Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 100840 - vom 27. Januar 2010.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung vom 14. - 17. Dezember 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungpolitik vom 17. November 2009,
- - unter Hinweis auf den Zwischen- und den Abschlussbericht 0(S/2009/253 und S/2009/603) der Sachverständigengruppe für die Demokratische Republik Kongo ("Sachverständigengruppe"), die aufgrund der Resolution 1771 (2007) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen eingesetzt und mit den Resolutionen 1807 (2008) und 1857 (2008) verlängert wurde, sowie unter Hinweis auf die darin enthaltenen Empfehlungen,
- - unter Hinweis auf die Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 22. November 2007 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere im Osten des Landes, und den Auswirkungen auf die Region,
- - unter Hinweis auf die Resolution 60/1 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 24. Oktober 2005 zu den Ergebnissen des Weltgipfels von 2005, insbesondere deren Ziffern 138 bis 140 über die Verantwortung zum Schutz der Bevölkerung,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2008 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo und zu Vergewaltigung als Kriegsverbrechen1,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 27. Oktober 2009 zum Gebiet der Großen Seen,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Rates vom 10. Oktober 2008 zur Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo,
- - in Kenntnis der Resolution 1856 (2008) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 22. Dezember 2008 zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo, in der das Mandat des Einsatzes der der Vereinten Nationen in der Demokratischen Re publik Kongo (MONUC) spezifiziert wird2,
- - gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Krieg und Unruhen im östlichen Teil der Demokratischen Republik Kongo dazu geführt haben, dass Morde, Vertreibungen und sexuelle Gewalt gegen Frauen, die von bewaffneten Rebellengruppen wie auch von Regierungstruppen, Streitkräften und Polizeikräften verübt wird, weit verbreitet sind und ein erschreckendes Ausmaß angenommen haben,
B. in der Erwägung, dass der Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo seit 1998 5,4 Millionen Menschenleben gefordert hat und weiterhin - direkt oder indirekt - jeden Monat für den Tod von 45 000 Menschen verantwortlich ist1, und in der Erwägung, dass es Berichten des UNHCR zufolge etwa 1 460 000 Binnenvertriebene in der DRK gibt, 980 000 davon in Nord-Kivu2,
C. in der Erwägung, dass die MONUC seit 1999 in der Demokratischen Republik Kongo eingesetzt ist, um die Zivilbevölkerung zu schützen, den Friedensprozess im Land zu fördern und die Regierung dabei zu unterstützen, die Kontrolle über die Regionen, die in die Kämpfe verwickelt sind, wiederzugewinnen,
D. unter Hinweis darauf, dass MONUC weltweit der größte friedenssichernde Einsatz ist, der jährlich rund 1,4 Mrd. USD kostet und mit insgesamt 20 000 Soldaten vor allem in Nord- und Süd-Kivu durchgeführt wird, und dass es das Mandat der MONUC erlaubt, alle notwendigen Mittel anzuwenden, um jegliche den politischen Prozess gefährdende Gewaltanwendung von Seiten bewaffneter ausländischer oder kongolesischer Truppen zu verhindern und den Schutz der durch physische Gewalt unmittelbar bedrohten Zivilisten sicherzustellen,
E. in der Erwägung, dass durch den illegalen Mineralienhandel in der Demokratischen Republik Kongo viele Akteure die Möglichkeit haben, Mineralien aus Gebieten zu erwerben, die von den Rebellengruppen kontrolliert werden, wodurch sie diese Rebellengruppen finanzieren, und in der Erwägung, dass dadurch der Konflikt genährt und verschärft wird,
F. in der Erwägung, dass sowohl die Truppen der Demokratischen Republik Kongo als auch die Kämpfer der Demokratischen Kräfte für die Befreiung Ruandas (FDLR) an kriminellen Netzen zur Ausbeutung und zum Verkauf von Gold und Mineralien im Osten der Demokratischen Republik Kongo beteiligt sein und im Gegenzug dafür Waffen erhalten sollen,
G. in der Erwägung, dass Vergewaltigung zu einer Kriegswaffe geworden ist, von der die Rebellen, die Mitglieder der kongolesischen Armee und Zivilisten Gebrauch machen,
H. in der Erwägung, dass Militäraktionen seit Januar 2009, einschließlich der Operation Kimia II, zur Entwaffnung von 1 243 (von geschätzten 6 000) Kämpfern der FDLR geführt haben, wobei allerdings die FDLR weiterhin Kämpfer rekrutiert und weltweit über ein ausgedehntes, komplexes Netz von Sympathisanten verfügt, die sie politisch und finanziell unterstützen3,
I. in der Erwägung, dass die jüngsten militärischen Operationen die humanitäre Krise noch verschlimmert haben, wodurch es zu weit verbreiteten Massakern und Menschenrechtsverletzungen kam,
J. in der Erwägung, dass die Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee, den Rebellen des gestürzten Generals Laurent Nkunda und den Kämpfern der FDLR sowie den Truppen der ugandischen "Widerstandsarmee des Herrn" (LRA) weiterhin für unerträgliches Leiden der Zivilbevölkerung in der Region der östlichen Provinzen der DRK verantwortlich sind,
K. in der Erwägung, dass die kongolesische Armee noch immer nicht über ausreichende personelle, technische und finanzielle Mittel verfügt, um ihre Aufgaben in den östlichen Provinzen der Demokratischen Republik Kongo zu erfüllen, und zudem ein Mangel an Disziplin in ihren Reihen herrscht, was ihre Rolle, nämlich Schutz der Bevölkerung und Wiederherstellung des Friedens, gefährdet,
L. in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen kürzlich die logistische Hilfe und operationelle Unterstützung bestimmter Einheiten der kongolesischen Armee infolge von Anschuldigungen ausgesetzt haben, ihre Truppen hätten zwischen Mai und September 2009 Dutzende Zivilisten, einschließlich Frauen und Kindern, in Nord-Kivu getötet,
M. in der Erwägung, dass mehrere humanitäre Organisationen gezwungen waren, ihre Tätigkeit einzustellen, und dass in Nord-Kivu 70 % - oder sogar noch mehr - der bedürftigen Menschen von den Bediensteten der humanitären Organisationen nicht erreicht werden können,
- 1. verurteilt mit allem Nachdruck die Massaker, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Rekrutierung von Kindersoldaten und die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die nach wie vor vorkommen; fordert alle Akteure auf, die Bekämpfung der Straflosigkeit voranzutreiben;
- 2. fordert ein unverzügliches Ende der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo; betont die Notwendigkeit weiterer Bemühungen, um den Tätigkeiten bewaffneter ausländischer Gruppierungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere der FDLR und der LRA, ein Ende zu setzen; fordert alle diese Gruppen auf, die Waffen unverzüglich niederzulegen und ihre Angriffe auf die Zivilbevölkerung einzustellen, und fordert alle Parteien, die die Vereinbarungen vom 23. März 2009 unterzeichnet haben, auf, den Waffenstillstand einzuhalten und ihren Verpflichtungen wirksam und nach Treu und Glauben nachzukommen;
- 3. ist außerordentlich besorgt über die Verschlechterung der humanitären Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo nach den Gräueltaten an der örtlichen Bevölkerung, wie sie in zwei kürzlich erschienenen Berichten der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte beschrieben wurden; ist insbesondere besorgt über die jüngsten Berichte über von kongolesischen Soldaten durchgeführte gezielte Morde an mindestens 270 Zivilpersonen in den Städten Nyabiondo und Pinga in Nord-Kivu und neuerliche Kämpfe, durch die 21 800 Menschen aus ihren Häusern in und um Dongo im Westen des Landes vertrieben wurden; bekräftigt erneut, dass rasches Handeln notwendig ist, um eine neuerliche humanitäre Katastrophe zu verhindern;
- 4. macht auf die entscheidende Rolle der MONUC und auf die Tatsache aufmerksam, dass ihr Mandat und ihre Einsatzregeln mit Entschlossenheit und auf einer permanenten Basis umgesetzt werden müssen, um die Sicherheit der Bevölkerung effektiver zu gewährleisten, ohne dass die kongolesischen Einheiten, die die Menschenrechte nicht achten, in irgendeiner Weise unterstützt werden;
- 5. erkennt an, dass die Präsenz der MONUC weiterhin unerlässlich ist, und fordert, alles daran zu setzen, damit sie ihr Mandat in vollem Umfang wahrnehmen und die bedrohten Menschen schützen kann; fordert in diesem Zusammenhang den Rat auf, sich an vorderster Front dafür einzusetzen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die MONUC in ihren operativen Kapazitäten unterstützt, indem er ihre Prioritäten, con denen es derzeit auf 41 gibt, straffer definiert;
- 6. begrüßt die Verhaftung von Ignace Murwanashyaka, Anführer der FDLR und seines Stellvertreters, Straton Musoni, durch die deutschen Behörden als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Befassung mit der Straflosigkeit;
- 7. unterstreicht, dass die Wiederherstellung und die Reform des Justizwesens (unter Einbeziehung einer Dimension der Prävention und des Schutzes sowie mit dem Ziel der Bekämpfung der Straflosigkeit bei sexuellen Gewalthandlungen) sowie die Unterstützung und Wiedereingliederung der Opfer im Mittelpunkt der finanzierten Hilfsprogramme stehen müssen; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Fälle von Massenvergewaltigungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo dem Internationalen Strafgerichtshof vorgelegt werden;
- 8. betont, dass es notwendig ist, die Angehörigen der kongolesischen Streitkräfte, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, vor Gericht zu stellen, und unterstreicht die entscheidende Rolle der MONUC dabei; begrüßt deshalb die von Präsident Kabila geförderte Politik der Nulltoleranz gegenüber sexuellen Gewalthandlungen und den sonstigen Übergriffen der Streitkräfte und ermutigt die Regierung der DRK, ihre neue Strategie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt unverzüglich und mit Unterstützung durch die MONUC umzusetzen;
- 9. unterstreicht, wie wichtig die Schlüsselaufgaben der EUSEC RD Congo - Beratung und Hilfeleistung bei der Verteidigungsreform - für die Durchführung des überarbeiteten kongolesischen Reformplans für die kongolesischen Streitkräfte (FARDC) und für dessen Umsetzung in konkrete Maßnahmen sind; fordert ein verstärktes politisches Engagement der kongolesischen Behörden für das Vorankommen des Reformprozesses und spricht sich dafür aus, dass ein Koordinierungsmechanismus für eine Verteidigungsreform eingerichtet wird, die in kongolesischer Eigenverantwortung mit geeigneter Unterstützung durch die EUSEC durchgeführt wird;
- 10. empfiehlt, dass die Regierung der Demokratischen Republik Kongo die Sicherheit der Waffenarsenale, die Rechenschaftspflicht und die Verwaltung von Waffen und Munition als dringende Prioritäten fördert und - im Einklang mit den durch das Protokoll von Nairobi und das Regionalzentrum für Kleinwaffen festgelegten Normen - ein nationales Programm zur Kennzeichnung von Waffen einführt;
- 11. begrüßt die in der Region dank der Verbesserung der diplomatischen Beziehungen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda erzielten Fortschritte; fordert die Demokratische Republik Kongo und Ruanda auf, die Friedensabkommen von Nairobi und Goma sowie das Abkommen von Ihusi vom 23. März 2009 uneingeschränkt umzusetzen;
- 12. fordert alle Regierungen in der Region der Großen Seen und die Völkergemeinschaft auf, den bestehenden Dialog fortzuführen, um ihre Bemühungen zur Beendigung der Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu koordinieren, und dabei der Aussöhnung, der menschlichen Sicherheit, einer verbesserten Rechenschaftspflicht der Justiz, der Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen und ihrer Integration Rechnung zu tragen;
- 13. bedauert die zunehmenden Gewaltakte gegen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, die schwerwiegende Auswirkungen auf die humanitäre Lage vor Ort haben; fordert die Behörden mit Nachdruck auf, umfassende Ermittlungen im Zusammenhang mit allen Zwischenfällen einzuleiten und den Schutz unverzüglich zu verstärken;
- 14. unterstreicht die Notwendigkeit der kontinuierlichen Bereitstellung und Aufstockung der Finanzmittel für die humanitäre Hilfe zugunsten des Ostteils der Demokratischen Republik Kongo angesichts der steigenden Zahl von Binnenvertriebenen und der sich verschlechternden Bedingungen; unterstützt zu diesem Zweck den am 30. November 2009 von den Vereinten Nationen und 380 humanitären und nichtstaatlichen Organisationen verkündeten Aufruf, im Jahre 2010 einen Betrag von 7,1 Milliarden Dollar für die humanitäre Hilfe aufzubringen; fordert alle Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, ihren angemessenen Beitrag dazu zu leisten;
- 15. ist weiterhin besorgt über den illegalen Handel mit Mineralien und anderen Bodenschätzen, den die Rebellengruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo betreiben; fordert den Rat und die Kommission auf, bei den Gesprächen mit den Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und der Nachbarländer auf der Umsetzung effektiver Systeme der Rückverfolgbarkeit und der Vorlage von Herkunftsnachweisen von Bodenschätzen zu bestehen und stärker gegen die Korruption vorzugehen;
- 16. fordert eine Rückkehr zum Dialog, der zur Schaffung des Amani-Programms für Sicherheit, Befriedung, Stabilisierung und Wiederaufbau in Nord- und Südkivu geführt hat;
- 17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Organen der Afrikanischen Union, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem für humanitäre Angelegenheiten zuständigen Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen und Nothilfekoordinator, dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und den Regierungen und Parlamenten der Länder der Region der Großen Seen zu übermitteln.
- 1 ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 83.
- 2 http://daccessddsny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N08/666/94/PDF/N0866694.pdf?OpenElement
- 1 http://www.theirc.org/specialreports/congoforgottencrisis
- 2 http://www.unhcr.org/cgibin/texis/vtx/page?page=49e45c366
- 3 http://www.crisisgroup.org/home/index.cfm?id=2829#C1