COM (2018) 631 final; Ratsdok. 12143/18
972. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2018
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat ist überzeugt, dass der Schutz der europäischen Außengrenzen weiter verbessert werden muss. Die mit dem Verordnungsvorschlag intendierte Stärkung und Weiterentwicklung der Europäischen Grenz- und Küstenwache ist ein wichtiger Baustein für die Erreichung dieses Ziels. Allerdings bedürfen wesentliche Teile des Verordnungsvorschlags noch einer kritischen Prüfung.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass durch das Vorhaben, das die Interessen der Länder berührt, in Abschnitt 8 des Verordnungsvorschlags der Agentur Unterstützungsaufgaben im Bereich der Rückkehr zugewiesen werden, die im Schwerpunkt das ausländerbehördliche Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren betreffen. Insbesondere sollen der Agentur exekutive Befugnisse eingeräumt werden, die - ohne nähere rechtliche Ausgestaltung - die Anwendung von Verwaltungszwang einschließen.
- 3. Der Bundesrat sieht insbesondere die Vorstellungen zur Einrichtung einer ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache mit 10 000 Einsatzkräften unter Beteiligung der Mitgliedstaaten in dem geplanten Zeitfenster sehr kritisch. Bisher kann die Europäische Grenz- und Küstenwache aus einem Soforteinsatzpool der Mitgliedstaaten europäische Grenz- und Küstenwacheteams bilden. Der derzeitige Soforteinsatzpool umfasst rund 1 500 Grenzschutzbeamtinnen und -beamte und sonstige Fachkräfte. Die Bundesrepublik Deutschland muss gegenwärtig für diesen Soforteinsatzpool 225 Einsatzkräfte entsenden. Dies stellt der Bund nicht allein sicher; auf Bitten des Bundes stellen die Länder gegenwärtig 75 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte nach 30 Tagen für den Soforteinsatzpool zur Verfügung.
- 4. Gemäß Artikel 57 des Verordnungsvorschlags sollen sich nunmehr die EU-Mitgliedstaaten an einer ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache mit Einsatzkräften beteiligen, die an die EU-Agentur im Zuge einer längerfristigen Entsendung abgeordnet werden sollen. Für das Jahr 2020 beträgt der Anteil für Deutschland gemäß Anhang III des Verordnungsvorschlags 225 Einsatzkräfte und er soll bis zum Jahr 2027 auf 450 Einsatzkräfte ansteigen. Darüber hinaus sollen sich die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 58 des Verordnungsvorschlags an kurzfristigen Entsendungen (höchstens vier Monate innerhalb eines Kalenderjahres) beteiligen. Hier sieht der Anhang IV des Verordnungsvorschlages für Deutschland beginnend ab dem Jahr 2020 einen Anteil von 1 052 Einsatzkräften vor, welcher bis zum Jahr 2027 noch 602 Einsatzkräfte betragen soll. Die Länder sehen die von Deutschland geforderte Anzahl von Einsatzkräften für die ständige Reserve in dem geforderten Zeitfenster als sehr hoch an und bitten die Bundesregierung, bei den Verhandlungen zum Verordnungsvorschlag zu berücksichtigen, dass sich die Länder in naher Zukunft nicht in der Lage sehen, dem Bund über die bisherige Unterstützung hinaus auszuhelfen.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung außerdem, bei den Verhandlungen zum Verordnungsvorschlag darauf hinzuwirken, dass das gemäß Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe c des Verordnungsvorschlags vorgesehene Referenzmodell eines Rückführungsfallmanagementsystems flexibler formuliert wird. Nach derzeitiger Lesart scheint die Anwendung des noch zu entwickelnden Referenzmodells für die Mitgliedstaaten verbindlich; bewährte nationale Systeme dürfen aber nicht bestehen bleiben. Vor dem Hintergrund des unterschiedlichen Verwaltungsaufbaus der Mitgliedstaaten und der weiteren föderalen Binnendifferenzierung (unter anderem innerhalb der Länder) sowie der unterschiedlichen Herkunftsländer der Migrantinnen und Migranten und der damit zu bewältigenden unterschiedlichen Anforderungen an das Rückkehrmanagement haben sich über die letzten Jahre bereits funktionierende Rückführungssysteme entwickelt, die sich in der Praxis bewährt haben. Das zu entwickelnde Referenzmodell sollte für die Mitgliedstaaten als Modell dienen, jedoch bereits bewährte Systeme nicht gänzlich ausschließen.
B
- 6. Der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Finanzausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.