unter Bindung an die Urteilsfeststellungen zu den Anlasstaten im übrigen ggf. einen Schuldspruch, die Verhängung einer Strafe und die Anordnung der Sicherungsverwahrung ermöglicht. War die für erledigt erklärte Unterbringung neben einer für die Anlasstat verhängten Strafe angeordnet können auch Schuldspruch und verhängte Strafe von der Wiederaufnahme unberührt bleiben. Die Wiederaufnahme kann sich auf den Rechtsfolgenausspruch bzgl. der Anordnung von freiheitsentziehenden Maßregeln beschränken und damit ggf. die Anordnung der Sicherungsverwahrung ermöglichen.

Zu Nummer 7 Buchstabe a (§ 463 Abs. 3 Satz 1 und 3 StPO)

Es handelt sich um Folgeänderungen.

Zu Nummer 7 Buchstabe b (§ 463 Abs. 3 Satz 6 - neu - bis 8 - neu - StPO)

Die Regelung ergänzt Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b (§ 67d Abs. 2a - neu - StGB-E) und Artikel 2 Nr. 4 Buchstabe b (§ 362 Nr. 5 - neu - StPO-E). Da sich an die Erledigungserklärung ein Wiederaufnahmeverfahren zu Ungunsten anschließen kann besteht auch das Bedürfnis, zur Sicherung der Durchführung des Verfahrens und der späteren Vollstreckung der zu erwartenden Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Sicherungsmaßregel Untersuchungshaft anzuordnen.

Nachdem der Verurteilte mit der Erledigungserklärung durch die Strafvollstreckungskammer zu entlassen ist, besteht Anlass, der Vollstreckungskammer neben der Kompetenz, die Erledigung zu erklären, auch die Kompetenz zu geben, zugleich die Untersuchungshaft anzuordnen. Satz 8 regelt den Zuständigkeitswechsel nach Stellung des Wiederaufnahmeantrags, Satz 9 die entsprechende Geltung weiterer Vorschriften für Folgeentscheidungen.

Zu Nummer 7 Buchstabe c (§ 463 Abs. 5 Satz 1 StPO)

Es handelt sich um eine Folgeänderung.

Zu Nummer 7 Buchstabe d (§ 463 Abs. 5 Satz 2 - neu - bis 5 - neu - StPO)

§ 67d Abs. 5 StGB ermöglicht dem Gericht, zu bestimmen, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen ist, weil ihr Zweck aus Gründen, die in der Person des Untergebrachten liegen, nicht erreicht werden kann. Ist neben der Unterbringung Freiheitsstrafe angeordnet, beinhaltet diese Bestimmung zugleich die Überweisung in den Vollzug der Freiheitsstrafe.

Bis zur gerichtlichen Entscheidung, der nicht selten die Einholung eines Sachverständigengutachtens voraus geht, verbleibt der Verurteilte im Vollzug der Unterbringung in der Entziehungsanstalt. Dies kann zu erheblichen Störungen der Arbeit in der Entziehungsanstalt führen, etwa wenn Therapieabbrecher Einfluss auf andere Patienten nehmen. Nach Erfahrungen der Entziehungsanstalten steigt nicht selten die Gewaltbereitschaft solcher Verurteilter.

Der Entwurf schafft - einem auch von der Gesundheitsministerkonferenz gebilligten Vorschlag der Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses "Fragen der Maßregelvollstreckung folgend - in § 463 Abs. 5 Satz 2 - neu - StPO-E die Möglichkeit, gerichtlich die sofortige einstweilige Überweisung des Verurteilten aus dem Vollzug der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in den Vollzug von Freiheitsstrafe anzuordnen. Dies setzt voraus, dass Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass eine Bestimmung nach § 67d Abs. 5 Satz 1 StGB ergehen wird. Damit beugt der Entwurf einem unerwünschten Dissens zwischen einstweiliger Anordnung und Hauptsacheentscheidung in ausreichendem Maße vor. Die Anordnung ergeht, wenn dies mit Rücksicht auf die störungsfreie Erfüllung der Aufgaben der Entziehungsanstalt geboten ist.

Die sofortige einstweilige Überweisung erfolgt zum Vollzug einer neben der Unterbringung in der Entziehungsanstalt gerichtlich angeordneten Freiheitsstrafe.

Der Verurteilte wird Strafgefangener. Eine spätere Aufhebung der einstweiligen Überweisung in den Vollzug der Freiheitsstrafe hat zwar die Rücküberweisung in die Unterbringung zur Folge, der Charakter der zwischenzeitlich in Strafhaft verbrachten Zeit bleibt aber unverändert. Diese Zeit ist als Vollzug von Freiheitsstrafe zu werten.

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss außerhalb der Hauptverhandlung(§ 463 Abs. 5 Satz 3 - neu - StPO-E i.V.m. § 462 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Notwendigkeit von Anhörungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften(§§ 33, 33a StPO). Für die Anordnung ist die Strafvollstreckungskammer(§ 463 Abs. 1 i.V.m. § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO) zuständig, gegebenenfalls der Jugendrichter (§ 82 Abs. 1 Satz 2 JGG). Die Anordnung der sofortigen Überweisung in den Vollzug der Freiheitsstrafe ist gemäß § 463 Abs. 5 Satz 4 - neu -StPO-E unanfechtbar. Die Entscheidung ist gemäß § 463 Abs. 5 Satz 5 - neu -StPO-E jederzeit aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Damit ist eine fortlaufende ausreichende Überprüfung der Anordnung gewährleistet.

Zu Artikel 3

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Aus Gründen des Vertrauensschutzes gilt die mögliche Verlängerung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in Fällen, in denen der Verurteilte nachträglich in den Vollzug der Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus überwiesen wird (Artikel 1 Nr. 4 des Entwurfs) nur dann, wenn die ursprüngliche Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist.