Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
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1. Zur Vorlage allgemein
Der Bundesrat begrüßt die Modernisierung und Vereinfachung des Rechts zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Form der Neufassung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004.
Zu Anhang XI, Überschrift "D. Deutschland"
- 2. Die Bundesregierung wird um Prüfung gebeten, ob die Regelungen in Nummern 3 und 4 zu Ungleichbehandlungen von Personen, die eine deutsche Rente beziehen oder in Deutschland pflichtversichert sind, gegenüber Personen führen die eine Rente aus einem anderen Mitgliedstaat beziehen oder in einem anderen Mitgliedstaat pflichtversichert sind.
Nach deutschem Recht sind Personen versicherungsfrei, wenn sie eine Vollrente wegen Alters beziehen. Eine freiwillige Versicherung ist für Personen ausgeschlossen die pflichtversichert sind oder eine Vollrente wegen Alters beziehen.
Für Personen, die eine Rente aus einem anderen EU-Staat beziehen oder in einem anderen EU-Staat pflichtversichert sind, soll dies nicht gelten. Es stellt sich daher die Frage, ob dies zu einer sachlich nicht gerechtfertigten und damit verfassungs- und europarechtswidrigen Ungleichbehandlung führt.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verlauf der Verhandlungen darauf zu dringen, dass Renten, die auf Zeiten oder Tatbeständen beruhen, die außerhalb Deutschlands zurückgelegt bzw. eingetreten sind, nicht weitergehend als bisher exportierbar sind. Die hierzu bestehende Bestimmung in Anhang VI Abschnitt D Nr. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sollte daher in dem neuen Anhang XI der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 unverändert fortgeführt werden.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den anstehenden Beratungen zur Ausgestaltung der Anhänge der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Rat darauf hinzuwirken dass beitragsunabhängige Sonderleistungen für Behinderte, insbesondere für Blinde, die bisher in Anhang II Teil III D der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufgenommen waren, in einen Katalog der nichtexportierbaren Leistungen (z.B. Anhang XI der Verordnung (EG) Nr. 883/2004) aufgenommen werden. Er verweist diesbezüglich auf den Beschluss des Ministerrates vom 2./3. Juni 2003 sowie das Ratsdokument 8548/94 Add 1 vom 23. April 2004.
Der Bundesrat weist darauf hin, dass das in Landesgesetzen geregelte Landesblindengeld mit exportierbaren Leistungen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil Hosse) nicht vergleichbar ist.
So dient z.B. das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen nach § 37 SGB XI bzw. § 64 SGB XII (vormals § 69a BSHG) der Gewährleistung der notwendigen (häuslichen) Pflege und ist begrenzt auf die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden personenbezogenen Verrichtungen des täglichen Lebens, also etwa auf Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen, beim An- und Ausziehen, bei der Körperpflege und beim Essen und Trinken. Der Rahmen der Landesblindengeldgesetze soll demgegenüber vor allem den blindheitsbedingten Mehrbedarf unabhängig von Einkommen und Vermögen ausgleichen.
Damit ist klargestellt, dass es nicht um die Sicherstellung des aus der Blindheit herrührenden Pflegebedarfs, sondern um eine Entschädigung für finanzielle Zusatzbelastungen geht.