Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur "Beteiligung der deutschen Länder an den Brexit-Verhandlungen der Bundesregierung"
- 1. Der Bundesrat nimmt die am 2. Februar 2017 in dem Weißbuch "The United Kingdom's exit from and new partnership with the European Union" veröffentlichten Planungen der Regierung des Vereinigten Königreichs zum Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union (EU) zur Kenntnis. Die britische Regierung hat am 29. März 2017 das in Artikel 50 EUV vorgesehene Austrittsverfahren ausgelöst.
Der Bundesrat geht davon aus, dass der Europäische Rat rasch danach Verhandlungsleitlinien beschließen wird, die Kommission sodann einen Vorschlag für das Verhandlungsmandat dem Rat für Allgemeine Angelegenheiten vorlegen und die Kommission nach dessen Billigung für die EU mit den Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich beginnen wird.
- 2. Der Bundesrat geht ferner davon aus, dass der beabsichtigte Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und die vorgesehene neue Partnerschaft mit der EU durch rechtlich und prozedural voneinander zu trennende Abkommen geregelt werden:
- - Das Austrittsabkommen nach Artikel 50 EUV, das sich auf die drängendsten technischen und rechtlichen Fragen beschränken und voraussichtlich bilateral zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU zu verhandeln sein wird. Dabei wird der Rahmen für die künftigen Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EU zu berücksichtigen sein. Für einen Abschluss durch die EU ist die qualifizierte Mehrheit im Rat erforderlich.
- - Die neuen Beziehungen bzw. die beabsichtigte neue Partnerschaft des Vereinigten Königreichs mit der EU werden durch mindestens ein weiteres Abkommen multilateral auf Grundlage des Artikels 218 AEUV verhandelt. Für dieses sogenannte Beziehungsabkommen ist Einstimmigkeit im Rat erforderlich. Es wird aller Voraussicht nach als gemischtes Abkommen einzuordnen und dementsprechend zu behandeln sein.
- 3. Aus Sicht des Bundesrates wird sich der angekündigte Austritt auf zahlreiche Materien auswirken, bei denen innerstaatlich die Mitwirkung des Bundesrates erforderlich wäre, bei denen die Länder innerstaatlich zuständig wären oder die Einrichtung ihrer Behörden bzw. ihre Verwaltungsverfahren oder Länderinteressen betroffen sind. Dazu gehören insbesondere die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung, Mehrjähriger Finanzrahmen und Kohäsionspolitik, Wirtschaft, Handel und Arbeitnehmermobilität, Personenstandswesen, Wahlrecht, Medien sowie die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit.
- 4. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, die Länder in die Verhandlungen zum Austritt und zum Abschluss einer neuen Partnerschaft einschließlich etwaiger Übergangsregelungen zur Vermeidung eines ungeordneten Austritts eng einzubeziehen und entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgaben angemessen zu beteiligen.
Er geht davon aus, dass die Länder gemäß Artikel 23 Absatz 2 GG über alle den Austritt betreffenden Schritte zu unterrichten sind und in den jeweiligen Verhandlungen - je nach Verhandlungsmaterie - die nach Artikel 23 GG und durch das EUZBLG vorgesehenen Beteiligungsrechte gewahrt werden. Er geht auch davon aus, dass die dem Bundesrat durch das Bundesverfassungsgericht zuerkannte Integrationsverantwortung berührt ist. Damit sich der Bundesrat rechtzeitig zu den Brexit-Verhandlungen positionieren kann, fordert er die Bundesregierung auf, die Länder
- - bereits vor Aufnahme und während der Verhandlungen an den Beratungen zur Festlegung der Verhandlungsposition der Bundesregierung zu beteiligen,
- - durch zwei Bundesratsbeauftragte an der Ratsarbeitsgruppe "Brexit" zu beteiligen,
- - frühzeitig an gesetzgeberischen Maßnahmen zur Anpassung an den Brexit auf nationaler Ebene sowie der Begleitgesetzgebung entsprechend den verfassungs-, insbesondere kompetenzrechtlichen Vorgaben zu beteiligen.