Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 6. Juli 2006 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2005 zu der vermuteten Heranziehung europäischer Staaten für die Beförderung und die unrechtmäßige Inhaftierung von Gefangenen durch die CIA1,
- - unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 18. Januar 2006 über die Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses zur behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen2,
- - gestützt auf Artikel 175 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Zwischenberichts des Nichtständigen Ausschusses zur behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen (A6-0213/2006),
A. in der Erwägung, dass das Hauptziel der Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses darin besteht, festzustellen, ob im Rahmen der erhobenen Vorwürfe die Handlungen der Europäischen Union (EU) und ihrer Mitgliedstaaten die in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) genannten Gründungsprinzipien wahren und insbesondere den Schutz der Grundrechte gewährleisten, wie sie u. a in der vom Europarat am 4. November 1950 angenommenen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) definiert sind,
B. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union3, die vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission anlässlich der Tagung des Europäischen Rates vom 7. Dezember 2000 in Nizza proklamiert und in Teil II des Vertrags über eine Verfassung für Europa aufgenommen wurde, einer der Bezugstexte nicht nur für den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, sondern auch für die Verfassungsgerichte und sonstigen Gerichte in den Mitgliedstaaten ist,
C. in der Erwägung, dass der Kampf gegen den Terrorismus nicht gewonnen werden kann, indem genau die Prinzipien geopfert werden, die der Terrorismus zu zerstören versucht, und dass insbesondere der Schutz der Grundrechte niemals aufs Spiel gesetzt werden darf; ferner in der Erwägung, dass der Terrorismus mit legalen Mitteln bekämpft und vernichtet werden muss, wobei das Völkerrecht und innerstaatliches Recht einzuhalten ist und sowohl die Regierungen als auch die Öffentlichkeit verantwortungsbewusst handeln,
D. in der Erwägung, dass der Grundsatz der Unantastbarkeit der Würde des Menschen in Artikel 1 der Charta der Grundrechte verankert ist und die Voraussetzung für alle weiteren Grundrechte ist, insbesondere das Recht auf Leben (Artikel 2), das Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Artikel 4), den Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung (Artikel 19) sowie das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47), und in der Erwägung, dass dieser Grundsatz selbst aus Sicherheitserfordernissen weder in Friedens- noch in Kriegszeiten eingeschränkt werden darf,
E. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten gemäß den internationalen Menschenrechtsstandards, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den dazugehörigen Instrumenten festgelegt sind, und insbesondere gemäß der EMRK verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass für alle ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden Personen die international gewährleisteten Grundrechte gelten, darunter auch das Verbot von Überstellungen dorthin, wo die Gefahr der Folter oder sonstiger grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe besteht,
F. in der Erwägung, dass die europäische und internationale Menschenrechtsgesetzgebung das gewaltsam verursachte Verschwinden von Personen, ohne dass ein gerichtliches Verfahren durchgeführt würde, untersagt, darunter auch die Inhaftierung an geheimen Orten, bei der Personen in Isolationshaft gehalten und weder die Familie noch die Öffentlichkeit über ihr Schicksal oder ihren Aufenthaltsort informiert werden,
G. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten aufgrund der erhobenen Vorwürfe nicht nur aufgrund der Bestimmungen der EMRK, sondern auch als Vertragspartner folgender Abkommen zur Verantwortung gezogen werden können:
- - der Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1984 angenommen wurde,
- - des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 16. Dezember 1966 angenommen wurde,
- - des Abkommens von Chicago vom 7. Dezember 1944 über die internationale Zivilluftfahrt, insbesondere dessen Artikel 3, 4 und 6,
H. in der Erwägung, dass eine möglichst enge Zusammenarbeit zwischen der europäischen und der amerikanischen Regierung sowie allen Regierungen weltweit, die sich für die gleiche Sache einsetzen, notwendig ist, um den Terrorismus zu bekämpfen,
I. in der Erwägung, dass eine möglichst enge Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen dem Nichtständigen Ausschuss und dem Europarat, dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte sowie den Behörden der Mitgliedstaaten und insbesondere den nationalen Parlamenten erforderlich ist,
J. in der Erwägung, dass bei dieser Abstimmung und Zusammenarbeit die bereits ergriffenen Maßnahmen und durchgeführten Untersuchungen berücksichtigt werden sollten, insbesondere:
- - die Abschlussberichte des schwedischen Ombudsmanns4, des Konstitutionellen Ausschusses des schwedischen Parlaments5 und die noch ausstehenden Berichte des Anti-Folter-Ausschusses der Vereinten Nationen6, die sich u. a. auf die Überstellung an Ägypten von Mohammed Al Zery und Ahmed Agiza beziehen,
- - die Informationsmemoranda von 22. November 2005 und 22. Januar 2006 über "Angebliche Geheimgefängnisse in Mitgliedstaaten des Europarates" von Senator Dick Marty, Vorsitzender und Berichterstatter des Ausschusses für Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates,
- - die laufenden Ermittlungsverfahren in mehreren Mitgliedstaaten, insbesondere die in Italien im Rahmen der Untersuchung des stellvertretenden Staatsanwalts von Mailand7 gezogenen Schlussfolgerungen zu der rechtswidrigen Entführung des ägyptischen Staatsangehörigen Abu Omar und die in Deutschland noch laufende Untersuchung der angeblichen Entführung und Inhaftierung des deutschen Bürgers Khaled El-Masri durch die Staatsanwaltschaft München,
- - die in mehreren Mitgliedstaaten und Beitrittsländern laufenden oder bereits abgeschlossenen parlamentarischen Untersuchungen,
- - die von den Behörden mehrerer Mitgliedstaaten, insbesondere Deutschlands, des Vereinigten Königreichs, Spaniens und Irlands, abgegebenen Erklärungen zu den in ihren Hoheitsgebieten festgestellten Landungen von Zivilflugzeugen, die von der Central Intelligence Agency (CIA) genutzt wurden,
K. in der Erwägung, dass unter diesem Gesichtspunkt auch dem Zwischenbericht des Generalsekretärs des Europarates8, der im Rahmen der Anfrage gemäß Artikel 52 EMRK ausgearbeitet wurde, besondere Bedeutung beizumessen ist, ebenso den Erklärungen des Generalsekretärs anlässlich der Pressekonferenz vom 12. April 2006, die sich an die von den Mitgliedstaaten des Europarates, darunter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, übermittelten detaillierten Antworten anschließen9; ferner in der Erwägung, dass der Generalsekretär erklärt hat, dass offensichtlich Überführungsflüge stattfanden und dass kaum einer der Mitgliedstaaten über die notwendigen rechtlichen Bestimmungen verfüge, um Personen wirksam vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, die von Agenten befreundeter ausländischer Sicherheitsdienste, die auf ihrem Hoheitsgebiet operierten, verübt würden, und dass er eine Antwort erhalten hat, in der offiziell eingeräumt wird, dass Personen mittels Verfahren an ausländische Agenten überstellt wurden, die nicht mit den in der EMRK und anderen Rechtsinstrumenten des Europarates geforderten Normen und Schutzmaßnahmen in Einklang stehen10,
L. in der Erwägung, dass in dieser ersten Phase der Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses ein kohärentes Informationsdossier zusammengestellt werden konnte, resultierend insbesondere aus:
- - den Anhörungen vom 13. und 23. Februar, 6., 13., 21. und 23. März, 20. und 25. April sowie 2. Mai 2006 mit Anwälten, Journalisten, Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NRO), mutmaßlichen Opfern außerordentlicher Überstellungen, Vertretern der Behörden der Mitgliedstaaten und Vertretern der europäischen Institutionen,
- - den schriftlichen Beiträgen der eingeladenen Redner sowie den offiziellen und sonstigen Dokumenten, zu denen der Nichtständige Ausschuss bisher Zugang hatte,
- - den Erklärungen von Vertretern der Regierung der Vereinigten Staaten, die die Praxis der Überstellungen einräumten, gleichzeitig aber in Abrede stellten, dass Folter angewendet oder in Auftrag gegeben wurde,
M. in der Erwägung, dass der Nichtständige Ausschuss ungeachtet der Tatsache, dass er nicht über quasigerichtliche Untersuchungsbefugnisse verfügt und dass die einzelstaatlichen Behörden die mutmaßliche Tätigkeit der Nachrichtendienste geheim halten, übereinstimmende Informationen dahingehend gesammelt hat, dass auf europäischem Hoheitsgebiet einige rechtswidrige Verfahren stattgefunden haben, die die Bürger und Bewohner Europas betreffen, womit es nun an den europäischen Regierungen ist, nachzuweisen, ob sie ihre Menschenrechtsverpflichtungen gemäß Artikel 6 EUV und der EMRK erfüllt haben,
N. in der Erwägung, dass die bisherige Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses die Berechtigung seines Beschlusses vom 18. Januar 2006 über dessen Einsetzung stärkt, gleichzeitig jedoch die Notwendigkeit offenbart, weitere Überprüfungen vorzunehmen und ergänzende Informationen zu sammeln, weshalb die Fortführung seiner Tätigkeit notwendig ist, damit er das ihm übertragene Mandat uneingeschränkt erfüllen kann,
O. in der Erwägung, dass sein Beschluss vom 18. Januar 2006 in Ziffer 3 vorsieht, dass der Nichtständige Ausschuss ihm einen Zwischenbericht mit detaillierten Vorschlägen darüber vorlegen muss, wie er seine Arbeit fortsetzen wird,
P. in der Erwägung, dass in dieser Entschließung "europäische Länder" verstanden werden sollten als Mitgliedstaaten sowie Beitritts-, Bewerber- und assoziierte Länder, wie in dem am 18. Januar 2006 beschlossenen Mandat des Nichtständigen Ausschusses vermerkt,
Q. in der Erwägung, dass sich die vorliegende Entschließung auf drei verschiedene Vorgehensweisen bezieht, die von den Vereinigten Staaten anscheinend praktiziert werden:
- - außerordentliche Überstellungen, bei denen Personen für Verhöre an andere Regierungen überstellt werden,
- - geheime Inhaftierungen, bei denen Personen an Standorte überführt werden, die der Kontrolle der Vereinigten Staaten unterstehen, und
- - Inhaftierungen auf Antrag, wobei Personen auf Anweisung der Vereinigten Staaten in den Gewahrsam eines Drittlandes zur Inhaftierung überführt werden; auch wenn kein Nachweis existiert, dass ein europäisches Land eine Person auf Geheiß der Vereinigten Staaten festhält, ist es sehr wohl möglich, dass Personen auf ihrem Weg zu einer derartigen Inhaftierung durch europäische Länder befördert wurden,
Vom Nichtständigen Ausschuss bislang gesammelte Informationen
- 1. unterstützt die Schlussfolgerungen des Generalsekretärs des Europarates im Anschluss an die Anfrage gemäß Artikel 52 EMRK;
- 2. nimmt in diesem Zusammenhang auch Kenntnis von der Stellungnahme Nr. 363/2005 der Europäischen Kommission für Demokratie durch das Recht (so genannte Venedig-Kommission)11 für die Parlamentarische Versammlung des Europarates, darunter insbesondere den nachstehenden Fakten:
- - ein Mitgliedstaat des Europarates, der aktiv oder passiv bei der Anordnung oder Durchführung geheimer Inhaftierungen mitarbeitet, kann aufgrund der EMRK zur Verantwortung gezogen werden,
- - ein Mitgliedstaat des Europarates kann auch zur Verantwortung gezogen werden, wenn seine Agenten (Polizei, Sicherheitskräfte usw.) in Überschreitung ihrer Befugnisse mit ausländischen Behörden zusammenarbeiten oder eine Festnahme oder geheime Inhaftierung, die der Regierung nicht zur Kenntnis gebracht wurde, nicht verhindern;
- 3. bedauert, dass die für die Tätigkeit der Geheimdienste geltenden Bestimmungen in mehreren Mitgliedstaaten inadäquat zu sein scheinen, was die Einführung wirksamerer Kontrollen erfordert, insbesondere betreffend die Tätigkeit ausländischer Geheimdienste in ihrem Hoheitsgebiet, auch auf den ausländischen Militärbasen, und vertritt die Auffassung, dass auf Ebene der Europäischen Union Regeln für eine Zusammenarbeit festgelegt werden sollten;
- 4. bedauert, dass die Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO) dem Nichtständigen Ausschuss den Zugang zum vollständigen Text des NATO-Ratsbeschlusses vom 4. Oktober 2001 zur Umsetzung von Artikel 5 des Washingtoner Vertrags verweigert hat; fordert die NATO dringend auf, Zugang zum vollständigen Text des Beschlusses zu gewähren, um Klarheit zu schaffen;
- 5. versteht die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten der Mitgliedstaaten und denen ihrer Verbündeten, betont allerdings, dass eine derartige Zusammenarbeit nicht mit einem Verzicht auf Souveränität über das europäische Hoheitsgebiet und den europäischen Luftraum verwechselt werden darf;
- 6. nimmt Kenntnis von den Beiträgen des EU-Koordinators für Terrorismusbekämpfung, Guy De Vries, und des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, die beide erklärten, ihnen seien keine Verstöße gegen nationales, europäisches oder internationales Recht durch mit der CIA zusammenarbeitende Mitgliedstaaten bekannt, während sie gleichzeitig hinzufügten, dass sie nach EU-Recht nicht befugt seien, einschlägige Informationen von den Mitgliedstaaten zu verlangen;
Rechtswidrige Verhaftungen, Abschiebungen, Festnahmen, Entführungen, außerordentliche Überstellungen und geheime Inhaftierungen durch die CIA, sonstige US-Agenturen oder -Dienste oder andere Sicherheitsdienste von Drittländern
- 7. ist besorgt, dass laut den in den Mitgliedstaaten, im Europarat und im Nichtständigen Ausschuss bereits bekannten Informationen die grundlegenden Menschenrechte seit dem 11. September 2001 im Rahmen der unerlässlichen Bekämpfung des Terrorismus bereits mehrmals Gegenstand gravierender und unzulässiger Verstöße waren, die insbesondere die EMRK, die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte betrafen;
- 8. sieht sich auf der Grundlage des dem Nichtständigen Ausschuss vorgelegten Beweismaterials zu der Annahme veranlasst, dass die CIA oder andere US-Geheimdienste in einigen Fällen unmittelbar für die rechtswidrige Festnahme, Abschiebung, Entführung und Inhaftierung von Terrorverdächtigen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, der Beitritts- und Bewerberländer sowie die außerordentliche Überstellung u. a. von Staatsangehörigen europäischer Staaten oder in Europa ansässigen Personen verantwortlich waren; weist darauf hin, dass solche Maßnahmen nicht mit den anerkannten völkerrechtlichen Normen in Einklang und den grundlegenden Prinzipien der Menschenrechtsgesetzgebung entgegen stehen;
- 9. bedauert, dass die gegenseitigen Vereinbarungen zwischen den USA und europäischen Ländern dem Nichtständigen Ausschuss nicht zur Verfügung gestellt wurden;
- 10. verurteilt das Verfahren der außerordentlichen Überstellungen, die sicherstellen sollen, dass Verdächtige nicht vor Gericht gebracht werden, sondern in Drittländer verbracht werden, um - auch unter möglicher Anwendung von Folter - verhört und in Einrichtungen inhaftiert zu werden, die von den Vereinigten Staaten oder örtlichen Behörden kontrolliert werden; hält, auch entsprechend den Schlussfolgerungen von Manfred Nowak, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zum Thema Folter, die Verfahren einiger Regierungen für unannehmbar, die darin bestehen, ihre Verantwortlichkeiten zu begrenzen, indem sie diplomatische Zusicherungen von Ländern verlangen, bei denen gewichtige Gründe für die Annahme bestehen, dass Folterungen praktiziert werden; betrachtet darüber hinaus die außerordentliche Überstellung von Personen an Orte, an denen Folter üblich ist, als Verstoß gegen das grundsätzliche Abschiebungsverbot gemäß Artikel 3 der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen;
- 11. betrachtet diplomatische Zusicherungen, soweit sie eine Ausnahme von der Regel verlangen, als stillschweigendes Eingeständnis der Existenz von Folterungen in Drittländern, was also den Verantwortlichkeiten der Europäischen Union entgegensteht, wie sie in den vom Rat am 9. April 2001 beschlossenen "Leitlinien für die Politik der Europäischen Union gegenüber Drittländern betreffend Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe" dargelegt wurden;
- 12. ist beunruhigt über die Aussage des kanadischen Staatsbürgers Maher Arar gegenüber dem Nichtständigen Ausschuss, der von den US-Behörden festgenommen, von der CIA über einen europäischen Flughafen überführt und zwölf Monate in Syrien inhaftiert wurde, wo er Folterungen ausgesetzt war; nimmt gleichzeitig Kenntnis von der Erklärung von John Bellinger, Rechtsberater der USA, der während des Aufenthalts der Delegation des Nichtständigen Ausschusses in den USA mitteilte, der Fall Arar werde gemäß den Einwanderungs- und Zollvorschriften der USA behandelt und habe nichts mit den angeblichen Überstellungen zu tun;
- 13. ist tief besorgt, dass alle Arbeiten des Nichtständigen Ausschusses bisher darauf hinzudeuten scheinen, dass der europäische Luftraum und Flughäfen in Europa von CIA-Scheinfirmen genutzt wurden, um die rechtlichen Auflagen für staatliche Flugzeuge gemäß dem Abkommen von Chicago zu umgehen, wodurch Terrorverdächtige rechtswidrig in den Gewahrsam der CIA oder des US-Militärs oder in andere Länder (darunter Ägypten, Jordanien, Syrien und Afghanistan) überführt wurden, die, wie die Regierung der Vereinigten Staaten im Übrigen selbst zugibt, bei Verhören häufig auf Folter zurückgreifen12;
- 14. stellt fest, dass die Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses bisher keine Beweismittel oder Beweise für die Existenz geheimer Gefängnisse in der Europäischen Union offenbart hat; vertritt allerdings die Auffassung, dass sich die Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses in den nächsten Monaten stärker auf dieses Thema konzentrieren wird;
- 15. begrüßt die Reaktion des US-Kongresses, der das McCain-Amendment verabschiedet hat, das einen besseren Schutz mutmaßlicher Terroristen vor rechtswidriger Behandlung durch staatliche Stellen sicherstellen soll;
Mögliche aktive oder passive Verwicklung von Mitgliedstaaten sowie Beitritts- und Bewerberländern in Festnahmen, rechtswidrige Verhaftungen, Abschiebungen, Entführungen, Ausweisungen, außerordentliche Überstellungen und Inhaftierungen an geheimen Orten
- 16. hält es auf der Grundlage der bisherigen Zeugenaussagen und Unterlagen für unwahrscheinlich, dass einige europäische Regierungen nicht Kenntnis von den Aktivitäten im Zusammenhang mit den außerordentlichen Überstellungen hatten, die in ihrem Hoheitsgebiet vor sich gingen; hält es insbesondere für vollkommen unwahrscheinlich, dass viele Hundert Flüge durch den Luftraum mehrerer Mitgliedstaaten und eine ähnliche Zahl von Bewegungen auf europäischen Flughäfen stattgefunden haben könnten, ohne dass die Sicherheits- oder Nachrichtendienste davon Kenntnis hatten und ohne dass hochrangige Vertreter dieser Dienste zumindest zur Verbindung zwischen diesen Flügen und der Praxis der außerordentlichen Überstellungen befragt wurden; stellt fest, dass diese Annahme durch die Tatsache gestützt wird, dass führende Politiker der US-Regierung immer behauptet haben, vorgegangen zu sein, ohne die nationale Souveränität europäischer Länder verletzt zu haben;
- 17. hält es in Anbetracht der Ergebnisse der Ermittlungsverfahren, der Zeugenaussagen und der geprüften Unterlagen für ebenso unwahrscheinlich, dass die am 17. Februar 2003 in Mailand durch CIA-Agenten erfolgte Entführung des ägyptischen Staatsangehörigen Abu Omar, der anschließend nach Aviano und dann nach Ramstein verbracht wurde, ohne vorherige Information der italienischen Behörden oder Sicherheitsdienste organisiert und durchgeführt wurde;
- 18. fordert die italienische Regierung, falls sich die Bedingungen geändert hätten, die die vorangegangene Entscheidung bestimmten, auf, die Auslieferung der 22 CIA-Agenten zu verlangen, die in die Entführung von Abu Omar verwickelt waren, um das laufende Ermittlungsverfahren zu unterstützen und die Feststellung der Wahrheit zu begünstigen;
- 19. verurteilt die Entführung des deutschen Staatsangehörigen Khaled El-Masri durch die CIA, der von Januar bis Mai 2004 in Afghanistan gefangen gehalten und dabei in erniedrigender und unmenschlicher Weise behandelt wurde; stellt zudem fest, dass bislang der Verdacht nicht entkräftet worden ist, dass Khaled El-Masri zuvor, vom 31. Dezember 2003 bis zum 23. Januar 2004, in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien rechtswidrig gefangen gehalten und von dort aus am 23./24. Januar 2004 nach Afghanistan verbracht wurde; bewertet in diesem Zusammenhang die von der Seite der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien nach eigener Darlegung unternommenen Maßnahmen zur Aufklärung des Falles als unzureichend;
- 20. begrüßt die parlamentarische Untersuchung im Deutschen Bundestag und erwartet die abschließenden Ergebnisse seines Untersuchungsausschusses;
- 21. unterstreicht die Notwendigkeit von mehr demokratischen und gerichtlichen Kontrollen der Maßnahmen der Europäischen Union zur Terrorismusbekämpfung; vertritt die Auffassung, dass die Arbeitsgruppe des Rates für die Terrorismusbekämpfung sich in ihren Sitzungen systematisch mit dem Schutz der Menschenrechte befassen und einen jährlichen Bericht über dieses Thema veröffentlichen sollte;
- 22. fordert die künftige Agentur für Grundrechte auf, Fällen, die die Auslieferung von angeblichen Terrorverdächtigen von Mitgliedstaaten an Drittländer betreffen, besondere Aufmerksamkeit zu widmen;
- 23. bedauert die Tatsache, dass der schwedische Staat am 18. Dezember 2001 auf dem Flughafen Brömma die Kontrolle der Strafverfolgung abtrat, als der Beschluss der Regierung ausgeführt wurde, zwei ägyptische Staatsbürger, Mohammed Al Zery und Ahmed Agiza, auszuweisen, und es US-Agenten gestattet wurde, Hoheitsgewalt auf schwedischem Hoheitsgebiet auszuüben, was dem Bürgerbeauftragten des schwedischen Parlaments zufolge nicht mit schwedischem Recht vereinbar ist;
- 24. bedauert die Tatsache, dass die Ausweisung der ägyptischen Staatsangehörigen Mohammed Al Zery und Ahmed Agiza durch Schweden im Dezember 2001 sich ausschließlich auf diplomatische Zusicherungen der ägyptischen Regierung stützte, die keinen wirksamen Schutz vor Folter bedeuteten;
- 25. fordert dringend, dass die Untersuchungen fortgesetzt werden, um die Rolle von US-Soldaten, die der Stabilisierungstruppe (SFOR) unter Führung der NATO angehörten, bei der Entführung und Überstellung von sechs Staatsangehörigen oder Bewohnern algerischer Herkunft aus Bosnien nach Guantánamo Bay zu klären, obwohl ein bindender Interimsbeschluss der Menschenrechtskammer für Bosnien-Herzegowina existierte und der bosnische Oberste Gerichtshof beschlossen hatte, die Verdächtigen freizulassen, wie von Manfred Nowak bezeugt wurde, der seinerzeit Mitglied der Menschenrechtskammer für Bosnien-Herzegowina war; fordert, dass die mögliche Rolle der bosnischen Regierung in diesem Fall eingehender untersucht wird; betont, dass mehr Informationen über die mögliche Beteiligung der NATO und der Internationalen Polizeieinsatztruppe der Vereinten Nationen in diesem Zusammenhang erforderlich sind;
- 26. fordert dringend, dass die Untersuchungen fortgesetzt werden, um die angebliche Existenz einer geheimen Haftanstalt im Kosovo und die mögliche Beteiligung der Kosovo-Friedenstruppe (KFOR) an der rechtswidrigen Inhaftierung von Terrorverdächtigen zu klären;
- 27. schlägt vor, den NATO-Generalsekretär zu einer Anhörung des Nichtständigen Ausschusses einzuladen, um u. a. die mögliche Beteiligung von SFOR- und KFOR-Truppen an der rechtswidrigen Festnahme, Übergabe und Inhaftierung von Terrorverdächtigen zu klären;
- 28. weist die Mitgliedstaaten darauf hin, dass die Staaten gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Bezug auf Menschenrechte positive substanzielle und verfahrensmäßige Verpflichtungen haben und legislative Maßnahmen ergreifen müssen, um zu verhindern, dass auf ihrem Hoheitsgebiet die Menschenrechte verletzt werden, ebenso wie sie angebliche Verletzungen untersuchen und die Verantwortlichen bestrafen müssen, falls solche Verletzungen stattfanden; fügt hinzu, dass sie wegen Verstoßes gegen die EMRK zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie diese positiven Verpflichtungen nicht erfüllt haben; unterstreicht folglich, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Nachforschungen anzustellen, um festzustellen, ob ihre Hoheitsgebiete und ihre Lufträume für die Verübung von Menschenrechtsverletzungen durch sie selbst oder durch Drittländer mit ihrer notwendigen direkten oder indirekten Zusammenarbeit genutzt wurden, ebenso wie sie alle erforderlichen legislativen Maßnahmen ergreifen müssen, um zu verhindern, dass sich solche Verletzungen wiederholen;
Einsatz von Folter
- 29. betont, dass das Verbot der Folter oder der grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung, wie sie in Artikel 1 der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen definiert ist, absolut und ohne Ausnahme gilt, gleichgültig, ob ein Kriegszustand oder Kriegsgefahren, interne politische Instabilität oder irgendein sonstiger Ausnahmezustand gegeben sind; weist darauf hin, dass Fälle von Isolationshaft, Entführung oder außerordentlicher Überstellung Verletzungen der Grundrechte gemäß dem Völkerrecht, insbesondere von Artikel 3 und Artikel 5 EMRK, darstellen, vor allem da diese Akte mit Folter oder unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichzusetzen sind;
- 30. weist darauf hin, dass durch Folter oder grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung erpresste Informationen oder Geständnisse keinesfalls als gültige Beweise betrachtet werden können, wie es auch die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen vorsieht, und auch in keiner anderen Weise genutzt werden dürfen; bekräftigt die allgemeine Skepsis bezüglich der Verlässlichkeit von durch Folter erlangten Geständnissen und ihres Beitrags zur Verhütung und Bekämpfung des Terrorismus, was u. a. vom ehemaligen britischen Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, bei einer Anhörung vor dem Nichtständigen Ausschuss bezeugt wurde;
- 31. fordert die Mitgliedstaaten sowie die Beitritts- und Bewerberländer dringend auf, Artikel 3 der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen strikt einzuhalten, insbesondere das grundsätzliche Abschiebungsverbot, wonach "ein Vertragsstaat eine Person nicht in einen anderen Staat ausweisen, abschieben oder an diesen ausliefern darf, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie dort Gefahr liefe, gefoltert zu werden"; ersucht darüber hinaus die Vereinigten Staaten, ihre Auslegung des grundsätzlichen Abschiebungsverbots gemäß Artikel 3 der Konvention zu überprüfen;
- 32. fordert die Mitgliedstaaten auf, diplomatischen Zusicherungen gegen Folter gemäß der Empfehlung von Manfred Nowak keinesfalls Glauben zu schenken;
- 33. fordert den Rat auf, einen gemeinsamen Standpunkt dagegen zu beschließen, dass die Mitgliedstaaten sich auf diplomatische Zusicherungen von Drittländern verlassen, wenn gewichtige Gründe für die Annahme bestehen, dass Personen Gefahr laufen, Folter oder Misshandlung ausgesetzt zu werden;
Nutzung des europäischen Luftraums und europäischer Flughäfen durch die CIA
- 34. ist der Ansicht, dass das Abkommen von Chicago bei vielen der Flüge, die die CIA mit eigenen oder gecharterten Flugzeugen unter Nutzung des Luftraums und der Flughäfen von Mitgliedstaaten durchgeführt hat, wiederholt verletzt wurde, da die Verpflichtung, dazu die in Artikel 3 dieses Abkommens für staatliche Flüge vorgeschriebene Genehmigung einzuholen, nicht erfüllt wurde;
- 35. bedauert die Tatsache, dass kein Mitgliedstaat oder Beitritts- oder Bewerberland Verfahren beschlossen hat, um zu überprüfen, ob zivile Flugzeuge nicht zu Zwecken eingesetzt werden, die mit den international anerkannten Menschenrechtsstandards unvereinbar sind;
- 36. erachtet die europäischen Rechtsvorschriften über den einheitlichen europäischen Luftraum, die Nutzung, Kontrolle und Verwaltung der nationalen Lufträume und die Nutzung der Flughäfen der Mitgliedstaaten und europäischer Transportmaschinen als völlig unzureichend; unterstreicht die Notwendigkeit, neue nationale, europäische und internationale Normen festzulegen; ersucht die Kommission, umgehend die Rechtsvorschriften zu verbessern, indem sie eine Richtlinie vorschlägt, die auf die Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für die Kontrolle der nicht kommerziellen Zivilluftfahrt abzielt;
- 37. fordert die Kommission auf, Empfehlungen für die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verbesserung der Normen für die Kontrolle der Aktivitäten privat gecharterter Flugzeuge, die Flughäfen und Luftraum der Europäischen Union nutzen, vorzulegen;
- 38. vertritt die Auffassung, dass eine Klarstellung bezüglich des tatsächlichen Inhalts des Abkommens zur Neuen Transatlantischen Agenda erfolgen muss, das am 22. Januar 2003 in Athen unterzeichnet wurde und in dem auf eine gestiegene Nutzung europäischer Transiteinrichtungen zur Unterstützung der Rückführung krimineller/nicht einreiseberechtigter Personen verwiesen wird;
- 39. vertritt die Auffassung, dass festgestellt werden muss, wie der Luftraum, zivile und militärische Flughäfen sowie NATO- und US-Stützpunkte tatsächlich von den Geheimdiensten der Vereinigten Staaten genutzt werden;
- 40. ist der Ansicht, dass überprüft werden muss, ob irgendwelche Beweise für Geheimgefängnisse in einigen europäischen Ländern existieren, wie in mehreren Untersuchungen von Journalisten und maßgeblichen NRO behauptet wurde;
- Bisherige Reisen des Nichtständigen Ausschusses in offizieller Mission
- 41. ist der Ansicht, dass die beiden bisherigen Reisen in offizieller Mission in die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien und die Vereinigten Staaten eine wesentliche Informationsquelle für die Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses darstellen und es gestatteten, unmittelbar Kenntnis von den Darstellungen der politischen Stellen sowie der Zivilgesellschaft in den beiden Ländern zu nehmen;
- 42. verurteilt die illegale Inhaftierung des deutschen Bürgers Khaled El-Masri während mehr als vier Monaten im Jahr 2004 in Afghanistan; bedauert die Zurückhaltung der Behörden der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien hinsichtlich einer Bestätigung des Aufenthalts und der wahrscheinlichen Inhaftierung von El-Masri in Skopje vor seiner Überstellung nach Afghanistan durch CIA-Agenten;
- 43. bedauert, dass die US-Regierung die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen sehr restriktiv auslegt, was insbesondere für das Verbot jeglicher Überstellungen gilt, die dazu führen könnten, dass ausgelieferte Häftlinge Folterungen oder erniedrigender, grausamer und unmenschlicher Behandlung ausgesetzt werden;
Künftige Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses
- 44. erachtet es als notwendig, dass der Nichtständige Ausschuss seine Tätigkeit fortsetzt und die betreffenden Vorfälle weiter prüft, um festzustellen, ob einer oder mehrere Mitgliedstaaten gegen Artikel 6 EUV verstoßen haben; betont ferner, dass es zweckmäßig wäre, die Nachforschungen auf Vorgänge und Länder auszuweiten, die in der vorliegenden Entschließung nicht ausdrücklich erwähnt werden;
- 45. beschließt folglich, dass der Nichtständige Ausschuss seine Tätigkeit für die verbleibende Zeit des bestehenden Mandats von zwölf Monaten unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 175 seiner Geschäftsordnung über eine etwaige Verlängerung fortsetzen wird;
- 46. vertritt die Auffassung, dass vorbereitende legislative Maßnahmen auf Ebene der Europäischen Union und des Europarates möglichst rasch eingeleitet werden sollten, um einen angemessenen Rechtsschutz für die Personen sicherzustellen, die der Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten unterstehen, und sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste sicherzustellen; erachtet daher die Einrichtung und Inbetriebnahme der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte als wesentlich;
- 47. bedauert die bisher festgestellten eindeutigen konzeptionellen Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Rechtsmodell bezüglich der Themen, die Gegenstand der Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses sind; erkennt allerdings an, dass der internationale Terrorismus eine der Hauptgefahren für Sicherheit und Stabilität der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft insgesamt ist und dass diese Gefahr nur durch legale Mittel in enger Zusammenarbeit mit den USA bekämpft werden kann; hält es für dringend notwendig, ein unmissverständliches Verbot außerordentlicher Überstellungen im Völkerrecht zu verankern und diesbezüglich einen gemeinsamen Standpunkt der europäischen Organe festzulegen, die das Thema gegenüber den betroffenen Drittländer zur Sprache bringen müssen;
- 48. ist der Ansicht, dass der Nichtständige Ausschuss nach Abschluss seiner Tätigkeit auch die zu beachtenden Grundsätze empfehlen sollte, insbesondere:
- - betreffend die Notwendigkeit interner EU-Kontrollvereinbarungen, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten ihre Menschenrechtsverpflichtungen erfüllen, was die neuen Bestimmungen über den Informationsaustausch zwischen Nachrichtendiensten angeht,
- - im Rahmen der Abkommen mit Drittländern und internationalen Organisationen, die die Terrorismusbekämpfung betreffen;
- - im Rahmen der Abkommen mit Drittländern im Zusammenhang mit der Europäischen Nachbarschaftspolitik, bei denen die Achtung der Menschenrechte immer das wichtigste ihnen zugrunde liegende Prinzip sein sollte;
- 49. fordert sein Präsidium auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Nichtständige Ausschuss in Anbetracht der sehr spezifischen Art seiner Aufgaben uneingeschränkt das ihm übertragene Mandat erfüllen kann, indem ihm bis zum Abschluss seiner Tätigkeit alle angemessenen Abweichungen von den internen Bestimmungen des Parlaments zugestanden werden, insbesondere betreffend:
- - die Zahl von zu den Anhörungen des Nichtständigen Ausschusses eingeladenen Sachverständigen, deren Kosten erstattet werden können,
- - die zulässige Zahl von Reisen und daran teilnehmenden Abgeordneten im Kontext der offiziellen Delegationen des Nichtständigen Ausschusses,
- - die Abfassung ausführlicher Protokolle der Anhörungen des Nichtständigen Ausschusses sowie die Übersetzung dieser Protokolle in die Sprachen derjenigen EU-Länder, die von den Untersuchungen betroffen sind;
- 50. begrüßt die einschlägige Tätigkeit des Europarates, insbesondere des Berichterstatters seines Ausschusses für Recht und Menschenrechte, sowie die zwischen dem Europarat und dem Nichtständigen Ausschuss begründete Zusammenarbeit;
- 51. appelliert an den Rat sowie an jedes seiner Mitglieder und insbesondere seinen Vorsitz, die Tätigkeit des Nichtständigen Ausschusses uneingeschränkt und bedingungslos zu unterstützen, gemäß dem Grundsatz einer loyalen Zusammenarbeit, wie er in den Verträgen und durch die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften verankert ist;
- 52. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich entschiedener für die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay einzusetzen und eine aktive Rolle bei der Suche nach einer Lösung für Häftlinge zu übernehmen, gegen die keine Verfahren eingeleitet werden und die nicht in ihr Herkunfts- oder Aufenthaltsland zurückkehren können, weil sie inzwischen staatenlos sind oder mit Folter oder sonstiger grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung rechnen müssen;
- 53. fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, allen europäischen Bürgern und allen vormals in der Europäischen Union ansässigen Personen, die derzeit in Guantánamo inhaftiert sind, sämtliche notwendige Unterstützung und Hilfe, insbesondere Rechtsbeistand zu leisten;
- 54. ermutigt den Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter, darauf hinzuarbeiten, dass gewährleistet wird, dass alle Mitgliedstaaten des Europarates ihre Verpflichtung13 erfüllen, den Ausschuss zur Verhütung von Folter über jegliches Haftzentrum in ihrem Hoheitsgebiet zu informieren und Zugang zu derartigen Zentren zu gewähren;
- 55. fordert die Kommission auf, den Nichtständigen Ausschuss weiterhin bei allen Maßnahmen zu unterstützen, zu denen er sich veranlasst sieht;
- 56. weist darauf hin, wie wichtig es ist, uneingeschränkt mit den Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Beitrittsländer, der Bewerberländer und der assoziierten Länder, darunter insbesondere denjenigen, die ebenfalls in dieser Angelegenheit tätig geworden sind, zusammenzuarbeiten;
- 57. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer, der Bewerberländer und der assoziierten Länder, dem Europarat und der Regierung sowie den beiden Kammern des Kongresses der Vereinigten Staaten von Amerika zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0529.
- 2 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0012.
- 3 ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.
- 4 Ombudsmann des Parlaments, "A review of the enforcement by the Security Police of a Government decision to expel two Egyptian citizens", Referenz Nr. 2169-2004 (22. Mai 2005).
- 5 Schwedisches Parlament, "The Swedish Government"s handling of matters relating to expulsion to Egypt", Scrutiny report 2005/06-KU2, http://www.riksdagen.se/templates/R_PageExtended____7639.aspx.
- 6 Beschluss des Anti-Folter-Ausschusses, Mitteilung Nr. 233/2003, Ahmed Hussein Kamil Agiza/Schweden (20. Mai 2005), http://www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/MasterFrameView/3ef42bcd48fe9d9bc12570005533ca?Opendocument.
- 7 Gericht von Mailand, Sezione Giudice per le indagini preliminari, Referenz Nr. 10838/05 R.G.N.R und 1966/05 R.G.GIP.
- 8 Bericht des Generalsekretärs gemäß Artikel 52 EMRK über die Frage der geheimen Inhaftierung von Terrorverdächtigen und deren Transport durch ausländische Dienste oder auf deren Veranlassung, https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=SG/Inf%282006%295&Sector=secPrivateOffice&Language=lanEnglish&Ver=original&BackColorInternet=9999CC&BackColorIntranet=FFBB55&BackColorLogged=FFAC75.
- 9 http://www.coe.int/T/E/Com/Files/Events/2006-cia/annexes.asp.
- 10 Notizen für die Pressekonferenz von Terry Davis, Generalsekretär des Europarates, Mittwoch, 12. April 2006, http://www.coe.int/T/E/Com/Files/PA-Sessions/April-2006/060412_Speaking-notes_sg.asp.
- 11 http://www.venice.coe.int/docs/2006/CDL-AD%282006%29009-e.asp#_Toc130704767.
- 12 Siehe Länderberichte des US-Außenministeriums über Menschenrechtspraxis (2003).
- 13 Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, Ref.: CPT/Inf/C (2002) 1 [EN] (Teil 1) - Straßburg, 26.XI.1987, Artikel 8.