Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zum Europäischen Satellitennavigationssystem Galileo - Public Regulated Service PRS

Der Bundesrat hat in seiner 863. Sitzung am 6. November 2009 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates zum Europäischen Satellitennavigationssystem Galileo - Public Regulated Service PRS

Begründung:

Ausgangslage

Eines der Hauptziele der EU bei der Konzipierung von Galileo war die Sicherstellung der durchgängigen Verfügbarkeit und Verlässlichkeit von Satellitennavigationsdiensten für die europäischen Mitgliedstaaten. Für dieses sowohl öffentliche als auch hoheitliche Interesse wurde der speziell abgesicherte Galileo Public Regulated Service (PRS) definiert. PRS soll aufgrund seiner Verschlüsselung auch in Krisenzeiten voll funktionstüchtig sein. Im Gegensatz zu den öffentlich zugänglichen Diensten unterliegt PRS strengen staatlichen Zugangskontrollen. Typische Nutzer von PRS sind Organe des Grenzschutzes, Polizei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Rettungsdienste, sonstige Behörden mit Sicherheitsaufgaben sowie das Militär. Aber auch Bereiche, wie die sichere Zeitsynchronisation von Kommunikations- und Stromversorgungsnetzen, sind Bestandteile des PRS.

Sachstand

Deutschland zeigt bis heute wenig aktives Interesse an der Definition, Umsetzung und Anwendung des sicherheitsrelevanten Galileo-Dienstes PRS, bedingt nicht zuletzt durch Unsicherheiten bei den Kosten einer späteren Nutzung. Demgegenüber steht die tatsächliche führende Finanzierungsrolle Deutschlands mit einem Anteil von rund 20 Prozent am gesamten Galileo-Programm, die in jedem Fall eine Bezahlung der Implementierung des von Deutschland nicht mit definierten PRS-Dienstes beinhaltet. Dagegen haben andere Länder - allen voran Frankreich, aber auch Spanien und Italien - ihr hohes Interesse an der Nutzung von PRS bekundet. In Frankreich ist eigens zu diesem Zweck eine interministerielle Koordinationsstelle eingerichtet worden. In Italien ist Ähnliches im Aufbau. Dies führt zu einer Schwächung deutscher Interessen bis hin zur völligen Nichtberücksichtigung und zum Defacto-Ausschluss vom Informationsfluss hinsichtlich der weiteren PRS-Funktionalität, der Betriebs- und Sicherheitsinfrastruktur. Selbst Großbritannien - als erklärter Gegner des PRS-Dienstes und Befürworter einer weiteren Nutzung von GPS - wahrt seine nationalen Interessen durch qualifizierte Gremienvertretung (Beamte und Berater). Die Galileo-Verschlüsselungstechniken (Kryptomodule) wurden bisher ausschließlich in Frankreich erarbeitet und befinden sich unter französischer Verfügungsgewalt. Über den "Schlüssel" zu Galileo verfügen derzeit ausschließlich Frankreich und Großbritannien.

Nachteilige Folgen der Zurückhaltung Deutschlands

Durch die Zurückhaltung Deutschlands bezüglich des geplanten Einsatzes von PRS werden bereits heute die notwendigen Technologien zur Implementierung der PRS-Fähigkeit (Infrastruktur und Empfänger) ohne wesentliche deutsche Beteiligung entwickelt. Es besteht also das Risiko, dass

PRS-Kryptomodule werden zur Zeit exklusiv von nur zwei Firmen in Europa entwickelt - Thales in Frankreich und Qinetiq in Großbritannien. Nur diese zwei Firmen befinden sich im Besitz sämtlicher relevanter Spezifikationsdokumente. Damit ist Deutschland bereits heute im Bereich dieser kritischen Schlüsseltechnologie vom Wettbewerb ausgeschlossen. Durch die fehlenden bzw. negativen hoheitlichen Bedarfsäußerungen ist für die deutsche Industrie kein Zugriff auf die als PRS-relevant eingestuften Design- und Kryptodokumente gegeben.

Eine deutsche Beteiligung an Entwicklungen zu PRS könnte teilweise über Ausschreibungen der EU bzw. GSA erfolgen. Eine Teilnahme wird durch die fehlenden Kenntnisse der einschlägigen PRS-Dokumente allerdings sehr erschwert. Beschaffung und Auswertung der Informationen sind in den sehr knapp bemessenen Ausschreibungszeiten kaum möglich.

Zudem läuft Deutschland Gefahr, in dem zukünftigen Galileo Security and Monitoring Center (GSMC), der "Schaltzentrale von Galileo", in der alle sicherheitsrelevanten Entscheidungen getroffen werden, nicht angemessen vertreten zu sein.

Zahlreichen Forschungseinrichtungen, aber auch Unternehmen im Sicherheitsbereich ist es, wenn überhaupt, allenfalls unter erschwerten Bedingungen möglich, sich an EU-Ausschreibungen für künftige Empfängerentwicklungen zu beteiligen.