Der Bundesrat hat in seiner 811. Sitzung am 27. Mai 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Beschlussvorlage zur Einrichtung eines Europäischen Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind die dargestellten Initiativen geeignet, Wachstum und Beschäftigung in Europa zu fördern.
- 2. Der Bundesrat unterstützt die Initiative der EU, für Unternehmen und besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) annähernd gleiche Chancen zu schaffen und damit einen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskapazität in der Gemeinschaft, zur Entwicklung der Wissensgesellschaft und zur nachhaltigen Entwicklung auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums zu leisten.
- 3. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Zusammenführung von Gemeinschaftsprogrammen und Maßnahmen in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit und Innovation in einen kohärenten und Synergieeffekte begünstigenden Rahmen und die gleichzeitig ergänzende Berücksichtigung umweltrelevanter Belange.
Der Ansatz, die bislang in unterschiedlichen Programmen angesiedelten Fachprogramme in einem KMU-Programm zu bündeln und auf zentrale Förderziele auszurichten, wird unterstützt.
- 4. Der Bundesrat spricht sich allerdings dafür aus, dass die bisher im LIFE-Programm angesiedelte Förderung für Demonstrationsprojekte im Bereich innovativer Umwelttechnologien nicht, wie vorgeschlagen, in den Programmteil für unternehmerische Initiative und Innovation des CIP-Rahmenprogramms (Unterprogramm Öko-Innovation) übernommen wird, sondern, wie schon in der Stellungnahme des Bundesrates vom 26. November 2004 (BR-Drucksache 772/04(Beschluss) ) gefordert, im Programm LIFE+ fortgesetzt wird.
- 5. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die finanzielle Ausgestaltung des Rahmenprogramms wegen der nicht abgeschlossenen Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 letztlich noch nicht abschließend festgelegt werden kann. Er fordert die Bundesregierung daher auf, in den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene darauf zu achten, dass die Mittelausstattung der Programme der endgültigen Ausgestaltung der Finanziellen Vorausschau 2007 bis 2013 Rechnung trägt.
- 6. Ein effizienter Mitteleinsatz dürfte nur dann gewährleistet sein, wenn die Maßnahmen von der Kommission präziser als bisher dargestellt und mit den Mitgliedstaaten abgestimmt werden, damit parallele Programme auf nationaler und europäischer Ebene vermieden werden können.
Der europäische Mehrwert sollte in allen Programmbereichen detailliert definiert werden, damit hieraus unmittelbar entsprechende Förderziele und -maßnahmen abgeleitet werden können.
Beim vorgesehenen verstärkten Einsatz von Mitteln des Europäischen Investitionsfonds zu Gunsten von hochinnovativen Unternehmen oder Existenzgründungen ist nicht erkennbar, wie der absehbar hohe zusätzliche Bedarf für ergänzende private Finanzierungsmittel am freien Kapitalmarkt geschaffen werden kann.
Die Kommission sollte für die neuen Finanzierungsmittel allgemein verständliche, transparente und auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse von KMU ausgerichtete Informationsportale und Antragsverfahren schaffen.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die Umsetzung der Programme nicht zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand in den Mitgliedstaaten führt.
- 8. Bei der Förderung von grenzüberschreitenden Informations- und Beratungsdiensten wird bislang nicht deutlich, welche Funktion die bislang bestehenden und von der Kommission finanzierten Netzwerke in den Mitgliedstaaten künftig übernehmen sollen. Dies gilt vor allem für die europaweit tätigen EIC- und IRC-Netze, die mit sehr unterschiedlichen Beratungsprofilen arbeiten. Deshalb ist eine Verschmelzung der EIC- und IRC-Netzwerke sachlich nicht geboten. Das CIP sollte diese Netzwerke namentlich benennen, ihre Aufgaben präziser definieren und für eine angemessene und nachhaltige Finanzierung sorgen.
- 9. Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass Deutschland unter den 25 Mitgliedstaaten der EU bezüglich des Wirtschaftswachstums auch im Jahr 2004 deutlich unter dem europäischen Durchschnitt lag. Er fordert die Bundesregierung auf, sich den Vorschlägen des Bundesrates für ein gründungs- und wirtschaftsfreundliches Klima in Deutschland nicht länger zu verschließen. Dazu gehören nicht nur Erleichterungen für Unternehmen und insbesondere für KMU, sondern auch die Schaffung von geeigneten Anreizmechanismen, damit die Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder beherrschbar wird. Neben steuerlichen Veränderungen und Vereinfachungen würde eine umfassende Entbürokratisierung ein gewisses Maß an Vertrauen der Menschen gegenüber dem Staat wiederherstellen.
- 10. Der Bundesrat regt an, dass auf Grund der Möglichkeit des Zugangs von Drittländern zu diesem Rahmenprogramm im Verlauf der Programmumsetzung fortwährend zu prüfen ist, ob eine angemessene regionale Verteilung der Programm-Mittel speziell auch im Interesse der alten Mitgliedstaaten erfolgt. Das Programm darf letztlich nicht dazu genutzt werden, industriepolitisch unerwünschte Ansätze wie Deckung des Nachholbedarfs für Beitrittsländer beispielsweise im investiven Bereich zu finanzieren. Daher ist die grundsätzliche "industriepolitische" Ausrichtung ständig zu prüfen.
- 11. Grundsätzlich begrüßt der Bundesrat, dass dem Bereich der IKT von der Kommission eine angemessene Bedeutung zugemessen wird - als Querschnittstechnologie, deren Weiterentwicklung und Anwendung ganz wesentlich auch zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Anwenderbereiche beitragen wird.
- 12. Der Bundesrat begrüßt die Unterstützung der Entwicklung und Nutzung von IKT durch das vorgelegte Programm insbesondere in den Bereichen Schaffung eines europäischen Informationsraums und Stärkung des Binnenmarkts für informationstechnische Produkte und Dienstleistungen, Förderung der Innovation durch Einsatz von und Investition in IKT, Schaffung einer Informationsgesellschaft für alle sowie Entwicklung leistungsfähigerer und kostengünstigerer Dienste in allen Bereichen von öffentlichem Interesse. Der Vorrang des privaten Sektors bei der Verbreitung und dem möglichst effizienten Einsatz von IKT sollte weiterhin anerkannt werden.
- 13. Der Bundesrat befürwortet den bereits praktizierten Ansatz, Unternehmen durch Dienstleistungen von Netzwerkpartnern im Innovationsprozess zu unterstützen. Diese Netzwerke bedürfen hierzu auch einer ausreichenden finanziellen Ausstattung, die von der Kommission sicherzustellen ist.
Die bestehenden Netzwerke haben in Anbetracht ihrer teilweise divergierenden Zielorientierungen auch unterschiedliche Fachkompetenzen, so dass in der Praxis tatsächlich ein Bedürfnis besteht, Anfragen an den kompetenteren Ansprechpartner weiterzuleiten. Dem wird seitens der Netzwerkpartner auch durch Überlassung der erforderlichen Adressdaten entsprochen.
Nach Auffassung des Bundesrates ist deshalb die Installation eines Dokumentationssystems über die Erfassung und Weiterleitung der jeweiligen Daten der Anfragenden nicht gerechtfertigt, wie diese im spezifischen Programm "Unternehmerische Initiative und Innovation" auf der Grundlage von Artikel 20 Abs. 6 geplant ist. Mit dem Vorschlag wird zudem entgegen den Bemühungen der Generaldirektion Unternehmen und Industrie zusätzlicher Bürokratieaufwand verursacht, dem kein erkennbarer Ertrag gegenübersteht. Absatz 6 sollte daher gestrichen werden.
- 14. Der Bundesrat empfiehlt der Bundesregierung auch darauf einzuwirken, dass auf eine adäquate Koordinierung und Abstimmung mit bereits laufenden Innovationsförderprogrammen auf nationaler, regionaler und EU-Ebene sowie den speziellen Programmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms etc. geachtet wird.
- 15. Die Verknüpfung mit dem Siebten Forschungsrahmenprogramm muss deutlicher werden. Es sollte z.B. möglich sein, dass KMU aus dem CIP auch finanzielle Hilfen für die Antragsvorbereitung im Siebten Forschungsrahmenprogramm erhalten können.
- 16. Aus Sicht des Bundesrates sollte Artikel 34 Nr. 2 des Beschlussvorschlags klarer formuliert und durch weitere Ziffern ergänzt werden:
- - Als ein Oberziel verfolgt das Rahmenprogramm die Intention, "für die Öffentlichkeit sichtbarer und verständlicher zu sein". Dazu bedarf es intensiver Kommunikationsarbeit mit allen Instrumenten der professionellen Öffentlichkeitsarbeit, wie zum Teil in Artikel 34 Nr. 1 beispielhaft aufgelistet wird.
Kommunikationsmaßnahmen dürfen sich daher nicht allein auf die Vermarktung oder die Bekanntmachung des Förderprogramms als solches oder seiner Ergebnisse beziehen. Um eine breite Öffentlichkeit auf allen Ebenen (lokal, regional, national, europäisch) zu erreichen, ist es vor allem notwendig, den EU-Bürger in die Projekt-Prozesse einzubinden und fortwährend, während der gesamten Laufzeit eines Programms, insbesondere über Meilensteine des jeweiligen Projekts regelmäßig zu informieren. Artikel 34 Nr. 2 ist insofern etwas unglücklich und missverständlich formuliert, da im jetzigen Wortlaut die Ziffer 2 eigentlich Kommunikationsmaßnahmen über den Gegenstand eines geförderten Projekts ausschließt.
Die Ziffer 2 sollte daher, wie folgt, ergänzt werden: "Davon ausgenommen sind jedoch Kommunikationsmaßnahmen zu dem geförderten Gegenstand des Projekts.".
- - Der Bundesrat empfiehlt, dass in Artikel 34 des Beschlussvorschlags als weitere Ziffer der Zusatz aufgenommen werden sollte, dass die Kommunikationsmaßnahmen einer Evaluation zu unterziehen sind, denn Evaluationen und Wirkungskontrollen sind eine wichtige Phase im Kommunikationsprozess. Damit würde sichergestellt, dass auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit Europäische Fördergelder zielgerichtet, effektiv wie auch effizient, eingesetzt werden.
Der Bundesrat empfiehlt folgenden Wortlaut:
- Artikel 34 Nr. 3: Alle oben bezeichneten Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen im Bereich der Pressearbeit, sind einer Evaluation zu unterziehen.
- - Der Bundesrat empfiehlt ferner, dass in Artikel 34 des Beschlussvorschlags als weiterer Zusatz ein Hinweis zur angemessenen Bereitstellung von Finanzmitteln für Kommunikationsarbeit erfolgen sollte. Die meisten Projektträger berücksichtigen nachweislich zu wenig Mittel in der Finanzierungsplanung für kommunikative Maßnahmen. Die Folge ist, dass zahlreiche Projekte keinen ausreichenden Bekanntheitsgrad in der breiteren Öffentlichkeit erlangen, da Projektmeilensteine mangels falscher Finanzierungsplanung nicht kommuniziert werden können.
Der Bundesrat regt folgenden Wortlaut an:
- "Artikel 34 Nr. 4: Für kommunikative Maßnahmen - Nr. . 1 bis 3 - soll ein angemessener Anteil des Projektvolumens bereitgestellt werden.".
- - Als ein Oberziel verfolgt das Rahmenprogramm die Intention, "für die Öffentlichkeit sichtbarer und verständlicher zu sein". Dazu bedarf es intensiver Kommunikationsarbeit mit allen Instrumenten der professionellen Öffentlichkeitsarbeit, wie zum Teil in Artikel 34 Nr. 1 beispielhaft aufgelistet wird.
- 17. Der Bundesrat erkennt die Bemühungen der EU, die Forschung in Umwelttechnologien stärker zu unterstützen an, dennoch fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich in den weiteren Verhandlungen für eine ausgewogene Förderung von allen Technologien auszusprechen. Deutschland trägt im Vergleich mit den anderen EU-Staaten die größte Last der Reduzierung von CO₂-Emissionen innerhalb der EU.
Im Zuge der Industrialisierung und einem in der Zukunft zu erwartenden erhöhten Bedarf an Energie sollten alle Möglichkeiten der Erforschung und gewerblichen Nutzung von Energiequellen ausgeschöpft werden. Vor dem Hintergrund des Kyoto-Protokolls und der Verpflichtung der EU und besonders Deutschlands zur Reduzierung der CO₂-Emissionen müssen alle zur Verfügung stehenden Technologien genutzt werden. Hierzu gehört neben der Solar-, Wind-, Erdwärme- und Biomasse-Energie auch die Atomenergie. Umwelttechnologien beschränken sich nicht nur auf erneuerbare Energien, sondern auch auf emissionsfreundliche Energien wie die Atomenergie.
- 18. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, keine zusätzlichen Belastungen der Verbraucher und Unternehmen vorzunehmen. In diesem Zusammenhang verweist der Bundesrat auf seine Vielzahl von Stellungnahmen, die Öko-Steuer abzuschaffen. Die Politik der Bundesregierung hat seit 1998 zu einer Verteuerung der Energiekosten beigetragen, die jede Art von Entfaltung einer wirtschaftlichen Erholung verhindert. Deswegen wird eine zusätzliche Belastung der Verbraucher, wie in Erwägungsgrund 35 gefordert, abgelehnt. Die Bundesregierung wird gebeten sich im Sinne der Verbraucher und Unternehmen in Deutschland zu positionieren.
- 19. Die Bundesregierung soll sich für die Schaffung der durch die EU geforderten Umsetzung von Forschungsmöglichkeiten einsetzen und keine Behinderung, wie im Bereich der Gentechnik, betreiben. Wenn nicht einmal die Vorgaben der EU in nationales Recht umgesetzt werden, wird es der Bundesregierung nicht gelingen, dem Anspruch der EU zur Schaffung eines gründungs- und wirtschaftsfreundlichen Klimas, insbesondere für KMU, gerecht zu werden.