Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Durch eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik die Globalisierung meistern COM (2017) 492 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 500/15 (PDF) = AE-Nr. 150712,
Drucksache 387/17 (PDF) = AE-Nr. 170455, AE-Nr. 170242

Europäische Kommission
Brüssel, den 13.9.2017 COM (2017) 492 final

1. Einleitung

Der globale Handel leistet einen wesentlichen Beitrag zu Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand der Europäischen Union - über 30 Mio. Arbeitsplätze hängen an den europäischen Ausfuhren in die übrige Welt. Eine global vernetzte Wirtschaft kommt weiterhin sowohl den großen als auch den kleinen und mittleren Unternehmen in Europa zugute wie auch den europäischen Bürgern, Arbeitnehmern und Verbrauchern. Aber der globale Handel muss aktiv gestaltet und gesteuert werden, damit er fair ist, Werte vermittelt und fest in einem regelgestützten System verankert bleibt. Die Handelspolitik, die die Europäische Union anstrebt, ist transparent und verantwortungsbewusst, kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute und begegnet den Gegebenheiten der heutigen, im technologischen Wandel befindlichen Wirtschaft mit modernen Lösungen. Im Rahmen der Debatte, die im März durch das Weißbuch zur Zukunft Europas1 angestoßen wurde, wurde in einem Reflexionspapier2 skizziert, wie die Handelspolitik zusammen mit anderen Politikmaßnahmen der EU dabei helfen kann, die Globalisierung zu meistern, und wie sich mit ihr sicherstellen lässt, dass die Handelsvorteile gemäß den EU-Grundsätzen der Solidarität und der Nachhaltigkeit gerecht verteilt werden.

Das internationale Umfeld, in dem die EU ihre Handelspolitik betreibt, ist permanenten Änderungen unterworfen: Das regelgestützte multilaterale Handelssystem wird durch immer mehr Maßnahmen infrage gestellt, die möglicherweise auch von einer Rückkehr des Protektionismus künden. Andererseits haben sich viele Handelsnationen, sowohl große als auch kleinere Akteure, sehr konkret zu einem fairen, offenen Welthandel bekannt.

Die Europäische Kommission sorgt dafür, dass die EU-Handelspolitik so gestaltet wird, dass sie mit den übergeordneten wirtschaftlichen und politischen Zielen der Union in Einklang steht, u.a. dadurch, dass sie die Handelspolitik und die sonstigen außen- und innenpolitischen Maßnahmen der EU besser aufeinander abstimmt. Dadurch dass die Handelspolitik nicht allein auf die wirtschaftlichen Aspekte abstellt, sondern auch die Verwirklichung der Ziele im Bereich Soziales und Umwelt fördert, leistet sie beispielsweise einen Beitrag zur integrierten Politikgestaltung im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, und sie trägt zur Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda und der Europäischen Sicherheitsagenda bei. Mit einer soliden, fortschrittlichen Politikagenda muss den derzeitigen Chancen und Herausforderungen begegnet und müssen gleichzeitig Europas grundlegende Interessen gefördert werden. Zur Erreichung dieser Ziele schlägt die Kommission heute ein Paket mit den folgenden neuen Initiativen vor, die die bestehende, höchst umfassende Handelsagenda der Union ergänzen und vervollständigen:

Parallel zu der vorliegenden Mitteilung veröffentlicht die Kommission heute auch den ersten 2-Jahres-Bericht über die Umsetzung ihrer handelspolitischen Strategie "Handel für alle"3. In dem Bericht wird ausgewertet, welche konkreten Ergebnisse in den zwei Jahren seit Annahme der Strategie erzielt wurden und welche Maßnahmen noch andauern, und es werden die Erkenntnisse aufgezeigt, auf die sich die weitere Gestaltung der EU-Handelspolitik stützen wird. Im Herbst wird dieser Bericht noch durch einen Bericht über die Umsetzung der Freihandelsabkommen ergänzt, und die Kommission lädt alle Interessenträger auf der Grundlage der beiden Berichte und der vorliegenden Mitteilung zur Teilnahme an einer Diskussion über eine zukunftsorientierte Handelspolitik ein. Darüber hinaus wird ausgehend vom neuen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik noch in diesem Jahr die Strategie für die Handelshilfe überprüft.

2. EINGEHEN NEUER HANDELSPARTNERSCHAFTEN zur Schaffung eines FORTSCHRITTLICHEN REGELWERKS für den WELTHANDEL

Die EU tritt für einen offenen Handel auf der Grundlage des regelbasierten multilateralen Handelssystems ein. Durch die Offenheit für Waren-, Dienstleistungs-, Menschen- und Kapitalströme wurden Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in der EU angekurbelt und das Wohl der Verbraucher verbessert. In Verbindung mit den hohen Umweltschutz-, Arbeitsschutz-, Verbraucherschutz- und Sozialschutzstandards stützt diese Öffnung unseren Wohlstand, und sie ist der beste Weg, die Vorteile der Globalisierung für alle Europäerinnen und Europäer nutzbar zu machen. Globalisierung ist mehr als nur Handel, und ihre Auswirkungen verbinden sich mit denen des technologischen Wandels; aber es steht außer Zweifel, dass der Handelspolitik eine wichtige Rolle zukommt, wenn es darum geht, die Globalisierung so zu gestalten, dass sie sich wirtschaftlich, sozial- und umweltpolitisch positiv auf Menschen und Unternehmen in Europa und darüber hinaus auswirkt.

Die EU ist auf der Suche nach Partnern, die mit ihr zusammen ein offenes, fortschrittliches Regelwerk für den Handel im 21. Jahrhundert schaffen und damit die Weltordnungspolitik stärken wollen. Mit den Abkommen, die die EU kürzlich mit Kanada, Singapur und Vietnam sowie im Grundsatz mit Japan abgeschlossen hat, entstehen nicht nur neue wirtschaftliche Möglichkeiten für unsere Unternehmen und Bürger - sie geben auch Zeugnis von den universellen Werten der Union und propagieren diese, und sie wahren das Recht der Regierungen, im öffentlichen Interesse regelnd tätig zu werden.

Eröffnung neuer wirtschaftlicher Möglichkeiten

Um neue Märkte zu erschließen, verfolgt die Europäische Kommission eine umfassende Verhandlungsagenda auf multilateraler wie auch auf bilateraler Ebene, die einen gegenseitigen Marktzugang sicherstellen soll. Grundlage für unsere Handelsbeziehungen in der Welt sind die multilateralen Verpflichtungen der EU im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO). Im Vorfeld der für Dezember angesetzten Ministerkonferenz in Buenos Aires geht die EU bei der Neugestaltung der Verhandlungsagenda der WTO voran in dem Bestreben, die Regeln des Welthandels zu modernisieren und das Primat der WTO bei der Aufstellung von Regeln wiederherzustellen, insbesondere angesichts des zunehmenden Protektionismus.

Die Kommission setzt sich dafür ein, dass die EU ihre Beziehungen mit den künftigen Wachstumsmotoren in Asien und Lateinamerika intensiviert. Die Verhandlungen mit Mexiko und dem Mercosur schreiten rasch voran und die Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahresende einen politischen Abschluss der Beratungen herbeizuführen. Auch die Abkommen, die mit Singapur und Vietnam ausgehandelt wurden, werden in Kürze vorliegen.

Das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement - CETA) zwischen der EU und Kanada wird mit Wirkung vom 21. September vorläufig angewandt. Mit Japan hat sich die EU am 6. Juli grundsätzlich auf die wesentlichen Elemente eines Wirtschaftspartnerschaftsabkommens geeinigt, an dessen endgültiger Fassung mit Hochdruck gearbeitet wird, damit bis Jahresende ein Abschluss erzielt werden kann. Mit diesen weitreichenden Abkommen werden beispielsweise die meisten Zölle wegfallen, die EU-Unternehmen beim Handel mit Kanada und Japan entrichten müssen, und es werden Märkte für EU-Ausfuhren erschlossen, u.a. für landwirtschaftliche Produkte, Lebensmittel und Getränke. Mit den Abkommen werden Hemmnisse in mehreren Dienstleistungssektoren beseitigt, und es wird eine innovative, wettbewerbsfähige Wirtschaft gefördert, wodurch allen Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren, die Geschäftstätigkeit erleichtert wird.

Eintreten für die universellen Werte, für die die Union steht

Die EU übernimmt eine Vorreiterrolle, indem sie hohe Standards bei Umwelt-, Verbraucher-, Sozial- und Arbeitsschutz in Europa sowie bedingungslose Grundrechte gewährleistet. Im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung, denen zufolge der Handel ein entscheidendes Umsetzungsinstrument ist, setzen wir uns gemeinsam mit unseren Partnern dafür ein, diese Standards mithilfe handelspolitischer Instrumente auf der ganzen Welt zu verbreiten. Beispielsweise wird mit allen modernen EU-Handelsabkommen die Umsetzung internationaler Vereinbarungen über umweltpolitische und arbeitsrechtliche Standards gefördert, wobei das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan als erstes internationales Handelsabkommen ausdrücklich das Klimaschutzabkommen von Paris unterstützt. Beim Abkommen mit Kanada wurden ambitionierte Ergebnisse im Hinblick auf arbeitsrechtliche Verpflichtungen erzielt. Dies zeigt, dass die Kommission mit ihrer diesbezüglichen Herangehensweise, die sie in ihrer Mitteilung "Handel für alle"4 dargelegt hat, Erfolge erzielt. Die Kommission führt derzeit umfassende Gespräche mit dem Europäischen Parlament, dem Rat und Interessenträgern, um die Bestimmungen über den Handel und die nachhaltige Entwicklung in unseren Abkommen wirksamer um- und durchsetzen zu können.

Wahrung des Regelungsrechts

In den Abkommen der EU wird ausdrücklich das Recht der Regierungen gewahrt, im öffentlichen Interesse regelnd tätig zu werden - dies ist ein wichtiger Grundsatz für alle künftigen Verhandlungen.5 Dieser Grundsatz stützt den neuen Ansatz der EU beim Investitionsschutz. Die Kommission hat ihre Herangehensweise an den Investitionsschutz in ihren bilateralen Abkommen jetzt komplett überarbeitet und ist damit grundlegend vom System der Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten abgekommen, wie das Abkommen mit Kanada belegt.

Eingehen neuer Partnerschaften

Das Abkommen mit Japan bzw. Kanada sowie die raschen Fortschritte, die bei den Verhandlungen mit Partnern wie Mexiko und dem Mercosur erzielt werden, sind der Beleg dafür, dass sich fortschrittliche, moderne Regeln für den Handel festlegen lassen. Um diese Dynamik zu nutzen, hat die Kommission Empfehlungen ausgesprochen, denen zufolge der Rat zwei neue Handelsabkommen aushandeln soll: eines mit Australien und eines mit Neuseeland, zusätzlich zu der kürzlich von der Kommission ausgegebenen Empfehlung, Verhandlungen mit Chile einzuleiten. Ziel dieser Abkommen ist es, nachhaltiges Wachstum durch eine Ausweitung des Handels zu fördern, eine solide Plattform für die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen mit der asiatischpazifischen Region zu schaffen und den Kreis der Partner zu erweitern, die sich einem fortschrittlichen Regelwerk für den Welthandel verschrieben haben.

3. Eine SOLIDE HANDELS-UND INVESTITIONSPOLITIK, die DIE Interessen der EU WAHRT und für FAIRNESS SORGT

Ziel unserer Handelspolitik ist es, den offenen Handel fair zu gestalten: Wir wollen sicherstellen, dass für europäische Unternehmen, Arbeitnehmer und Landwirte im Wettbewerb mit unseren Handelspartnern in der Welt die gleichen Ausgangsbedingungen gelten.

Bei der Öffnung von Märkten wird sichergestellt, dass sich alle an die Regeln halten, und es werden die grundlegenden Interessen der EU gewahrt. Die EU setzt aktiv alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente ein, um die Einhaltung der von ihren Partnern eingegangenen Verpflichtungen durchzusetzen, Handelshemmnisse zu beseitigen und gegen unlautere Praktiken vorzugehen. Mehrere Partner der EU, darunter die größten Wirtschaftsmächte der Welt, ergreifen immer häufiger innenpolitische Maßnahmen, die anderen Ländern schaden oder das regelgestützte multilaterale Handelssystem untergraben können. Wenn es nötig ist, ist die Kommission auch dafür gerüstet, diesem Trend mit neuen Maßnahmen entgegenzuwirken.

Auch handelspolitische Schutzinstrumente tragen zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen für EU-Unternehmen bei. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäisches Rates vom 23. Juni 2017, in denen eine rasche Einigung der beiden gesetzgebenden Organe gefordert wird, hat die Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und dem Rat die vorgeschlagene Rundum-Modernisierung der Rechtsvorschriften für handelspolitische Schutzinstrumente und die Ausarbeitung einer neuen Methode zur Berechnung von Antidumpingzöllen in Angriff genommen. Mithilfe der aktualisierten Vorschriften wird die EU besser als bisher in der Lage sein, auf deutliche Marktverzerrungen in Ländern zu reagieren, die in die EU ausführen.

Ein gestärktes Antisubventionsinstrument ist ein wichtiger Bestandteil der Bestrebungen der EU, einer der Hauptursachen unlauterer internationaler Handelspraktiken entgegenzuwirken: unlauteren Subventionspraktiken, insbesondere solchen, die zu Überkapazitäten führen. Die EU wird ferner Initiativen zur Bekämpfung unfairer Subventionen auf multilateraler Ebene forcieren. Insbesondere bringt die EU Vorschläge im Rahmen der Welthandelsorganisation ein, die für Transparenz bei Industriesubventionen sorgen und den Einsatz schädlicher Subventionen in Landwirtschaft und Fischerei begrenzen sollen. Die EU geht auch gegen die Überkapazitäten vor, indem sie die internationale wirtschaftspolitische Steuerung stärkt, beispielsweise indem sie dringliche Probleme im Stahlsektor im Rahmen des Weltforums zu Stahlüberkapazitäten zu lösen versucht, das von den G20- und OECD-Ländern eingerichtet wurde.

Ein weiterer Bereich, in dem die Interessen der Hersteller aus der EU häufig beeinträchtigt werden, ist das öffentliche Beschaffungswesen, in dem viele wichtige Handelspartner der EU nach wie vor restriktive Praktiken anwenden, die EU-Unternehmen benachteiligen und im Gegenzug keinen Marktzugang gewähren. Aus diesem Grund fordert die Kommission, dass ihr überarbeiteter Vorschlag für ein Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen - ein Tool, mit dem ein offener, gegenseitiger Zugang zu den Märkten für öffentliche Aufträge in der ganzen Welt gefördert werden soll - zügig angenommen wird.

Auch in ihrem Streben nach Regeln für die Weltordnungspolitik muss die EU die neuen Herausforderungen des globalen Wettbewerbs berücksichtigen, wie die Bedenken hinsichtlich der Übernahme strategischer EU-Vermögenswerte durch ausländische Investoren, insbesondere durch mit Beihilfen unterstützte und/oder staatliche Unternehmen. An der grundsätzlich offenen Haltung der EU gegenüber ausländischen Direktinvestitionen wird sich aber nichts ändern. Diese Öffnung muss aber von robusten und geeigneten politischen Maßnahmen flankiert werden, mit denen einerseits andere Volkswirtschaften geöffnet werden und gewährleistet wird, dass für alle die gleichen Regeln gelten, andererseits aber Vermögenswerte vor einer Übernahme geschützt werden, wenn diese den zentralen Interessen der EU oder ihrer Mitgliedstaaten zuwiderlaufen würde. Auch wenn sich mit der Handels- und Investitionspolitik der EU weiterhin am besten sicherstellen lässt, dass sich Drittstaaten in einem vergleichbaren Maß für ausländische Investitionen öffnen wie die EU, und gleiche Ausgangsbedingungen für die Akteure der EU erzielen lassen, sollten auch Maßnahmen zur Wahrung der grundlegenden Interessen der EU getroffen werden.

Mit dem heute vorgelegten Paket mit handelspolitischen Maßnahmen schlägt die Kommission vor, die Zusammenarbeit innerhalb der EU auszubauen und einen Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU zu schaffen. Ziel ist es, die Übernahme strategischer Vermögenswerte zu verhindern, wenn sie eine Gefahr für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen könnten, und die grundlegenden Interessen Europas zu wahren, gleichzeitig aber auch die Märkte der EU insgesamt für Investitionen offen zu halten.

Die heute vorgelegte Mitteilung "Offenheit für ausländische Direktinvestitionen bei gleichzeitigem Schutz grundlegender Unionsinteressen" enthält Vorschläge für weitere konkrete Maßnahmen, mit denen die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Kommission bestimmte ausländische Direktinvestitionen in der EU zum Schutz von Sicherheit und öffentlicher Ordnung überprüfen können. Die Mitteilung wird begleitend zu einem Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU aus Gründen der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung vorgelegt, zusammen mit einem Mechanismus für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und einem Rahmen für die EU-weite Überprüfung.

4. Wirksame ABKOMMEN durch einen TRANSPARENTEN , INKLUSIVEN VERHANDLUNGSPROZESS

Es spielt eine Rolle, wie wir unsere Handelspolitik ausgestalten und unsere Handelsverhandlungen führen. Wenn die EU wirksame Abkommen erzielen soll, die allen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, dann muss das Zustandekommen dieser Abkommen auf Rechenschaftspflicht, Transparenz und Inklusivität fußen. Diese Verantwortung obliegt allen EU-Organen, allen Mitgliedstaaten und allen nationalen Parlamenten gemeinsam.

Um den potenziellen Nutzen unserer Handelspolitik zu maximieren, muss die EU als glaubwürdiger Verhandlungspartner auftreten: Unsere institutionellen

Entscheidungsprozesse müssen klar, vorhersehbar und zweckdienlich sein. Daher müssen wir gewährleisten, dass unser institutioneller Rahmen es uns ermöglicht, die von uns ausgehandelten Abkommen auf nachvollziehbare, legitime und wirksame Weise zu ratifizieren und umzusetzen. Das Gutachten des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur6 hat begrüßenswerte Klarheit über die Verteilung der Zuständigkeiten für Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten geschaffen.

Die Empfehlung zur Aufnahme von Verhandlungen mit Australien und Neuseeland berührt ein breites Spektrum an Themen, die allesamt Teil der gemeinsamen Handelspolitik der EU sind, darunter die Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, ausländischer Direktinvestitionen und des öffentlichen Beschaffungswesens, weltweite Regeln zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen sowie ambitionierte Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung. Dadurch können rasch Fortschritte bei der Umsetzung des politischen Gebots erzielt werden, die Handelsposition der EU in der Welt zu stärken. Die Kommission ist dafür gerüstet, diese Verhandlungen zu beschleunigen, um sie bis März 2019 abschließen zu können.

Die Empfehlung zur Aufnahme von Verhandlungen mit Australien und Neuseeland sieht keinen Investitionsschutz und keine Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vor: Die Diskussion über die am besten geeignete Struktur für Handelsabkommen und Investitionsschutzabkommen der EU muss erst noch abgeschlossen werden, und die Kommission ist bereit, das Thema gemeinsam mit Rat und Europäischem Parlament zu vertiefen. Gleichzeitig führt die Kommission die laufenden Verhandlungen über Investitionen fort, unter anderem mit Japan, China, Myanmar/Birma und anderen Partnern; Ziel ist es, die Stellung der EU-Investoren im Ausland zu verbessern und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung zu fördern sowie das Recht der Regierungen zu wahren, regelnd tätig zu werden. Die Kommission hat heute auch eine Empfehlung zur Aufnahme von Verhandlungen über die Einrichtung eines multilateralen Investitionsgerichts angenommen. Dieser Vorschlag ist ein weiterer Schritt, wenn es darum geht, Investorbeschwerden im Rahmen von Investitionsschutzabkommen transparenter, kohärenter und fairer zu behandeln.

Die rechtliche Frage der Aufteilung der Zuständigkeiten sollte in keiner Weise die Legitimität und die Inklusivität des Annahmeprozesses beeinträchtigen. Diese Bedingungen sollten ungeachtet dessen sichergestellt werden, ob die endgültige Annahme auf EU-Ebene oder zusätzlich auch auf Mitgliedstaatenebene erfolgt. Daher begrüßt die Kommission, dass die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten zunehmend ihre nationalen und regionalen Parlamente in Handelsverhandlungen einbeziehen. So fällt den nationalen Parlamenten die wichtige Aufgabe zu, die Haltung ihrer jeweiligen Regierung zu den Handelsverhandlungen der EU zu überwachen. Folglich ermuntert die Kommission die Mitgliedstaaten, die nationalen Parlamente weiterhin in die Handelsgespräche einzubeziehen und dies nach Möglichkeit in einem möglichst frühen Stadium sicherzustellen.

Dies ist einer der Hauptgründe, warum die Kommission beschlossen hat, ihre Empfehlungen für Verhandlungsrichtlinien für Handelsabkommen zu veröffentlichen; den Anfang macht sie heute mit den Empfehlungen betreffend Australien, Neuseeland und den multilateralen Investitionsgerichtshof, was im Einklang mit der Praxis steht, die für die Verhandlungen auf der Grundlage von Artikel 50 mit dem Vereinigten Königreich eingeführt wurde.

Dies bedeutet auch, dass diese Empfehlungen - zusammen mit dem dazugehörigen Bericht über die Folgenabschätzung - gemäß der gängigen Praxis bei anderen Arten von Kommissionsvorschlägen parallel zur Übermittelung an den Rat automatisch allen nationalen Parlamenten in der EU und dem Europäischen Parlament vorgelegt werden. Auf diese Weise können die nationalen Parlamente und die verschiedenen Interessenträger leichter in einem möglichst frühen Stadium ihren Standpunkt gegenüber ihrer Regierung darlegen, die sie bei den Beratungen im Rat vertritt. Die Kommission bietet den Mitgliedstaaten an, sie bei der Einbeziehung der eigenen nationalen und regionalen Parlamente zu unterstützen und weiter mit ihnen darüber zu beraten, wie sich die Parlamente am besten einbinden lassen.

Im Rahmen ihres Fokus auf einer transparenten, inklusiven Gestaltung der Handelspolitik hat die Kommission schließlich beschlossen, eine Gruppe einzusetzen, die die EU bei der Aushandlung von Handelsabkommen beraten soll. Diese Gruppe wird sich aus Vertretern einer großen, ausgewogenen Gruppe von Interessenträgern zusammensetzen, die Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Verbraucherverbände und sonstige

Nichtregierungsorganisationen umfasst. Sie werden Verhandlungsführern und politischen Entscheidungsträgern der Kommission mit Expertenrat in Bereichen zur Seite stehen, die Gegenstand von Handelsverhandlungen sind, und es der Kommission ermöglichen, unterschiedliche Blickwinkel und Sichtweisen in Handelsfragen zu berücksichtigen.

5. Fazit

Die Europäische Union muss ein offenes, regelgestütztes multilaterales Handelssystem gewährleisten und eine tragfähige, proaktive Handelspolitik betreiben, die auf Öffnung, nicht Protektionismus, auf Schutzmaßnahmen zur Bewahrung unseres Wohlstands und der nachhaltigen Entwicklung der europäischen Wirtschaft beruht.

Zu diesem Zweck muss die Europäische Union auf internationaler Ebene eine ehrgeizige und fortschrittliche offene, werte- und regelgestützte Handelsagenda vertreten. Mit einer solchen Handelspolitik eröffnen sich nicht nur neue wirtschaftliche Möglichkeiten für unsere Unternehmen und Bürger - sie gibt auch Zeugnis von den universellen Werten der Union und propagiert diese, und sie wahrt das Recht der Regierungen, im öffentlichen Interesse regelnd tätig zu werden.

Die Kommission wird den Rest ihrer Amtszeit dazu nutzen, auf der Grundlage der bisherigen erfolgreichen Abkommen einen konkreten Nutzen für alle Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Hierfür braucht die EU ein fundiertes politisches Konzept, dem alle institutionellen Akteure zustimmen. Diese Debatte muss stattfinden, aber wir sollten uns dennoch nicht scheuen, die europäischen Interessen stärker zu vertreten. Daher beabsichtigt die Kommission, alle laufenden Verhandlungen zu beschleunigen, und fordert alle Organe auf, sich rasch an der Debatte über die globale Gestaltung von EU-Handelsabkommen und EU-Investitionsschutzabkommen zu beteiligen.

Wie die jüngst mit Kanada und Japan abgeschlossenen Abkommen belegen, ist das Streben nach einer offenen, regelgestützten, fortschrittlichen Handelspolitik nicht nur möglich. Es zeitigt auch Ergebnisse, indem es beiden Seiten Vorteile bringt und gemeinsam mit den Partnern der EU die Weltordnungspolitik stärkt. Mit dem heute vorgestellten handelspolitischen Paket wird eine moderne EU-Handelspolitik gefördert, die die Kommission in ihren Bestrebungen unterstützt, die Globalisierung zu meistern.